Dienstag, 27. Mai 2014

EU-Wahl 2014: JCJ und rechte Polit-Blasen

Ich habe eigentlich keine Lust auf diesen Senf. Dennoch: Was zeigt sich in den EU-Parlamentswahlen von Sonntag? Gleichbleibende Machtspitzen, EVP und S&D, die sich jedoch einander annäherten. Der Abstand der Sozis zu den führenden Konsis, die trotz Sieg im Vergleich zu 2009 ein paar Sesserln veloren, schrumpfte von 77 Mandaten auf 23 (vorläufiges Ergebnis vom 26.5.14).

Demokratie bestätigen

Trotz geringeren Vorsprungs ist es nun essenziell für die europäische Demokratie, dass sich alle Fraktionen und Fraktionslosen des Europäischen Parlaments für Jean-Claude Juncker einsetzten. Wie den Europäer_innen – indirekt aber doch – von ihren Regierungsparteien versprochen wurde, muss der Wahlsieger Kommissionspräsident werden. Sonst: EU-Befürwortung ade.
Dies gilt zwar als wahrscheinlich, aber politische Saboteure gibt es überall. Zumal in einem Europa, das bei der Wahl des EU-Parlaments vielfach Anti-EU-Parteien wählte.

Lasst uns rein, wir wollen raus: Orientierungslose Dazugewinner

Und was soll man zum Vereinigten Königreich noch sagen? Deren Regierungen sind – ob durch Labour oder Tories geführt – von Natur aus ein EU-skeptisches Völkchen zwecksverehelichter Rosinenpicker_innen. Manche würden sagen: Ehrlich.
Und jetzt gewinnt dort auch noch die Ukip, deren populärer Frontmann aussieht wie ein Frosch auf Kokain. Das sind die Fish & Chips des britischen EU-Skeptizismus.

Eine österreichische Spezialität
In Österreich gewann die Partei „EU-Stop“ zwar nur 2,8 %,, aber das ist immerhin mehr, als das etabliertere BZÖ erhielt oder das wenigsten europapolitisch sinnvollere „Europa Anders“.
2,8 % der österreichischen Mitwähler_innen geben also ihre Stimme einem EU-Gegner, der gerne Teil der EU wäre.

Sie kritisieren die „Fremdbestimmung“ durch die EU und wollen aus einer EU-Institution heraus – die sie zugleich nicht anerkennen – bestimmen, dass Österreich nicht mehr Teil der EU wäre? Man setzt sich freiwillig auf den Ast, den man absägen will, um den Baum zu fällen.

Abgesehen davon, dass ein solcher Wunschtraum praktisch genauso unerfüllt und zwecklos bleibt wie eine Stimme für die fraktionslose FPÖ, deren Freigänger seit 20 Jahren in Straßburg nur herum sitzen und fett werden können: Allein die Idee kommt einer Partei zur Abschaffung der Parteien gleich. Das Blöde ist immer und überall.

Politische Blasenbildung im rechtesten Sektor

Nun müsse man sich angeblich vor einer erneuten Fraktionsbildung durch die, vor allem durch den Sieg Le Pens in Frankreich, bestärkten Rechtspopulist_innen und Patridiot_innen in Acht nehmen. Bin aber der Meinung, dass das Aufstreben eines so radioaktiven Materials ein temporäres Phänomen darstellt.

Es liegt in der Physik dieser Radikalen, sich zu spalten und zu zerstreiten, da der stupide Egoismus das Haupthormon ihres politischen Triebes ist. Auch die dümmsten Europäer_innen werden irgendwann feststellen, dass man mit Hardcore-Nationalist_innen keine Europapolitik machen kann. Diese politische Blase wird daher platzen.

JCJ for president

Für die konstruktiven Europa-Parteien ist es nun an der Zeit, den Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zu er-klären und weiter zu arbeiten.
Natürlich neigt dieser dazu, den destruktiven Sparkurs in der EU zu unterstützen, aber gewiss nicht in radikalerer Form als Barroso. JCJ ist letztlich ein erfolgreicher Vermittler zwischen unterschiedlichen Positionen, ein Seiltänzer.

Der andere Weg, Martin Schulz von der S&D mit Hilfe anderer Fraktionen trotzdem zum Kommissionspräsidenten zu machen, würde die EU-Skepsis und Demokratie-Verdrossenheit in der Bevölkerung nur bestätigen und vorantreiben. Ein Preis, den wir uns nicht leisten könnten.

Hätte ich auch den progressiveren Sozi Schulz bevorzugt – der diese Indirekt-Wahl des Kommissionspräsidenten durch die Europäer_innen erst ermöglichte –, so gibt es bestimmt Schlimmeres, als einen Christdemokraten, der den meisten Konservierten in der EU zu liberal ist. Abgesehen davon ist es eine Genugtuung, zu wissen, dass er Angela Merkel ein Dorn im Auge ist.

Als erster Sozialdemokrat des Kontinents hat sich mittlerweile unser Bundeskanzler Faymann für JCJ ausgesprochen. Löblich. Allerdings scheint er generell ein Faible für Schwarze mit großen Nasen zu haben.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Schreib dich aus