Montag, 19. Mai 2014

Identitäre Krise - Rechts wie Links

Wieder so neue Rechte

Die Identitären weisen sich klar als Menschen mit Identitätskrise aus. In einer zivilisierten Gesellschaft hilft man solchen Mitgliedern, ihre Probleme zu lösen, ihre Störungen in den Griff zu bekommen. Man lässt sie erkennen, dass nicht die Gesellschaft, sondern sie selbst unter Indentitätsverlust leiden: Der Beginn einer Therapie.

In Wien – vergangenen Samstag – ging eine Gruppe von etwa 400 „Antifaschist_innen“ gegen eine Gruppe von ca. 100 Identitätssuchenden vor. Die Mehrheit versuchte, die Minderheit an ihrem Recht zu hindern, auf ihre psychosoziale Notlage öffentlich aufmerksam zu machen. Merke: Das eigene Demonstrationsrecht bedeutet nicht, das Demonstrationsrecht anderer einschränken zu dürfen!

Vorschlag: Statt eine unerwünschte Demo Andersdenkender zu blockieren, könnte man versuchen, diese zu begleiten. Wer über ein Mehr an Stimmen verfügt, kann jede andere politische Aktion so zusagen „demokratisch“ überstimmen. Erst das würde eine „Gegendemo“ tatsächlich zu einer „friedlichen“ machen.

Wieder so junge Linke

Leider schafften die Linken der „Offensive gegen Rechts“ und ihre Freunderl – von jungen Sozis und Grünen (zwei Parteien die ich wähle) – es wieder einmal, im öffentlichen Auge als paranoider Anarcho-Haufen zu erscheinen, der sich im besten Fall einen versoffenen Kick im Bullen-Reizen holen wollte. Der sich im schlechtesten Fall jedoch als antidemokratisch darstellte.

Natürlich weiß ich nicht, wer da den ersten Stein auf Polizist_innen warf. Aber deren Helme und Schilde berechtigen niemanden, die Körperverletzung zu suchen – auch nicht die eigene, die daraufhin folgen muss. Das ist kein „Ziviler Ungehorsam“, das ist keine menschlich berechtigte Rebellion, das hat keinen politischen Sinn, kein Ziel. Auch Polizist_innen sind Menschen und Mitbürger_innen.

War die Reaktion der Polizei, bei der auch ein ungeborenes Kind getötet wurde, unangemessen? Genauso teilweise, wie jenes der „Gegendemonstrant_innen.“ Und wer warf wirklich den ersten Stein? Wer verhielt sich am Unverantwortlichsten (gegenüber dem Kind)? Alle oder niemand? Es gibt darüber nur Aussagen gegen Aussagen, Aggresssionen gegen Aggressionen, Unprofessionalität auf allen Seiten.

Rat für die Polizei 

In der Ruhe liegt nicht nur die Kraft, sondern auch die Autorität.

Rat für die Rechten

Meine eigene Identität ist im fließenden Wandel, denn ich bin ein Mensch und ich atme. Der Staat hat für mich, sowie ich als Staatsbürger, eine wichtige Funktion. Auch meine momentane Wohnung trägt zu meiner Identitätsbildung bei – dort bin ich zur Zeit daheim, bis ich wieder einmal, wie so häufig, umziehe.

Identität: Stadtnomade – und natürlich viel mehr. Eine Nationalität benötige ich nicht: Familie, Freunde, Staat, Kontinent, Planet; privat und öffentlich; im Geiste und im G'spür; sozial, kulturell und ganz natürlich... So begründet sich meine Identität. Was will man mehr? Etwas Ewigliches? Das gibt es nicht in dem uns bekannten Universum.

Was spricht dagegen sich Kulturell, wie bei anderen Dingen des „Marktes“, sich dessen zu bedienen, was man für sich als geeignet entdeckt? Die Türken und Asiaten – zur Zeit im Brunnenmarktviertel – gehören genauso zu meiner Identiät, wie der Bauernhof am Rande meiner Heimatstadt, bei dem ich früher die Milch abholte. Ich koche und esse seit jeher multikulturell – warum sollte ich mich freiwillig einschränken?
Wenn Rechtsradikale meinen, nur noch Schweinsbraten essen zu müssen, um original Österreichisch zu sein, werden sie orgiginal ein ungesundes Leben haben. Sie sollten lieber Geschichte lernen.

Rat für die Linken

Wenn Linksradikale nun glauben, ihre Gegner würden tatächlich nur dümmlich-stur heimischen Schweinsbraten essen, weil es ihnen in die Gedankenwut passt, so sollten sie lieber die Augen und Ohren aufmachen. Beispielsweise indem sie sich zu ihnen ins Beisl setzen, in welchem sich die Identitätskriselnden nach ihre Demo einfanden, um mit ihnen den Dialog zu suchen – anstatt kopflos aufgescheucht, in einer Hundertschaft, sich in dessen Nähe zu sammeln. Auf ein original tschechisches Bierchen könnten sich sicherlich beide Seiten einigen.

Hierfür müsste jede antifaschistische Gruppierung, die tatsächlich etwas – beispielsweise öffentliche Zustimmung – erreichen will, ihre eigene Faschistoidität, ihren „Schwarzen Block“ und ihre anderen Hooligans loswerden. Man richte seinen Widerstand (zunächst) nicht gegen Beamt_innen, sondern gegen die Unruhestifter_innen in den eigenen Reihen. Es sei denn, man verwechselt Antifaschismus mit Antidemokratie oder Staatsfeindlichkeit oder einer Gaudi.

Die Feinde meines Feindes sind meine Feinde

Wer aber meinen Staat und meine Staats-Bediensteten angreift, der greift auch mich an. Wer die (Demonstrations-)Rechte anderer zu blockieren versucht, der stellt sich auch mir in den Weg – unabhänig davon, was ich von der Meinung der Blockierten halte.

Sollte mein Staat irgendwann nicht mehr mein Staat sein, weil mir sein Recht Unrecht wird, dann würde ich gegen ihn ankämpfen oder ihn verlassen. Solange man aber selbst dessen (Demonstrations-)Rechte genießt und nützt, akzeptiert man zugleich den Staat und seine Gesetze und hat keine Berechtigung, sich gegen sie zu wenden. Wenn man sich aber bewusst entscheidet, zum Staatsfeind werden, kann man nicht den Schutz einer Exekutive erwarten, die man als solche nicht anerkennt (wenn man sie mit Steinen bewirft).

Das ist keine Entschuldigung für unverhältnismäßig brutales Vorgehen durch die Polizei. Aber diese ist ebenfalls Ergebnis einer gewisser Inkompetenz und keine Frage der Legitimität unserer Gesetze. Und sollte jene unnötig verhaftete Vierzehnjährige tatsächlich nur zufällig in einer Menge fliehender Gegendemonstrant_innen geraten sein, ist das nicht nur die Schuld der Beamt_innen. 

Warum die Anti-Rechts-Offensiven glauben, sich mit der Polizei und Andersdenkenden im Krieg zu befinden? Warum sie an der Seite jener marschieren, die glauben, sich mit Gewalt und Radau gegen eine Verschwörung wehren zu müssen – ohne ansonsten viel zu tun? Vielleicht sind ja auch diese Linken eine gewisse Art von „Identitären“.

Nachtrag und Korrektur:
Laut Staatsanwaltschaft war jene junge Frau, die angeblich ein Kind verloren hätte, doch nicht schwanger.


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