Montag, 2. März 2015

Masernimpfung: Aufklärung statt Spott (über Placebos)

Endlich wieder ein Eregerthema, Kontroverse und die jeweils anderen Deppen; und es hat nichts mit Islamisten oder Kapitalisten zu tun: Die Masern sind wieder da! Das heißt: Sie waren eigentlich nie weg, aber nachdem es zu... die einen sagen Epidemie, die anderen beschränktes Auftreten... zu einem Ausbrüchlein in Berlin kam , bei dem ein Kleinkind starb, ist das mediale, öffentliche Bewusstsein infiziert.

In Kürze: Geht's impfen!

Masernimpfungen machen Sinn. Nebenwirkungen sind kaum bekannt. Masern sind humanpathogen. Die Menschen können bei dieser Krankheit weder Läuse noch Nagetiere als Träger verantwortlich machen: Sie ist zu 100% hausgemacht.

Möglicherweise nicht unebrechtigte Kritik an der Wirksamkeit der Influenza-Impfungen gilt hier nicht. Influenzaviren werden auch von (und nicht nur von Säuge-)Tieren beherbergt und wechseln ihren Style schneller als Lady Gaga - im Gegensatz zum recht konservativen Morbus Fleckerlteppich.
Auch ist der Zusammenhang zwischen Impflücken bzw. fehlenden Impfprogrammen und Masern-Ausbrüchen mit Todesfolgen gut dokumentiert. Die Impfung ist in Österreich gratis, wobei sich die Seiten keinemasern.at und gesundheit.gv.at widersprechen: Entweder es gibt keine Altersbeschränkung oder ab 45 muss man selber zahlen.

Aufklärung statt Spott

Ich muss zugeben, dass auch ich Impfstoffen gegenüber skeptisch bin, was aber nicht viel heißt. Skeptikus ist nicht umsonst mein zweiter Vorname. Und während ich die moderne Medizin mit Vorsicht genieße, genießen pseudowissenschaftliche Verschwörungstheorien, moderne Alternativheilkünste und rechtsdrehende Wasserschwingungslichtsteinesoteriker_innen  meinen ungeteilten Hohn.
Mit dem Spott sollte man aber vielleicht ebenfalls vorsichtig sein. Damit erreicht man selten aufklärende Wirkung.

Skepisis verstehen!

Und ich kann eine gewisse Scheu vor Medizin natürlich verstehen. Die Pharmaindustrie ist kein Wohltätigkeitsverein. Ärzt_innen und Apotheker_innen versuchen einem durchaus sehr viel Mist anzudrehen.
Egal mit welchem muskelbedingten Aua - vor allem Frauen - im Krankenhaus landen, Botox ist immer das empfohlene Tagesmenü. Bei jedem Schnupfen werden Einschlafhilfen auf Opiatbasis, mit oder ohne Ethanol, auch für Kinder vorgeschlagen. Es gibt keine Apotheke ohne Homöopathie, Hausärzt_innen verschreiben sie bei beinahe allem - so nebenbei, weil's nicht schaden könne.

Kein Alternativen-Bashing!

Deshalb kitzelt mich meine Skepsis wieder, wenn andere Impfbefürworter_innen die Masern zum Homoeheopatholigie-Bashing heranziehen. Für die Dealer der modernen Medizin scheint Impfung und Pseudoheilkunde auch kein Widerspruch zu sein.
Woher nimmt man also an, dass Homoparty-Gläubige automatisch Impfgegner_innen wären? Gibt es da Statistiken? Nein? Dann ist dieses anfeindende Zusammenhängen nicht weniger pseudointellektuell und antiaufklärerisch wie so manche Verschwörungstheorie.

Neuer Mythos: Hormonopathie und Waldorfschule Schuld an Masern? Unsinn! Es gibt Waldorfschüler_innen die geimpft werden (manche essen auch Fleisch und ärgern ihre Mitschüler_innen). Und im Gegensatz zu anderen Religionsgemeinschaften verbieten die Hornömönömopathist_innen die Impfung keineswegs. Warum zieht also niemand über die anderen, wirklich impfskeptischen Religionsgemeinschaften her? Über die... Ach, lest selber.

Für viele Menschen ist das Einwerfen dieser Placebos ohnedies so gewöhnlich und nebensächlich wie Kamillentee geworden. Abgesehen davon sind Pacebos ein Bestandteil der modernen Medizin. Ich würde zwar deshalb nichts Homosapipathisches kaufen, aber vor allem deshalb nicht, weil ich nicht daran glaube und es deshalb bei mir nicht wirkt. Wenn aber jemand daran glaubt, kann es höchstens dem Geldbörserl schaden.

Die wahren Gründe für Impf-Ablehnung ermitteln

Bevor wir also über alternative Baumknuddler_innen und üblicherweise bald darauf Vegane spotten, sollten wir herausfinden, aus welchen Gründen (zumal) Masern-Impfungen abgelehnt werden. Es können durchaus unterschiedliche, überraschende sein.
Als Kind der Achtziger bin ich beispielsweise mit dem Verständnis aufgewachsen, dass Masern eine typische, harmlose Kinderkrankheit wären. Man legt sich ins Bett, macht dunkel, trinkt viel. Danach ist man für den Rest seines Lebens immun und muss wieder in die Schule.

So ganz ist es wohl doch nicht. Das muss noch einmal klar vermittelt werden, auch schon den Kindern. Dann erspart man sich die ganze spätere Esoterik-Hysterik. Sozusagen eine intellektuelle Impfung.

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