Freitag, 1. August 2014

War Business... What is it good for?

Pazifismus scheint schon lange kein Modewort mehr zu sein. Protestbewegungen rund um die Welt rufen meist gegen etwas/jemanden, selten für etwas/jemanden. Ebenso selten geht man dieser Tage in Massen für Abrüstung auf die Straße oder positioniert sich, wenn schon gegen etwas, dann gegen das internationale Waffengeschäft, das man auch Kriegsgeschäft nennen darf.

Derweil finden kriegsverbrecherische Konflikte weltweit statt. Und während beinahe jedes informierte Individuum auf einer der Konfliktseiten steht, steht kaum jemand auf der Seite des Friedens. Das wäre auch unparteiisch, das wäre langweilig.


Anhand Gaza-Israel

... lässt sich beispielhaft erkennen, warum Whitfield und Strong mit ihrem Song „War“ von 1969 auch heute noch Recht haben. War! What is it good for? Absolutely nothing.

Abgesehen von dem psychologisch verständlichen Bedürfnis der Täter und Opfer, all das bereits angerichtete Morden irgendwie zu rechtfertigen, finden sich gewiss manche Personengruppen, die mir auch professionell widersprechen wollen – auch nicht ganz unverständlich. Einigen (regionalen) Machtpolitiker_innen und Geschäftsleuten, allen voran Waffenhändler_innen, tut das Blutvergießen vermeintlich* gut. Aber ich möchte meinen Blick auf die Dinge aus der Sicht der Menschlichkeit, nicht aus der Sicht der Unmenschlichkeit richten.
*Aus platonischer oder christlicher Sicht natürlich nicht.




Asymmetrie des Krieges

In den Diskussionen über diesen Krieg rechtfertigt man jeweilige Parteilichkeit entweder mit dem Terrorismus der Hamas oder der Übermacht des israelischen Militärs. Gerade bezüglich letzterer scheint man an den Argumentationspunkt zu gelangen, die Ungerechtigkeit dieses Krieges liege in dessen „Asymmetrie“. Sprich Israel liegt in allen Statistiken quantitativ weit über Gaza (abgesehen von den Opferzahlen des Konflikts).

Dieses Ungleichgewicht trifft zu, hat aber nichts mit dem Unrecht zu tun, das hier stattfindet. Es sei denn, man betrachtet Krieg als Spiel.
Im Real-Life werden Kampfhandlungen immer nur dann begonnen, wenn sich eine Seite im klaren Vorteil sieht. Krieg ist von seiner grauenvollen Natur her immer unfair. Und wer sich einen sportlichen Krieg wünscht, ist ein perverses Monster. Also vergessen wir die Symmetrie.


Sprechen wir lieber über die Ziele

Ich behaupte nicht, Kriegsherr_innen verfolgten niemals legitime Ziele. Sie tun es nur so gut wie niemals (Die Chancen: 1 zu 1 000 000). Vor allem gilt: Wer einen Krieg anfängt, hat immer Unrecht.
Im Falle Israel VS Hamas sind die Ungerechten deshalb schwer auf einer Seite zu orten, weil beide Seiten abwechselnd immer wieder neu anfangen. Die Einen nehmen den Anderen gewaltsam Land weg, die Anderen verüben gewaltsamen Terror.

Im aktuellen Streit behauptet die Hamas, sie würde ihr Volk vor den Angriffen durch Israel verteidigen. Das ist eine offensichtliche Lüge. Und wäre es keine Lüge? Mit ihren Raketenangriffen erreichen sie so und so nur das Gegenteil ihres angeblichen Zieles.

Israel hingegen geht ins Detail. Es will mit seiner aktuellen Offensive gegen den kleinen Gazastreifen die Tunnelsysteme der Hamas ausschalten, damit diese sie nicht mehr für ihren Terror einsetzen könne. Ein nachvollziehbares Ziel.

Doch wie man dieses erreichen will, indem man Bomben und Granaten auf gut Glück über die dicht besiedelte Oberfläche verstreut, bleibt mir ein Rätsel. So ein Tunnel ist nicht sehr breit und er verläuft unterirdisch. Dort passen auch nicht sehr viele Zivilist_innen hinein, weshalb es keinen Sinn macht, diese im Vorfeld einer präzisen Bodentruppen-Operation mittels Bombardements "auszudünnen" (es sei denn, man taktiert kopflos).


Ziel verfehlt, Sinn verfehlt

Aber Sinn macht hier sowieso niemand, die Hamas noch weniger als Israel. Allerdings verfehlen beide gleichermaßen ihre Ziele. Da haben wir also doch noch eine Symmetrie in diesem Konflikt.
Die Hamas weiß, dass ihre eigene Bevölkerung im engen Gazastreifen kaum einen sicheren Unterschlupf finden kann. Aber die Israelis wissen das auch.
Die Hamas dürfte die Palästinenser_innen bewusst als menschliche Schutzschilder, als Druckmittel gegenüber der Weltöffentlichkeit, daher als Geiseln missbrauchen. Aber die Israelis tun das selbe.
Sie klagen die Hamas wegen ihrer Geiselnahme an, nehmen aber keine ernstzunehmende Rücksicht auf die Geiseln. Und sie provozieren die Geiselnehmer im Vorfeld zur Gewalt.

Israel ist dabei in einer bequemen Position: Im Pseudofrieden betrachtet sie die Hamas nur als kriminelle Organisation, die sie politisch ignorieren dürfe. Im Krieg hingegen wird die Hamas plötzlich als legitime Armee eines verfeindeten (anerkannten?) Staates umgedeutet, die man mit entsprechender Härte bekämpfen dürfe.
Und obwohl Israel einer Befriedung des Gebietes durch sie kein Stück näher gekommen ist, hält es hartnäckig an der selben, erfolglosen Methode fest – genauso stur und sinnlos wie ihre Feinde an deren Methode festhalten.


Praktisch für den Waffenhandel

Die modernen bewaffneten Konflikte dieser Jahre finden nicht mehr zwischen einzelnen Staaten oder Staaten-Allianzen statt, sondern zwischen Gruppierungen innerhalb einzelner Staaten bzw. Regionen. Das ist so auch praktischer für den Waffenhandel. Der Krieg ist nicht internationale, sondern lediglich nationale Angelegenheit, „Privatsache“ sozusagen.

Möglicherweise ist das der Grund, warum sich die „westlichen“ Demokratien in der gemütlichen Lage sehen, stets gegen die Gewalttaten in solchen Konfliktzonen protestieren zu können. Habe ja nichts mit ihnen zu tun. Während ihre Unternehmen gleichzeitig die Waffen für diese Gewalttaten liefern.

Meist kämpft dabei eine Regierung bzw. Diktatur gegen Rebellen bzw. Terroristen – je nach Bedarf. Natürlich wäre es legitim, einem souveränen Staat Waffen für dessen „Verteidiung“ zu liefern. Natürlich wäre es moralisch richtig, Rebellen mit Waffen zu versorgen, damit diese sich „Demokratie“, „Freiheit“ und „Frieden“ erkämpfen können. Wenn nicht beides gelogen wäre.




Und wie geht's der Wirtschaft?

Selbst wenn mich die Menschlichkeit nicht interessieren würde... Auch wirtschaftlich betrachtet ist Krieg in beinahe allen Bereichen ein Verlustgeschäft, für die Großen wie die Kleinen. Die Steuerzahler_innen verpulvern im wahrsten Sinne ihr Geld. Banken werden gesprengt, Märkte zerstört, Agrarland verwüstet, Konsum still gelegt, Rohstoffe abgeschnitten, Ressourcen vernichtet.

Allein die Waffenindustrie gewinnt. Und selbst die „Masters of War“ müssten erkennen, dass zuviel Krieg ihre Abnehmer_innen elliminiert. Oder etwa nicht?


Weltweite Kriege gegen die Waffenlosen

Wenn ich mir die Bilanz ansehe, sterben im aktuellen Gaza-Israel-Krieg hauptsächlich Zivilist_innen. Dieses Verhältnis gilt auch für andere Konfliktherde. Ob in Afghanistan, im Sudan oder Syrien: Stets gibt es zwei oder mehrere militärisierte Konfliktparteien, die sich gleichzeitig an der unbeteiligten Zivilbevölkerung vergehen. Auch wenn anderes behauptet wird: Die Zahlen lügen doch nicht.

Israel bekämpfe die Hamas? Es tötet aber vor allem Zivilist_innen, die versuchen, vor dem Krieg zu fliehen. Und die Hamas schütze Palästina vor israelischen Besatzern? Warum tötet sie dann Zivilist_innen auf der anderen Seite ihrer Grenze?

Egal welches Kriegsgebiet man sich ansieht, man muss zu der Erkenntnis gelangen: Krieg wird hauptsächlich gegen jene geführt, die Frieden wollen und mit dem Waffenhandel keine Geschäfte machten.


Welche Ziele? Wessen Sinn? Und wessen Krieg?

Als Pazifist_in in Friedensgebieten muss man sich zum Glück nur beschimpfen lassen, eine_r zu sein. Klingt faschistoid, ist es auch.

Ich kann all die aktuellen Kriege, in welchen Stiefeln ich sie auch betrachte, als nichts anderes erkennen: Es sind sinnlose, industrialisierte Gewaltausbrüche, die vor allem Unschuldige töten, ihre angeblichen Ziele nie erreichen, einzelnen blutigen Profit bringen, während sie die Mehrheit ruinieren und über die von allen beteiligten Kriegsparteien immer nur Lügen verbreitet werden – vermutlich, weil sie sie Wahrheit selbst nicht ertragen.

Die Mehrheitsbevölkerung dieser Welt muss sich die Fragen stellen: Sind die Kriegsziele unsere Ziele? Machen die Kriege für uns Sinn? Wer ist für sie verantwortlich? Und müssen wir sie uns gefallen lassen? Oder wird es Zeit, sich gegen diese Kriegsverbrecher_innen, auf dem Schlachtfeld und hinter den Konzernschreibtischen, zu organisieren?

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