Dienstag, 4. November 2014

Senf mit Cannabis

Die Debatte um (Teil-)Legalisierung von Cannabisprodukten ist so high, sie sollte unbedingt wieder auf solide Gründe runterkommen. Denn alle haben ein Bisschen Recht, aber leider nicht frei von Widerspruch. 

Angefangen hat alles mit der Forderung derJungen Neos (Junos), sämtliche Drogen zu legalisieren. Freie Gesellschaft? Wie gut das beim (kleinen) Glücksspiel funktioniert, könnten hunderte ruinierte Familien in Österreich bezeugen – wenn sie sich trauen würden.
Man sollte THC zudem nicht an die Legalisierungsfront mit anderen, synthetischen Drogen stellen; sie dadurch nicht mit diesen gleichsetzen. Vor allem dann nicht, wenn man Werbung für die Rauschhanfarten machen will.

Späte Freiheit oder neues Pharmamonopol?

Ihr Chef und Freund der Bäume, Matthias Strolz, fordert daher zu Recht allein die Freiheit für Mary Jane, im Gegensatz zu ihren gefährlichen Mithäftlingen. Denn er will die Konsument_innen vor kriminellen Händler_innen schützen. Die Frage, warum diese als Kriminelle gelten, ist anscheinend ein anderer Senf?
Warum sich aber sein Parteikollege Michael Pock allein den kontrollierten Verkauf über Apotheken wünscht? Auf den Trip, die Pharmaindustrie mit dem lukrativen Ganja-Handel zu monopolisieren, kann nur einer kommen, der die rosa Brille des Neoliberalismus trägt. Ein Flashback!

Was spricht dagegen, natürlich-pflanzliches Bio-THC im eigenen Kleingarten – z.B. für den nächsten Migräneanfall – zu ziehen, wenn man ansonsten mit Marihuana-Konsum einverstanden ist? Weil man die Gewinnspanne potenzieller Großhersteller nicht schmälern will?
Junge: Nur weil Tomaten auf meinem Küchenfensterbrett wachsen, bringt das nicht die vielseitige Massenproduktion und gastronomische Anwendung des Gemüsemarktes in Bedrängnis.

Gibt's auch als Schokoriegel

Also Frau Sabine Oberhauser, ich weiß, Sie sind, so wie ich, gegen das Rauchen. Aber die magischen Hanfgewächse kann man auch verspeisen und zwar in einer unglaublichen Vielfalt. Kleinunternehmen, die zunehmend zu Großunternehmen werden, zeigen dies zur Zeit in Colorado vor, dem ersten US-Bundestaat, der das grüne Gold völlig entkriminalisierte. Besonders beliebt sind die Cannabis-Schokoriegel.
Die bringen nicht nur kontrollierte Qualität, sondern auch legale Arbeitsplätze, steigende Umsätze und fette Steuereinnahmen. Zudem werden, wie von den Neos gewünscht, die unkontrollierbaren Straßendealer umgangen.

Zu viel ist immer zu viel

Und ich gebe Frau Oberhauser auch dahingehend Recht: Cannabiskonsum kann zu psychischen Störungen führen. Allerdings nur zum Einen, wenn man generell dafür anfällig ist; zum Anderen, wenn man einfach zu viel kifft (um das zu wissen, braucht man keine Wissenschaft).
Aber waaach im Schädel wird man umso schneller, wenn man sich ausschließlich in einem unkultivierten, schattenhaften, kriminalisierten Umfeld einrauchen kann. Dort kommen dann auch leichter andere Drogen ins System.

Gleich von den USA lernen

In einem kultivierten, legalen Öffentlichkeit hingegen, bleibt das richtige Maß des Genusses jedem so selbstverständlich überlassen, wie jenes der Volksdroge Nummer 1. Der oberhauserschen Logik zufolge müsste man auch das allseits beliebte Ethanol verbieten. Aber die Prohibition hatten die Amis auch schon für uns ausprobiert.

Nehmen wir uns also an Beispiel an ihnen, umgehen wir den Zwischenschritt des ausschließlich für medizinische Zwecke verschreibbaren Graserls, und legalisieren wir endlich Marihuana. Anstelle von zu viel gestrecktem Dope in den Seitenstraßen, das irgendwelche Mafiabosse mitfinanziert, wünsche ich mir zu viel Bio-Ganja auf und in den (Super-)Märkten, das unseren Staat mitfinanziert. Anstelle von „Braust du Gras?“ möchte ich in Zukunft „Darf's noch ein Bisserl mehr sein? Wir haben da ein ganz gutes Tiroler Bio-Berggras im Angebot“ hören. Das fordere ich übrigens als jemand, der das Zeug weder raucht noch anders gebraucht. Aber die Vernunft gebietet mir. Außerdem bin ich mehr auf Kaffee und Bier.

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