Donnerstag, 5. Dezember 2013

Sexarbeit: Die geliebte Illegalität

Pseudomoral

Ja, ich geb's zu: Ich war noch nie im Puff! Angeblich soll vor allem Mann das wenigstens einmal im Leben gemacht haben; und der Grund für mein Versäumnis ist gewiss auch nicht meine Keuschheit, eher meine Knausrigkeit. Ich anerkenne aber jedenfalls die seit Jahrtausenden anhaltende Nachfrage von Sexdienstleistungen.

Jetzt gibt es also etwas das stets beliebt und so alt ist wie die Menschheit ist, das seit jeher von gewissen Menschen angeboten wird. Diese befriedigen andere sexuell und erhalten dafür Geld. Niemand sollte dabei zu Schaden kommen. Warum wird die Sexarbeit also pseudomoralisch geächtet wie Diebstahl und Betrug, ist aber denoch damit nicht zu vergleichen?

Zwei Ansätze zur Loslösung von Lösung

Für die Pseudomoral gibt es zwei Ansätze. Der erste ist so alt wie die „Prostitution“ selbst und tritt meist als religiöser Anstand und/oder Sittsamkeit auf. Dabei geht es nicht darum, dass Sex sündhaft wäre. Zügelloser, das heißt unkontrollierter Sex gilt jedoch als Gefahr.
Nicht weniger gefährlich kann die Kontrolle und Einschränkung des sexuellen Lebenstils sein. Beides war immer schon ein Machtmittel der Tyranneien. Wer sich hingegen Sex einfach kaufen oder diesen als Beruf ausüben kann, wird der Aufsicht zur/zum Subversiven.

Der zweite Ansatz vermeint die Sexarbeiter_innen vor sich selbst zu beschützen. Dabei spicht man von den prekären sozialen Verhältnissen, in denen sich die meisten befänden, von den Zwangsverhältnissen und von der Sklaverei in diesem Geschäft. Dabei wird Ursache und Wirkung verdreht. Es erinnert ein wenig an das Bettelverbot: Um die Armut beseitigen, beseitigen wir die Armen?

Zwei Schaße im Märchenwald

Weil jemand, der Sexarbeit anbietet, dies nur deshalb täte, weil sie/er nicht anders Geld verdienen könnte und (deshalb?) automatisch ausgebeutet würde, nehmen wir ihr/ihm auch diese letzte Möglichkeit und machen aus den Ausgebeuteten Kriminelle. Gut durchdacht Frau Schwarzer! Irgendwelchen Frauen im Hosenanzug werden es ihnen danken, allerdings nicht die betroffenen.

Die „französische Lösung“ will die „Freier“, sprich die Kund_innen der Sexarbeit bestrafen, um die Sexarbeiter_innen zu schützen. Das ist so dumm, wie es sich anliest. Sexarbeiter_innen sind als solche von ihren Kund_innen abhängig. Wenn man die „Sexnehmer“ also tiefer in die Schattenwirtschaft und kriminellen Gefielde drängt, macht man das selbe mit ihren Dienstanbieter_innen. Beide sind notwendiger Teil dieser Branche. Man gewinnt den Eindruck, dass jene Politiker_innen, die sich mit dieser Thematik befassen, auch für Wirtschaftsfragen verantwortlich sind.

Recht ist ihnen, was eh nix bringt


Die einzige Lösung für Probleme, die in Verbindung mit Sexarbeit in Erscheinung treten, aber per se nicht durch diese verursacht werden, ist nicht neu. Sie ist nur schwerer umzusetzen, als die anderen erwähnten „Ansätze“. Was nur natürlich ist: Ein Gehirnfurz der nix bringt und nur einer Gesetzesänderung bedarf, ist leichtfertiger getan, als eine echte Auseinandersetzung.

Man muss von einer beabsichtigten Inkompetenz seitens der Politik ausgehen. Man will sich mit dem Thema nicht wirklich auseinandersetzen, verschiebt die Verantwortung von der einen Seite des Strichs, auf die andere – das soll die Wähler_innen erst einmal beruhigen. Öffentlich spricht jeder von Unmoral, heimlich gehen die braven Saubermänner ins Bordell oder ins Internet. Die G'schicht hat einen langen Bart.

Eine echte Lösung – wird nicht gewollt

Würde man tatsächlich Lösungen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution suchen, würde man diese Arbeit als Beruf ernst-, wahr-, und annehmen und entsprechend aufwerten. Es müsste die quasi-gesetzliche Ächtung der Sexarbeit beendet werden. Stattdessen müsste es Lizenzen und Überprüfungen (nicht durch die Polizei, sondern durch unabhängige, geschulte Kontrolleure_innen), Zertifikate und Gütesiegel, Sozialversicherung und Steuersystem geben. Die Sexarbeit dürfte sich nicht mehr im Schatten der (halben) Illegalität abpsielen.

Leider wird dies von der Politik nicht gewünscht. Denn so lange Sexarbeit dort bleibt, wo sie jetzt ist, verdienen die tatsächlich Unmoralischen, die wahren Verbrecher mit ihr ein Vermögen; und das freut auch ihre Freunderl bei Aufsehern und Politik.








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