Mittwoch, 27. August 2014

Spindeleggers Rücktritt unterm Strachegespenst

Michael Spindelegger geht. Kümmert kaum. Hat dennoch interessante Zusammenhänge.
Dass dieser Regierungs-Wirbel Strache irgendwann zum Kanzler mache, sollte man nicht gleich fürchten. Selbst wenn es geschähe.



Absehbare Plötzlichkeit

Dr. Spindelegger verließ den Spieltisch. Man könnte ihm darum eine gewisse Weisheit zuschreiben. Er machte auf Obmannposten weder für seine Partei noch für sich selbst irgendeinen Sinn, das war seit langem klar.
Umso mehr wenn es ihm an Charisma und Schläue mangelt, benötigt ein Anführer zumindest selbstbewusstes Auftreten. Dieses war bei Michael Spindelegger völlig offensichtlich künstlich und oberflächlich aufgetragen. Auch parteiintern und in seinem Persönlichkeitskern fehlte es. Das zeigte zuletzt die Form seines Rücktritts von allen politischen Ämtern.

Er überraschte die eigenen nörgelnden Kurfürsten mit dieser spontan erscheinenden Regung, die gewiss schon länger in ihm gärte. Er sprach noch ein paar beleidigte Worte. Dann überließ er die untreuen Sintflutschwimmer sich selbst. Dieses Verhalten offenbart noch einmal seine Schwächen: Mangelnde Standhaftigkeit und Planlosigkeit.
Im kurzen Kommentar von Walter Hämmerle (Wiener Zeitung) wird zum Schluss obligatorisch auf die nicht zu übersehenden Leistungen des Gegangenen hingewiesen. Er wäre halt nicht korrupt gewesen.
Vielleicht muss man dieser Tage allein dafür dankbar sein? Nein, muss man nicht, niemals! Es ist die Mindestanforderung an eine_n Berufspolitiker_in.

Falsch verstandene Schwächen und Stärken

Dabei verrät die Spontanität, die ihm zum Schluss aus nachvollziehbarer Emotionalität entsprang, das auch er geheime Stärken besitzt oder besäße, wenn er sie nicht zu seinen Schwächen machen würde.
Er ist nicht so nüchtern und kühl wie er sich selbst, in seiner katholischen Akademiker-Sozialisierung, gerne gesehen hätte. Er versuchte jemand zu sein, der er nicht war. Dabei hätte es ihm gut getan, wenn zwischendurch öfter „Es reicht!“ gegen die alten Herren der Partei ausgerufen hätte, ohne sogleich zurück zu treten; wenn er gegenüber der Bevölkerung öfter seine menschliche Seite gezeigt hätte. Aber dafür fehlte ihm offenbar nicht nur das Verständnis für sich selbst, sondern ebenso für die Führungsrolle an sich.

„Wenn der Zussammenhalt nicht mehr da ist, ist auch der Moment gekommen, das Ruder zu übergeben.“, sprach er zum Abschied. Wieder so eine verunglückte Floskel. Er hielt nicht irgendein Ruder. Zumindest offiziell saß er am Steuer. Wenn in der Mannschaft Uneinigkeit ausbricht, lässt man es nur los, um ein paar Watschen auszuteilen.
Eine Führungspersönlichkeit hätte gesagt, dass dann der Moment gekommen wäre, den Zusammenhalt wieder herzustellen. Sie hätte es bis zum Gehtnichtmehr versucht, die Getreuen um sich zu scharen, um die Meuterer niederzuwerfen – jedenfalls innerhalb einer österreichischen politischen Partei, in der entweder archaisches Faustrecht oder Oligarchie, allerdings keine zivilisierte Demokratie herrscht.

Das Gesicht der Führungslosigkeit

Spindelegger ist keine Führungspersönlichkeit. „Spindi“ oder „Schwindelegger“ musste für viele Dinge hinhalten, für die er zwar theoretisch, aber nicht praktisch alleinverantwortlich war. Und für diesen Zweck stand er auch unterm Watschenbaum.
Sein Fehler war, dass er sich dazu nicht schon früher bekannte. Und der Fehler der Schattenherrscher seiner Partei war, zu glauben, einen Strohmann zum Vizekanzler machen zu müssen.
Sie alle schossen sich ins Knie. Denn wenn die ÖVP insgesammt leidet, leiden vielleicht auch irgendwann ihre Landesfürsten, vielleicht sogar ihre Bauernbündler, Raiffeisenfreunderl, Wirtschaftskämmerer* und Beamtengewerkschafter, also die eigentlichen Puppenspieler der halben Regierung.

Wer hat Angst vorm blauen Mann?

Wir dürfen uns nun nicht vom Strachegespenst in Geiselhaft dieser Koalition nehmen lassen. Es dauert auch noch ein Weilchen bis zu den nächsten Wahlen. Wer weiß, was Mitterlehner inzwischen erreichen kann (es kann nur besser werden).
Aber selbst wenn es einen Öster-Reichskanzler Strache gäbe: Auch er würde die Republik nicht allein korrumpieren regieren. Die *schwarzen Institutionen, die roten Gewerkschaften, die Landeshauptleute aus beiden Alt-Parteien werden auch in Zukunft mitmischen.

Schlimmer kann's nicht werden

Wir wissen jetzt schon, mit welcher Partei die FPÖ koalieren würde. Bereits vor der schwarz-blauen Regierung gab es Verschärfungen im Fremden- und Asylrecht. Und nach Schwarz-Blau wurden diese kaum entschärft. Viel schlimmer als die aktuelle Regierung können selbst die ausgewiesenen Ausländerfeinde nicht mehr werden, ohne mit der Verfassung zu brechen.


In der hiesigen „Sozialdemokratie“ gibt es keine Sozialdemokratie mehr. Nach dem propagandistisch vielfach trauerbekundeten Tod von Frauenrechtsbefürworterin Barbara Prammer, hat die SPÖ die Messlatte für Antifeminismus ziemlich hoch für die FPÖ gelegt.
Die so genannten „Christdemokraten“ haben ihren Namen nicht umsonst gewechselt. Was sie aber mit dem „Volk“ gemein haben sollen, kann niemand nachvollziehen, der nicht gerade Bauer oder Banker ist. Auch der „Konservativismus“ der „Konservativen“ bedeutet nicht viel mehr als geistiger Stillstand.

Wir erleben in dieser Kollision aus SPÖ und ÖVP jetzt schon weder moderne sozialdemokratische noch altbürgerliche „Werte“. Bei uns regiert die selbe Melange aus neoliberalen Finanz- und Konzerninteressen, fehlendem Erfindergeist und Mut, wie sie zur Zeit in sämtlichen Real-Demokratien vorherrscht. Die FPÖ würde nichts daran ändern, weil sie Teil des selben mangelhaften System ist.

Ohne Opposition exisitiert kein Strache

Es ist nicht der Genialität der FPÖ, sondern den grauen Eminenzen bei Schwarz und Rot, ihren Spindeleggers und Faymanns zu verdanken, dass Strache in den Umfragen vorne liegt. Seine Unterstützer (also auch die Drahtzieher in SPÖ und ÖVP) sind wie er selbst davon abhängig, möglichst viel Macht mit möglichst wenig Verantwortung zu erhalten. Würde Strache tatsächlich unangefochten an der Spitze stehen und regieren, würde er zugleich seine wichtigsten Unterstützer_innen und die Basis seines Erfolges verlieren.
Von dort ginge es nur noch abwärts. Es sei denn, er würde es schaffen – nach ungarischem oder türkischem Vorbild – noch schnell eine Diktatur zu installieren. Aber so viele, dafür notwendige Sitze würde der deutschnationalistische Zahntechniker auch wieder nicht bekommen.

Montag, 25. August 2014

Dünner Verlauf

Sie steigen auf
Die Luft wird dünn
Sie nehmen's in Kauf
Die Gedanken werden dünner
Sie folgen weiter dem alten Verlauf
Die Menschlichkeit ist schon ausgedünnt

Das tote Pferd wird nicht mehr geritten
Der Aktenkoffer ist sein Stall
Dort bleibt sein Nutzen unbestritten
Und frisst noch
Geld überall

Mit dieser Regierung ist kein Staat zu machen
Zweitausendundvierzehn nach Christi Geburt
In Österreich ist keine Rebellion anzufachen
Zwischen den Ufern hockt das Volk
In seiner nassen Furt

Auf zweierlei Ufer verteilen sich die Regenten
Die Jungen gehen baden
Die Alten füttern Enten
Zeitungsenten
Im Hin & Her
Und Wasser ja eh nur bis zu den Waden

Mit dieser Demokratie ist keine Demokratie zu machen
Die Luft wird ausgedünnt
Das Volk nimmt's in Kauf
Das Volk macht den Kauf
Die Gedanken bleiben dünner
Als ihr Gewicht im Weltenverlauf
Die Menscheit ist weit und breit
Die Menschlichkeit ist doch so dünn



Mittwoch, 13. August 2014

Israel VS Gaza: Die Medaille einschmelzen!


Die Kommentare im Standard, zuerst von Zvi Heifetz, nun von Salah Abdel Shafi, sind exemplarisch für den alt gewordenen Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser_innen. Der Erste vertritt Israel, der Zweite Gaza. Beide bringen sehr gut formulierte Argumente. Beide haben Recht. Allerdings nur für sich.
Beide denken, sehen und schreiben einseitig. Dadurch können ihre Ideen nicht zur Friedenstiftung beitragen. Ungewollt rechtfertigen sie das bestehende Blutvergießen.

Jeder auf seiner eigenen Seite bleibt blind für die des anderen und damit unfähig, den Konflikt als Ganzes, dessen Teil sie beide sind, zu erkennen. Stattdessen wollen sie die Illusion erzeugen, dieser Krieg wäre ohne das eigene Zutun, nur durch die Schuld des Anderen entstanden. Sie schreiben es indirekt. Sie verfügen über hervorragende Rhetorik. Sie haben sich dennoch disqualifiziert.

Das Leben findet zwischen den Polen statt

In den vielfältigen Medien wird klar polarisiert. Entweder man ist für das demokratische Israel und gegen die böse Hamas. Oder man ist für das tapfere Volk der Palästinenser_innen und gegen das böse Israel.
Wie Schimmelpilz wuchern diverse Weltverschwörungstheorien, die entweder mit der Warnung vor Zionismus oder Islamismus beginnen, aber gemeinsam meist beim billigen Nazi-Vergleich enden. Zugleich werden Fakten ignoriert, die tatsächlich als Inspiration für einen Thriller taugen würden.

Die USA sind die wichtigsten Verbündeten Israels. Sie machen allerdings auch milliardenschwere Waffengeschäfte mit Katar, das bekanntlich die Hamas unterstützt – um nur ein Beispiel zu nennen.
Auch Waffenhändler aus der EU beliefern fleißig beide Seiten des Konflikts, die einen direkt, die anderen indirekt. Nicht vergessen: Beinahe jeder arabische Staat in der Region sponsort die eine oder andere Gruppe islamistischer Extremisten und Terroristen – vorzugsweise auf dem Staatsgebiet der anderen.Konzerne verdienen, Politiker_innen profilieren sich, die Zivilbevölkerung zahlt und geht drauf
Der Konflikt auf israelischen und palästinensischen Gebieten kann nur verstanden und gelöst werden, wenn deren törichte, korrupte, habgierige Umgebung mitgedacht wird. Die geopolitische Beobachtung zeigt, dass die halbe Welt machtpolitisch und geschäftlich involviert ist – und zwar auf Kosten der israelischen und palästinensischen Zivilbevölkerung.

Schuld und Sühne gehören auf die Bühne

Dass intelligente Erwachsene stets sehr eloquent von Gerechtigkeit schreiben und sprechen, aber dabei meist die Vernunft eines Kleinkindes unterbieten, ist schlimm genug. Aber zu glauben, dass dieser Konflikt gelöst wird, indem man die Frage nach dem ersten Steinwurf klärt, ist eine Katastrophe.
Personen, die meinen, Konfliktlösung würde mit Schuldspruch und Sühne des Konfliktpartners beginnen, müssen unbedingt die Verhandlungs- und Führungskompetenzen in dieser Angelegenheit entzogen werden!

Es macht letztlich keinen Unterschied, ob die offiziellen Waffendealer oder die illegalen Waffenschieber die Bösen sind. Ob die Palästinenser_innen frei ihre Hamas- und Fatah-Führung wählen oder diese nur unter vorgezogenem Sturmgewehr unterstützen. Ob die Mehrheit der Wähler_innen Israels verhärtet und erblindet ist oder lediglich aus der berechtigten Angst vor dem Terror den kriegstreiberischen Hardlinern in der Knesset ihre Stimme geben.
Es macht keinen Unterschied für die Opfer des Konfliktes, wessen Fehler der schlimmere war. Von den Opfern sind beinahe alle unschuldig. Denn wo einst Soldaten gegen Soldat_innen kämpften, sterben heute mehrheitlich Zivilist_innen, also jene, die keine Beziehungen zur Waffenindustrie oder zur (internationalen) Politik haben.

Die eine Seite der Medaillie ist blind für die andere

Nur wer beide Seiten der Medaillie erkennt, kann sie begreifen. Nur wer verstehen will, dass der Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser_innen in erster Linie durch die jeweilige Führung beider Völker und in zweiter Linie von den sich einmischenden Dritten verschuldet wurde, kann auch eine Lösung finden. Ansonsten wird das Gemetzel weitergehen.

Die Medaille einschmelzen!

Eine Lösung kann damit beginnen, dass die Waffenlieferungen in die Konfliktregion gestoppt bzw. geahndet werden. Die Konfliktregion umfasst dabei den gesamten so genannten Nahen Osten.
Dieser ist letztlich nicht nur eine militärische Krisenregion, sondern ebenso eine politische. Die real-demokratischen Staaten müssen endlich aufhören, Dikaturen und Tyranneien in irgendeiner Weise zu unterstützen (ich weiß, darüber können globale Wirtschaftstreibende nur lachen).

Keine Waffenlieferungen gegen Verbrechen

Vergehen gegen Völker- und Menschenrecht (wobei letzteres auf der ganzen Welt, selbst innerhalb der EU, auch in Österreich, weitgehend ignoriert wird) können nicht durch Waffengeschäfte verhindert werden. Sie können nur gestoppt werden, wenn die sagenumwobene „Internationale Gemeinschaft“, beispielsweise die UNO ihre Truppen entsendet, um aktiv gegen Kriegsverbrecher vorzugehen, Zivilbevölkerung zu schützen.

Kein Krieg gegen Verbrecher

Statt Krieg gegen alle Palästinenser_innen zu führen, sollte Israel mit Unterstützung und unter Beobachtung internationaler Truppen die Hamas unschädlich machen, ihre Täter verhaften, einer polizeilichen, nicht einer militärischen Aktion entsprechend. Das ist legitim, schließlich verbrach diese Verbrecherorganisation gegen internationles Recht. Kooperierten die Palästinenser_innen nicht, wäre nur der Selbstschutz der eingesetzten Soldat_innen berechtigt. Aber auch Kriegsverbrecher_innen auf Seiten Israels sollten in Den Haag vor Gericht gestellt werden.

Gerechtigkeit kennt keine Kompromisse

Beide Seiten schmücken sich gerne mit dem Begriff der Gerechtigkeit. Sie verstehen anscheinend nicht, dass diese(r) keine Kompromisse kennt. Die Schuld im Krieg zwischen Israel und Gaza (und Westjordanland) liegt auf beiden Seiten. Das ist in kaum einem anderen Konflikt so deutlich wie in diesem.
Auch wenn die Schuld über beide Konflikparteien hinaus geht und auch Akteur_innen aus Drittstaaten betrifft, müssen die individuellen Verantwortlichen unter den Israelis und den Palästinenser_innen gemeinsam zu ihrer Verantwortung gezogen und bestraft werden. Sie müssen allesamt an ihrer Kriegshetze und an weiteren Verbrechen gehindert werden.

Individualschuld statt kollektiver Erbschuld
Nicht die Kollektivschuld oder „Erbsünde“ eines der beiden Völker ist zu untersuchen oder von Bedeutung, sondern die Aktionen ihrer jeweiligen Führer. Sie sind zwei Seite einer Medaille und diese muss eingeschmolzen werden – auch um der Welt ihre wahre Natur zu offenbaren. Während die übrigen, involvierten Staaten ihre Mitschuld sühnen können, indem sie dabei helfen.




Montag, 11. August 2014

An der Alten Donau

Der Wuchs der Bäume
Verzeiht den Häusern ihre Geraden
Bricht sie
Beiderlei Säume
Aus Wolkenbausch und fallenden Promenaden

Der Wuchs der Wolkentürme
Aus dem Wasser
Ins Wasser gefallen
Birgt Träume und Stürme
Noch so fern uns sonnengesprenkelten allen

Im Handtuch liegst du immer noch nass
Und an mich geschmiegt
Von der Furcht zur Vorsicht
Vom Mut zum Spaß
Weit geschwommen
Du hast gesiegt

Im jungen Schatten alter Bäume
Kündender Wind
Über dem flachen Land
Noch keine Zeit für all die Träume
Der Abend ist noch weit
Wieder zum Wasser
Wieder zum Strand

Und Elisabeths schöne Augen
Geben der Alten Donau manchmal ihre Farbe

Samstag, 9. August 2014

Nahost: Das Schweigen der Würschte

Dieser Tage werden verwunderte (und verwunderliche) Stimmen fragend: Warum protestieren - auch in Österreich - Muslime aller Art und auf unterschiedliche Weise gegen die Angriffe Israels auf Gaza... Oder gegen Israel an sich... Oder gegen alles Jüdische? Warum protestieren sie nicht gegen ihre religionsinternen Gemetzel? Warum dieses Schweigen zum islamischen Religionskrieg?

1) Die Geschichte des Islams ist eine Geschichte voller Widersprüche

1a) Wir sprechen von Muslim_as, Mitgliedern einer heterogenen Religionsfamilie, die zur Zeit (das ändert sich ja alle paar hundert Jahre) die wohl am stärksten zerstrittene Weltreligion darstellt. Warum sollten sämtliche Muslim_as von den Shiiten und Sunniten bis zu den Ibaditen und Drusen gemeinsam für den Frieden untereinander demonstrieren, wenn vor allem die ersten beiden Gruppen inklusive Untergruppen so eifrig für den Untergang der jeweils anderen beten - zumindest auf weltpolitischer Ebene, also dort, wo das Erdöl liegt?

1b) Wir sprechen außerdem von einer Religion. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendeine Weltreligion an irgendeinem Ort dieser Welt konfessionsübergreifend in Massen auf die Straße zog, um gemeinsam gegen das Töten und Getötetwerden ihrer Mitglieder zu lärmen. Wenn es andererseits gegen Abtreibung, Homosexuellenehe oder den "Judenstaat" geht, dann finden sich schnell einige Spinner zusammen.

2) Religion ist Privatsache

Wenn die Zivilgesellschaft demokratischer Staaten unabhängig von Religionszugehörigkeit für eine Sache demonstrieren geht, gilt die Religion der einzelnen Teilnehmer_innen immer noch als Privatsache. Man wird als Bürger_in aktiv. Würde man als religiöser Mensch aktiv werden, würde man in die Kirche oder Moschee gehen und beten.
Was geht es uns also als demokratische Zivilgesellschaft an, wenn sich Menschen gewisser Religionen dazu entschließen, scheinheilig zu sein? Wenn sie sich dazu entschließen, ihre Religionszugehörigkeit lediglich als politisches Werkzeug zu missbrauchen?
Als wäre das etwas Neues! Als wäre das bei Muslim_as anders als bei Christ_innen! Und wir staunen ja auch nicht über korrupte Politiker_innen oder geldgierige Banker oder betrunkene Barkeeper. Wir sind viel mehr erstaunt, wenn die aufgezählten Personengruppen diese Eigenschaften nicht erfüllen.  

3) Wo bleiben die Christ_innen?

In diesem Fall fragt sich auch niemand, warum nicht die gesamte Christenheit auf die Straße geht, wenn Menschen im Allgemeinen, aber eben auch Christ_innen in den betroffenen Gebieten vom IS abgeschlachtet werden. Antwort: Die dort unten kennen wir nicht (sind die überhaupt katholisch?).

4) Die Taten sprechen bereits für sich

Bei den Demonstrationen gegen Israel wurde antijüdische Vorurteile, jüdische Weltverschwörungstheorien und Sympathien mit Terrororganisationen mitgetragen. Weniger Radikale sympahtisier(t)en mit unserem türkischen Möchtegern-Diktator Erdogan, der seine Antisemitismus-Propaganda ganz offen bei (unserem) Goebbels klaute.
Man klebte sich die toten Kinder von Gaza auf die Plakate, vergaß aber offenbar die Eigentore, die Opfer der Hamas unter der eigenen Bevölkerung. Stattdessen wurden IS- und Hamasfähnchen geschwungen.
Das ist scheinheilig bis verlogen und manipulativ, sprich dreckigste Politik wie sie im Handbuch für Demagogen steht. Und diese sollte nicht umsonst von Glaubensbekenntnissen getrennt betrachtet werden.

Und beschwert euch jetzt nicht: Aber die trennen doch Religion und Politik auch nicht. Das ist der Punkt: Wir sind nicht die. Wenn wir gewisse Prinzipien der Aufklärung verstanden haben, sind wir - und nicht die Unverständigen - für deren Einhaltung verantwortlich. Wir können von den Erkenntnislosen nicht Erkenntnis erwarten. Über meine Arroganz dürft ihr euch beschweren.

Und hier ist die Antwort

Meines Erachtens haben wir von den Demonstrant_innen also unmittelbar die Antwort darauf bekommen, warum sie nicht für Frieden wenigstens innerhalb der Islamischen Welt auf die Straße gehen; warum sie nicht die Gewalt von Muslim_as gegen Muslim_as verurteilen - zumindest quantitativ.

Es ging niemals um Frieden oder Gerechtigkeit. Es ging um Propaganda gegen den Feind. Um Selbstgerechtigkeit. Um den Unfrieden der Anderen. Um Empörung wegen der eigenen Lebenssituation vielleicht und gegen einen willkommenen Sündenbock (obwohl der eine jüdische Erfindung ist).

Also eigentlich hätten sich die Fragensteller_innen die Antwort(en) selbst geben können.

Natürlich gibt es die gescheiten, aufgeklärten, friedensliebenden Mulim_as. Aber die sind genauso in der Minderheit wie die Gescheiten, Augeklärten, Friedensliebenden in anderen Religionen oder irgendwelchen Gruppierungen. Daher ist und bleibt die gesamte Menschheit in der Verantwortung. Sonst geht es sich nicht aus.

Freitag, 8. August 2014

Jesus im Nahost-Konflikt

Beinahe eine Prophezeiung (unvollständiger Wahrheitsanspruch)

Ich schreibe freilich nicht vom "Jesus" der Kreuzritter. Die waren noch nicht einmal „Taufscheinchristen“. Auch nicht von jenem "Jesus" der Scheinheiligen, die Juden und Jüdinnen damit bedrohten, sie an die Nazis auszuliefern, wenn sie sich nicht zwangstaufen ließen. Genauso wenig vom "Jesus" der Faschist_innen im Kirchenchor, die gegen Homosexuelle und Feministinnen hetzen.  Ich will hier von Jesus Christus dem Philosophen schreiben, von seinen Lehren als Philosophie.

Ein gewisser Nahost-Kontext

Vor ca. 2000 Jahren sah Judäa ungefähr so aus wie heute. Freilich, es gab weniger modernes Zeug. Luft und Wasser waren um einiges sauberer. Die Dichte der Raketen und Kampfjets pro Kubikmeter war etwas geringer.
Aber es war damals schon heiß, sandig und abgesehen vom häufigen Blutvergießen ziemlich trocken. Und aus irgendeinem Grund trotzdem ziemlich begehrt.
Die damalige „Besatzungsmacht“ bzw. „Legitime Staatsgewalt“ hieß Rom, die damaligen „Terroristen“ bzw. „Legitime Rebellen“ hießen Juden. Christentum und Islam schwammen noch in Abrahams Wurstkessel. Minderheiten und damit an allem Schuld, das zufällig nicht Römer bzw. Juden verantworteten, waren Osiriskultist_innen, Zorastrier_innen und Hellenist_innen.

Vor allem letztere hatten keinen guten Ruf. Erst knappe 200 Jahre zuvor waren die hellenistischen „Fremdherrscher“ bzw. „Nachfolger Alexander des Großen“ mitsamt den hellenistischen Juden und Jüdinnen von Judas dem Makkabäer und seinen „Helden“ bzw. „Fanatikern“ aus Jerusalem vertrieben worden. Daraufhin musste erst einmal alles Griechische ausgemistet werden. Sogar der Tempel wurde tiefengereinigt und neu eingeweiht (siehe Chanukka).

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Und dann kam, etwa 30 nach Christus, ein junger Nazarener namens Jesus nach Jerusalem. Dort rieb er den erzkonservativen Hohepriestern Ideen unter die hohen Nasen, die teilweise an die Lehren eines gewissen Atheners namens Sokrates erinnerten. Dieser Hellene starb cirka 4 Jahrhunderte zuvor für seine Überzeugungen. Und auf dessen Biografen und Schüler gingen die (Neo)Platonischen Akademien zurück, die zu jener antiken Zeit auch das ganze Imperium Romanum mitsamt seinen Stoiker_innen prägte.

Die Philosophie dieses Jesus war quasi „imperialistisch“ bzw. im Vergleich zu den uralten Gesetzen des Judentums „neumodisch“. Zudem ähnelte eine Kernaussage Jesu zu sehr der höchsten sokratisch-platonischen Moral: Es wäre besser Leid zugefügt zu bekommen, als selbst Leid zu zufügen – und zwar für das Seelenheil und die Karrierechancen im Jenseits.
In einer damals schon konfliktreichen, militarisierten Region war diese Einstellung nicht gerade mainstream. Außerdem waren sämtliche Zeloten beleidigt, die vor hatten, für ihr Volk Gottes ein Selbstmordkommando zu übernehmen (und das, obwohl damals noch gar keine Jungfrauen auf sie warteten).

Hippie, Kommunist, Schmarotzer

Jesus war für die Nächstenliebe, anstelle von Gewalt. Selbst nachdem sie seinen Cousin enthaupteten. Ein realitätsferner Pazifist!
Er schmälerte die Bedeutung des materiellen Besitzes. Predigte, das alle miteinander teilen sollten, damit alle mehr hätten. Und dann randalierte er auch gegen die Händler im Tempel. Anarchist! Sozialist! Linke Zecke!
Er hing, anstatt sich zu bereichern oder Krieg zu führen, lieber mit seinen langhaarigen Freunden ab, um über Gott und die Welt zu philosophieren. Blumen waren damals und dort Mangelware. Daher nannte man sie, glaube ich, „Palmzweigkinder“.
Außerdem ließ er sich ständig von irgendwelchen Mittelständlern einladen und aushalten. Er lud sich sogar zu einem „Kollaborateur“ bzw. „Zollbeamten“ ein. So ein Schmarotzer! So ein Verräter!

Was aber für das Volk des heiligen Landes besonders problematisch war: Er behauptete, sein Königreich sei nicht von dieser Welt. Aber er war doch selbst Teil Israels, ein Untertan des Herodes Antipas.
Wenn sich das eigene spirituelle Reich jenseits der irdischen Politik befindet, hat das einen Vorteil: Man geht irdischen Herrschern damit nicht auf die Kronjuwelen, man ist außer Konkurrenz.
Allerdings ist es ein Nachteil für jene, die Religion als Werkzeug der Politik verstehen. Denn wenn man die Heiligkeit nicht an einem bestimmten, irdischen Ort festmachen kann, kann man auch keinen Besitzanspruch aufgrund der eigenen Religionszugörigkeit auf einen solchen Ort erheben. So wie dies mittlerweile die Angehörigen mehrerer Religionen ausgerechnet auf der trockenen Erde Israels tun.

Kurz: Er wurde beseitigt...

Es wundert also nicht, dass Jesus bald gekreuzigt wurde (auch wenn muslimische Quellen meinen, dass es dafür keine Beweise gebe). Wer dafür erstverantwortlich war? Vielleicht sein Haberer Judas, der zufällig den Namen jenes eifrigen, antihellenistischen Makkabäers trägt? Vielleicht ein zorniger Mob, angestachelt von korrupten Religionslehrern? Vielleicht Herodes, der opportunistische Vasalle der damaligen Supermacht? Vielleicht dessen Pontius Pilatus, imperialistischer Stadthalter und Erfinder der „Pilatus-Methode“, die auch heute noch bei politischen Entscheidungsträger_innen sehr beliebt ist (nicht zu verwechseln mit der Pilates-Methode)?

...Und ist doch nicht ganz weg

Wer auch immer... Diese Form der Konflikt- und Problemlösung war damals und dort so im Trend wie dieser Tage ein Sprengkopf am Schädel. Jesus starb. Danach verteilten sich zuerst seine Anhänger_innen in alle Richtungen, dann musste beinahe das gesamte jüdische Volk auswandern. Der heilige Tempel, den Jesus vor der unreinen Geld- und Machtgier beschützen wollte, brannte nieder im Streit der „nationalistischen Eiferer“ bzw. „Freiheitskämfper“ gegen das Imperium.

Einige Christ_innen glauben und warten auf die Rückkehr Jesu. Vielleicht ist er längst wieder hier? Vielleicht kommt er bald? Wiedergeboren als friedensliebender, menschlicher Palästinenser oder Israeli, der nicht versteht, warum ihn niemand verstehen kann. Vielleicht kommt er auch als Frau wieder.
Mein Tipp: Ihr solltet ihn nicht umbringen, sondern auf ihn hören. Ihr werdet sehen, das wirkt Wunder.

 

Mittwoch, 6. August 2014

Everything And Nothing On Earth

Earth is still spinning
The poor are still losing
The rich are still winning
And I am still refusing

To believe to blieve
Is everything
Is nothing

Earth is still quaking
The first was killed ages ago
And we are still shaking
With all the hate that hurts us so

To feel and reveal
Everything
Is nothing

Earth is still bleeding
Under a growing weapons pile
It's the cowards big seeding
Brave peace is a far and lost isle

To reach or to teach
Nothing
Is everything

Earth is still not growing
Yet the rich want more
Yet the poor are spreading
Both are starving at the door

To glory

To the end of this stupid story
Of nothing
And everything

Links wie a Packerl Tschik

(Links wie eine Packung Zigaretten)

Unlogisch
Unökologisch
Unökonomisch

Produziert
Unter Hitze
Unter Verachtung
Von Menschen
Von Rechten
Von Leben

In Massen
In Monokultur
In Gift
Mit Gift
Für Gift

Zur Ablenkung
Zur Betäubung
Zur Unvernunft
Zum Schaden
Des Volkes
Des Staates
Der Gesundheit
Des Systems

Zur Bereicherung
Der Reichen
Der Konzerne
Der Schurken

Billig den wenigen
Teuer den vielen

So Links
Wie a Packerl Tschik
?

Freitag, 1. August 2014

Österreichs rechter Spruch

Schreib das Tierleid an die Wand
Gläsern und doch undurchsichtig
Bald hast du Handschellen
Bald Säure an deiner sauberen Hand
Die Mafia macht sich paragraphisch wichtig

Und kommst du dann doch noch frei
Wünscht sich der Herr Staatsanwalt
Am Fenster ein Gewehr herbei
Jagt dich mit fantasierter Staatsgewalt

Flüchte einmal vor Krieg und Leid
Und nimm einen Verwandten mit
Das erscheint dir vielleicht gescheit
Doch von der Justiz gibt’s dafür einen Tritt

Einen Schlepper schimpft dich halb Österreich
Vertauscht Recht und Unrecht dir
Denn du bist zwar Gast
Aber leider nicht reich
Und außerdem so weit nicht von hier

Protestiere einmal gegen Rechtsextremismus
Und stell im Krawall einen Mistkübel gerade
Schon macht eine rechts beleidigte Justiz
Mit dem liebesblinden Rechtsstaat Schluss
Du hörst das Säbelgerassel der Alten Garde

Und während ein reicher Immobilienhai
Um seine Mieterinnen und Hausgäste loszuwerden
Eintausendsiebenhundert Cops sich ruft herbei
Will man das ärmere Volk
Mit Landfriedensbruch beerben

Demonstriere doch mit satirischem Reim
Für das Recht auf antikatholische Abtreibung
Meint die Justiz sogleich
Du wärst wohl links daheim
Und erneut beginnt sie ihre rechte Übertreibung

Denn wer in Salzburg gegen Tradition und Kirche spricht
Hat bald nichts mehr zu lachen
Staatspolitik ohne Kirche gibt's auch woanders nicht
Da kann man nichts
Außer eine Revolution vielleicht machen

War Business... What is it good for?

Pazifismus scheint schon lange kein Modewort mehr zu sein. Protestbewegungen rund um die Welt rufen meist gegen etwas/jemanden, selten für etwas/jemanden. Ebenso selten geht man dieser Tage in Massen für Abrüstung auf die Straße oder positioniert sich, wenn schon gegen etwas, dann gegen das internationale Waffengeschäft, das man auch Kriegsgeschäft nennen darf.

Derweil finden kriegsverbrecherische Konflikte weltweit statt. Und während beinahe jedes informierte Individuum auf einer der Konfliktseiten steht, steht kaum jemand auf der Seite des Friedens. Das wäre auch unparteiisch, das wäre langweilig.


Anhand Gaza-Israel

... lässt sich beispielhaft erkennen, warum Whitfield und Strong mit ihrem Song „War“ von 1969 auch heute noch Recht haben. War! What is it good for? Absolutely nothing.

Abgesehen von dem psychologisch verständlichen Bedürfnis der Täter und Opfer, all das bereits angerichtete Morden irgendwie zu rechtfertigen, finden sich gewiss manche Personengruppen, die mir auch professionell widersprechen wollen – auch nicht ganz unverständlich. Einigen (regionalen) Machtpolitiker_innen und Geschäftsleuten, allen voran Waffenhändler_innen, tut das Blutvergießen vermeintlich* gut. Aber ich möchte meinen Blick auf die Dinge aus der Sicht der Menschlichkeit, nicht aus der Sicht der Unmenschlichkeit richten.
*Aus platonischer oder christlicher Sicht natürlich nicht.




Asymmetrie des Krieges

In den Diskussionen über diesen Krieg rechtfertigt man jeweilige Parteilichkeit entweder mit dem Terrorismus der Hamas oder der Übermacht des israelischen Militärs. Gerade bezüglich letzterer scheint man an den Argumentationspunkt zu gelangen, die Ungerechtigkeit dieses Krieges liege in dessen „Asymmetrie“. Sprich Israel liegt in allen Statistiken quantitativ weit über Gaza (abgesehen von den Opferzahlen des Konflikts).

Dieses Ungleichgewicht trifft zu, hat aber nichts mit dem Unrecht zu tun, das hier stattfindet. Es sei denn, man betrachtet Krieg als Spiel.
Im Real-Life werden Kampfhandlungen immer nur dann begonnen, wenn sich eine Seite im klaren Vorteil sieht. Krieg ist von seiner grauenvollen Natur her immer unfair. Und wer sich einen sportlichen Krieg wünscht, ist ein perverses Monster. Also vergessen wir die Symmetrie.


Sprechen wir lieber über die Ziele

Ich behaupte nicht, Kriegsherr_innen verfolgten niemals legitime Ziele. Sie tun es nur so gut wie niemals (Die Chancen: 1 zu 1 000 000). Vor allem gilt: Wer einen Krieg anfängt, hat immer Unrecht.
Im Falle Israel VS Hamas sind die Ungerechten deshalb schwer auf einer Seite zu orten, weil beide Seiten abwechselnd immer wieder neu anfangen. Die Einen nehmen den Anderen gewaltsam Land weg, die Anderen verüben gewaltsamen Terror.

Im aktuellen Streit behauptet die Hamas, sie würde ihr Volk vor den Angriffen durch Israel verteidigen. Das ist eine offensichtliche Lüge. Und wäre es keine Lüge? Mit ihren Raketenangriffen erreichen sie so und so nur das Gegenteil ihres angeblichen Zieles.

Israel hingegen geht ins Detail. Es will mit seiner aktuellen Offensive gegen den kleinen Gazastreifen die Tunnelsysteme der Hamas ausschalten, damit diese sie nicht mehr für ihren Terror einsetzen könne. Ein nachvollziehbares Ziel.

Doch wie man dieses erreichen will, indem man Bomben und Granaten auf gut Glück über die dicht besiedelte Oberfläche verstreut, bleibt mir ein Rätsel. So ein Tunnel ist nicht sehr breit und er verläuft unterirdisch. Dort passen auch nicht sehr viele Zivilist_innen hinein, weshalb es keinen Sinn macht, diese im Vorfeld einer präzisen Bodentruppen-Operation mittels Bombardements "auszudünnen" (es sei denn, man taktiert kopflos).


Ziel verfehlt, Sinn verfehlt

Aber Sinn macht hier sowieso niemand, die Hamas noch weniger als Israel. Allerdings verfehlen beide gleichermaßen ihre Ziele. Da haben wir also doch noch eine Symmetrie in diesem Konflikt.
Die Hamas weiß, dass ihre eigene Bevölkerung im engen Gazastreifen kaum einen sicheren Unterschlupf finden kann. Aber die Israelis wissen das auch.
Die Hamas dürfte die Palästinenser_innen bewusst als menschliche Schutzschilder, als Druckmittel gegenüber der Weltöffentlichkeit, daher als Geiseln missbrauchen. Aber die Israelis tun das selbe.
Sie klagen die Hamas wegen ihrer Geiselnahme an, nehmen aber keine ernstzunehmende Rücksicht auf die Geiseln. Und sie provozieren die Geiselnehmer im Vorfeld zur Gewalt.

Israel ist dabei in einer bequemen Position: Im Pseudofrieden betrachtet sie die Hamas nur als kriminelle Organisation, die sie politisch ignorieren dürfe. Im Krieg hingegen wird die Hamas plötzlich als legitime Armee eines verfeindeten (anerkannten?) Staates umgedeutet, die man mit entsprechender Härte bekämpfen dürfe.
Und obwohl Israel einer Befriedung des Gebietes durch sie kein Stück näher gekommen ist, hält es hartnäckig an der selben, erfolglosen Methode fest – genauso stur und sinnlos wie ihre Feinde an deren Methode festhalten.


Praktisch für den Waffenhandel

Die modernen bewaffneten Konflikte dieser Jahre finden nicht mehr zwischen einzelnen Staaten oder Staaten-Allianzen statt, sondern zwischen Gruppierungen innerhalb einzelner Staaten bzw. Regionen. Das ist so auch praktischer für den Waffenhandel. Der Krieg ist nicht internationale, sondern lediglich nationale Angelegenheit, „Privatsache“ sozusagen.

Möglicherweise ist das der Grund, warum sich die „westlichen“ Demokratien in der gemütlichen Lage sehen, stets gegen die Gewalttaten in solchen Konfliktzonen protestieren zu können. Habe ja nichts mit ihnen zu tun. Während ihre Unternehmen gleichzeitig die Waffen für diese Gewalttaten liefern.

Meist kämpft dabei eine Regierung bzw. Diktatur gegen Rebellen bzw. Terroristen – je nach Bedarf. Natürlich wäre es legitim, einem souveränen Staat Waffen für dessen „Verteidiung“ zu liefern. Natürlich wäre es moralisch richtig, Rebellen mit Waffen zu versorgen, damit diese sich „Demokratie“, „Freiheit“ und „Frieden“ erkämpfen können. Wenn nicht beides gelogen wäre.




Und wie geht's der Wirtschaft?

Selbst wenn mich die Menschlichkeit nicht interessieren würde... Auch wirtschaftlich betrachtet ist Krieg in beinahe allen Bereichen ein Verlustgeschäft, für die Großen wie die Kleinen. Die Steuerzahler_innen verpulvern im wahrsten Sinne ihr Geld. Banken werden gesprengt, Märkte zerstört, Agrarland verwüstet, Konsum still gelegt, Rohstoffe abgeschnitten, Ressourcen vernichtet.

Allein die Waffenindustrie gewinnt. Und selbst die „Masters of War“ müssten erkennen, dass zuviel Krieg ihre Abnehmer_innen elliminiert. Oder etwa nicht?


Weltweite Kriege gegen die Waffenlosen

Wenn ich mir die Bilanz ansehe, sterben im aktuellen Gaza-Israel-Krieg hauptsächlich Zivilist_innen. Dieses Verhältnis gilt auch für andere Konfliktherde. Ob in Afghanistan, im Sudan oder Syrien: Stets gibt es zwei oder mehrere militärisierte Konfliktparteien, die sich gleichzeitig an der unbeteiligten Zivilbevölkerung vergehen. Auch wenn anderes behauptet wird: Die Zahlen lügen doch nicht.

Israel bekämpfe die Hamas? Es tötet aber vor allem Zivilist_innen, die versuchen, vor dem Krieg zu fliehen. Und die Hamas schütze Palästina vor israelischen Besatzern? Warum tötet sie dann Zivilist_innen auf der anderen Seite ihrer Grenze?

Egal welches Kriegsgebiet man sich ansieht, man muss zu der Erkenntnis gelangen: Krieg wird hauptsächlich gegen jene geführt, die Frieden wollen und mit dem Waffenhandel keine Geschäfte machten.


Welche Ziele? Wessen Sinn? Und wessen Krieg?

Als Pazifist_in in Friedensgebieten muss man sich zum Glück nur beschimpfen lassen, eine_r zu sein. Klingt faschistoid, ist es auch.

Ich kann all die aktuellen Kriege, in welchen Stiefeln ich sie auch betrachte, als nichts anderes erkennen: Es sind sinnlose, industrialisierte Gewaltausbrüche, die vor allem Unschuldige töten, ihre angeblichen Ziele nie erreichen, einzelnen blutigen Profit bringen, während sie die Mehrheit ruinieren und über die von allen beteiligten Kriegsparteien immer nur Lügen verbreitet werden – vermutlich, weil sie sie Wahrheit selbst nicht ertragen.

Die Mehrheitsbevölkerung dieser Welt muss sich die Fragen stellen: Sind die Kriegsziele unsere Ziele? Machen die Kriege für uns Sinn? Wer ist für sie verantwortlich? Und müssen wir sie uns gefallen lassen? Oder wird es Zeit, sich gegen diese Kriegsverbrecher_innen, auf dem Schlachtfeld und hinter den Konzernschreibtischen, zu organisieren?