Donnerstag, 23. Oktober 2014

Bandion-Ortner: Gib dich hin für unsere Sünden

O Heiliger Schein, nimm dieses Opfer

Das Profil-Interview, das Claudia Bandion-Ortner stellvertretende Generalsekräterin des König-Abdullah-Zentrums für dessen besseres Image von sich gab, las sich wie eine subtile Satire. Abgesehen davon war ich schockiert. Aber nicht von der – möglicherweise wahrheitsgemäßen – Aussage der karenzierten Richterin (eines republikanischen Rechtsstaates) zu den öffentlichen Freitags-Schariaden im absolutistischen Königreich.

Die Scheinheiligkeit Österreichs bringt mich in Rage. Das internationale König-Abdullah-Zentrum in Wien wurde erst 2012 von der österreichischen Regierung genehmigt. Andreas Schieder, der über die "Blödheit" Bandion-Ortners nun so schockiert ist, war damals schon Mitglied der Regierung. Als Staatssekräter für Finanzen hätte er durchaus ahnen können, welche Steuerfreiheiten der saudischen König und dessen Zentrum genießen. Aber auch wegen diesen gab er sich überrascht.

Heilig sind die Traditionen

Diese entsprechen, nach Auffassung Michael Spindeleggers (können Sie sich an den noch erinnern?) übrigens internationalen Gepflogenheiten, also quasi Traditionen. Und da Traditionen wichtig sind, haben sich Staatsoberhäupter und deren Diplomaten aus aller Welt bisher sehr tolerant gegenüber den saudischen Traditionen gezeigt.
Systematische Frauenfeindlichkeit, Sklaventum, Steinigungen (Jehova darf man auch dort nicht sagen), Intoleranz gegenüber anderen Religionen, Absolutismus (Hallo?!) und gelegentliche, rätselhafte Geldflüsse an islamistische Mörderbanden: All diese salafistischen “Traditionen” waren bisher kein Problem. Auch nicht für das offizielle Österreich.

Die Saudis haben schließlich Öl

Und sie haben, gemeinsam mit den anderen islamistischen Emiraten, schöne Urlaubsdomizile wie in 1000 und einer Ohnmacht. Wen werden außerdem die paar hundert toten Zwangsarbeiter in Katar noch stören, sobald die Fußball-WM dort startet? Vielleicht jene Muslime, die das saudisch-wahabitische Regime seit Jahren dafür kritisieren, dass es um Mekka und Medina die historischen Stätten der anderen Muslime zerstört?
  

Also: Wie viele Sanktionen, Boykotts und Einreiseverbote verhängt Österreich derzeit gegen diese bösen Saudis, die jene Menschenrechte verachten, die sie niemals unterzeichnet haben1? Und wer von uns geht vor der saudischen Botschaft protestieren? Ich weiß von nichts. Wozu auch?

Wir haben ja einen Sündenbock

Eine biblische Tradition. Wie passend! Bandion-Ortner spricht aus, was der österreichische Staat und letztlich wir alle immer schon machen: Wir gedankenfurzen auf die saudischen Gepflogenheiten!
Schließlich sind das die reichen und geschäftspartnerschaftlichen Islamisten.
Da aber das Wort vor allem in den shitstormorientierten Medien mehr zählt, als (unser aller) Taten,
bedenkt man im Justizressort mittlerweile sogar ein Disziplinarverfahren gegen jene Heroldin des königlichen Zentrums. Shoot the messenger! Aber riskiere ja keine diplomatischen Störungen mit dessen Herren!

Die Sau die? 

Und weshalb? Weil Bandion-Ortner, als Hofnärrin des Königs, in ihrer politischen Naivität, uns allen einen Spiegel vorhält. Darum wird sie für unser aller Sünden in die öffentliche Wüste geschickt.

Et tu felix Austria? Du wusstest
und weißt natürlich von nix. Und du wirst auch in Zukunft von nix wissen. Hauptsache keine selbstentlarvenden Worte fallen mehr in irgendwelchen Interviews. Kein Wunder, dass der arabische Ölgeldadel so gerne Urlaub bei uns macht.
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1Im Gegensatz zu einigen Staaten, die glauben, diese verachten zu dürfen, weil sie sie unterzeichnet haben. In den USA wurden im letzten Jahr 37 Menschen hingerichtet. Weit mehr sitzen in der Todeszelle und warten, bis man die technischen Probleme löst.

Freitag, 17. Oktober 2014

Globale Staatsverwirrungen: Wollen und Sollen

Der Staat sei Staat

In Europa werden Unabhängigkeitsbestrebungen aller Art, das heißt neue Staatsgründungen, skeptisch betrachtet. Schottland hatte seine Chance und ließ sich erneut kaufen. Katalonien würde auch gerne abstimmen, kann aber nicht, weil ganz schlaue Spanier_innen meinen, ihre Verfassung würde keine Verfassung außer ihre Verfassung kennen.
Aber auch außerhalb der EU gibt es gewisse Bestrebungen einzelner mehr oder weniger historischer Volksgruppen, sich eigene Staatsgebilde aufzubauen; dort leider meist mittels Gewalt und Verbrechen.
Das gesicherte Publikum dieser global verstreuten Konflikte lässt sich von den dort herrschenden, vor allem geistigen und moralischen Wirren anstecken. Manchmal, wie es scheint, ohne es zu bemerken, beginnen viele ihren eigenen Staat in unbewusste Frage zu stellen.

Scotland the Bought

Die Schott_innen hatten gute Gründe für ihre Unabhängigkeitsbestrebungen. Die Nationalist_innen in Edinburgh sind seit jeher das, was man auf dem Kontinent als Linke bezeichnen würde. Mit ihnen steht ihre sehr autonome Regierung im argen Widerspruch zum primitiv pseudoliberalen Finanzfreibeuterum Londons. Das herrschte dort auch unter den groß-britischen Exlinken von Labour.
“But English gold has been our bane”, schrieb bereits der schottische Nationaldichter Robert Burns. Weitere Gründe, Teil Großbritanniens zu bleiben, lagen in der systematisch geschürten Furcht vor einem Neubeginn und in gewissen Zugeständnissen der Cameron-Regierung zu noch mehr Autonomie. Im Westminster-Palast werden diese allerdings bereits stark bekämpft.

Und genau solche Zugeständnisse machen Schottland ohnehin zunehmend zum eigenen Staat: Zu Menschen, die gemeinsam auf bestimmtem (Staats-)Gebiet unter einer bestimmten Verfassung (Das Vereinigte Königreich verfügt über keine kodifizierte), bestimmten Gesetzen und eigener Regierung zusammenleben.
Daher kann man sich auch in Katalonien oder im Baskenland durchaus fragen: Warum nicht gleich einen eigenen Staat daraus machen? Zumal deren Autonomie ebenso historisch begründet ist.
Von der kulturellen, sprachlichen und mythischen Identität will ich aber generell absehen, weil diese über Staatsgrenzen hinausgehen kann – problemlos, wenn man sie lässt.

Ukraine: 100% Ukrainer_innen

Daher sind die “Unabhängigkeitsbestrebungen” innerhalb der Ukraine, die keine sind, weil sich die Separatist_innen für die Abhängigkeit von der Putin-Diktatur entschieden, anders zu bewerten. Die ukrainische Bevölkerung besteht zu 100 % aus Ukrainer_innen.
Dass manche von ihnen (besser) Russisch sprechen, ändert nichts an ihrer Staatsbürgerschaft. Die Russischsprachigen hatten keine eigene Verfassung, für die sie das Land nun bürgerbekriegen.
Die Krimtataren, als alte, eigenständige Ethnie, hätten viel mehr Grund gehabt, einen eigenen Staat zu bilden. Aber sie fragte niemand. Sie wollten auch nicht. Aber vor allem wollten sie nicht zu Russland, wie sich dank russischer Repressionen mittlerweile gut begründet.

IS: Islamischer Scheinstaat

Eine Verwaltungsstruktur aufzubauen reicht nicht, um sich Staat zu nennen. Ansonsten wäre jeder Möbelhausbesuch ein Urlaub in ausländischer Sitzlandschaft.
Wenn der “Islamische Staat” (vormals nur auf Syrien und Irak beschränkt) gewaltsam Gebiete unterjocht, die Bevölkerung abschlachtet, versklavt oder unter ihre tyrannischen Gesetz zwingt, nennt man das eine Kolonie. Zudem dürfen wir als Demokrat_innen durchaus unsere Kriterien zur Beurteilen anderer Staatsgebilde anwenden.

Was daher Saudi-Arabien und seine Verwandten sein soll, weiß ich nicht so genau. Ein königliches Verwaltungsgebiet? Ein Sklavenstaat? Oder wird Demokratie und Gerechtigkeit automatisch durch Öl ersetzt?

Et tu felix Austria?

Man könnte sich bei Österreich auch nicht so sicher sein. Jedes Bundesland versalzt sein eigenes Süppchen. Trotz kleinem Staatsgebiet funktioniert die Kooperation zwischen den Teilregionen nicht. Und sobald die Regierung anstrebt, den Staat wieder zu einem Staat zu machen, poltern die “Landesfürsten” mit Erfolg. Jedes Regierungsmitglied stammt ja aus einem dieser Fürstentümer, bleibt diesem gegenüber abhängig und loyal.

Überhaupt scheint man es mit der eigenen Verfassung in Österreich nicht so genau zu nehmen. Abergläubische Menschen können den staatlichen Schulunterricht mit ihren pseudoreligiösen Wahnvorstellungen zum Teufel schicken (Trennung von Kirche und Staat?). Eine Organisation mit eindeutig faschistischem Gedankengut (Scientology), darf hierzulande ihre Filialen öffnen. Die erwähnten “Landesfürsten” dürfen ihre jeweilige Finanzwirtschaft bestimmen und geheim halten (verfassungsrechtlich nicht gedeckte "Heiligenbluter Vereinbarung"). Und die Macht liege zwar beim Volk, diese kann aber ohne Wissen nicht wirken ( und dank komplexer “Amtsgeheimnisse”).

Statt Staat Schmähstaat

Statt also den Staat Staat sein zu lassen, beschließt man beispielsweise ein neues “Islamgesetz”, weil sich das Wahlvolk angeblich vor dem Islamismus in die Hosen scheißt (gesellschaftliche Verhosenscheißerung). Ein klarer Verfassungsbruch. Und unnötig.
Wir haben bereits Gesetze in diesem Staat, die das Bedrohen, Terrorisieren und In-Die-Luft-Sprengen von Mitmenschen verbieten. Himmel, Arsch und Zwirn: Sogar Tierschützer_innen werden wegen in Österreich wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angezeigt, weil sie einem Modehaus auf die Nerven gehen. Ein neues, diskriminierendes Gesetz schützt uns nicht automatisch vor mangelhafter Exekution bestehender Gesetze.

Keine Extrawürste

Übrigens ist es völlig belanglos, woher die Menschen kamen und wohin sie gehen, wenn sie islamistisch oder andersartig radikal werden. Der kulturelle Hintergrund, die jeweilige Religion hat den Staat nicht zu interessieren.
Daher darf es keine gesetzlichen Extrawürste für “Minderheiten” geben. Die Gesetze müssen so gestaltet sein, dass sie die Bedürfnisse der Minderheiten miteinbeziehen. Sie müssen also universal menschengerecht sein.
Das bedeutet übrigens auch, dass es den Staat ungerührt lassen müsste, wenn sich eine christliche Minderheit vor dem Bau von Moscheen fürchtet. Ein Staat, der sich von sich fürchtenden oder fürchterlichen Menschen regieren lässt, kommt nicht weit.

Staatsbürgerschaft

Als Staatsbürger_innen sind wir lediglich unserer Verfassung gegenüber verpflichtet. Loyalitäten einer höheren (oder tieferen) Macht, einer fremden Nationalität, irgendeinem folkloristisch-romantischen Volksmythos oder einem bescheuerten Diätplan gegenüber sind irrelevant.

Der Staat muss keine Sondergesetze für Staatsbürger beschließen, die im Ausland Verbrechen begehen, nur weil sie gewissen Identitäts-Kollektiven angehören. Es sollte für die rechtliche Handhabe keinen Unterschied machen, ob Österreicher_innen in Thailand als Tourist_innen Kinder missbrauchen oder in Syrien als Islamist_innen Kinder ermorden.
Unrecht bleibt Unrecht. Das Strafmaß bestimmen die Gerichte. Der Staat – und damit wir Staatsbürger_innen – sollte sich darauf konzentrieren, Staat zu sein. Nur so kann er seine gegenwärtigen Probleme – und damit die Probleme von uns allen – bewältigen.

Montag, 6. Oktober 2014

Bildungsdeppatte: Mehr vom Alten

Experten

Als Bewohner dieser Menschenwelt lernt man eines sehr bald: Europäische Männer ab 45 sind Experten für Eh-Alles. Aber auch von Spezial-Experten gibt es in den Medien stets einen gewissen Überschuss.

Sie zeichnen sich meist dadurch aus, dass sie, aufgrund von Ausbildung und Berufserfahrung, über ein bestimmtes Thema besonders gut bescheid wissen sollten. Allerdings reden sie selten explizit darüber, sondern lieber um den heißen Brei und wie diesen andere versaut hätten.
Vermutlich nennt man sie daher auch im Allgemeinen „Experten“ und nicht etwa ihrer Berufsbezeichnung entsprechend. Während früher einmal ein_e Expert_in jemand war, der/die einen dem Thema entsprechenden Beruf ausübte und nicht unbedingt über berufspolitische Verbindung zum Thema verfügen musste.
Oder ist „Experte“ neuerdings ein Beruf für sich? Vor Kurzem hieß der noch „Jurist“.

Bildungs-Deppatte

Im „Kommentar der Anderen“ meiner Standardzeitung Der Standard schrieb heute ein Experte darüber, wie zwei andere Experten in der selben Rubrik gegeneinander anschrieben. Ursprünglich sollte es um Bildung gehen. Letztlich ging es in den vorhergehenden Kommentaren aber eher um die Eitelkeiten zweier älterer Herren. Trolliger Forenstreit auf sprachlich höherem Niveau.

Besonders bemerkenswert: Die beschriebenen zwei Experten, Bernd Schilcher und Konrad Paul Lissmann, inszinieren bald einen publikumswirksamen Arenakampf. Titel „Sanieren oder ruinieren Experten die Schule?“

Sie sind sich also durchaus einig in ihrem Selbstvertrauen. Die bloße Ratgeber-Funktion ist gestalterisch vermutlich zu wenig herausfordernd. Und ob sie, als Experten, eigenhändig und anscheinend doch geeint das Schicksal ihrer Wissensobjekte umkrempeln können, werden wir gewiss bald herausfinden. Schließlich drängt die Zeit.

Viel Habenwollen, wenig Haben

Zum Thema Bildungsproblematik Österreich liest man jedoch auch an anderen Orten meist nur Floskeln und oberflächliche Forderungen. Alles müsse besser werden, freier, unabhängiger, organisierter, flexibler, wettbewerbsfähiger, wettbewerbsfreier. Man brauche mehr von diesem, weniger von jenem.

Man begnügt sich seit Jahren, zu wiederholen, dass sich etwas verändern müsse. Kaum jemand erklärt, wie all das Gute im Detail und in Relation zu den Verhältnissen erreicht werden, woher es kommen soll und kann. Man geht davon aus, dass man im Ministerium nur eine Schublade öffnen müsse und schon würde die bessere Schule heraushüpfen.
Aber vermutlich müsste man erst die Bücher der Experten erwerben, um die für unsere Gesellschaft so wichtigen Geheimnisse zu erfahren. Kommen und gehen Sie für die Zukunft ihrer Kinder einkaufen.

Es sollte allerdings niemand glauben, dass mit einer nur rudimentär beschriebenen Umstrukturierung der Schulhierarchie, Veränderung der Klassengröße, Verschiebung der Kompetenzen, Finanzen und Befugnisse – oder der in Österreich so beliebten Unbenennung von problematischen Dingen – das Grundproblem gelöst würde.

Dieses liegt nämlich im veralteten System ansich. Aus Zwentendorf wird kein brauchbares AKW mehr. Wir wissen, dass wir es nicht brauchen. Wir wissen, wie gefährlich es ist.
Daran ändert sich auch nichts, wenn man seine Finanzen einer anderen Person anvertraut und das Personal umschichten. Es bleibt auch irrelevant, ob sie es Grund-AKW nennen oder in Haupt- und Gymnasial-Kraftwerk aufteilen – solange es im Kern bleibt was es ist.

Auch eine Frage der Kultur

Die Vorbilder unserer Gesellschaft müssen sich auch fragen, warum manche ihrer Gruppen von einer Paideiaphobie beherrscht werden. In diesen gilt es als geradezu peinlich, wenn er oder sie mehr weiß, als seine oder ihre Stammesmitglieder. Und wer sich nicht mit „Depperte“ oder „Gschissener“ begrüßt, gehört nicht dazu.

„Pädagogisierung“

Eine Antwort könnte die Pädagogik liefern. Diese fragwürdige Wissenschaft geht nämlich davon aus, angehenden Lehrer_innen beinahe alles beibringen zu können, was diese über den Umgang mit fremden, juvenilen Individuen wissen müssten. In der Praxis ist das ein fataler Irrtum.
Aus eigener langjähriger Expertise in verschiedenen Klassenzimmern weiß ich: Respekt und Erfolg ist jenen Lehrer_innen gewiss, die echte Experten_innen ihres Fachgebiets sind und sich verständlich machen können.

Klingt selbstvertständlich, ist es aber offenbar nicht. Vielleicht, weil man die Kinder selbst als Problem betrachtet. Wer aber glaubt, sich Respekt – mittels studierten Tricks – verschaffen zu müssen, hat ihn schon verloren.

Gute Lehrer_innen, bei denen sogar ich etwas lernte, waren meist jene, die zu ihrer umfassenden Berufserfahrung nur noch eine Lehramtsprüfung benötigten; von den studierten Lehrer_innen aber nur solche, die uns Schüler_innen ihr ausgeprägtes Engagement auf einer menschlich unkomplizierten Ebene, ohne dazwischen geschalteten Pädagog_innen-Slang, beweisen konnten.
Kinder wollen nicht „pädagogisiert“ werden. Wenn du im Berufsleben Architekt oder Chemikerin bist, sprich zu uns als solche ohne Hemmung. Wenn du ausgebildete Mathematiklehrerin bist, lass uns (schwer genug) über Mathematik brüten und uns nicht auch noch spüren, dass du eigentlich Angst vor Kindern hast.

Mehr vom Alten bringt keine Erneuerung

Angesichts dessen, was da manchmal an Subjekten aus den Lehrer_innenfabriken gestanzt wird, wirkt die Forderung nach einer Akademisierung des (gesamten?) Kindergartenpersonals wie eine Drohung. Kinder sind auch nur Menschen.
Und man kann sich zwischenmenschliche Kompetenzen nicht anstudieren. Darüber wird aber weder deppattiert noch ernsthaft diskutiert. Manche wollen zwei Lehrer_innen pro Klasse. Mehr Geld sowieso. Interessanterweise auch mehr Macht für Direktor_innen.

Manches wäre gut. Bringt aber nicht viel, wenn die teilweise zu engen Lernvorgaben des Unterrichtsministeriums Zwang bleiben. Wenn sich der Unterricht – außer beim Basteln und Turnen – als Frontalvortrag gestaltet (den nur jene Überstehen, die unfähig sind, sich zu langweilen). Wenn sein oberstes Ziel in guten Testnoten besteht (die auch jene erhalten, die besonders gut schummeln können). Wenn einfach gesagt zu wenig Zeit für jedes einzelne Kind und für das Bessere da ist, das wir uns eigentlich alle wünschen.

Worum geht es letzten Endes?

Die Lehrer_innengewerkschaft hat wenig Interesse die Ausbildung ihrer eigenen Mitglieder oder deren Arbeit wirklich zu hinterfragen. Sie geht nur dann mit tausenden auf die Straße, wenn es um deren Gehälter geht.
Und die Regierung hat überhaupt kein erkennbares Interesse. Sie ist nur bemüht, das Problem der öffentlichen Wahrnehmung von Problemen mit möglichst geringem Aufwand zu verschönern.

Und den selbsternannten, fremdernannten oder zu Recht so genannten Bildungsexperten, die selbst alle Teil des hiesigen Systems waren oder sind, geht es darum, wer von ihnen in der Zeitung die spitzere Feder besitzt. Und ja, in den auflageschwächeren Medien kommen auch andere zu Wort.

Zu selten wird aber mit den Betroffenen direkt gesprochen. Über Probleme der Schüler_innen (Kund_innen) spricht man mit Lehrer_innen (Angestellten). Über Probleme dieser Angestellten mit deren Chefitäten. Aber am liebsten mit Experten, die weder Betroffene noch Entscheidungsträger sind.

PS: ICH darf polemisch sein. Ich bin schließlich kein Experte.