Samstag, 9. August 2014

Nahost: Das Schweigen der Würschte

Dieser Tage werden verwunderte (und verwunderliche) Stimmen fragend: Warum protestieren - auch in Österreich - Muslime aller Art und auf unterschiedliche Weise gegen die Angriffe Israels auf Gaza... Oder gegen Israel an sich... Oder gegen alles Jüdische? Warum protestieren sie nicht gegen ihre religionsinternen Gemetzel? Warum dieses Schweigen zum islamischen Religionskrieg?

1) Die Geschichte des Islams ist eine Geschichte voller Widersprüche

1a) Wir sprechen von Muslim_as, Mitgliedern einer heterogenen Religionsfamilie, die zur Zeit (das ändert sich ja alle paar hundert Jahre) die wohl am stärksten zerstrittene Weltreligion darstellt. Warum sollten sämtliche Muslim_as von den Shiiten und Sunniten bis zu den Ibaditen und Drusen gemeinsam für den Frieden untereinander demonstrieren, wenn vor allem die ersten beiden Gruppen inklusive Untergruppen so eifrig für den Untergang der jeweils anderen beten - zumindest auf weltpolitischer Ebene, also dort, wo das Erdöl liegt?

1b) Wir sprechen außerdem von einer Religion. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendeine Weltreligion an irgendeinem Ort dieser Welt konfessionsübergreifend in Massen auf die Straße zog, um gemeinsam gegen das Töten und Getötetwerden ihrer Mitglieder zu lärmen. Wenn es andererseits gegen Abtreibung, Homosexuellenehe oder den "Judenstaat" geht, dann finden sich schnell einige Spinner zusammen.

2) Religion ist Privatsache

Wenn die Zivilgesellschaft demokratischer Staaten unabhängig von Religionszugehörigkeit für eine Sache demonstrieren geht, gilt die Religion der einzelnen Teilnehmer_innen immer noch als Privatsache. Man wird als Bürger_in aktiv. Würde man als religiöser Mensch aktiv werden, würde man in die Kirche oder Moschee gehen und beten.
Was geht es uns also als demokratische Zivilgesellschaft an, wenn sich Menschen gewisser Religionen dazu entschließen, scheinheilig zu sein? Wenn sie sich dazu entschließen, ihre Religionszugehörigkeit lediglich als politisches Werkzeug zu missbrauchen?
Als wäre das etwas Neues! Als wäre das bei Muslim_as anders als bei Christ_innen! Und wir staunen ja auch nicht über korrupte Politiker_innen oder geldgierige Banker oder betrunkene Barkeeper. Wir sind viel mehr erstaunt, wenn die aufgezählten Personengruppen diese Eigenschaften nicht erfüllen.  

3) Wo bleiben die Christ_innen?

In diesem Fall fragt sich auch niemand, warum nicht die gesamte Christenheit auf die Straße geht, wenn Menschen im Allgemeinen, aber eben auch Christ_innen in den betroffenen Gebieten vom IS abgeschlachtet werden. Antwort: Die dort unten kennen wir nicht (sind die überhaupt katholisch?).

4) Die Taten sprechen bereits für sich

Bei den Demonstrationen gegen Israel wurde antijüdische Vorurteile, jüdische Weltverschwörungstheorien und Sympathien mit Terrororganisationen mitgetragen. Weniger Radikale sympahtisier(t)en mit unserem türkischen Möchtegern-Diktator Erdogan, der seine Antisemitismus-Propaganda ganz offen bei (unserem) Goebbels klaute.
Man klebte sich die toten Kinder von Gaza auf die Plakate, vergaß aber offenbar die Eigentore, die Opfer der Hamas unter der eigenen Bevölkerung. Stattdessen wurden IS- und Hamasfähnchen geschwungen.
Das ist scheinheilig bis verlogen und manipulativ, sprich dreckigste Politik wie sie im Handbuch für Demagogen steht. Und diese sollte nicht umsonst von Glaubensbekenntnissen getrennt betrachtet werden.

Und beschwert euch jetzt nicht: Aber die trennen doch Religion und Politik auch nicht. Das ist der Punkt: Wir sind nicht die. Wenn wir gewisse Prinzipien der Aufklärung verstanden haben, sind wir - und nicht die Unverständigen - für deren Einhaltung verantwortlich. Wir können von den Erkenntnislosen nicht Erkenntnis erwarten. Über meine Arroganz dürft ihr euch beschweren.

Und hier ist die Antwort

Meines Erachtens haben wir von den Demonstrant_innen also unmittelbar die Antwort darauf bekommen, warum sie nicht für Frieden wenigstens innerhalb der Islamischen Welt auf die Straße gehen; warum sie nicht die Gewalt von Muslim_as gegen Muslim_as verurteilen - zumindest quantitativ.

Es ging niemals um Frieden oder Gerechtigkeit. Es ging um Propaganda gegen den Feind. Um Selbstgerechtigkeit. Um den Unfrieden der Anderen. Um Empörung wegen der eigenen Lebenssituation vielleicht und gegen einen willkommenen Sündenbock (obwohl der eine jüdische Erfindung ist).

Also eigentlich hätten sich die Fragensteller_innen die Antwort(en) selbst geben können.

Natürlich gibt es die gescheiten, aufgeklärten, friedensliebenden Mulim_as. Aber die sind genauso in der Minderheit wie die Gescheiten, Augeklärten, Friedensliebenden in anderen Religionen oder irgendwelchen Gruppierungen. Daher ist und bleibt die gesamte Menschheit in der Verantwortung. Sonst geht es sich nicht aus.

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