Montag, 27. Januar 2014

FPÖ-Ball & Proteste: Strategien sprechen

24.1.2014: Es wurde wieder einmal gegen den Ex-WKR-Ball, der mittlerweile Wiener Akademikerball heißt, ausgiebig demonstriert.  Zu bedenken gebe es vieles. Die meisten der Veranstalter scheinen gar keine Akademiker zu sein. Und wenn's dort keine Akademikerinnen gibt, warum sollte man dann dort mittanzen wollen? Ist ja kein Gay-Man-Only-Clubing.

Vor allem kritisiert: Enorme Sperrzone um Veranstaltungsort Hofburg, Quasi-Presseverbot, Ausgeweitetes Vermummungsverbot auf sämtliche Gürtel-Inneren Bezirke. Dennoch konnten 2000 Polizist_innen nicht die von ihnen erwarteten Krawalle, Ausschreitungen, Zerstörungen verhindern. Was – wenn man sich die Polizeistrategie ansieht – auch nicht wundert.

Sehenden Auges überrascht


Anonymisierte Veranstalter der NOWKR-Plattform (die Website wird von den Jungen Grünen unterhalten“) machten im Vorfeld mit dem Slogan „Unseren Hass könnt ihr haben!“  auf sich aufmerksam. Von Wien Mitte zum Stephansplatz aufbrechend (Umweg: Gewiss über 2 Km), formierte sich ein „Schwarzer Block“ aus Radikalen.
Der heißt nicht nur so, der sieht auch so aus; vor allem im Kontrast zu den friedlichen Demonstrant_innen, die sich teils bewusst, zur Abgrenzung von solchen erwarteten Unruhestifter_innen, farbenfroh kleideten.

Wollte die Polizei nicht? Durfte sie nicht? Konnte sie nicht? Das riesige Sperrgebiet wurde durch eine angemeldete (Gegen-)Gegenkundgebung der FPÖ erweitert (Maria-Theresien-Platz), die dann nicht aufgeführt wurde. 2000 Beamt_innen sind auf der gesamten, abzusperrenden Fläche schnell verstreut. Zudem wurden die beiden Demo-Züge ins Zentrum des verwinkelten ersten Bezirks, mit seinen vielen Gässchen und Plätzchen geleitet.

Der Pürstl ist kein Würstl

All das ist polizei-strategisch so unklug, dass es beabsichtigt sein musste. Wer glaubt an die Inkompetenz von Landespolizeipräsident Pürstl (der sich offiziell der SPÖ nahe meint und nicht zum ersten Mal bedenklich auffällt: siehe Juli und November 2013)? Er ignoriert und verneint Kritik wie ein Profi-Politiker. Gelegentlich entkommt ihm eine Beinahe-Taktlosigkeit („Wenn man sich mit Hunden ins Bett legt...“), die ebenfalls kalkuliert ist: Dadurch heuchelt man, dass man rhetorisch zu ungeschickt wäre, um Wahrheiten zu verschleiern (ein alter Schmäh). Es ist ein offenes Geheimnis, dass nicht nur viele Jungpolizist_innen den Freiheitlichen nahe stehen.

Aber auch die Protest-Absichten des „Schwarzen Blocks“ ist durchschaubar. Er verhält sich taktisch zu intelligent, um aus Trotteln bestehen zu können (als solche man geneigt ist, seine Mitglieder zu bezeichnen). Entweder er wurde (und wird) bezahlt, um sozialistische Demos zu unterwandern und kriminalisieren; oder er hat mit Politik nichts zu tun, sucht nur einen Kick im Kriegspielen mit anderen Uniformierten. Wurde heute drauf aufmerksam gemacht, dass Hooligans mehr Moral besitzen.

Fazit:
Offensichtliche Strategien erzählen einiges. Wenn man nicht von einem Fall massiver Banalität des Bösen ausgeht (von Seiten der Polizei-Führung und Krawallist_innen), wurden zunächst Linksradikale und andere durch überzogene Polizei-Verbote zusätzlich provoziert. Danach wurden die Polizist_innen auf den Straßen so verteilt, dass sie zwar den Ball beschützen, nicht aber genug gegen Ausschreitungen in der Inneren Stadt unternehmen konnten, in dessen Gassennetzwerk die Demonstrant_innen eingeführt wurden.

Cui bono: An diesem Abend konnten sich, durch die erwähnten Strategien, Polizeipräsident und Rechtspopulist_innen, in Konkurenz zu Sozialist_innen und Antifaschist_innen, profilieren, die bessere Show abliefern.

Zusätzlich wurde nachts, am selben „Tag der offenen Tür“ in der Akademie für bildende Künste, Student_innen und Gäste eingekesselt und festgenommen, weil sich unter ihnen angeblich gesuchte Demonstrant_innen aufhielten. Über den Toren der Akademie hing noch das  Transparent: Stop Deportation: Eine Solidaritätsbekundung mit polizeilich verfolgten Flüchtlingen.

Keine Ausreden mehr

Wer Protestierende unter Kontrolle bringen will, der führt sie auf ein großes, symetrisches, im besten Fall umzäuntes Areal (z.B. Heldenplatz), das sich leicht umschließen lässt. Abgesehen davon lässt niemand Rechtsradikale, mit ihren teils strafrechtlich verurteilten Stargästen, in den Prunkräumen der Republik tanzen. Die Ballveranstalter sind auch nicht direkt eine Parlamentspartei  (eine der Ausreden der Hofburg Betriebsgesellschaft), sondern der „Verein für Wissenschaft, Forschung, Kultur und Menschenrechte“.

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