Mittwoch, 21. Oktober 2015

Koi 1: Dahinter verborgen



Koi!
Streichelnder Fisch für Hände streichend durchs Wasser.
Ziertier, Nutztier, lebendiger Nutzen. Nütze Leben, will er sagen im Stillen.
Gegenüber der dänische Zoo:
Wo toter Nutzen entdeckt, fleischig vermarktet wird – bald mehr davon.
Das Biologiebuch hat ausgedient, so auch der ewig veraltete Computer in Händen.
Ödet die ständige Erreichbarkeit, ruft niemand mehr die Daten an.
Ihre Menge ist betäubend.
Darum liest sich nur noch leicht, was in Anführungszeichen lügt,
die einfachen Wahrheiten, in einfachen Sätzen, nicht mehr einfach dort:
Wo Text stünde, steht nun Bild, darauf ein Plakat, auf diesem der einfache Satz, dahinter das schreibende Mensch.
Einfachheit ist Schwerstarbeit, kein Luxus: Gefordert überall, bewahrt nirgends. Kein echtes Mensch, eine Maske im Spiegel, was schafft, um nicht zu schaffen; angewidert von sich selbst, darum anderen nur erwidernd.
Weltherrschaft: Ein Scheißverein – Klugschiss, verschissen.
Kein Klugdung, nichts düngend.
Überleben nur als Nutztier virtueller Kaugummiblasenwirtschaft, statistische Größen ohne Größe; Werte ohne Wert.
Nur virtuelle Werte überall im Brechsprech derer, die Gutes wünschten tun zu können, aber nicht können, weil sie anderes wollen.
Überleben in Geiselhaft, solange man gebraucht wird. Keine Systemrelevanz.
Sind ja genug da. Geld auch. Dort im Bankenbunker, dort zieht seine Masse alles an: Masse zu Masse, Asche zu Asche, Staub zu Staub.
Kot zu Kot.
Und irgendwann ist der Klumpen groß genug, sind die alten Herrscher wieder da und mit ihnen das feudale Volk, weiß nicht genau warum.
War doch immer brav und immer gläubig beim Glücksspiel und dem Horoskop, immer brav und still im Wutsaft siedend, immer fleißig beim Fernsehen, den Abendnachrichten zuschauend, beim langsamen Fassadebröckeln.
Zur Not war's die Nachbarin. Ein Luder in ihrer Greifbarkeit.
Ansonsten sie kennen ihr Profil nicht, nimmermehr. Zur Unkenntlichkeit gedroschen. Ja, was heiratet sie denn auch? Den? Wusst ich doch gleich –
das ich schweigen würde. Weiß eh alles.
Schreib's auf einen Zettel, fotografier ich, poste ich ins Internetz hinein. Im Hintergrund was Schönes: Sonnenuntergang hinter Menschenleere und was Wachsendem, Gedeihendem. Was schönes halt. Ein Spruch und keine Menschen. Alle verborgen.
Hinterm Bild, hinterm Schirm. Davor der Regen:
„Was mir schlecht ist, ist vergleichbar mit vergleichbarem Schlechten.“
„Was mir gut ist, ist vergleichbar mit vergleichbarem Guten.“
Geteilt. Gefällt. Weltpolitik.
Und (ich) so.
Ins Meer geschwemmt. Wie war mein Passwort? Wie hieß ich noch gleich?
Zu spät, die Zeit ist um. Aber ich habe meine Sprüche getan. Jetzt lasst mich schlafen.
Koi!
Schuppenschön im stillen Wasser,
Gegenwärtigkeit,
wohin fließt Du?

Samstag, 17. Oktober 2015

Europa es reicht! Zu Malmströms Märchenstunde


Europa: Das politische System ist verraten und verkauft. Das Wirtschaftssystem ist korrumpiert und manipuliert. Es reicht! Ein Klartext:


Malmströms Märchenstunde

EU-Handelskommissarin Malmström bemüht sich, Kritik an den TTIP-Verhandlungen mit den USA zu entgegnen, Ängste der Europäer_innen zu besänftigen. Ihre ewiges Mantra von den europäischen “Werten”, die von der Kommission (ja eh) berücksichtigt würden, lesen sich hübsch an. Sie bleiben jedoch nicht mehr als ein märchenhaftes Predigen ihres Markt- und Marketingdogmas.
Das Veröffentlichen gewisser EU-Standpunkte ist noch lange keine Transparenz, die uns EU-Bürger_innen bemündigen würde. Dass das, was auch immer im TTIP als Modell für den gesamten EU-Außenhandel entwickelt wird, allen irgendwie Beteiligten – von den europäischen Arbeitnehmer_innen bis zu “ärmeren Ländern” – Wohlstand bringen würde, grenzt schon an bösartigem Sarkasmus.

Verzweifeln am ewigen Wachstum

Malmström will uns verkaufen, dass zukünftige Freihandelsabkommen – sprich die fortgesetzte binationale bzw. globale Marktliberalisierung – unser erkranktes Wirtschaftssystem heilen würde. In Wirklichkeit würden sich ein paar Regeln zum Wohle internationaler Big Player ändern. Vor allem würden Zölle abgeschafft, sprich erneut Einkommen der Staatshaushalte für den Profit der Privatunternehmen geopfert. Die bestehenden Probleme würden weiter einzementiert werden. Die Gewaltherrschaft der Religion vom ewigen Wachstum bliebe jedoch ungebrochen.

Keine Glaubwürdigkeit

Was die wunderbaren EU-“Werte” betrifft: Man muss sich nur in Griechenland umschauen, um sich vor diesen zu fürchten. Die selbe EU-Kommission, die uns jetzt TTIP schmackhaft machen will, hat die griechische Volkswirtschaft zugrunde gerichtet und setzt ihr Vernichtungswerk ohne Reue fort. Der Kommissionspräsident persönlich hatte einst dafür gesorgt, dass ausländische Konzerne mit Milliardengewinnen in der EU so gut wie keine Steuern zahlen. Selbst der Grundlagenvertrag von Lissabon zeigt, dass der ökonomische Schwerpunkt der EU auf Gratis- und Steuergeld für private Geldinstitute beruht.
Malmström spricht von bestehenden Abkommen, die dem Wunsch der europäischen Konsument_innen nach “ethischem” Handel entsprechen würde. Aber die EU bleibt einer der größten Waffenexporteuere der Welt; der Import von Waren aus Ausbeutungsbetrieben bleibt Standard. Aus all dem soll Glaubwürdigkeit entstehen?  

Neue Aufklärung und Revolution


Bevor die oben genannten Unstimmigkeiten und Gaunereien nicht aufgeklärt und behoben sind, werden die EU-Bürger_innen keine Freude mit diesem Freihandelsabkommen haben. Auch Reformen auf nationaler Eben – wie sie zur Zeit in Österreich stattfinden oder diskutiert werden – sind für den volkswirtschaftlichen Enddarm, wenn die offensichtliche wie verherrende Korruption in Politik und Wirtschaft nicht beseitigt wird.
Wenn die Kommission oder nationale Regierungen aber von Korruptionsbekämpfung sprechen, meinen sie in der Regel den Verstoß gegen geltende, aber unzureichende Gesetze. Korruptionsbekämpfung muss jedoch bedeuten, generellen Machtmissbrauch zu bekämpfen. Dies kann nur durch Aufklärung und Revolution der bisher Ohnmächtigen vollbracht werden. Von den Reichen und Mächtigen wird keine Rettung kommen – weder von irgendwelchen Handelspartner_innen noch von unseren Regierenden.
 

Montag, 12. Oktober 2015

#Wienwahl 2015: Warnschuss vor den Bug

Der Mittelfinger des blauen Eisbergs

Ja, ich weiß, Wien hat gewählt! War dabei und erlebte erstmals, dass sich eine Schlange vor den Wahlkabinen bildete.
Das war im rot-grün dominierten Mariahilf. Könnte man gleich interpretieren, dass die alle Angst vor der FPÖ hatten. Duellwahl!? Pro oder contra Flüchtlinge ist gleich Häupl gegen Strache?

Würden wir es uns so einfach mit der Wahl-Analyse machen, kämen wir bei der nächsten Wahl nicht nur mit einem fetten, blauen Auge davon. Die Angst vor Asyl und „Überfremdung“ ist nur der Mittelfinger des blauen Eisbergs, der aus dem Meer der Wähler_innenstimmen herauswackelt. Ein knapper Schuss vor dem Bug.

Das breite Grinsen aller

Trotzdem sind – wie das Klassenfoto zeigt – eh alle Spitzenkandidat_innen zufrieden. Meinl-Reisinger (die Neuen) grinst, weil sie dabei sein darf. Vassilakou grinst (FuZo- und Flüchtlingspartei), obwohl sie versprach, zurück zu treten. Häupl (Wien itself) sieht aus wie ein triumphierender Winston Churchill vor dem zerbombten London. Strache (Flunker-Partei Österreich) grinst sowieso und ganz genauso wie er es vor dem Spiegel jahrelang geübt hat. Außerdem hatte er erneut Glück: Er kann einen Zugewinn abfeiern und muss trotzdem nicht arbeiten gehen. Und Juraczka (Villenverein Penzing) schaut immer so drein. Das Reverse-Grienen liegt im ÖVP-Trend, aber er hat's erfunden. Endlich ist er diesen undankbaren Job los.

Warum nicht die ÖVP?

Wenn ich eine Reichenpartei wollte, die Flüchtlinge im Stich lässt, sobald es der aufgebrachte Pöbel fordert, würde ich die ÖVP wählen. Die hat wenigstens auch andere Kompetenzen. Vielleicht eben gerade nicht im Marketing, weshalb sie verlor. Die Wahl ist eben kein vernunftgesteuertes Ereignis, was in einer Demokratie ziemlich fekal ist.  

Warum die FPÖ?

Es genügt es nicht, zu sagen, die FPÖ-Wähler_innen wären halt deppert. Stimmt, die meisten sind es, aber nur weil's Menschen sind – eine grundsätzlich depperte Spezies. Das bleibt ein universales Problem.

Auch wenn HC „Ehsoterrisch“ Strache im Grunde ein neoliberaler Klimawandelleugner ist, sitzen seine Wähler_innen im Schatten klotziger Gemeindebauten, gegenüber feinverstaubter Straßen voller Wettcafés und statten auf die Probleme der Welt außerhalb ihrer Häuserschluchten. Die Welt ist korrupt. Wo sind meine Perspektiven für die Zukunft, wenn das Leid für alle zunimmt, die genauso am unteren Ende der Geldkette stehen wie ich? Krieg und Katastrophen überall und dann werden auch noch die Zigaretten teuerer.

Und dann kommen auch noch die Flüchtlings-“Massen“. Mit denen hat man zwar persönlich keinen Kontakt, aber genausowenig hat der Wiener Gemeinderat Einfluss auf die Flüchtlingspolitik Europas – die Angst, die allumfassende, nimmt dennoch zu und ihren erwarteten Einfluss auf die Wahlen.

Fehlende oder schlecht verkaufte Alternativen

Wenn die Grünen die Mahü begrünen, ist das recht hübsch, vor allem wenn man selbst einem der Öko-Bobo-Bezirken wohnt. Wenn die Sozialdemokratie Wiens sozialen Wohnbau in der Seestadt Aspern betreibt, hat das auch eine gewisse prestigeträchtige Exotik.
Aber den frustrierten Arbeitslosen, alleinerziehenden Vielzujungmüttern und marginalisierten Einwandererfamilien mit ihren stetig steigenen Lebenskosten  nützt das nichts.

Die FPÖ hat zwar die falsche Antwort, aber wenigstens hat sie eine, die sie verkaufen kann. Die anderen Parteien haben vor allem die FPÖ als Feindbild, ansonsten nicht ansprechende Floskeln und selbst die sind schlecht vermarktet. Entweder es fehlen „Inhalte“ (gerade bei denen, die von „Inhalten“ reden, aber selten über sie) oder es fehlt an Propaganda außerhalb der eigenen Komfortzone (ich sehe euch an, meine Grünen!). Das muss sich ändern!
 

Donnerstag, 1. Oktober 2015

Antonik-Seidlers Wahlgeheimnisse: Keine Angst

Wer die Wahl hat, hat jedenfalls die Wahl

Oberösterreich kam blaugeprügelt davon. In zehn Tagen wird in Wien gewählt. Man mag ja gern oder weniger ein Duell hineininterpretieren, zwischen Titelverteidiger Michael "Kräftiger Roter" Häupl und Heinz-Christian "Mach Blau" Strache.

Jedoch: 1. Alle antretenden Listen, Parteien - per Vorzugsstimme auch alle antretenden Personen - sind wählbar.

Die Behauptung, man müsse SPÖ wählen, um FPÖ zu verhindern, widerspricht dem Sinn einer freien Demokratie. Die SPÖ ist für das Wiener Wahlrecht verantwortlich, dass den stimmenstärksten Parteien Mandate unverhältnismäßig, zu den ohnehin Gewonnenen, hinzurechnet, den schwächeren Parteien hingegen abzieht. Dagegen wollten die grüne Koalitionspartnerin vorgehen.

Wenn nun aufgrund dieses Wahlrechts für die SPÖ als Bollwerk gegen den Rache-Strache gestimmt wird, zementiert man es damit ein. Davon profitiert auch eine stärker werdende FPÖ.
Die antifaschistische bis liberale Wählerschaft würde sich dadurch auf Dauer von der SPÖ abhängig machen - so lange die Rechtspopulisten eine Gefahr bleiben. Es wäre dadurch keine freie Wahl mehr. Es wäre, wie für freiheitlichen Wähler_innen seit jeher, eine Angstwahl.

Daher: 2. Lasst euch keine Angst machen. Weder von Blau noch von Rot. Wobei ich zugestehen muss, dass die SPÖ plakativ keine Polemik gegen Strache führte, während dessen Propaganda schon an Verleumdung grenzte. Der auftretende Häupl beruhigte eher, als Ängste zu schüren - das zeugt durchaus von politischer Professionalität. Allerdings malen die Medien den blauen Teufel ohnedies groß genug an die Wand.

Und: 3. Man muss nur wählen, was man wählen will.

Im besten Fall informiert man sich vorher über Parteiprogramme. Denn, im Gegensatz zur Plakativen Meinung der Grünen, wählt man mit dem Hirn am besten. Würde ich mit dem Herzen wählen, würde ich in Anbetracht ihrer Plakate nicht die Grünen...
Und ich will hier natürlich keine Wahlempfehlung abgeben, aber zum Glück für die Grünen achte eher auf Inhalte und weniger auf Plakatives. Das sollte jeder so machen und darum erkennen, dass die Grünen die beste Wahl sind. Ist so! Auch wenn sie sich mittlerweile über Häupl definieren und von sich nur noch als Rot-Grün sprechen: Es braucht mehr Grün in dieser Kombination.

Das erinnert mich daran: 4. Vergesst Plakate, Flyer und Propaganda-Videos. Parteiprogramme sind das einzig "Wahre". Und wenn ihr Zeit habt, recherchiert die Karrieren einzelner Kandidat_innen (und erzählt mir dann, was ihr herausgefunden habt. Ich bin nämlich zu faul dafür.)

5. Wer eine Wahl haben will, muss wählen gehen.

Syrien: Teufel und Details

Medienberichte über die Syrienkrise und der letzte UN-Zipfel machen deutlich: Man sagt nix, man weiß nix, aber man wird schon irgendwas machen... oder sollte, oder wolle.

Doch nicht nur der Teufel liegt im Detail. Sollte man sich für ein umfassenderes militärisches Eingreifen (Truppen auf syrischem Boden) entscheiden, wären die Details der Aktion für die jeweiligen Öffentlichkeit der unterstützenden Staaten wichtig zu erfahren.

Ziviler Test der Kriegstauglichkeit

Das muss nicht der strategischen Geheimhaltung widersprechen. Interessant wären aber gewisse Informationen, z.B über den Feind. Wer ist es (vorläufig), wie sieht seine Situation aus, welche Mittel werden für den Kampf gegen ihn bereit gestellt (vorerst unabhängig davon wie diese eingesetzt würden).

Welche Verbündeten will man gewinnen. Wie sieht deren Situation aus? Wer hat den Oberbefehl? Welche Erfahrung bringt er/sie, sein/ihr Stab mit? Truppenarten, Truppenzahlen? Wie sieht das Terrain aus? Will man direkt in gewisse Gebiete vordringen oder sich ausnahmsweise taktisch klug verhalten? All diese Details sind wichtig für die Entscheidung einer Zivilbevölkerung, einem Einsatz ihres Militärs zu zustimmen.

Krieg für Skeptiker

Ich bin vermutlich zu sehr Zyniker für den Pazifismus. Wenn schon Krieg geführt wird, dann sollten man sicher gehen, dass ein konkretes Ziel mit Verstand verfolgt wird. Diverse Staaten bombardieren irgendwelche Ziele. Das ist zu wenig Information für (m)eine Zustimmung.

Die Schlamperein der letzten Kriege in Lybien, dem Irak und Afghanistan zeugen von brachialer Dummheit, auch im militärischen Sinne, wofür vielleicht auch politische Halbherzigkeit verantwortlich ist. Man muss auch wissen, was man nach einem Sieg mit den Besiegten, dem eingenommen Gebiet machen muss.

Allianzen a la "Greatest Generation"  

Will man Syrien kriegerisch befrieden braucht es zunächst eine gut organisierte, vertrauenswürdige Allianz (womit Erdogan eigentlich schon ausscheidet). Putin und Assad - und damit den Iran - einzubinden, ist nur bedingt verwerflich.
Die "Greatest Generation" hätte die Nazi-Tyrannei nicht besiegt, wenn vom Osten her nicht ein anderer Tyrann seine Rote Armee vorangepeitscht hätte. Man verfolgt das selbe Ziel, man verhandelt über die Beute. Deshalb muss man nicht gleich best friends forever werden.

Nützlich wäre es, die Störenfriede um Syrien bzw. in der gesamten Region auszuschalten, ehe man sich z.B. um den IS kümmert. Aber das ist kaum möglich. Wer hat in Nahost nicht seine blutigen Finger in diesem Scheiß-Spiel ("Ölolpoly")?

Pro Assad mit Galgenfrist

Es gibt vielleicht auch andere Wege, die Versorgungslinien etwaiger Rebellengruppen und des IS zu stören, sollte es gelingen, Russland, die Türkei, den Iran oder Saudi Arabien in die Pflicht zu nehmen. Dabei wird man nicht alle unter einen Helm bringen. Aber wenn nur ein Teil dieser Big Spender in seinen Aktivitäten gebündelt würde, wäre das ein Fortschritt. Es würde ihnen schwerer fallen, einzelne Mörderbanden zu versorgen, wenn sie mit teils konkurierenden Mächten gemeinsam auf Feldzug wären.

Saudi Arabien: Isoliert in der Herde

Ein Bündnis pro Assad hätte die besten Chancen: Russland und der Iran wären dabei, die Türkei vielleicht. Es könnte dadurch gelingen, auch eine politische Front gegen Saudia Arabien zu bilden, das islamistische Gruppen in der Region unterstützt. Die Saudis sind zudem aktuell mit den Rebellen im Jemen beschäftigt. Eine günstige Gelegenheit.

Sich aber mit Assad auf eine Zusammenarbeit zu einigen, bedeutet nicht, dass man ihm seine Verbrechen verzeihen muss. Vielmehr sollte man seinen Dienst an der Sache als eine teilweise Wiedergutmachung betrachten, durch die er eventuell ein milderes Urteil erwarten kann, wenn der Krieg vorbei ist. Weg muss er aber früher oder später, um einen Neuanfang zu ermöglichen. Ob durch einen "Unfall" oder Exil, sei ihm überlassen.

Problemfall Erdogan und Hoffnung Kurdistan

Das Erdogan-Regime signalisierte, sich auf eine Assad-Allianz einigen zu können, um den IS zu bekämpfen. Allerdings könnte es die Zusammenarbeit mit den Kurden stören, sofern es zu keinem politischen Wandel in der Türkei kommt.

Die erfahrenen Kämpfer_innen der Kurd_innen sind meines Erachtens unverzichtbar, auch in Hinblick auf eine spätere (auch politische) Stabilisierung der Region. Sie sind verlässlichere Bündnispartner_innen als der Möchtegernsultan Erdogan, was in diesem Fall mehr wert ist als der mächtige, aber unberechenbare Militäraparat der Türkei.

Sollte Erdogan aus einem Bündnis gegen den IS (und untragbare Rebellen-Gruppen) ausscheiden, wäre es essentiell, dass er zur Nichteinmischung verpflichtet wird. Er darf nicht wieder den Kurd_innen in den Rücken fallen, die bis dahin erfolgreich gegen den IS kämpften.

Wohin führt man Kriege?


Kriege sind furchtbar. Aber Kriege ohne Ziel und Sieg sind furchtbar ohne Ende.
Wer Krieg will, muss ihn auch führen können. Allerdings fielen weder Russland noch die USA in den letzten Konflikten durch besonderes strategisches oder taktisches Genie auf. Beide Mächte - vor allem die US-Streitkräfte und ihre Verbündeten - sollten mittlerweile gelernt haben, dass man nicht allein durch Masse, High Tech, illegale Folter und hinterlistige Drohnen-Einzelaktionen nachhaltige Erfolge erzielt. (Der Erfolg heißt übrigens Kriegsende, nicht Konflikt-Verschleppung).

Erfolgschancen für Syrien


Erfolg und damit nachhaltigen Frieden kann es in Syrien nur geben, wenn vor dem Eingreifen eine stabile Militär-Allianz - bestenfalls auch mit europäischer Beteiligung - gebildet werden kann. Stützpunkte müssten in jedem angrenzenen Staat errichtet werden, die Grenzen möglichst strikt kontrolliert. Dabei sollten zumindest in den jeweiligen Landes-Hauptbasen, jeweils alle Bündnispartner vertreten sein, damit diese sich gegenseitig auf die Finger schauen können. Kontrolle ist eine vertrauensbildende Maßnahme.

Hält das Pro-Assad-Bündnis, müssten Rebellengruppen wo möglich entwaffnet und interniert, und die von ihnen kontrollierten Gebiete gesichert werden. Man sollte gegen gemäßigte Gruppen entsprechend maßvoll vorgehen, ihnen die Möglichkeit geben, sich nach dem Krieg zu rehabilitieren. Trotz eines Bündnisses darf man sie keinesfalls den Schergen Assads überlassen; auch dann nicht, wenn der Verdacht auf Kriegsverbrechen besteht.

Assads Truppen selbst müssten möglichst auf jene des IS konzentriert werden. Sobald sich ein Sieg abzeichnet, sollten die anderen Bündnispartner das von den "Regierungstruppen" kontrollierte Gebiet isolieren. Spätestens mit Ende des Krieges müsste es mitsamt den Truppen Assads unter Aufsicht und Verwaltung der Allianz gestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt hätte Assad seinen Zweck erfüllt, seine Schuldigkeit getan und müsste als Partner ausscheiden.

Schwierig bleibt es

Natürlich ist es politisch äußerst schwierig, mit Russland und dem Iran, im Nachhinein über Anklage und Prozess gegen das Assad Regime zu verhandeln. Einen dauerhaften Frieden könnte es aber nur geben, wenn die Kriegsverbrechen aller beteiltigen Konfliktparteien - möglicherweise auch jener des Irak - verfolgt und bestraft würden. Die gemeinschaftliche Kontrolle über das Land durch die Allianz könnte nur wieder übergeben werden, wenn Wiederaufbau und Sicherheit garantiert wären.

Man darf auch überlegen, unter den hundertausenden syrischen und irakischen Flüchtlingen nach geeignetem Personal zu suchen (EDIT: Ich denke an polnische Kampfeinheiten im 2 WK, die sich, ins Ausland geflohen, gegen die deutsche Wehrmacht formierten).

NACHTRAG: Natürlich wäre es schwer, Assad oder Personen um ihn für Kriegsverbrechen zu bestrafen. Unmöglich ist es aber, Untaten der USA, Russlands, des Iran, der Türkei und anderer Big Player der Region vor Gericht zu verhandeln. Darum sollte man zunächst das verfolgen, was man wirklich erreichen könnte. Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Aber die Mittel entweihen auch nicht den Zweck.
Der einzige Sinn, den Krieg haben kann, ist seine möglichst rasche Beendigung. Sein Zweck ist im Falle Syriens zunächst nicht der Frieden, sondern die "Befriedung", also im Grunde die Eliminierung aller bis auf eine Konfliktpartei.
Selbst diese einfache Rechnung kann nur aufgehen, wenn die Kriegsführung konsequent, zweckmäßig und durchdacht ist - um sie zu beenden, nicht um sie in anderen Formen weitergehen zu lassen. Die größte Herausforderung wäre wohl, alle Bündnispartner auf diesen Zweck als gemeinsames Ziel einzuschwören.