Mittwoch, 21. Mai 2014

Ein Life Ball und ein Penis



Warum man eigentlich nicht einen „Hasch-Tag“ mit "#" abkürzen, egal ob man dabei wandert? Wie auch immer:

#Lifeballplakat2014!


Ich bin übrigens nicht der einzige, der diesbezüglich zur selben Zeit über Michelangelos David-Statue twitterte. Diese zeigt bekanntlich seit der Renaissance ihren etwas frierenden Pimmel einer nicht abgeneigten Weltöffentlichkeit. Und die Miniaturausgaben des Schönlings finden sich nicht nur in Schwulen-Bars, sondern letztlich auf Postkarten an vielen gutbürgerlichen Kühlschränken.

Aber Carmen Carrera auf dem Plakat zum Wiener Lifeball dürfe so nackt nicht sein, errege zur Recht gewisse Gemüter – moralische, religiöse?
2012 wurden schon recht attraktive Fußballer auf den Plakaten des Wiener Leopold Museums mancherorts von Vandal_innen im Schritt zensiert, die Freiluftexponate dann von den Austeller_innen selbst. Dabei ist man argumentativ ziemlich penisfixiert; und man könnte nun meinen: Was sollte man sonst sein?

Das Drumherum bestimmt den Mittelpunkt

Was sonst? Beispielsweise auf das, was um das Glied herum dargestellt wird. Bei den Fußballern waren es solche unterschiedlicher Hautfarbe. Das weckt den Verdacht auf antirassistisches Gutmenschentum (die neuen Protestant_innen oder die neuen Sozialist_innen). 
Außerdem waren sie verboten knackig. Das erregt in jedem Fall gewisse Emotionen, die man sich ansonsten vielleicht verbieten würde - zumal in der Öffentlichkeit.

Beim diesjährigen Life-Ball-Teaser des bürgerlichen Entsetzens ist das Rundherum ein Transgender-Modell, deren „Silicon Valley“ genauso synthetisch aussieht wie ihr gänzlicher Barbypuppen-Taint; wie auch die gesamte Bildlkomposition, für deren Stil der Fotokünstler David LaChapelle berühmt ist:
Ein fantastisches Kitsch-Kunst-Bildnis wie aus einem Erotik-Märchen. Kein erwachsener Mensch kann das als ernsthafte Bedrohung der Sitte empfinden.

Die Ausreden verwachsener Kinder

Die Ausrede auf religiöse Gefühle, auf irgendetwas Moralisches hierfür sind lächerlich. Die Darstellung eines menschlichen Penises – egal wie fleischlich oder künstlich er aussehen mag – hat weder mit dem Einen noch dem Anderen etwas zu tun.
Kein Gott verbietet Nacktheit. Vor allem der jüdisch-christliche wollte nie, dass wir uns unseres Körpers schämen. Als wir, seinem Willen zum Trotze, damit begannen, wurden wir aus dem Paradies geworfen.

Die angeblichen Meldungen anonymer "Leserinnen" über angesichts des Plakates verstörte Kinder, die sich mit ihrem eigenen Körper nicht mehr ausgekannt hätten, können sich nur Skandal-Dichter_innen aus dem Arsch ziehen, die selbst keine Kinder haben (oder nie Zeit mit ihnen verbringen).

Und das Spatzi der Abgebildeten ist auch nicht so "halberiegiert" wie Herbert Kickl von der FPÖ es sich vielleicht wünscht – jedenfalls nicht nach meinem Maßstab (sic!). Dieser Penis - also jener, nicht meiner - ist harmloser als der des berühmten Piss-Jungen aus Brüssel. Denn der eine uriniert vor aller Augen, der andere nicht.

Die Wahrheit: Alles dreht sich um Sex (und seine Störung)

In Wahrheit geht es den äußerst erregten Kritiker_innen darum, dass da ein Schwanz an einer Frau dran ist oder Brüste an einem Mann; und dass das auch noch gezeigt wird. Das ist nur für eine erfundene Mehrheit bereits Pornografie (die tatsächliche Mehrheit weiß, was Pornografie ist).

Peinlicher als ein Aufklärungsunterricht

Wenn Schulklassen im Aufklärungsunterricht ihrer peinlichen Berührtheit Ausdruck geben müssen, beginnen sie zu lachen und blöde Scherze zu reissen. Wenn „vorbildliche Erwachsene“ mit ihren Empfindungen nicht umzugehen wissen, schreiben sie shit-stürmische Kommentare und verwandeln sich in illegale Sprayer_innen. So weit hat die Aufklärung das gute Bildungsbürgertum bereits gebracht.

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