Dienstag, 11. Februar 2014

Schweiz & EU: Demokratie lernen und lernen lassen

Die „Eidgenössische Volsinitiative gegen Masseneinwanderung“ empört die EU, vor allem nachdem sich die Schweizer_innen tatsächlich für eine Zuwanderungs-Beschränkung entschieden. Wohlgemerkt: Das Volk entschied, nicht seine Regierung oder deren Banken- und Wirtschaftsbosse. So etwas kennt man in der EU gar nicht, so etwas irritiert.

150 Jahre direkte Demokratie: Die Schweiz steht noch

Wie alle Regierungen hat auch jene der Schweiz zunächst die so genannten „wirtschaftlichen Interessen (von irgendwem und vor allem und allen anderen)“ im Sinn. Diese sind nun auf beiden Seiten gefährdet, da der Volksentscheid quasi die Abkommen zwischen Schweiz und EU bricht (gewiss auch, weil die "Freizügigkeit" mehr Vorteile als Nachteile bringt). Da beim europäischen Berg-Zwerg aber tatsächlich das Volk als Souverän herrscht – während andere Verfassungen dies offenbar nur als unverbindliche Empfehlung meinen (siehe die Österreichische) – fischt man eben nicht immer das aus dem Fondue-Topf, was man gerne hätte (oder hineinsteckte).

Österreichs Außenminister Kurz zur Schweiz: Deren Beziehung zur EU wäre in Gefahr, „Da es nicht möglich ist, sich einzelne Rosinen herauszupicken (...)“.
Ja, eben: Die Regierungen und ihre nicht gewählten Freunderl können sich nicht immer die Rosinen aus einer Volksmeinung herauspicken; jedenfalls nicht in einer echten Demokratie. Die Schweiz hat damit zu leben gelernt und steht wirtschaftlich immer noch gut da.

Wer wirft hier den ersten Stein?!

Die EU aber? In Österreich werden – trotz (mittlerweile könnte man auch sagen, aufgrund der) gegenteiligen Ankündigungen – syrische Flüchtlinge abgeschoben. Und man stelle sich vor, was geschehe, wenn die größere Alpenrepublik über die Bad-Bank-Beteiligung der heimischen Banken das Volk – und nicht die Banken selbst – entscheiden ließe.

Noch besser: Wenn syrische Flüchtlinge Wirtschaftsinteressen wären; dann wären sie schon längst gerettet. Sind aber nur Menschen, denen es auch nichts brächte, wenn sie „Wirtschaftsflüchtlinge“ hießen, weil diese, im Gegensatz zu Wirtschaftsflüchtigen (seien es reiche Russen, Konzernbriefkästen oder ganze Fabriken), erst recht nirgendwo aufgenommen werden.

Wenn sich aber das Schweizer Volk gegen den uneingeschränkten Zuzug von Witrschafts-, Arbeitsmarkt- und (je nach Kanton) Steuerflüchtlingen, auch aus der EU, entscheidet, dann gerät Europa aus dem Konzept. Die schweizer Eliten selbst werden panisch. Immerhin geht es hier um EU-Rechte außerhalb der EU und nicht um fremdartige (direkte) Demokratie!

Konsequenzen = Erfahrung: Muss man zulassen

Natürlich muss diese demokratische Entscheidung Konsequenzen haben. Rosinenpicker und Fonduetopf-Blockierer darf es auf keiner Seite einer Partnerschaft geben. Es ist auch gut, wenn die EU nun entsprechend reagiert. Denn auch das macht Demokratie aus. Ein Volk kann seine Eigenverantwortung und daher auch seine Mündigkeit nicht lernen und üben, wenn seine Blödheit stets ignoriert wird.

In Österreich steckt die demokratische Mentalität immer noch in altersschwachen Kaiserschuhen. In Deutschland regiert die Kanzlerin der Pöbel-Bildzeitung; in Großbritannien seit jeher die Oberrosinenpicker der EU. Es bleibt ohne Konsequenzen. Ausgenommen: Die Beteiligung der EU-Völker an ihrer Politik sinkt. Sie räumen das Feld ihrer „wirtschaftlichen Interessen“ frustriert und immer mehr der Macht der Großbanken- und Konzerne .

Volk, nimm dich wie du bist!

In ganz Europa sprießen Rechts- und Linksextreme, Mammonjünger und Putinanbeter. Die Schweiz aber hält tapfer an ihrer direkten Demokratie fest. Da gibt es keine unverbindlichen Volksbefragungen ala Häupl (aus denen der Fragesteller Rosinen picken kann). Da setzt man nicht darauf, dass die Kinder die Zucker bald wieder vergessen werden, die man ihnen versprach. Das Schweizer Volk akzeptiert sich selbst und lernt gerade deshalb, mit eigenen Entscheidungen umzugehen.

Vielleicht werden die Schweizer_innen ihre letzte Entscheidung bald bereuen, aber im Vergleich zu anderen Demokratien haben sie die Möglichkeit, sich per Initiative aus ihren eigenen Reihen auch wieder anders zu entscheiden, ohne lange Legislaturperioden, Wahlkämpfe und/oder gewalttätige Umstürze abwarten zu müssen. Darum sollte die EU von der Schweiz Demokratie lernen und die Schweiz weiterhin lernen lassen.

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