Dienstag, 23. Dezember 2014

Weihnachtlich steppt der Bär

Weihnachtlich steppt der Bär
Die Menschen tragen seinen Nasenring
Geben ihn längst nicht mehr her
Hängen beseelt an dem glänzenden Ding

Doch zerren sie daran
Die Menschen, diese anarchistischen Wesen
Sich selbst an den schönen Käfig heran
Der Zauberlehrling ist sein eigener Besen

Und wenn in der Zeit danach
Das Geschenk zerfetzt, die Tanne liegt brach
Will's wieder niemand gewesen sein
Darum fiel uns das Christkind ein

Freitag, 19. Dezember 2014

Pergida-Panik: Die wollen doch nur Christianisieren

Das kann man doch nicht vergleichen! Das muss man r e l a t i v i e r e n.

Keine Panik ihr Demokrat_innen! Auch wenn die Parallelen zwischen den „PatriotischenEuropäern gegen die Islamisierung des Abendlandes (PEGIDA)“ und den Anfängen der Nazi-Tyrannei nicht zu leugnen sind. Statt Antisemitismus herrscht heute Antiislamismus, statt Zwischenkriegsarmut herrscht Dauerfinanzkrise und statt einer kriegsversehrten Gesellschaft beherrscht eine Generation von neoliberal Verwirrten unsere Demokratien.
Die Moslems und Muslimas sind – genauso wie es damals (und heute) die Jüdinnen und Juden waren – immer noch eine Minderheit in Europa. Dennoch wird der Islam, wie ansonsten das Judentum, pauschal als Gefahr für Kultur, Gesellschaft, Staat stilisiert. "Alles Verbrecher!", hieß es damals wie heute, war jedenfalls so gemeint.

Jedem das Seine

Die Nazipropaganda hatte ihre Lüge von der Weltverschwörung reicher, jüdischer Banker. „Pegida“ hat ihr Märchen von der Islamisierung des christlichen Europas. Auch die Nazis verwendeten bereits Begriffe wie "Abendland", die aus uralten pseudowissenschaftlichen Fehlversuchen entstanden und sich intellektuel selbst disqualifizieren. Man hätte mehr Berechtigung sich über die Verdisneyisierung des Star-Wars-Universums beklagen.
Außerdem dünstete damals wie heute eine gewisse Hysterie in der Gesellschaft, vor allem - dem Einkommen oder Vermögen nach - ganz Unten und ganz Oben, wo man entweder die Krise spürt oder Rebellion fürchtet.

Kein Vergleich

Aber nicht alles ist vergleichbar. Der Anführer dieser bürgerlichen Darmbewegung, Lutz Bachmann, hat eine kriminelles Vergangenheit, an die kam Hitler vor seinem (ebenfalls holprigen) Karrierestart nicht heran – auch wenn beide im Knast saßen. Adolf Hitler hatte auch kein Kind, dem er Alimente vorenthalten konnte.
Wie es um das Verhältnis Bachmanns zu Schnittblumen und Fleischprodukten steht, weiß ich nicht. Die einzige Gemeinsamkeit, die ich durchaus erkennen kann, ist das Interesse beider Führerfiguren für hübsche Bilder und PR; sowie ihre offensichtliche Midlife-Crisis.

Social Event


Es mag auch stimmen, dass auch die Nazis damals mit harmlosen, geselligen Social Events begannen. Früher traf man sich im Bierkeller, heute geht man halt - ganz gesundheitsbewusst – mit einem Haufen Plakaten und Flaggen „spazieren“. Das Ergebnis ist dabei das selbe: Es wird lauthals Schwachsinn gegrölt. Der Alkohol wird durch das Internet ersetzt. Aber ansonsten?

PatzeltchesParadoxon

Ich verstehe auch den Werner Patzelt sicherlich nur miss; erkenne fälschlich in seinem Standard-Interview nur Weichspüler-Argumente. Nicht wegen dem, was er sagt, sondern wegen dem Wesentlichen, das er nicht sagt. Abgesehen von seinem klar geäußerten Irrtum, dass das "normale Volk" nicht auch eine "Horde von Neonazis" sein oder werden könnte.
Nazi-Deutschland bestand hauptsächlich aus „normalem Volk“. Dabei waren nicht alle der damals Deutschvervölkten NSDAP-Mitglieder oder Rassist_innen oder einfach nur deppert.

Unseren Extremismus, für unsere Leut!

Das Problem mit dieser pegiden Volksmasse ist deren geistige Schwäche für antidemokratische Propaganda, die nur dazu dient, von den tatsächlichen Ursachen ihrer Probleme abzulenken: Den neoliberalen Finanzmärkten und ihren korrupten Netzwerken in der Berufspolitik.
Der Herr Politologe aber schreibt so, als wäre ein irregeführtes Volk, das seinen Unmut gegen die Falschen richtet, kein Problem, sondern ein Naturereignis; mit seiner blinden Wut im Recht. Die deutsche Politik müsse lediglich beruhigen, Konzepte zur Integration (nämlich der Migrantischen, also der Opfer) anbieten, rechtzeitig informieren...

Dann würde aus Erwachsenen, die jede Lüge der Boulevardmedien glauben, gescheite Leute werden. Aus paranoiden Soziopath_innen würden besonnene Humanist_innen; aus Heuchler_innen mit dem emotionalen Niveau infantiler Primaten würden vernünftige Menschen werden.
Und die eigentlichen Ursachen für ihren Frust, die nicht in der Integrationspolitik liegen, sondern in einem globalen verbrecherischen Misswirtschaftssystem, dessen Opfer auch die angefeindeten Fremden sind, würden sich dadurch vermutlich auch auflösen. Zauberei!

Wer mündig sein will, muss leiden

Die Eigenverantwortung des Volkes, mündig zu sein, sich nicht zu Opfern des (zudem ziemlich bescheuerten) Rechtspopulismus machen zu lassen, spricht Patzelt ab. Er erkennt auch nicht die Teile-und-herrsche-Strategie, die hinter diesem steckt.
Aber was Rechtspopulismus sei, liege ohnedies im Auge des Betrachters, meint der Herr Professor und verschweigt jene Elemente der „Patriidiotisch Erregten gegen die Informativität der Abendnachrichten“ die diesen definieren.
Sicher: Man kann eine Minderheit mit historisch jüngeren Wurzeln in einem Land auch "friedlich" zum Feindbild machen. Dann ist es eben friedlicher Rechtspopulismus. Das schenke ich ihm zu Weihnachten! Ich missverstehe ihn ohnehin gewiss nur falsch. Das Ganze dürfte schließlich nicht wahr sein!

Das christliche Abendland ist keine Demokratie

Man kann auch annehmen, dass die meisten dieser Abenländler_innen in erster Linie Mittelalter-Rollenspielfans sind, die nur Kreuzzug und Feudalstaat spielen. Damit ließe sich auch verschleiern, dass die geforderte Rettung des christlichen Abendlandes ein eigentlicher Aufruf zu Christianisierung ist. Das lässt dann ignorieren, dass Pegida daher eine Bewegung religiöser Extremist_innen ist, die gegen die Verfassung ihres eigenen, demokratischen Staates hetzen.
Handtücher nicht vergessen!

Dennoch gibt es noch keinen Grund für Panik. Den gibt es nie. Wachsam sollten wir jedenfalls bleiben. Und vielleicht sollten sich die antifaschistischen Bewegungen aus dem Straßenstaub und von den Student_innenstammtischen erheben, vom Dosenbier und den grauen Theorien entfernen und eine auch medial schlagkräftige Gruppe zu bilden beginnen. Gleiches gilt für die Verfechter der modernen Demokratie in Europa.



Dienstag, 16. Dezember 2014

König Glühwein

Prost! Hier herrscht die Weihnachtszeit
Und mit ihr König Glühwein
Bringt uns die heiligste Trunkenheit
Steigt mit uns in die U-Bahn ein

Dort gepfercht mit all den warmen Westen
Duftet's ganz nach frommen Fest
Nach Tschik, Schweißparfüm und Punschresten
Das gibt auch mir den adventlichen Rest

Völlig ernüchtert komme ich nach hause
Und mache er

Montag, 15. Dezember 2014

CIA-Folterbericht. Fortsetzung einer Wahrheitsfindung

Großer CIA-Folter-Skandal in den USA. Der so genannte Feinstein-Report des US-Senats bringt so grauenvolle Details der "enhanced investigation" gegen vermeintliche Terroristen durch die CIA zutage. Selbst der tagespolitisch abgebrühte Satiriker Jon Stewart, also in einer Nachrichtensendung sitzend, in der menschliche Regungen erlaubt sind, muss sich sichtbar durch die Einzelheiten kämpfen. Während ich eigentlich nur das Gefühl eines Deja-vus habe.

Kein Deja-vu, nur die Fortsetzung einer grässlichen Wahrheitsfindung

Aufgrund meiner Eile muss ich mich auf mein Gedächtnis verlassen: Hatten wir das nicht schon einmal? Klar, eine kleine Gruppe von US-Staatangestellten hätte "waterboarding" und andere mittlerweile berüchtigte und ikonisierte "Verhörmethoden" angewandt. Dass das (vom Militär betriebene) Gefangenenlager von Guantanamo kein Maßnahmenvollzug war, ist seit langem bekannt. Auch die Nutzlosigkeit dieser Verhörmethoden, die nach allen Sitten und Gesetzen als Folter zu bezeichnen sind, wurde längst auch von internen Experten bestätigt.

Nix Neues, aber doch viel

Neu sind, neben der offiziellen Gewichtung des Berichtes, die expliziten Details, auch das diese nun als eindeutig bewiesen gelten; vielleicht, weil sie von jenem Haus bestätigt wurden, das sie anfänglich erst ermöglichte.
Wenn ich mich nicht irre, waren es Senat und Kongress, die den Behörden alle Mitteln zum "war on terror" (der im Deutschen oft fälschlich als "Kampf gegen den Terrorismus" übersetzt wird, was dem ganzen die ironische Note nimmt. Denn "Krieg gegen Terror" ist wie Ficken für Keuschheit) per Gesetz erlaubte, die diese nach eigenem Ermessen für richtig hielten. Meines Wissens wurde auch keine Kontrolle dieser Wahl der Mittel verlangt.

Für die Verantwortlichen war das praktisch. Sie gaben dem Volk zu verstehen, alles in ihrer Macht stehende gegen den (damals noch) Al-Kaida-Terrorismus zu unternehmen, ohne für alles Folgende selbst Verantwortung zu übernehmen (heute gibt man sich erneut verblüfft). Und vor allem die CIA hatte freie Hand.

Politischer Systemfehler des Pseudoliberalismus

Mehr Privat, weniger Staat war damals modisches Motto, also zahlte man, wie der Bericht nun veröffentlicht, einer privaten Freunderlpartie von Sadisten und Psychopathen mehr als 80 Millionen US-Dollar, damit diese die Drecksarbeit machten. Auf diese Weise mussten auch CIA-Beamte keine direkte Verantwortung übernehmen.
Es wird also ein politischer Systemfehler klar erkennbar, der jedes weitere Übel erst ermöglichte: Freunderlwirtschaft kombiniert mit strategischer Verantwortungslosigkeit - das ist die Grundlage einer neoliberalen und damit pseudoliberalen Kultur.

Das könnte man missverstehen

Nun gibt es die korrupten Folterfreunde, die den Bericht herunterspielen wollen, indem sie das selbe sagen wie ich: Das haben wir doch alles schon einmal gehört!
Obwohl wir natürlich noch nicht alles gehört haben - immer noch nicht. Auch deshalb halte ich diesen Folter-Bericht für sehr wichtig.

Kein Grund für Antiamerikanismus

Er zeigt vor allem jenen verwirrten Linken, die sich in verständlicher Opposition zum "Westen" unverständlicherweise zu weit in den "Osten" verirren, einen wichtigen Unterschied: Wenn die USA foltern, wird dies von deren eigenen Politik aufgeklärt und bekämpft. Wenn Putin, Assad & Co foltern, passiert intern überhaupt nichts.
Die Verbrechen (auch die früheren) durch die CIA sind eine Folge von Korruption innerhalb eines demokratischen Systems. Die Menschenrechtsverletzungen in den antidemokratischen Diktaturen sind bewusster Teil dieser Systeme.  

Jedenfalls wusste man bescheid

Und jedenfalls muss man sich fragen: Wenn Volk und Vertreter schon früher bescheid wussten, warum erregte sich nicht auch schon früher die gegenwärtige Skandalstimmung? Isolationshaft, Schlafentzug, Erniedrigung oder simuliertes Ertränken sind bereits unmenschlich genug. Rektale Ernährungssonden, stundenlanges Überdehnen und lebendiges Einsargen sind nur Nachschlag für eine demokratische Gesellschaft, die es schon längst satt haben sollte. Wie viel will man noch schlucken?

Die Konsequenzen der früheren Skandale waren, dass der damals neu gewählte Barack Obama per Dekret sowohl "harte Verhörmethoden" als auch die damit in Zusammenhang stehenden CSI-Geheimlager verbot. Das ist fünf Jahre her und demnach hatte man damals bereits genug Gründe für diese Verbote.
Ansonsten scheinen die Täter zuvor im Rahmen des Gesetzes gehandelt zu haben. Ein erbärmliches Zeugnis für den us-amerikanischen Rechtsstaat. Aber selbst, wenn irgendwo immer noch gefoltert würde... Wer würde sich wundern?

Strafe muss sein

In Anbetracht dessen und der Schwierigkeiten, die es immer noch macht, das Lager von Guantanamo Bay zu schließen, befürchte ich, dass eine echte Aufarbeitung des Falles ausbleiben wird. Diese wird man nicht erreichen, wenn nicht sämtliche Verantwortlichen und Täter vor Gericht gestellt werden.
Auch die Rolle des US-Militärs, nicht nur der CSI, sowie mit den USA verbündeter Staaten müsste veröffentlicht werden und zu Konsequenzen führen. Immerhin: Sollte sich für diesen Abschaum kein Platz in den überfüllten Gefängnissen der USA finden lassen, gebe es da ein paar geeignete Einrichtungen auf Kuba oder in Polen.


Freitag, 12. Dezember 2014

Drache über Wien

Tief liegt über allem hier
Winterlicht um Vier
Lässt überm Naschmarkt-Horizont
Mit feurig leuchtender Wolkenfront
Einen chinesischen Drachen steigen
Und andere schwindende Feuerwesen
Die sich zu einer fernen Erde neigen
Alles irdische Restlicht auflesen
Reisen zu einer fremden Küste
Den Weg dorthin
Ein Kindertraum noch wüsste
Und ich suche hier in Wien

Eine Viertelstunde später
Vergeht er
Der Drache mit seinem Geleit
Ins dunkelnde Blau von heut
Und bleibt bis morgen
In meinen Träumen geborgen

Dienstag, 9. Dezember 2014

Steuerdebattengedicht: Rosenhaupmann und Revolverchrist

Hauptmann sozialer Demokraten
Will Gärtnern rote Rosen streuen
Ein Weilchen schon hat er sie verraten
Nun beginnt er doch
Ihren Urnenzorn zu scheuen

Wie arm kann so ein Hauptmännlein
Zwischen seine Versprechen
Gezwängt doch sein
Gegen Geldadel oder Volk
Einen Schwur nun muss er brechen

Also rauf die Steuern
Unten bringt's nicht mehr viel
Oben wird man dagegen heuern
Boulevard und andere Politiker
Im Söldnerstil
Es sind ja doch genügend da

Dem christlichen Volkvertreter
Solch treuem Regierungskollegen
Erscheint jeder Reichenbesteuerer als Verräter
Warum muss man nicht lange erwägen
An beringten Fingern abgezählt
Von den letzten Reichen
Nicht dem Mehrheitsvolk
Wurde die Revolverheldenpartei gewählt

Einig ist man sich nur bei Entlastung
Die nach einfachem Rechenfehler
Für das Volk wieder zu Belastung
Wird und würden die Verhehler
Dieser Wahrheit nicht selbst damit gewinnen
Ihr erblämliches Einkommensplus
Die verbliebene Mittelschicht würde nach Rache sinnen
Und mit Rosenhauptmann und Revolverchristen
Wäre bald Schluss

Freitag, 21. November 2014

Glorie

Die Tränen fallen
Leise und warm auf deine Schulter
Sickern in die Wolle
Während der Chor der Vertriebenen singt
Trunken von so wenig Bier

Dem Alter reift die Vernunft
Am Nordhang
Denn sie versetzte den Berg
Und selbst der Rausch versteht
Mit einem Mal
Alles kann werden

Vor unseren Toren bergen sie die Waffen
Um uns zu schützen
Um uns zu fangen
Doch dein Auge in meinem sieht
Und dein Herz in meinem schlägt
Furcht und Feind
Gloreich ist das einfache Wort
Der sanfte Kuss
Der die Mauern zum Einsturz bringt

Nun fliege ich zu unserer Tochter
Mit Flügeln
Erhaben über jeden Straßenverkehr
Befreit

Donnerstag, 13. November 2014

Der Untermensch

Schnell gefasst
Du hast ihn gleich
Ohne Hass und Hast
Und streichelweich
In deiner Unschuld
Was weißt du schon
In deiner Ungeduld
Denkst du davon

Dass dies und das
Und jene Anderen
Ja, irgendwas
Mit fremden Wanderern
Wäre und wären
Zum beschweren

Flüchtlinge
Und Migranten
Behinderte
Und Asylanten
Arbeitslose
Und andere Praktikanten
All die Weiblichen
Und all die anders Sexuellen

Viele Namen sind gesprochen
Aber ein Begriff nur ist gemeint
Den hat Moloch erneut erbrochen
Dessen Mief sich über den Staat verteilt

Untermenschen wollt ihr schaffen
Wie ihr euer Entfremden auch benennt
Ihr macht euch selbst damit zu Affen
Wenn ihr Menschen als Menschen nicht erkennt


Montag, 10. November 2014

Im warmen Novemberwind

Meine breiten Haxen
Schnellen, leicht und schwer, im warmen Novemberwind
So will der Kreis zusammenwachsen
Nie war mir der Winter kalt als Kind

Ich hocke im Giftdunst
Um diese Zeilen auszusieben
Für dich, keine Kunst
Sie sind mir von dir geblieben

Passendes Bargeschreibe
So hatte alles einmal begonnen
Die Welt ist keine Scheibe
Umgeben von all der Unvernunft
Hat die Vernunft gewonnen

Es ist vernünftig, nicht zu zerdenken
Die viele Eitelkeit
Der Anderen Bedenken
Es ist Zeit

Deinen Körper spüre ich wie meinen
Verlor die Illusion von dir
Deine Augen, hinter allem Lachen und Weinen
Sind fern und nah und vollkommen hier

Alles fällt ab von mir
Ich laufe frei im brüderlichen Wind
Immer noch teilen wir unser Abendbier
Sind ganze Eltern unserem Kind


Die Menschheit gefällt mir wieder
Überrascht sie mich auch nicht mehr
Ich singe der Straße meine Lieder
Und dich zu lieben liebe ich sehr

Donnerstag, 6. November 2014

Ein Mann von Almería: Des Schauers Roman auf Amazon

RUFZEICHEN in eigener Sache!
Den Roman dieses Bloggers, Ein Mann von Almería, gibt es jetzt als Ebook auf Amazon zu kaufen. € 9,78. Selbstpubliziert.

Auch über diesen Link:
http://www.amazon.de/Ein-Mann-von-Almería-Geflohenen-ebook/dp/B00OSER8C2/ref=sr_1_1?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1415287080&sr=1-1&keywords=ein+mann+von+almeria

Zusammenfassung auch hier:


Dienstag, 4. November 2014

Senf mit Cannabis

Die Debatte um (Teil-)Legalisierung von Cannabisprodukten ist so high, sie sollte unbedingt wieder auf solide Gründe runterkommen. Denn alle haben ein Bisschen Recht, aber leider nicht frei von Widerspruch. 

Angefangen hat alles mit der Forderung derJungen Neos (Junos), sämtliche Drogen zu legalisieren. Freie Gesellschaft? Wie gut das beim (kleinen) Glücksspiel funktioniert, könnten hunderte ruinierte Familien in Österreich bezeugen – wenn sie sich trauen würden.
Man sollte THC zudem nicht an die Legalisierungsfront mit anderen, synthetischen Drogen stellen; sie dadurch nicht mit diesen gleichsetzen. Vor allem dann nicht, wenn man Werbung für die Rauschhanfarten machen will.

Späte Freiheit oder neues Pharmamonopol?

Ihr Chef und Freund der Bäume, Matthias Strolz, fordert daher zu Recht allein die Freiheit für Mary Jane, im Gegensatz zu ihren gefährlichen Mithäftlingen. Denn er will die Konsument_innen vor kriminellen Händler_innen schützen. Die Frage, warum diese als Kriminelle gelten, ist anscheinend ein anderer Senf?
Warum sich aber sein Parteikollege Michael Pock allein den kontrollierten Verkauf über Apotheken wünscht? Auf den Trip, die Pharmaindustrie mit dem lukrativen Ganja-Handel zu monopolisieren, kann nur einer kommen, der die rosa Brille des Neoliberalismus trägt. Ein Flashback!

Was spricht dagegen, natürlich-pflanzliches Bio-THC im eigenen Kleingarten – z.B. für den nächsten Migräneanfall – zu ziehen, wenn man ansonsten mit Marihuana-Konsum einverstanden ist? Weil man die Gewinnspanne potenzieller Großhersteller nicht schmälern will?
Junge: Nur weil Tomaten auf meinem Küchenfensterbrett wachsen, bringt das nicht die vielseitige Massenproduktion und gastronomische Anwendung des Gemüsemarktes in Bedrängnis.

Gibt's auch als Schokoriegel

Also Frau Sabine Oberhauser, ich weiß, Sie sind, so wie ich, gegen das Rauchen. Aber die magischen Hanfgewächse kann man auch verspeisen und zwar in einer unglaublichen Vielfalt. Kleinunternehmen, die zunehmend zu Großunternehmen werden, zeigen dies zur Zeit in Colorado vor, dem ersten US-Bundestaat, der das grüne Gold völlig entkriminalisierte. Besonders beliebt sind die Cannabis-Schokoriegel.
Die bringen nicht nur kontrollierte Qualität, sondern auch legale Arbeitsplätze, steigende Umsätze und fette Steuereinnahmen. Zudem werden, wie von den Neos gewünscht, die unkontrollierbaren Straßendealer umgangen.

Zu viel ist immer zu viel

Und ich gebe Frau Oberhauser auch dahingehend Recht: Cannabiskonsum kann zu psychischen Störungen führen. Allerdings nur zum Einen, wenn man generell dafür anfällig ist; zum Anderen, wenn man einfach zu viel kifft (um das zu wissen, braucht man keine Wissenschaft).
Aber waaach im Schädel wird man umso schneller, wenn man sich ausschließlich in einem unkultivierten, schattenhaften, kriminalisierten Umfeld einrauchen kann. Dort kommen dann auch leichter andere Drogen ins System.

Gleich von den USA lernen

In einem kultivierten, legalen Öffentlichkeit hingegen, bleibt das richtige Maß des Genusses jedem so selbstverständlich überlassen, wie jenes der Volksdroge Nummer 1. Der oberhauserschen Logik zufolge müsste man auch das allseits beliebte Ethanol verbieten. Aber die Prohibition hatten die Amis auch schon für uns ausprobiert.

Nehmen wir uns also an Beispiel an ihnen, umgehen wir den Zwischenschritt des ausschließlich für medizinische Zwecke verschreibbaren Graserls, und legalisieren wir endlich Marihuana. Anstelle von zu viel gestrecktem Dope in den Seitenstraßen, das irgendwelche Mafiabosse mitfinanziert, wünsche ich mir zu viel Bio-Ganja auf und in den (Super-)Märkten, das unseren Staat mitfinanziert. Anstelle von „Braust du Gras?“ möchte ich in Zukunft „Darf's noch ein Bisserl mehr sein? Wir haben da ein ganz gutes Tiroler Bio-Berggras im Angebot“ hören. Das fordere ich übrigens als jemand, der das Zeug weder raucht noch anders gebraucht. Aber die Vernunft gebietet mir. Außerdem bin ich mehr auf Kaffee und Bier.

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Bandion-Ortner: Gib dich hin für unsere Sünden

O Heiliger Schein, nimm dieses Opfer

Das Profil-Interview, das Claudia Bandion-Ortner stellvertretende Generalsekräterin des König-Abdullah-Zentrums für dessen besseres Image von sich gab, las sich wie eine subtile Satire. Abgesehen davon war ich schockiert. Aber nicht von der – möglicherweise wahrheitsgemäßen – Aussage der karenzierten Richterin (eines republikanischen Rechtsstaates) zu den öffentlichen Freitags-Schariaden im absolutistischen Königreich.

Die Scheinheiligkeit Österreichs bringt mich in Rage. Das internationale König-Abdullah-Zentrum in Wien wurde erst 2012 von der österreichischen Regierung genehmigt. Andreas Schieder, der über die "Blödheit" Bandion-Ortners nun so schockiert ist, war damals schon Mitglied der Regierung. Als Staatssekräter für Finanzen hätte er durchaus ahnen können, welche Steuerfreiheiten der saudischen König und dessen Zentrum genießen. Aber auch wegen diesen gab er sich überrascht.

Heilig sind die Traditionen

Diese entsprechen, nach Auffassung Michael Spindeleggers (können Sie sich an den noch erinnern?) übrigens internationalen Gepflogenheiten, also quasi Traditionen. Und da Traditionen wichtig sind, haben sich Staatsoberhäupter und deren Diplomaten aus aller Welt bisher sehr tolerant gegenüber den saudischen Traditionen gezeigt.
Systematische Frauenfeindlichkeit, Sklaventum, Steinigungen (Jehova darf man auch dort nicht sagen), Intoleranz gegenüber anderen Religionen, Absolutismus (Hallo?!) und gelegentliche, rätselhafte Geldflüsse an islamistische Mörderbanden: All diese salafistischen “Traditionen” waren bisher kein Problem. Auch nicht für das offizielle Österreich.

Die Saudis haben schließlich Öl

Und sie haben, gemeinsam mit den anderen islamistischen Emiraten, schöne Urlaubsdomizile wie in 1000 und einer Ohnmacht. Wen werden außerdem die paar hundert toten Zwangsarbeiter in Katar noch stören, sobald die Fußball-WM dort startet? Vielleicht jene Muslime, die das saudisch-wahabitische Regime seit Jahren dafür kritisieren, dass es um Mekka und Medina die historischen Stätten der anderen Muslime zerstört?
  

Also: Wie viele Sanktionen, Boykotts und Einreiseverbote verhängt Österreich derzeit gegen diese bösen Saudis, die jene Menschenrechte verachten, die sie niemals unterzeichnet haben1? Und wer von uns geht vor der saudischen Botschaft protestieren? Ich weiß von nichts. Wozu auch?

Wir haben ja einen Sündenbock

Eine biblische Tradition. Wie passend! Bandion-Ortner spricht aus, was der österreichische Staat und letztlich wir alle immer schon machen: Wir gedankenfurzen auf die saudischen Gepflogenheiten!
Schließlich sind das die reichen und geschäftspartnerschaftlichen Islamisten.
Da aber das Wort vor allem in den shitstormorientierten Medien mehr zählt, als (unser aller) Taten,
bedenkt man im Justizressort mittlerweile sogar ein Disziplinarverfahren gegen jene Heroldin des königlichen Zentrums. Shoot the messenger! Aber riskiere ja keine diplomatischen Störungen mit dessen Herren!

Die Sau die? 

Und weshalb? Weil Bandion-Ortner, als Hofnärrin des Königs, in ihrer politischen Naivität, uns allen einen Spiegel vorhält. Darum wird sie für unser aller Sünden in die öffentliche Wüste geschickt.

Et tu felix Austria? Du wusstest
und weißt natürlich von nix. Und du wirst auch in Zukunft von nix wissen. Hauptsache keine selbstentlarvenden Worte fallen mehr in irgendwelchen Interviews. Kein Wunder, dass der arabische Ölgeldadel so gerne Urlaub bei uns macht.
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1Im Gegensatz zu einigen Staaten, die glauben, diese verachten zu dürfen, weil sie sie unterzeichnet haben. In den USA wurden im letzten Jahr 37 Menschen hingerichtet. Weit mehr sitzen in der Todeszelle und warten, bis man die technischen Probleme löst.

Freitag, 17. Oktober 2014

Globale Staatsverwirrungen: Wollen und Sollen

Der Staat sei Staat

In Europa werden Unabhängigkeitsbestrebungen aller Art, das heißt neue Staatsgründungen, skeptisch betrachtet. Schottland hatte seine Chance und ließ sich erneut kaufen. Katalonien würde auch gerne abstimmen, kann aber nicht, weil ganz schlaue Spanier_innen meinen, ihre Verfassung würde keine Verfassung außer ihre Verfassung kennen.
Aber auch außerhalb der EU gibt es gewisse Bestrebungen einzelner mehr oder weniger historischer Volksgruppen, sich eigene Staatsgebilde aufzubauen; dort leider meist mittels Gewalt und Verbrechen.
Das gesicherte Publikum dieser global verstreuten Konflikte lässt sich von den dort herrschenden, vor allem geistigen und moralischen Wirren anstecken. Manchmal, wie es scheint, ohne es zu bemerken, beginnen viele ihren eigenen Staat in unbewusste Frage zu stellen.

Scotland the Bought

Die Schott_innen hatten gute Gründe für ihre Unabhängigkeitsbestrebungen. Die Nationalist_innen in Edinburgh sind seit jeher das, was man auf dem Kontinent als Linke bezeichnen würde. Mit ihnen steht ihre sehr autonome Regierung im argen Widerspruch zum primitiv pseudoliberalen Finanzfreibeuterum Londons. Das herrschte dort auch unter den groß-britischen Exlinken von Labour.
“But English gold has been our bane”, schrieb bereits der schottische Nationaldichter Robert Burns. Weitere Gründe, Teil Großbritanniens zu bleiben, lagen in der systematisch geschürten Furcht vor einem Neubeginn und in gewissen Zugeständnissen der Cameron-Regierung zu noch mehr Autonomie. Im Westminster-Palast werden diese allerdings bereits stark bekämpft.

Und genau solche Zugeständnisse machen Schottland ohnehin zunehmend zum eigenen Staat: Zu Menschen, die gemeinsam auf bestimmtem (Staats-)Gebiet unter einer bestimmten Verfassung (Das Vereinigte Königreich verfügt über keine kodifizierte), bestimmten Gesetzen und eigener Regierung zusammenleben.
Daher kann man sich auch in Katalonien oder im Baskenland durchaus fragen: Warum nicht gleich einen eigenen Staat daraus machen? Zumal deren Autonomie ebenso historisch begründet ist.
Von der kulturellen, sprachlichen und mythischen Identität will ich aber generell absehen, weil diese über Staatsgrenzen hinausgehen kann – problemlos, wenn man sie lässt.

Ukraine: 100% Ukrainer_innen

Daher sind die “Unabhängigkeitsbestrebungen” innerhalb der Ukraine, die keine sind, weil sich die Separatist_innen für die Abhängigkeit von der Putin-Diktatur entschieden, anders zu bewerten. Die ukrainische Bevölkerung besteht zu 100 % aus Ukrainer_innen.
Dass manche von ihnen (besser) Russisch sprechen, ändert nichts an ihrer Staatsbürgerschaft. Die Russischsprachigen hatten keine eigene Verfassung, für die sie das Land nun bürgerbekriegen.
Die Krimtataren, als alte, eigenständige Ethnie, hätten viel mehr Grund gehabt, einen eigenen Staat zu bilden. Aber sie fragte niemand. Sie wollten auch nicht. Aber vor allem wollten sie nicht zu Russland, wie sich dank russischer Repressionen mittlerweile gut begründet.

IS: Islamischer Scheinstaat

Eine Verwaltungsstruktur aufzubauen reicht nicht, um sich Staat zu nennen. Ansonsten wäre jeder Möbelhausbesuch ein Urlaub in ausländischer Sitzlandschaft.
Wenn der “Islamische Staat” (vormals nur auf Syrien und Irak beschränkt) gewaltsam Gebiete unterjocht, die Bevölkerung abschlachtet, versklavt oder unter ihre tyrannischen Gesetz zwingt, nennt man das eine Kolonie. Zudem dürfen wir als Demokrat_innen durchaus unsere Kriterien zur Beurteilen anderer Staatsgebilde anwenden.

Was daher Saudi-Arabien und seine Verwandten sein soll, weiß ich nicht so genau. Ein königliches Verwaltungsgebiet? Ein Sklavenstaat? Oder wird Demokratie und Gerechtigkeit automatisch durch Öl ersetzt?

Et tu felix Austria?

Man könnte sich bei Österreich auch nicht so sicher sein. Jedes Bundesland versalzt sein eigenes Süppchen. Trotz kleinem Staatsgebiet funktioniert die Kooperation zwischen den Teilregionen nicht. Und sobald die Regierung anstrebt, den Staat wieder zu einem Staat zu machen, poltern die “Landesfürsten” mit Erfolg. Jedes Regierungsmitglied stammt ja aus einem dieser Fürstentümer, bleibt diesem gegenüber abhängig und loyal.

Überhaupt scheint man es mit der eigenen Verfassung in Österreich nicht so genau zu nehmen. Abergläubische Menschen können den staatlichen Schulunterricht mit ihren pseudoreligiösen Wahnvorstellungen zum Teufel schicken (Trennung von Kirche und Staat?). Eine Organisation mit eindeutig faschistischem Gedankengut (Scientology), darf hierzulande ihre Filialen öffnen. Die erwähnten “Landesfürsten” dürfen ihre jeweilige Finanzwirtschaft bestimmen und geheim halten (verfassungsrechtlich nicht gedeckte "Heiligenbluter Vereinbarung"). Und die Macht liege zwar beim Volk, diese kann aber ohne Wissen nicht wirken ( und dank komplexer “Amtsgeheimnisse”).

Statt Staat Schmähstaat

Statt also den Staat Staat sein zu lassen, beschließt man beispielsweise ein neues “Islamgesetz”, weil sich das Wahlvolk angeblich vor dem Islamismus in die Hosen scheißt (gesellschaftliche Verhosenscheißerung). Ein klarer Verfassungsbruch. Und unnötig.
Wir haben bereits Gesetze in diesem Staat, die das Bedrohen, Terrorisieren und In-Die-Luft-Sprengen von Mitmenschen verbieten. Himmel, Arsch und Zwirn: Sogar Tierschützer_innen werden wegen in Österreich wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angezeigt, weil sie einem Modehaus auf die Nerven gehen. Ein neues, diskriminierendes Gesetz schützt uns nicht automatisch vor mangelhafter Exekution bestehender Gesetze.

Keine Extrawürste

Übrigens ist es völlig belanglos, woher die Menschen kamen und wohin sie gehen, wenn sie islamistisch oder andersartig radikal werden. Der kulturelle Hintergrund, die jeweilige Religion hat den Staat nicht zu interessieren.
Daher darf es keine gesetzlichen Extrawürste für “Minderheiten” geben. Die Gesetze müssen so gestaltet sein, dass sie die Bedürfnisse der Minderheiten miteinbeziehen. Sie müssen also universal menschengerecht sein.
Das bedeutet übrigens auch, dass es den Staat ungerührt lassen müsste, wenn sich eine christliche Minderheit vor dem Bau von Moscheen fürchtet. Ein Staat, der sich von sich fürchtenden oder fürchterlichen Menschen regieren lässt, kommt nicht weit.

Staatsbürgerschaft

Als Staatsbürger_innen sind wir lediglich unserer Verfassung gegenüber verpflichtet. Loyalitäten einer höheren (oder tieferen) Macht, einer fremden Nationalität, irgendeinem folkloristisch-romantischen Volksmythos oder einem bescheuerten Diätplan gegenüber sind irrelevant.

Der Staat muss keine Sondergesetze für Staatsbürger beschließen, die im Ausland Verbrechen begehen, nur weil sie gewissen Identitäts-Kollektiven angehören. Es sollte für die rechtliche Handhabe keinen Unterschied machen, ob Österreicher_innen in Thailand als Tourist_innen Kinder missbrauchen oder in Syrien als Islamist_innen Kinder ermorden.
Unrecht bleibt Unrecht. Das Strafmaß bestimmen die Gerichte. Der Staat – und damit wir Staatsbürger_innen – sollte sich darauf konzentrieren, Staat zu sein. Nur so kann er seine gegenwärtigen Probleme – und damit die Probleme von uns allen – bewältigen.

Montag, 6. Oktober 2014

Bildungsdeppatte: Mehr vom Alten

Experten

Als Bewohner dieser Menschenwelt lernt man eines sehr bald: Europäische Männer ab 45 sind Experten für Eh-Alles. Aber auch von Spezial-Experten gibt es in den Medien stets einen gewissen Überschuss.

Sie zeichnen sich meist dadurch aus, dass sie, aufgrund von Ausbildung und Berufserfahrung, über ein bestimmtes Thema besonders gut bescheid wissen sollten. Allerdings reden sie selten explizit darüber, sondern lieber um den heißen Brei und wie diesen andere versaut hätten.
Vermutlich nennt man sie daher auch im Allgemeinen „Experten“ und nicht etwa ihrer Berufsbezeichnung entsprechend. Während früher einmal ein_e Expert_in jemand war, der/die einen dem Thema entsprechenden Beruf ausübte und nicht unbedingt über berufspolitische Verbindung zum Thema verfügen musste.
Oder ist „Experte“ neuerdings ein Beruf für sich? Vor Kurzem hieß der noch „Jurist“.

Bildungs-Deppatte

Im „Kommentar der Anderen“ meiner Standardzeitung Der Standard schrieb heute ein Experte darüber, wie zwei andere Experten in der selben Rubrik gegeneinander anschrieben. Ursprünglich sollte es um Bildung gehen. Letztlich ging es in den vorhergehenden Kommentaren aber eher um die Eitelkeiten zweier älterer Herren. Trolliger Forenstreit auf sprachlich höherem Niveau.

Besonders bemerkenswert: Die beschriebenen zwei Experten, Bernd Schilcher und Konrad Paul Lissmann, inszinieren bald einen publikumswirksamen Arenakampf. Titel „Sanieren oder ruinieren Experten die Schule?“

Sie sind sich also durchaus einig in ihrem Selbstvertrauen. Die bloße Ratgeber-Funktion ist gestalterisch vermutlich zu wenig herausfordernd. Und ob sie, als Experten, eigenhändig und anscheinend doch geeint das Schicksal ihrer Wissensobjekte umkrempeln können, werden wir gewiss bald herausfinden. Schließlich drängt die Zeit.

Viel Habenwollen, wenig Haben

Zum Thema Bildungsproblematik Österreich liest man jedoch auch an anderen Orten meist nur Floskeln und oberflächliche Forderungen. Alles müsse besser werden, freier, unabhängiger, organisierter, flexibler, wettbewerbsfähiger, wettbewerbsfreier. Man brauche mehr von diesem, weniger von jenem.

Man begnügt sich seit Jahren, zu wiederholen, dass sich etwas verändern müsse. Kaum jemand erklärt, wie all das Gute im Detail und in Relation zu den Verhältnissen erreicht werden, woher es kommen soll und kann. Man geht davon aus, dass man im Ministerium nur eine Schublade öffnen müsse und schon würde die bessere Schule heraushüpfen.
Aber vermutlich müsste man erst die Bücher der Experten erwerben, um die für unsere Gesellschaft so wichtigen Geheimnisse zu erfahren. Kommen und gehen Sie für die Zukunft ihrer Kinder einkaufen.

Es sollte allerdings niemand glauben, dass mit einer nur rudimentär beschriebenen Umstrukturierung der Schulhierarchie, Veränderung der Klassengröße, Verschiebung der Kompetenzen, Finanzen und Befugnisse – oder der in Österreich so beliebten Unbenennung von problematischen Dingen – das Grundproblem gelöst würde.

Dieses liegt nämlich im veralteten System ansich. Aus Zwentendorf wird kein brauchbares AKW mehr. Wir wissen, dass wir es nicht brauchen. Wir wissen, wie gefährlich es ist.
Daran ändert sich auch nichts, wenn man seine Finanzen einer anderen Person anvertraut und das Personal umschichten. Es bleibt auch irrelevant, ob sie es Grund-AKW nennen oder in Haupt- und Gymnasial-Kraftwerk aufteilen – solange es im Kern bleibt was es ist.

Auch eine Frage der Kultur

Die Vorbilder unserer Gesellschaft müssen sich auch fragen, warum manche ihrer Gruppen von einer Paideiaphobie beherrscht werden. In diesen gilt es als geradezu peinlich, wenn er oder sie mehr weiß, als seine oder ihre Stammesmitglieder. Und wer sich nicht mit „Depperte“ oder „Gschissener“ begrüßt, gehört nicht dazu.

„Pädagogisierung“

Eine Antwort könnte die Pädagogik liefern. Diese fragwürdige Wissenschaft geht nämlich davon aus, angehenden Lehrer_innen beinahe alles beibringen zu können, was diese über den Umgang mit fremden, juvenilen Individuen wissen müssten. In der Praxis ist das ein fataler Irrtum.
Aus eigener langjähriger Expertise in verschiedenen Klassenzimmern weiß ich: Respekt und Erfolg ist jenen Lehrer_innen gewiss, die echte Experten_innen ihres Fachgebiets sind und sich verständlich machen können.

Klingt selbstvertständlich, ist es aber offenbar nicht. Vielleicht, weil man die Kinder selbst als Problem betrachtet. Wer aber glaubt, sich Respekt – mittels studierten Tricks – verschaffen zu müssen, hat ihn schon verloren.

Gute Lehrer_innen, bei denen sogar ich etwas lernte, waren meist jene, die zu ihrer umfassenden Berufserfahrung nur noch eine Lehramtsprüfung benötigten; von den studierten Lehrer_innen aber nur solche, die uns Schüler_innen ihr ausgeprägtes Engagement auf einer menschlich unkomplizierten Ebene, ohne dazwischen geschalteten Pädagog_innen-Slang, beweisen konnten.
Kinder wollen nicht „pädagogisiert“ werden. Wenn du im Berufsleben Architekt oder Chemikerin bist, sprich zu uns als solche ohne Hemmung. Wenn du ausgebildete Mathematiklehrerin bist, lass uns (schwer genug) über Mathematik brüten und uns nicht auch noch spüren, dass du eigentlich Angst vor Kindern hast.

Mehr vom Alten bringt keine Erneuerung

Angesichts dessen, was da manchmal an Subjekten aus den Lehrer_innenfabriken gestanzt wird, wirkt die Forderung nach einer Akademisierung des (gesamten?) Kindergartenpersonals wie eine Drohung. Kinder sind auch nur Menschen.
Und man kann sich zwischenmenschliche Kompetenzen nicht anstudieren. Darüber wird aber weder deppattiert noch ernsthaft diskutiert. Manche wollen zwei Lehrer_innen pro Klasse. Mehr Geld sowieso. Interessanterweise auch mehr Macht für Direktor_innen.

Manches wäre gut. Bringt aber nicht viel, wenn die teilweise zu engen Lernvorgaben des Unterrichtsministeriums Zwang bleiben. Wenn sich der Unterricht – außer beim Basteln und Turnen – als Frontalvortrag gestaltet (den nur jene Überstehen, die unfähig sind, sich zu langweilen). Wenn sein oberstes Ziel in guten Testnoten besteht (die auch jene erhalten, die besonders gut schummeln können). Wenn einfach gesagt zu wenig Zeit für jedes einzelne Kind und für das Bessere da ist, das wir uns eigentlich alle wünschen.

Worum geht es letzten Endes?

Die Lehrer_innengewerkschaft hat wenig Interesse die Ausbildung ihrer eigenen Mitglieder oder deren Arbeit wirklich zu hinterfragen. Sie geht nur dann mit tausenden auf die Straße, wenn es um deren Gehälter geht.
Und die Regierung hat überhaupt kein erkennbares Interesse. Sie ist nur bemüht, das Problem der öffentlichen Wahrnehmung von Problemen mit möglichst geringem Aufwand zu verschönern.

Und den selbsternannten, fremdernannten oder zu Recht so genannten Bildungsexperten, die selbst alle Teil des hiesigen Systems waren oder sind, geht es darum, wer von ihnen in der Zeitung die spitzere Feder besitzt. Und ja, in den auflageschwächeren Medien kommen auch andere zu Wort.

Zu selten wird aber mit den Betroffenen direkt gesprochen. Über Probleme der Schüler_innen (Kund_innen) spricht man mit Lehrer_innen (Angestellten). Über Probleme dieser Angestellten mit deren Chefitäten. Aber am liebsten mit Experten, die weder Betroffene noch Entscheidungsträger sind.

PS: ICH darf polemisch sein. Ich bin schließlich kein Experte.

Sonntag, 21. September 2014

Mitte

Wer der Macht sich nähert
Verkommt
Wer ihr fern bleibt
Ist schon verkommen
Und aus der Mitte entflieht alles
Und aus der Mitte entspringt die Kraft

Der Baum wächst zu klein
Gefressen
Er wächst zu groß und fällt
Und ohne Tod gibt es kein Leben
Und ohne Tod nichts zu erstreben

Heute fallen die toten Blätter
In den Farben des Lebens
Morgen gewinnt an Macht
Wer längst vom Leben gefallen ist

Sei bei dir
Freund
Geh von mir
Feind

In der Mitte des Seins vereinen sich die Grenzen
Zur Losigkeit



Freitag, 19. September 2014

SOKO-Salzburg: Kein Krimi, sondern Politshow

Polizei macht Politik

Die Salzburger Polizei veröffentlichte nun die Ergebnisse ihrer vierzehnmonatigen Sonderermittlung gegen Bettler_innen. Ziemlich dünn: Eine Gruppe wurde wegen Betrugs angezeigt, weil sie den ältesten Schmäh in der Jahrtausende alten Geschichte des Bettelns praktizierte: Sich blöd oder behindert stellen, Mitleid zu erwecken versuchen.
Dass sich noch keine Geschädigten gemeldet haben, macht nix. Die Gruppe ist zum Glück geflohen, aus den Augen... Der Sinn steht der Polizeichefetage dennoch nach Bettlerbeseitigung.
Für den zweiten Fall sollte man der Bettler-Soko dennoch danken; oder eigentlich jener Studentin, die sie darauf brachte. Denn er betrifft Menschenhandel (sprich Sklaverei), also eines der schwersten vorstellbaren Verbrechen.

Déjà-vu?

Dennoch wurde der dringenst tatverdächtige Slowake aus der U-Haft entlassen, weil die Vorwürfe nicht ausgereicht hätten. Was mich an den Schlepperprozess gegen Votivkirchen-Protestanten erinnert: Auch hier wurde einzelnen zunächst schwere Vorwürfe gemacht. Aber anstatt sie strafrechtlich zu belangen und die Angelegenheit gerichtlich zu klären, wie sich das für einen Rechtsstaat gehört, wurde die „Verdächtigen“ vorzeitig abgeschoben. Kein Déjà-vu.
Das Muster ist hier das selbe: Bevor die Polizei (oder ihre Auftraggeber_innen) ihre Behauptungen beweisen müssen, auf deren Grundlagen sie politische Forderungen stellen, verschwinden die dafür notwendigen Subjekte stets aus unterschiedlichen Gründen.

Abgesehen davon: Die Polizei verfolgte ihre Verdächtigten logischerweise auf Grundlage bereits bestehender Gesetze. Dennoch will sie mehr. Mit dem geforderten "sektoralen Bettelverbot" wird man allerdings nicht mehr Betrüger oder Menschenhändler finden.
Dieses beiden einzigen strafrechtlich relevanten Fälle, die mit angeblich organisierter Bettelei in Salzburg zu tun hatten, betraf EU-Bürger. EU-Bürger sind Mitbürger.

Grundsätzliches

In den Öffis, neben mir, sitzen zwei wettergegerbte Gestalten, unterhalten sich heiter miteinander, teilen sich die Krücken. Jeder bekommt eine. Sie tragen sie noch unterm Arm, als sie nahe der Einkaufsmeile hinausschlendern. Aber auch wenn ich ihnen zuvor nicht begegnet wäre, wüsste ich, dass der eine verdrehte Fuß, die Schiff aufgesetzte Mütze unter dem stotternden, blöden G'schau* ein Schmäh ist. Dafür brauche ich keine Soko.

Ich fühle mich jedenfalls nicht betrogen. Die Show gehört für mich – neben unerwünschtem Autoscheibenputzen, Musik, Gesang oder Gebet – zum Service dazu, den einige Bettler_innen anbieten. Diese von ausländischen Schnorrer_innen angewandte Methode ist mir jedenfalls angenehmer, als der regelmäßige Versuch diverser einheimischer Junkies, mir irgendein minutenlanges G'schichtl* vom verlorenen Öffi-Ticket reinzudrücken.

*Gesichtsausdruck, Geschau. Den Apostroph verwende ich trotz seiner vielen Gegner_innen, als Lückenfüller für das verstummte E. 

Mit Kanonen auf Spatzen

Dennoch gilt es gesetzlich offenbar als Betrug, wenn Menschen körperliche Behinderung vortäuschen, während sie Passant_innen nach Kleingeld fragen. Ein Vorurteil: Als würde ich jemanden nur deshalb etwas spenden.
Man muss sich auch fragen, warum nicht diverse politische Parteien wegen Betruges angeklagt werden? Die erbetteln regelmäßig viel mehr Geld von gewissen Privatunternehmen und geben dabei vor, in deren Sinne das Land zu regieren. Wenn sie ihre Versprechen aber nicht einhalten, kommt dann die Polizei und klagt? Die juristischen Personen als Spender_innen sind demnach selbst schuld, wenn ein berufspolitischer Bettler gar nicht Bundeskanzler wird. Risiko.

Als natürliche Person gehe ich gerne freiwillig das Risiko ein, dass eine Bettlerin, der ich Geld gebe, gar nicht so arm ist, wie sie aussieht. Andererseits: Würde ein Mensch, die es nicht nötig hat, zum Spaß den ganzen Tag auf der Straße knien? Eben.
Im Gegensatz zu den Partei-Schnorrern bieten mir Bettler_innen außerdem ein Mindestmaß an Transparenz: Ich weiß, woher das Geld kommt und an wen zunächst übergeben wird.
Was aber damit getan wird, geht mich nichts an. Eine Bettler_in ist keine Vertreter_in meines Staates. Sie ist eine Privatperson, der ich, als Privatperson, freiwillig Geld gebe. Warum? Auch das ist Privatsache. Und ich habe durch die freiwillige Aufgabe von beschwerlichem Kleingeld nicht das Recht erworben, das Leben der Bespendeten zu kontrollieren.

Meine Freiheit ist deren Freiheit

Was ich mit meinem Geld mache, geht Staat und Polizei nichts an, solange ich keine illegalen Geschäfte tätige. Gerade weil ich keine Ware oder augenscheinliche Dienstleistung erhalte, ist die Angelegenheit harmlos. Ich könnte ein-zwei Euro auch verlieren und irgendjemand würde sie aufheben. Welcher Schaden würde dadurch entstehen, außer mein eigener finanzieller?
Welcher Nutzen entsteht, wenn Menschen, die vom Betteln existenziell abhängig sind, quasi von der Staatsgewalt vertrieben werden? Eine aktive Korruptionsbekämpfung in den finanziell höheren Ebenen brächte jedenfalls mehr.

Instrumentalisierte Bettler_innen, instrumentalisierte Polizei 

Mit ihrer Jagd nach, wie sie selbst nachweisen musste, nicht einer existenten Bettelmafia, hätte eine "SOKO-Salzburg" sicherlich einen gewissen Unterhaltungswert - als SOKO-Kitzbühel-Parodie vor allem. Als reales Unterfangen hingegen, das unmittelbar Steuergeld abzieht, ist ihre Bettel-Ermittlung ein Problem.
Wenn die Polizei von einer gewissen Berufspolitik instrumentalisiert wird, bei der Bevölkerung einen gewissen Anschein zu erzeugen, und daran festhält, selbst wenn sie scheitert, ist das ein größeres Armutszeugnis als Bettler_innen auf unseren Straßen.

Montag, 15. September 2014

Widerstand

Widerstand
Der zerschlagenen Uhr
Stunde vor der Flucht zu euch
Gleichmäßigen Tropfen des Wasserhahns
Wall aus Staubflocken und dreckigem Geschirr
Geschrei von dem einen bis zum anderen Fenster
Gestank von der Straßenseite hindurch zur Hofseite
Zigarettengestank an allen Türen, Toren, Straßenecken
Hinter den Vielen mit schnellen Schritten Parfumgestank
Elend der Untoten und Armen an den durcheilten Kreuzungen
Geisteselend der Unzeitung in den Armen der gekreuzten Eilenden
Schreienden Leid der Millionen aus Zeilen und Bildern echter Zeitungen
Aussicht auf Zerfraß der lebenswerten Welt durch den Vielfraß der Zivilisation
Aussicht auf Machtmissbrauch und Dummheit der gewählten Regentschaft
Aussicht auf Machtmissbrauch und Feigheit der nichtgewählten Macht
Aussicht auf Dummheit und Feigheit der wählenden Unmündigen
Aussicht auf das Wetter im Treibhaushimmel der Industrie
Sauteuren Regenjacke und ihrer Nutzlosigkeit im Regen
Massenaufmarsch kleiner und großer Probleme
Kompliziertheit kleiner und großer Sorgen
Gesellschaft der einsamen Menschen
Hässlichkeit der Straßenschluchten
Hässlichkeit der Werbeplakate
Lärm der Eilenden
Widerstand   

Mittwoch, 27. August 2014

Spindeleggers Rücktritt unterm Strachegespenst

Michael Spindelegger geht. Kümmert kaum. Hat dennoch interessante Zusammenhänge.
Dass dieser Regierungs-Wirbel Strache irgendwann zum Kanzler mache, sollte man nicht gleich fürchten. Selbst wenn es geschähe.



Absehbare Plötzlichkeit

Dr. Spindelegger verließ den Spieltisch. Man könnte ihm darum eine gewisse Weisheit zuschreiben. Er machte auf Obmannposten weder für seine Partei noch für sich selbst irgendeinen Sinn, das war seit langem klar.
Umso mehr wenn es ihm an Charisma und Schläue mangelt, benötigt ein Anführer zumindest selbstbewusstes Auftreten. Dieses war bei Michael Spindelegger völlig offensichtlich künstlich und oberflächlich aufgetragen. Auch parteiintern und in seinem Persönlichkeitskern fehlte es. Das zeigte zuletzt die Form seines Rücktritts von allen politischen Ämtern.

Er überraschte die eigenen nörgelnden Kurfürsten mit dieser spontan erscheinenden Regung, die gewiss schon länger in ihm gärte. Er sprach noch ein paar beleidigte Worte. Dann überließ er die untreuen Sintflutschwimmer sich selbst. Dieses Verhalten offenbart noch einmal seine Schwächen: Mangelnde Standhaftigkeit und Planlosigkeit.
Im kurzen Kommentar von Walter Hämmerle (Wiener Zeitung) wird zum Schluss obligatorisch auf die nicht zu übersehenden Leistungen des Gegangenen hingewiesen. Er wäre halt nicht korrupt gewesen.
Vielleicht muss man dieser Tage allein dafür dankbar sein? Nein, muss man nicht, niemals! Es ist die Mindestanforderung an eine_n Berufspolitiker_in.

Falsch verstandene Schwächen und Stärken

Dabei verrät die Spontanität, die ihm zum Schluss aus nachvollziehbarer Emotionalität entsprang, das auch er geheime Stärken besitzt oder besäße, wenn er sie nicht zu seinen Schwächen machen würde.
Er ist nicht so nüchtern und kühl wie er sich selbst, in seiner katholischen Akademiker-Sozialisierung, gerne gesehen hätte. Er versuchte jemand zu sein, der er nicht war. Dabei hätte es ihm gut getan, wenn zwischendurch öfter „Es reicht!“ gegen die alten Herren der Partei ausgerufen hätte, ohne sogleich zurück zu treten; wenn er gegenüber der Bevölkerung öfter seine menschliche Seite gezeigt hätte. Aber dafür fehlte ihm offenbar nicht nur das Verständnis für sich selbst, sondern ebenso für die Führungsrolle an sich.

„Wenn der Zussammenhalt nicht mehr da ist, ist auch der Moment gekommen, das Ruder zu übergeben.“, sprach er zum Abschied. Wieder so eine verunglückte Floskel. Er hielt nicht irgendein Ruder. Zumindest offiziell saß er am Steuer. Wenn in der Mannschaft Uneinigkeit ausbricht, lässt man es nur los, um ein paar Watschen auszuteilen.
Eine Führungspersönlichkeit hätte gesagt, dass dann der Moment gekommen wäre, den Zusammenhalt wieder herzustellen. Sie hätte es bis zum Gehtnichtmehr versucht, die Getreuen um sich zu scharen, um die Meuterer niederzuwerfen – jedenfalls innerhalb einer österreichischen politischen Partei, in der entweder archaisches Faustrecht oder Oligarchie, allerdings keine zivilisierte Demokratie herrscht.

Das Gesicht der Führungslosigkeit

Spindelegger ist keine Führungspersönlichkeit. „Spindi“ oder „Schwindelegger“ musste für viele Dinge hinhalten, für die er zwar theoretisch, aber nicht praktisch alleinverantwortlich war. Und für diesen Zweck stand er auch unterm Watschenbaum.
Sein Fehler war, dass er sich dazu nicht schon früher bekannte. Und der Fehler der Schattenherrscher seiner Partei war, zu glauben, einen Strohmann zum Vizekanzler machen zu müssen.
Sie alle schossen sich ins Knie. Denn wenn die ÖVP insgesammt leidet, leiden vielleicht auch irgendwann ihre Landesfürsten, vielleicht sogar ihre Bauernbündler, Raiffeisenfreunderl, Wirtschaftskämmerer* und Beamtengewerkschafter, also die eigentlichen Puppenspieler der halben Regierung.

Wer hat Angst vorm blauen Mann?

Wir dürfen uns nun nicht vom Strachegespenst in Geiselhaft dieser Koalition nehmen lassen. Es dauert auch noch ein Weilchen bis zu den nächsten Wahlen. Wer weiß, was Mitterlehner inzwischen erreichen kann (es kann nur besser werden).
Aber selbst wenn es einen Öster-Reichskanzler Strache gäbe: Auch er würde die Republik nicht allein korrumpieren regieren. Die *schwarzen Institutionen, die roten Gewerkschaften, die Landeshauptleute aus beiden Alt-Parteien werden auch in Zukunft mitmischen.

Schlimmer kann's nicht werden

Wir wissen jetzt schon, mit welcher Partei die FPÖ koalieren würde. Bereits vor der schwarz-blauen Regierung gab es Verschärfungen im Fremden- und Asylrecht. Und nach Schwarz-Blau wurden diese kaum entschärft. Viel schlimmer als die aktuelle Regierung können selbst die ausgewiesenen Ausländerfeinde nicht mehr werden, ohne mit der Verfassung zu brechen.


In der hiesigen „Sozialdemokratie“ gibt es keine Sozialdemokratie mehr. Nach dem propagandistisch vielfach trauerbekundeten Tod von Frauenrechtsbefürworterin Barbara Prammer, hat die SPÖ die Messlatte für Antifeminismus ziemlich hoch für die FPÖ gelegt.
Die so genannten „Christdemokraten“ haben ihren Namen nicht umsonst gewechselt. Was sie aber mit dem „Volk“ gemein haben sollen, kann niemand nachvollziehen, der nicht gerade Bauer oder Banker ist. Auch der „Konservativismus“ der „Konservativen“ bedeutet nicht viel mehr als geistiger Stillstand.

Wir erleben in dieser Kollision aus SPÖ und ÖVP jetzt schon weder moderne sozialdemokratische noch altbürgerliche „Werte“. Bei uns regiert die selbe Melange aus neoliberalen Finanz- und Konzerninteressen, fehlendem Erfindergeist und Mut, wie sie zur Zeit in sämtlichen Real-Demokratien vorherrscht. Die FPÖ würde nichts daran ändern, weil sie Teil des selben mangelhaften System ist.

Ohne Opposition exisitiert kein Strache

Es ist nicht der Genialität der FPÖ, sondern den grauen Eminenzen bei Schwarz und Rot, ihren Spindeleggers und Faymanns zu verdanken, dass Strache in den Umfragen vorne liegt. Seine Unterstützer (also auch die Drahtzieher in SPÖ und ÖVP) sind wie er selbst davon abhängig, möglichst viel Macht mit möglichst wenig Verantwortung zu erhalten. Würde Strache tatsächlich unangefochten an der Spitze stehen und regieren, würde er zugleich seine wichtigsten Unterstützer_innen und die Basis seines Erfolges verlieren.
Von dort ginge es nur noch abwärts. Es sei denn, er würde es schaffen – nach ungarischem oder türkischem Vorbild – noch schnell eine Diktatur zu installieren. Aber so viele, dafür notwendige Sitze würde der deutschnationalistische Zahntechniker auch wieder nicht bekommen.

Montag, 25. August 2014

Dünner Verlauf

Sie steigen auf
Die Luft wird dünn
Sie nehmen's in Kauf
Die Gedanken werden dünner
Sie folgen weiter dem alten Verlauf
Die Menschlichkeit ist schon ausgedünnt

Das tote Pferd wird nicht mehr geritten
Der Aktenkoffer ist sein Stall
Dort bleibt sein Nutzen unbestritten
Und frisst noch
Geld überall

Mit dieser Regierung ist kein Staat zu machen
Zweitausendundvierzehn nach Christi Geburt
In Österreich ist keine Rebellion anzufachen
Zwischen den Ufern hockt das Volk
In seiner nassen Furt

Auf zweierlei Ufer verteilen sich die Regenten
Die Jungen gehen baden
Die Alten füttern Enten
Zeitungsenten
Im Hin & Her
Und Wasser ja eh nur bis zu den Waden

Mit dieser Demokratie ist keine Demokratie zu machen
Die Luft wird ausgedünnt
Das Volk nimmt's in Kauf
Das Volk macht den Kauf
Die Gedanken bleiben dünner
Als ihr Gewicht im Weltenverlauf
Die Menscheit ist weit und breit
Die Menschlichkeit ist doch so dünn



Mittwoch, 13. August 2014

Israel VS Gaza: Die Medaille einschmelzen!


Die Kommentare im Standard, zuerst von Zvi Heifetz, nun von Salah Abdel Shafi, sind exemplarisch für den alt gewordenen Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser_innen. Der Erste vertritt Israel, der Zweite Gaza. Beide bringen sehr gut formulierte Argumente. Beide haben Recht. Allerdings nur für sich.
Beide denken, sehen und schreiben einseitig. Dadurch können ihre Ideen nicht zur Friedenstiftung beitragen. Ungewollt rechtfertigen sie das bestehende Blutvergießen.

Jeder auf seiner eigenen Seite bleibt blind für die des anderen und damit unfähig, den Konflikt als Ganzes, dessen Teil sie beide sind, zu erkennen. Stattdessen wollen sie die Illusion erzeugen, dieser Krieg wäre ohne das eigene Zutun, nur durch die Schuld des Anderen entstanden. Sie schreiben es indirekt. Sie verfügen über hervorragende Rhetorik. Sie haben sich dennoch disqualifiziert.

Das Leben findet zwischen den Polen statt

In den vielfältigen Medien wird klar polarisiert. Entweder man ist für das demokratische Israel und gegen die böse Hamas. Oder man ist für das tapfere Volk der Palästinenser_innen und gegen das böse Israel.
Wie Schimmelpilz wuchern diverse Weltverschwörungstheorien, die entweder mit der Warnung vor Zionismus oder Islamismus beginnen, aber gemeinsam meist beim billigen Nazi-Vergleich enden. Zugleich werden Fakten ignoriert, die tatsächlich als Inspiration für einen Thriller taugen würden.

Die USA sind die wichtigsten Verbündeten Israels. Sie machen allerdings auch milliardenschwere Waffengeschäfte mit Katar, das bekanntlich die Hamas unterstützt – um nur ein Beispiel zu nennen.
Auch Waffenhändler aus der EU beliefern fleißig beide Seiten des Konflikts, die einen direkt, die anderen indirekt. Nicht vergessen: Beinahe jeder arabische Staat in der Region sponsort die eine oder andere Gruppe islamistischer Extremisten und Terroristen – vorzugsweise auf dem Staatsgebiet der anderen.Konzerne verdienen, Politiker_innen profilieren sich, die Zivilbevölkerung zahlt und geht drauf
Der Konflikt auf israelischen und palästinensischen Gebieten kann nur verstanden und gelöst werden, wenn deren törichte, korrupte, habgierige Umgebung mitgedacht wird. Die geopolitische Beobachtung zeigt, dass die halbe Welt machtpolitisch und geschäftlich involviert ist – und zwar auf Kosten der israelischen und palästinensischen Zivilbevölkerung.

Schuld und Sühne gehören auf die Bühne

Dass intelligente Erwachsene stets sehr eloquent von Gerechtigkeit schreiben und sprechen, aber dabei meist die Vernunft eines Kleinkindes unterbieten, ist schlimm genug. Aber zu glauben, dass dieser Konflikt gelöst wird, indem man die Frage nach dem ersten Steinwurf klärt, ist eine Katastrophe.
Personen, die meinen, Konfliktlösung würde mit Schuldspruch und Sühne des Konfliktpartners beginnen, müssen unbedingt die Verhandlungs- und Führungskompetenzen in dieser Angelegenheit entzogen werden!

Es macht letztlich keinen Unterschied, ob die offiziellen Waffendealer oder die illegalen Waffenschieber die Bösen sind. Ob die Palästinenser_innen frei ihre Hamas- und Fatah-Führung wählen oder diese nur unter vorgezogenem Sturmgewehr unterstützen. Ob die Mehrheit der Wähler_innen Israels verhärtet und erblindet ist oder lediglich aus der berechtigten Angst vor dem Terror den kriegstreiberischen Hardlinern in der Knesset ihre Stimme geben.
Es macht keinen Unterschied für die Opfer des Konfliktes, wessen Fehler der schlimmere war. Von den Opfern sind beinahe alle unschuldig. Denn wo einst Soldaten gegen Soldat_innen kämpften, sterben heute mehrheitlich Zivilist_innen, also jene, die keine Beziehungen zur Waffenindustrie oder zur (internationalen) Politik haben.

Die eine Seite der Medaillie ist blind für die andere

Nur wer beide Seiten der Medaillie erkennt, kann sie begreifen. Nur wer verstehen will, dass der Konflikt zwischen Israelis und Palästinenser_innen in erster Linie durch die jeweilige Führung beider Völker und in zweiter Linie von den sich einmischenden Dritten verschuldet wurde, kann auch eine Lösung finden. Ansonsten wird das Gemetzel weitergehen.

Die Medaille einschmelzen!

Eine Lösung kann damit beginnen, dass die Waffenlieferungen in die Konfliktregion gestoppt bzw. geahndet werden. Die Konfliktregion umfasst dabei den gesamten so genannten Nahen Osten.
Dieser ist letztlich nicht nur eine militärische Krisenregion, sondern ebenso eine politische. Die real-demokratischen Staaten müssen endlich aufhören, Dikaturen und Tyranneien in irgendeiner Weise zu unterstützen (ich weiß, darüber können globale Wirtschaftstreibende nur lachen).

Keine Waffenlieferungen gegen Verbrechen

Vergehen gegen Völker- und Menschenrecht (wobei letzteres auf der ganzen Welt, selbst innerhalb der EU, auch in Österreich, weitgehend ignoriert wird) können nicht durch Waffengeschäfte verhindert werden. Sie können nur gestoppt werden, wenn die sagenumwobene „Internationale Gemeinschaft“, beispielsweise die UNO ihre Truppen entsendet, um aktiv gegen Kriegsverbrecher vorzugehen, Zivilbevölkerung zu schützen.

Kein Krieg gegen Verbrecher

Statt Krieg gegen alle Palästinenser_innen zu führen, sollte Israel mit Unterstützung und unter Beobachtung internationaler Truppen die Hamas unschädlich machen, ihre Täter verhaften, einer polizeilichen, nicht einer militärischen Aktion entsprechend. Das ist legitim, schließlich verbrach diese Verbrecherorganisation gegen internationles Recht. Kooperierten die Palästinenser_innen nicht, wäre nur der Selbstschutz der eingesetzten Soldat_innen berechtigt. Aber auch Kriegsverbrecher_innen auf Seiten Israels sollten in Den Haag vor Gericht gestellt werden.

Gerechtigkeit kennt keine Kompromisse

Beide Seiten schmücken sich gerne mit dem Begriff der Gerechtigkeit. Sie verstehen anscheinend nicht, dass diese(r) keine Kompromisse kennt. Die Schuld im Krieg zwischen Israel und Gaza (und Westjordanland) liegt auf beiden Seiten. Das ist in kaum einem anderen Konflikt so deutlich wie in diesem.
Auch wenn die Schuld über beide Konflikparteien hinaus geht und auch Akteur_innen aus Drittstaaten betrifft, müssen die individuellen Verantwortlichen unter den Israelis und den Palästinenser_innen gemeinsam zu ihrer Verantwortung gezogen und bestraft werden. Sie müssen allesamt an ihrer Kriegshetze und an weiteren Verbrechen gehindert werden.

Individualschuld statt kollektiver Erbschuld
Nicht die Kollektivschuld oder „Erbsünde“ eines der beiden Völker ist zu untersuchen oder von Bedeutung, sondern die Aktionen ihrer jeweiligen Führer. Sie sind zwei Seite einer Medaille und diese muss eingeschmolzen werden – auch um der Welt ihre wahre Natur zu offenbaren. Während die übrigen, involvierten Staaten ihre Mitschuld sühnen können, indem sie dabei helfen.




Montag, 11. August 2014

An der Alten Donau

Der Wuchs der Bäume
Verzeiht den Häusern ihre Geraden
Bricht sie
Beiderlei Säume
Aus Wolkenbausch und fallenden Promenaden

Der Wuchs der Wolkentürme
Aus dem Wasser
Ins Wasser gefallen
Birgt Träume und Stürme
Noch so fern uns sonnengesprenkelten allen

Im Handtuch liegst du immer noch nass
Und an mich geschmiegt
Von der Furcht zur Vorsicht
Vom Mut zum Spaß
Weit geschwommen
Du hast gesiegt

Im jungen Schatten alter Bäume
Kündender Wind
Über dem flachen Land
Noch keine Zeit für all die Träume
Der Abend ist noch weit
Wieder zum Wasser
Wieder zum Strand

Und Elisabeths schöne Augen
Geben der Alten Donau manchmal ihre Farbe

Samstag, 9. August 2014

Nahost: Das Schweigen der Würschte

Dieser Tage werden verwunderte (und verwunderliche) Stimmen fragend: Warum protestieren - auch in Österreich - Muslime aller Art und auf unterschiedliche Weise gegen die Angriffe Israels auf Gaza... Oder gegen Israel an sich... Oder gegen alles Jüdische? Warum protestieren sie nicht gegen ihre religionsinternen Gemetzel? Warum dieses Schweigen zum islamischen Religionskrieg?

1) Die Geschichte des Islams ist eine Geschichte voller Widersprüche

1a) Wir sprechen von Muslim_as, Mitgliedern einer heterogenen Religionsfamilie, die zur Zeit (das ändert sich ja alle paar hundert Jahre) die wohl am stärksten zerstrittene Weltreligion darstellt. Warum sollten sämtliche Muslim_as von den Shiiten und Sunniten bis zu den Ibaditen und Drusen gemeinsam für den Frieden untereinander demonstrieren, wenn vor allem die ersten beiden Gruppen inklusive Untergruppen so eifrig für den Untergang der jeweils anderen beten - zumindest auf weltpolitischer Ebene, also dort, wo das Erdöl liegt?

1b) Wir sprechen außerdem von einer Religion. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendeine Weltreligion an irgendeinem Ort dieser Welt konfessionsübergreifend in Massen auf die Straße zog, um gemeinsam gegen das Töten und Getötetwerden ihrer Mitglieder zu lärmen. Wenn es andererseits gegen Abtreibung, Homosexuellenehe oder den "Judenstaat" geht, dann finden sich schnell einige Spinner zusammen.

2) Religion ist Privatsache

Wenn die Zivilgesellschaft demokratischer Staaten unabhängig von Religionszugehörigkeit für eine Sache demonstrieren geht, gilt die Religion der einzelnen Teilnehmer_innen immer noch als Privatsache. Man wird als Bürger_in aktiv. Würde man als religiöser Mensch aktiv werden, würde man in die Kirche oder Moschee gehen und beten.
Was geht es uns also als demokratische Zivilgesellschaft an, wenn sich Menschen gewisser Religionen dazu entschließen, scheinheilig zu sein? Wenn sie sich dazu entschließen, ihre Religionszugehörigkeit lediglich als politisches Werkzeug zu missbrauchen?
Als wäre das etwas Neues! Als wäre das bei Muslim_as anders als bei Christ_innen! Und wir staunen ja auch nicht über korrupte Politiker_innen oder geldgierige Banker oder betrunkene Barkeeper. Wir sind viel mehr erstaunt, wenn die aufgezählten Personengruppen diese Eigenschaften nicht erfüllen.  

3) Wo bleiben die Christ_innen?

In diesem Fall fragt sich auch niemand, warum nicht die gesamte Christenheit auf die Straße geht, wenn Menschen im Allgemeinen, aber eben auch Christ_innen in den betroffenen Gebieten vom IS abgeschlachtet werden. Antwort: Die dort unten kennen wir nicht (sind die überhaupt katholisch?).

4) Die Taten sprechen bereits für sich

Bei den Demonstrationen gegen Israel wurde antijüdische Vorurteile, jüdische Weltverschwörungstheorien und Sympathien mit Terrororganisationen mitgetragen. Weniger Radikale sympahtisier(t)en mit unserem türkischen Möchtegern-Diktator Erdogan, der seine Antisemitismus-Propaganda ganz offen bei (unserem) Goebbels klaute.
Man klebte sich die toten Kinder von Gaza auf die Plakate, vergaß aber offenbar die Eigentore, die Opfer der Hamas unter der eigenen Bevölkerung. Stattdessen wurden IS- und Hamasfähnchen geschwungen.
Das ist scheinheilig bis verlogen und manipulativ, sprich dreckigste Politik wie sie im Handbuch für Demagogen steht. Und diese sollte nicht umsonst von Glaubensbekenntnissen getrennt betrachtet werden.

Und beschwert euch jetzt nicht: Aber die trennen doch Religion und Politik auch nicht. Das ist der Punkt: Wir sind nicht die. Wenn wir gewisse Prinzipien der Aufklärung verstanden haben, sind wir - und nicht die Unverständigen - für deren Einhaltung verantwortlich. Wir können von den Erkenntnislosen nicht Erkenntnis erwarten. Über meine Arroganz dürft ihr euch beschweren.

Und hier ist die Antwort

Meines Erachtens haben wir von den Demonstrant_innen also unmittelbar die Antwort darauf bekommen, warum sie nicht für Frieden wenigstens innerhalb der Islamischen Welt auf die Straße gehen; warum sie nicht die Gewalt von Muslim_as gegen Muslim_as verurteilen - zumindest quantitativ.

Es ging niemals um Frieden oder Gerechtigkeit. Es ging um Propaganda gegen den Feind. Um Selbstgerechtigkeit. Um den Unfrieden der Anderen. Um Empörung wegen der eigenen Lebenssituation vielleicht und gegen einen willkommenen Sündenbock (obwohl der eine jüdische Erfindung ist).

Also eigentlich hätten sich die Fragensteller_innen die Antwort(en) selbst geben können.

Natürlich gibt es die gescheiten, aufgeklärten, friedensliebenden Mulim_as. Aber die sind genauso in der Minderheit wie die Gescheiten, Augeklärten, Friedensliebenden in anderen Religionen oder irgendwelchen Gruppierungen. Daher ist und bleibt die gesamte Menschheit in der Verantwortung. Sonst geht es sich nicht aus.

Freitag, 8. August 2014

Jesus im Nahost-Konflikt

Beinahe eine Prophezeiung (unvollständiger Wahrheitsanspruch)

Ich schreibe freilich nicht vom "Jesus" der Kreuzritter. Die waren noch nicht einmal „Taufscheinchristen“. Auch nicht von jenem "Jesus" der Scheinheiligen, die Juden und Jüdinnen damit bedrohten, sie an die Nazis auszuliefern, wenn sie sich nicht zwangstaufen ließen. Genauso wenig vom "Jesus" der Faschist_innen im Kirchenchor, die gegen Homosexuelle und Feministinnen hetzen.  Ich will hier von Jesus Christus dem Philosophen schreiben, von seinen Lehren als Philosophie.

Ein gewisser Nahost-Kontext

Vor ca. 2000 Jahren sah Judäa ungefähr so aus wie heute. Freilich, es gab weniger modernes Zeug. Luft und Wasser waren um einiges sauberer. Die Dichte der Raketen und Kampfjets pro Kubikmeter war etwas geringer.
Aber es war damals schon heiß, sandig und abgesehen vom häufigen Blutvergießen ziemlich trocken. Und aus irgendeinem Grund trotzdem ziemlich begehrt.
Die damalige „Besatzungsmacht“ bzw. „Legitime Staatsgewalt“ hieß Rom, die damaligen „Terroristen“ bzw. „Legitime Rebellen“ hießen Juden. Christentum und Islam schwammen noch in Abrahams Wurstkessel. Minderheiten und damit an allem Schuld, das zufällig nicht Römer bzw. Juden verantworteten, waren Osiriskultist_innen, Zorastrier_innen und Hellenist_innen.

Vor allem letztere hatten keinen guten Ruf. Erst knappe 200 Jahre zuvor waren die hellenistischen „Fremdherrscher“ bzw. „Nachfolger Alexander des Großen“ mitsamt den hellenistischen Juden und Jüdinnen von Judas dem Makkabäer und seinen „Helden“ bzw. „Fanatikern“ aus Jerusalem vertrieben worden. Daraufhin musste erst einmal alles Griechische ausgemistet werden. Sogar der Tempel wurde tiefengereinigt und neu eingeweiht (siehe Chanukka).

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Und dann kam, etwa 30 nach Christus, ein junger Nazarener namens Jesus nach Jerusalem. Dort rieb er den erzkonservativen Hohepriestern Ideen unter die hohen Nasen, die teilweise an die Lehren eines gewissen Atheners namens Sokrates erinnerten. Dieser Hellene starb cirka 4 Jahrhunderte zuvor für seine Überzeugungen. Und auf dessen Biografen und Schüler gingen die (Neo)Platonischen Akademien zurück, die zu jener antiken Zeit auch das ganze Imperium Romanum mitsamt seinen Stoiker_innen prägte.

Die Philosophie dieses Jesus war quasi „imperialistisch“ bzw. im Vergleich zu den uralten Gesetzen des Judentums „neumodisch“. Zudem ähnelte eine Kernaussage Jesu zu sehr der höchsten sokratisch-platonischen Moral: Es wäre besser Leid zugefügt zu bekommen, als selbst Leid zu zufügen – und zwar für das Seelenheil und die Karrierechancen im Jenseits.
In einer damals schon konfliktreichen, militarisierten Region war diese Einstellung nicht gerade mainstream. Außerdem waren sämtliche Zeloten beleidigt, die vor hatten, für ihr Volk Gottes ein Selbstmordkommando zu übernehmen (und das, obwohl damals noch gar keine Jungfrauen auf sie warteten).

Hippie, Kommunist, Schmarotzer

Jesus war für die Nächstenliebe, anstelle von Gewalt. Selbst nachdem sie seinen Cousin enthaupteten. Ein realitätsferner Pazifist!
Er schmälerte die Bedeutung des materiellen Besitzes. Predigte, das alle miteinander teilen sollten, damit alle mehr hätten. Und dann randalierte er auch gegen die Händler im Tempel. Anarchist! Sozialist! Linke Zecke!
Er hing, anstatt sich zu bereichern oder Krieg zu führen, lieber mit seinen langhaarigen Freunden ab, um über Gott und die Welt zu philosophieren. Blumen waren damals und dort Mangelware. Daher nannte man sie, glaube ich, „Palmzweigkinder“.
Außerdem ließ er sich ständig von irgendwelchen Mittelständlern einladen und aushalten. Er lud sich sogar zu einem „Kollaborateur“ bzw. „Zollbeamten“ ein. So ein Schmarotzer! So ein Verräter!

Was aber für das Volk des heiligen Landes besonders problematisch war: Er behauptete, sein Königreich sei nicht von dieser Welt. Aber er war doch selbst Teil Israels, ein Untertan des Herodes Antipas.
Wenn sich das eigene spirituelle Reich jenseits der irdischen Politik befindet, hat das einen Vorteil: Man geht irdischen Herrschern damit nicht auf die Kronjuwelen, man ist außer Konkurrenz.
Allerdings ist es ein Nachteil für jene, die Religion als Werkzeug der Politik verstehen. Denn wenn man die Heiligkeit nicht an einem bestimmten, irdischen Ort festmachen kann, kann man auch keinen Besitzanspruch aufgrund der eigenen Religionszugörigkeit auf einen solchen Ort erheben. So wie dies mittlerweile die Angehörigen mehrerer Religionen ausgerechnet auf der trockenen Erde Israels tun.

Kurz: Er wurde beseitigt...

Es wundert also nicht, dass Jesus bald gekreuzigt wurde (auch wenn muslimische Quellen meinen, dass es dafür keine Beweise gebe). Wer dafür erstverantwortlich war? Vielleicht sein Haberer Judas, der zufällig den Namen jenes eifrigen, antihellenistischen Makkabäers trägt? Vielleicht ein zorniger Mob, angestachelt von korrupten Religionslehrern? Vielleicht Herodes, der opportunistische Vasalle der damaligen Supermacht? Vielleicht dessen Pontius Pilatus, imperialistischer Stadthalter und Erfinder der „Pilatus-Methode“, die auch heute noch bei politischen Entscheidungsträger_innen sehr beliebt ist (nicht zu verwechseln mit der Pilates-Methode)?

...Und ist doch nicht ganz weg

Wer auch immer... Diese Form der Konflikt- und Problemlösung war damals und dort so im Trend wie dieser Tage ein Sprengkopf am Schädel. Jesus starb. Danach verteilten sich zuerst seine Anhänger_innen in alle Richtungen, dann musste beinahe das gesamte jüdische Volk auswandern. Der heilige Tempel, den Jesus vor der unreinen Geld- und Machtgier beschützen wollte, brannte nieder im Streit der „nationalistischen Eiferer“ bzw. „Freiheitskämfper“ gegen das Imperium.

Einige Christ_innen glauben und warten auf die Rückkehr Jesu. Vielleicht ist er längst wieder hier? Vielleicht kommt er bald? Wiedergeboren als friedensliebender, menschlicher Palästinenser oder Israeli, der nicht versteht, warum ihn niemand verstehen kann. Vielleicht kommt er auch als Frau wieder.
Mein Tipp: Ihr solltet ihn nicht umbringen, sondern auf ihn hören. Ihr werdet sehen, das wirkt Wunder.

 

Mittwoch, 6. August 2014

Everything And Nothing On Earth

Earth is still spinning
The poor are still losing
The rich are still winning
And I am still refusing

To believe to blieve
Is everything
Is nothing

Earth is still quaking
The first was killed ages ago
And we are still shaking
With all the hate that hurts us so

To feel and reveal
Everything
Is nothing

Earth is still bleeding
Under a growing weapons pile
It's the cowards big seeding
Brave peace is a far and lost isle

To reach or to teach
Nothing
Is everything

Earth is still not growing
Yet the rich want more
Yet the poor are spreading
Both are starving at the door

To glory

To the end of this stupid story
Of nothing
And everything

Links wie a Packerl Tschik

(Links wie eine Packung Zigaretten)

Unlogisch
Unökologisch
Unökonomisch

Produziert
Unter Hitze
Unter Verachtung
Von Menschen
Von Rechten
Von Leben

In Massen
In Monokultur
In Gift
Mit Gift
Für Gift

Zur Ablenkung
Zur Betäubung
Zur Unvernunft
Zum Schaden
Des Volkes
Des Staates
Der Gesundheit
Des Systems

Zur Bereicherung
Der Reichen
Der Konzerne
Der Schurken

Billig den wenigen
Teuer den vielen

So Links
Wie a Packerl Tschik
?

Freitag, 1. August 2014

Österreichs rechter Spruch

Schreib das Tierleid an die Wand
Gläsern und doch undurchsichtig
Bald hast du Handschellen
Bald Säure an deiner sauberen Hand
Die Mafia macht sich paragraphisch wichtig

Und kommst du dann doch noch frei
Wünscht sich der Herr Staatsanwalt
Am Fenster ein Gewehr herbei
Jagt dich mit fantasierter Staatsgewalt

Flüchte einmal vor Krieg und Leid
Und nimm einen Verwandten mit
Das erscheint dir vielleicht gescheit
Doch von der Justiz gibt’s dafür einen Tritt

Einen Schlepper schimpft dich halb Österreich
Vertauscht Recht und Unrecht dir
Denn du bist zwar Gast
Aber leider nicht reich
Und außerdem so weit nicht von hier

Protestiere einmal gegen Rechtsextremismus
Und stell im Krawall einen Mistkübel gerade
Schon macht eine rechts beleidigte Justiz
Mit dem liebesblinden Rechtsstaat Schluss
Du hörst das Säbelgerassel der Alten Garde

Und während ein reicher Immobilienhai
Um seine Mieterinnen und Hausgäste loszuwerden
Eintausendsiebenhundert Cops sich ruft herbei
Will man das ärmere Volk
Mit Landfriedensbruch beerben

Demonstriere doch mit satirischem Reim
Für das Recht auf antikatholische Abtreibung
Meint die Justiz sogleich
Du wärst wohl links daheim
Und erneut beginnt sie ihre rechte Übertreibung

Denn wer in Salzburg gegen Tradition und Kirche spricht
Hat bald nichts mehr zu lachen
Staatspolitik ohne Kirche gibt's auch woanders nicht
Da kann man nichts
Außer eine Revolution vielleicht machen

War Business... What is it good for?

Pazifismus scheint schon lange kein Modewort mehr zu sein. Protestbewegungen rund um die Welt rufen meist gegen etwas/jemanden, selten für etwas/jemanden. Ebenso selten geht man dieser Tage in Massen für Abrüstung auf die Straße oder positioniert sich, wenn schon gegen etwas, dann gegen das internationale Waffengeschäft, das man auch Kriegsgeschäft nennen darf.

Derweil finden kriegsverbrecherische Konflikte weltweit statt. Und während beinahe jedes informierte Individuum auf einer der Konfliktseiten steht, steht kaum jemand auf der Seite des Friedens. Das wäre auch unparteiisch, das wäre langweilig.


Anhand Gaza-Israel

... lässt sich beispielhaft erkennen, warum Whitfield und Strong mit ihrem Song „War“ von 1969 auch heute noch Recht haben. War! What is it good for? Absolutely nothing.

Abgesehen von dem psychologisch verständlichen Bedürfnis der Täter und Opfer, all das bereits angerichtete Morden irgendwie zu rechtfertigen, finden sich gewiss manche Personengruppen, die mir auch professionell widersprechen wollen – auch nicht ganz unverständlich. Einigen (regionalen) Machtpolitiker_innen und Geschäftsleuten, allen voran Waffenhändler_innen, tut das Blutvergießen vermeintlich* gut. Aber ich möchte meinen Blick auf die Dinge aus der Sicht der Menschlichkeit, nicht aus der Sicht der Unmenschlichkeit richten.
*Aus platonischer oder christlicher Sicht natürlich nicht.




Asymmetrie des Krieges

In den Diskussionen über diesen Krieg rechtfertigt man jeweilige Parteilichkeit entweder mit dem Terrorismus der Hamas oder der Übermacht des israelischen Militärs. Gerade bezüglich letzterer scheint man an den Argumentationspunkt zu gelangen, die Ungerechtigkeit dieses Krieges liege in dessen „Asymmetrie“. Sprich Israel liegt in allen Statistiken quantitativ weit über Gaza (abgesehen von den Opferzahlen des Konflikts).

Dieses Ungleichgewicht trifft zu, hat aber nichts mit dem Unrecht zu tun, das hier stattfindet. Es sei denn, man betrachtet Krieg als Spiel.
Im Real-Life werden Kampfhandlungen immer nur dann begonnen, wenn sich eine Seite im klaren Vorteil sieht. Krieg ist von seiner grauenvollen Natur her immer unfair. Und wer sich einen sportlichen Krieg wünscht, ist ein perverses Monster. Also vergessen wir die Symmetrie.


Sprechen wir lieber über die Ziele

Ich behaupte nicht, Kriegsherr_innen verfolgten niemals legitime Ziele. Sie tun es nur so gut wie niemals (Die Chancen: 1 zu 1 000 000). Vor allem gilt: Wer einen Krieg anfängt, hat immer Unrecht.
Im Falle Israel VS Hamas sind die Ungerechten deshalb schwer auf einer Seite zu orten, weil beide Seiten abwechselnd immer wieder neu anfangen. Die Einen nehmen den Anderen gewaltsam Land weg, die Anderen verüben gewaltsamen Terror.

Im aktuellen Streit behauptet die Hamas, sie würde ihr Volk vor den Angriffen durch Israel verteidigen. Das ist eine offensichtliche Lüge. Und wäre es keine Lüge? Mit ihren Raketenangriffen erreichen sie so und so nur das Gegenteil ihres angeblichen Zieles.

Israel hingegen geht ins Detail. Es will mit seiner aktuellen Offensive gegen den kleinen Gazastreifen die Tunnelsysteme der Hamas ausschalten, damit diese sie nicht mehr für ihren Terror einsetzen könne. Ein nachvollziehbares Ziel.

Doch wie man dieses erreichen will, indem man Bomben und Granaten auf gut Glück über die dicht besiedelte Oberfläche verstreut, bleibt mir ein Rätsel. So ein Tunnel ist nicht sehr breit und er verläuft unterirdisch. Dort passen auch nicht sehr viele Zivilist_innen hinein, weshalb es keinen Sinn macht, diese im Vorfeld einer präzisen Bodentruppen-Operation mittels Bombardements "auszudünnen" (es sei denn, man taktiert kopflos).


Ziel verfehlt, Sinn verfehlt

Aber Sinn macht hier sowieso niemand, die Hamas noch weniger als Israel. Allerdings verfehlen beide gleichermaßen ihre Ziele. Da haben wir also doch noch eine Symmetrie in diesem Konflikt.
Die Hamas weiß, dass ihre eigene Bevölkerung im engen Gazastreifen kaum einen sicheren Unterschlupf finden kann. Aber die Israelis wissen das auch.
Die Hamas dürfte die Palästinenser_innen bewusst als menschliche Schutzschilder, als Druckmittel gegenüber der Weltöffentlichkeit, daher als Geiseln missbrauchen. Aber die Israelis tun das selbe.
Sie klagen die Hamas wegen ihrer Geiselnahme an, nehmen aber keine ernstzunehmende Rücksicht auf die Geiseln. Und sie provozieren die Geiselnehmer im Vorfeld zur Gewalt.

Israel ist dabei in einer bequemen Position: Im Pseudofrieden betrachtet sie die Hamas nur als kriminelle Organisation, die sie politisch ignorieren dürfe. Im Krieg hingegen wird die Hamas plötzlich als legitime Armee eines verfeindeten (anerkannten?) Staates umgedeutet, die man mit entsprechender Härte bekämpfen dürfe.
Und obwohl Israel einer Befriedung des Gebietes durch sie kein Stück näher gekommen ist, hält es hartnäckig an der selben, erfolglosen Methode fest – genauso stur und sinnlos wie ihre Feinde an deren Methode festhalten.


Praktisch für den Waffenhandel

Die modernen bewaffneten Konflikte dieser Jahre finden nicht mehr zwischen einzelnen Staaten oder Staaten-Allianzen statt, sondern zwischen Gruppierungen innerhalb einzelner Staaten bzw. Regionen. Das ist so auch praktischer für den Waffenhandel. Der Krieg ist nicht internationale, sondern lediglich nationale Angelegenheit, „Privatsache“ sozusagen.

Möglicherweise ist das der Grund, warum sich die „westlichen“ Demokratien in der gemütlichen Lage sehen, stets gegen die Gewalttaten in solchen Konfliktzonen protestieren zu können. Habe ja nichts mit ihnen zu tun. Während ihre Unternehmen gleichzeitig die Waffen für diese Gewalttaten liefern.

Meist kämpft dabei eine Regierung bzw. Diktatur gegen Rebellen bzw. Terroristen – je nach Bedarf. Natürlich wäre es legitim, einem souveränen Staat Waffen für dessen „Verteidiung“ zu liefern. Natürlich wäre es moralisch richtig, Rebellen mit Waffen zu versorgen, damit diese sich „Demokratie“, „Freiheit“ und „Frieden“ erkämpfen können. Wenn nicht beides gelogen wäre.




Und wie geht's der Wirtschaft?

Selbst wenn mich die Menschlichkeit nicht interessieren würde... Auch wirtschaftlich betrachtet ist Krieg in beinahe allen Bereichen ein Verlustgeschäft, für die Großen wie die Kleinen. Die Steuerzahler_innen verpulvern im wahrsten Sinne ihr Geld. Banken werden gesprengt, Märkte zerstört, Agrarland verwüstet, Konsum still gelegt, Rohstoffe abgeschnitten, Ressourcen vernichtet.

Allein die Waffenindustrie gewinnt. Und selbst die „Masters of War“ müssten erkennen, dass zuviel Krieg ihre Abnehmer_innen elliminiert. Oder etwa nicht?


Weltweite Kriege gegen die Waffenlosen

Wenn ich mir die Bilanz ansehe, sterben im aktuellen Gaza-Israel-Krieg hauptsächlich Zivilist_innen. Dieses Verhältnis gilt auch für andere Konfliktherde. Ob in Afghanistan, im Sudan oder Syrien: Stets gibt es zwei oder mehrere militärisierte Konfliktparteien, die sich gleichzeitig an der unbeteiligten Zivilbevölkerung vergehen. Auch wenn anderes behauptet wird: Die Zahlen lügen doch nicht.

Israel bekämpfe die Hamas? Es tötet aber vor allem Zivilist_innen, die versuchen, vor dem Krieg zu fliehen. Und die Hamas schütze Palästina vor israelischen Besatzern? Warum tötet sie dann Zivilist_innen auf der anderen Seite ihrer Grenze?

Egal welches Kriegsgebiet man sich ansieht, man muss zu der Erkenntnis gelangen: Krieg wird hauptsächlich gegen jene geführt, die Frieden wollen und mit dem Waffenhandel keine Geschäfte machten.


Welche Ziele? Wessen Sinn? Und wessen Krieg?

Als Pazifist_in in Friedensgebieten muss man sich zum Glück nur beschimpfen lassen, eine_r zu sein. Klingt faschistoid, ist es auch.

Ich kann all die aktuellen Kriege, in welchen Stiefeln ich sie auch betrachte, als nichts anderes erkennen: Es sind sinnlose, industrialisierte Gewaltausbrüche, die vor allem Unschuldige töten, ihre angeblichen Ziele nie erreichen, einzelnen blutigen Profit bringen, während sie die Mehrheit ruinieren und über die von allen beteiligten Kriegsparteien immer nur Lügen verbreitet werden – vermutlich, weil sie sie Wahrheit selbst nicht ertragen.

Die Mehrheitsbevölkerung dieser Welt muss sich die Fragen stellen: Sind die Kriegsziele unsere Ziele? Machen die Kriege für uns Sinn? Wer ist für sie verantwortlich? Und müssen wir sie uns gefallen lassen? Oder wird es Zeit, sich gegen diese Kriegsverbrecher_innen, auf dem Schlachtfeld und hinter den Konzernschreibtischen, zu organisieren?