Samstag, 28. Dezember 2013

Zwischenstillezeit

Inzwischen spricht der Nikolaus
Schon wieder mit dem Weihnachtsmann;
Die Keks erregen langsam Graus,
Weil Mensch so viel nicht fessen kann,
Als er bäckt wie einst bei Muttern,
Um sich den (schneelosen) Winter zu überzuckern.

Das Christkind heißt jetzt wieder Jesus,
Und die Verkäufe machen schluss,
Um sich erneut zu öffnen, breit und weit.
Die Raketen stehen schon bereit.
Mit ihnen zielt man auf Sylvester im Himmel,
Der kann aber auch nichts dafür,
Für das Neujahrsgewimmel.

Ich geh schön langsam Geschenke kaufen,
Während andere in der Umtauschphase
Noch einen letzten Glühwein saufen.
Die stille Zeit ist keine Phrase,
Sie kommt nur meist mit Verspätung
Und mit reichlich Kopfschmerz und trunkenem Schlummer,
Anstatt mit frommen Gesang und Anbetung.
Zum Ersten (und Zweiten) verschlafen wir den irdischen Kummer.

Sonntag, 22. Dezember 2013

Felix austria hieme

Verlassen, verlassen!

Zug um Zug,
Jung und Alt,
Zum Glühwein gepilgert, noch nicht genug,
Weil es ist doch zu kalt,
Um nicht im Freien zu stehen,
In Jedermanns Wohnung;
Ich kann es verstehen.
Der feierliche Winter kennt keine Schonung.

Darum spielt Jedermann das Sterben im Sommer,
Darum gehen wir halt, darum gehe ich halt;
Werden wir trunken, werde ich frommer;
Und immer ist's kalt, überall ist's so kalt.

Zug um Zug und Alt und Jung,
Weiterhin frieren,
Ich denke an die Regierung;
Sie ist so alt wie neu, nichts kann sie schockieren.
So lügt der Vize uns ins Gesicht,
Was Kanzler und Staat wieder wollen schlucken;
Oder wissen beide es besser nicht?
Du darfst blöde gucken, aber ja nicht ausspucken!

In diesen winterlichen Tagen
Der Glühwein-Pilgerfahrten,
Wollen Österreichs Minister sich nicht nach Hause, nach Europa wagen,
Doch für des Tyrannen olympische Opferspiele reservierten sie bereits Karten.

Tu felix austria... nube?
Vielleicht einen feschen Musicalstar,
Der uns erwärmt die leere Oberstube,
Die Gage dafür, die machen wir klar.
Wir haben ja sonst nichts zu fördern,
Nos felix austria,
Wir sind so gut im ganzen Behördern,
Die größten Bürger-Proteste macht uns die Beamtenschar.

Verlassen, verlassen!
Ich muss jetzt gehen.
Vale tu felix austria,
Müde Mutter, kranke Tochter, auf Wiedersehen!
Mit der Sonne bin ich wieder da.



Donnerstag, 19. Dezember 2013

Das Herz Jesu hat mit meinem Arsch eigentlich nichts zu tun

Die Problematik des Herzen Jesu ist mir so fern, dass ich nicht einmal sagen kann, was ich davon halte; und das kommt, bei einem Klugscheißer wie mir, nur alle tausend Jahre vor. Da ist ein Christ ausnahmsweise einmal religiös, ein Konservativer ausnahmsweise einmal traditionell... Das geht gegen das Reinheitsgebot? Was wollt ihr sonst? Ausgeräumte, ideoligisch neutralisierte, geschmacksneutrale, austauschbare Püppchen a la Spindelegger und Faymann? Einen pseudokonservativen Scheinheiligen, einen pseudosozialistischen Halbkanzler? Die habt ihr schon? Es wird trotzdem nicht besser.

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Limonaden-Nikolaus

Limonaden-Christ-Mess-Claus,
Weil du an mich glaubst,
Sollt' ich dein Gesprudel kaufen?
Doch mit dem selben Spruch– oh Graus –
Kam schon der H.C.,
Drum sollst du an deinem Zeug ersaufen.

Die Spülmitteldame verspricht gelassen,
Den Abwasch mache die Tablette von allein.
Ich kann's immer noch nicht fassen!
Doch auch Ein- und Ausräumen wäre fein –
Und eine Spülmaschine, wie ich erwäge;
Ansonsten sind die Tabs recht träge.

Überall steht geschrieben, wird gesprochen,
Die wahlsiegenden Wahlverlierer überdächten ihre Koalition;
Denn sie hätten ihre Versprechen gebrochen,
Nicht jene gegenüber einander – kein solcher Hohn –
Nur jene gegenüber der Nation.
Wollen sie vielleicht vergessen machen,
Während sie auf Fotos lachen:
Es sind die Alten,
Die uns verwalten!

Und der Haider killt jenen Weihnachtsmann,
Um das Christkind mit uns zu erretten!?
Ach! Nicht der tote,
Nur der Alfons vom Operball erinnert uns dran,
Auf protestantisch-schwule Toleranz soll man nicht wetten,
Geht es gegen einen doch katholischen Santa,
Es sei denn man singt Songs wie Sinatra.

Also muss ich den alten Limonaden-Nikolaus,
Doch irgendwie bewahren;
Lieber ist mir der adventlich-kommerzielle Scheiß –
Ich halte mich sowieso draus –
Als die pseudopatriotischen Narren.
Zum Fest der universalen Menschenliebe,
Verschenken sie nationalistische Hiebe.

Dienstag, 10. Dezember 2013

Weihnachtsgeschichte: Überreligiöse Hoheit der Menschlichkeit

The same old story?

Die Weihnachtsgeschichte erzählt – die Details sind bekannt – von einem Kind, das in einem Stall zu Bethlehem geboren wird. Josef und Maria waren auf Reisen. Es hätte daher auch an einem anderen Ort geschehen können. Ein Komet (Weihnachtsstern) ist als Navi recht ungeeignet, als Lichteffekt jedoch gewiss wundervoll. Und ob das Paar aus Platz- oder Geldmangel keine Herberge fand, sei dahingestellt. Ich schreibe hier weder eine Religions- noch Sozialkritik.

Zuerst wird den einfachen Hirten auf dem Felde von den Engeln verkündet, dass der Erlöser geboren wurde. Aber auch die drei weisen Könige (in welchem „Morgenland“ auch immer) erfahren rechtzeitig von dem besonderen Ereignis. Hirten und Fürsten, Ehrfürchtige und Weise versammeln sich gemeinsam vor der Futterkrippe, in der sie den Säugling schauen, und neigen Häupter und Knie in tiefer Verehrung.

Der Tyrann Herodes (der Ältere, „der Große“) aber, der das Kommen des „Messias“ bereits fürchtete und darum die schrecklichsten Gräueltaten begangen hatte, konnte es nicht verhindern. Ihm wurde prophezeit, dieses Kind würde neuer König werden und seine Herrschaft beenden.

Worum es geht?

Um Symbole geht's. Herodes spielt die Rolle des bösen, tugendlosen Herrschers, der im Hintergrund droht. Ohne Weisheit lässt er sich von seiner Angst lenken und muss darin scheitern. Trotz seines grausamen Widerstands, bringt die gute, tugendhafte Maria (für viele Christ_innen gleichsam eine himmlische Königin) Jesus zur Welt.

Jesus repräsentiert die Göttlichkeit auf Erden. Christlich gesagt soll er die Menschheit von der „Erbsünde“ erlösen und sie ins ewige Leben (nach dem Tode) führen. In freieren Interpretationen lässt sich Jesus als Personifizierung der Liebe (Gottes gegenüber den Menschen) deuten. In meiner Freiheit füge ich dem hinzu, dass (der erwachsene) Jesus auch für die (göttliche) Weisheit stehen darf.

Außer dem Tyrannen verneigen sich also alle Redlichen, von nah und fern, von unten und oben, vor jenem Säugling. Sie beschenken ihn freiwillig, mit dem was sie haben. Allein darin triumphiert das machtlose Kind (das völlig von anderen abhängig ist) über den mächtigen Gewaltherrscher (der ebenso völlig von anderen abhängig ist, aber neben sich keine Gleichgestellten duldet). Die Zuneigung und Liebe zu dem Kind ist also mächtiger, als die Unterwerfung gegenüber der Macht des Tyrannen. Jesus siegt in und mit Liebe. Der lieblose Mächtige wird entmachtet.

Darf's noch mehr sein?

Ein neugeborenes Kind ist der nackte, reine Mensch an seinem Ursprung. Egal in welchem Land, in welcher Kultur, mit welcher Hautfarbe oder welchem Geschlecht es geboren wird, es zeigt das gleiche Verhalten, hat die gleichen Bedürfnisse, überall, weltweit, damals wie heute. Auch die Liebe zu ihren Kindern ist allen Völkern gemein; und über alle Grenzen und Unterschiede hinweg herrscht dafür ein gegenseitiges Verständnis.

Ein Säugling, also auch das „Christkind“ Jesus, symbolisiert daher nicht nur die Unschuld (im Gegensatz zur von Jesus aufgelösten Idee der „Erbsünde“), sondern auch die Gleichheit aller Menschen (die Jesus uns lehrt gesamt zu lieben). Jesus liegt zudem in einem Stall, einer Behausung für Tiere, was die Deutung offen lässt, aus welcher sozialen Klasse „Haus“ er stamme. Er könnte überall zuhause sein.

Und so huldigt also alles redliche Volk, auf Geheiß göttlicher Boten, der wahren Menschlichkeit in der Verkörperung eines ohnmächtigen Babys; sie huldigen der Liebe zum Menschen, zur Menschlichkeit und (ver)ehren damit zugleich die Menschenliebe, die sie in sich tragen.

Die Gegensätze (platonisch, taoistisch?)

Als Gegenspieler zum Gewaltpolitiker Herodes verkehrt das Jesuskind die gesamte Systematik der Tyrannei. Das Neugeborene strebt nicht nach einem Sieg, es triumphiert in seiner Bescheidenheit (ein taoistisches Prinzip?); nicht weil man ihm gehorcht, sondern weil es geliebt wird.

Jesus wird zum „König aller Könige“, weil er das Gegenteil eines Königs darstellt. Darum wird er später auch sagen, sein Reich wäre nicht von dieser Welt. Der irdische Herrscher bedarf vieler Gehilfen und Kräfte, um sich letztlich dennoch nicht auf dem Thron halten zu können.

Jesus hingegen versammelt ohne Zwang die Völker um sich. Er befiehlt ihnen nicht, er erleuchtet sie; er verbraucht nicht die ihnen eigene Kraft und Würde (für sich selbst), er lässt sie (für sich selbst) ihre eigene Kraft und Würde erkennen. Der irdische König adelt sich selbst, das Jesuskind – in der Symbolkraft der Weihnachtsgeschichte – adelt die Menschheit; es adelt die Menschen in ihrer Liebe, in der sie endlich, in Frieden, zu einander finden, zur Gemeinschaft werden, um die Geburt eines der ihren zu feiern.

Das Christkind als Herr? 

Der "Gottesohn" daher nicht „unser Herr“ als Ersatzherrscher des irdischen Tyrannen; als „Herr“ will er die Menschenliebe, als die er in uns regieren will. Diese Menschenliebe ist der Urgrund jeder humanistischen Idee, Philosophie und Errungenschaft (Über meine halb-gare These des Jesus Christus als Philosophen des hellenistischen Judentums – und daher natürlichen Feind der zu seiner Zeit machthabenden Pharisäer – schreibe ich ein anderes Mal).

Auch wenn man kein_e gläubige_r Christ_in ist, Religion im Allgemeinen ablehnt und auch noch keinen Schluck Glühwein vom Adventmarkt intus hat: Die Weihnachtsgeschichte geht in ihrer Bedeutung über die Religion und Konsumritual hinaus. Sie ist, wie es vielleicht den alten Schülern Jesu bedeutsam war, eine Sage voll überkonventioneller, unihumaner Sinnbildlichkeit und Weisheit. Also: Genießt den Advent und kauft nicht zu viel Klumpert!

Sonntag, 8. Dezember 2013

Fürst Pröll und Strache

Den braven Schilling wieder einführen!
Und Rasch die Fluchtwege verrammeln!
Schließt nach Europa rasch die Türen,
Dann sitzen sie fest –
Mit uns blauen Hammeln.

Die Staatbetriebe privatisieren!
So befehl' ich – Fürst Pröll – mit leichter Hand;
Das ist nicht neu, muss funktionieren.
Geht's schief, was soll's,
Ich bleib am Land.

Der Fürst und der freie Strache,
Die sollten dringend koalieren.
So viel Expertise in eigener Sache –
Wird man nur in einer Koalition verlieren.  

Donnerstag, 5. Dezember 2013

Sexarbeit: Die geliebte Illegalität

Pseudomoral

Ja, ich geb's zu: Ich war noch nie im Puff! Angeblich soll vor allem Mann das wenigstens einmal im Leben gemacht haben; und der Grund für mein Versäumnis ist gewiss auch nicht meine Keuschheit, eher meine Knausrigkeit. Ich anerkenne aber jedenfalls die seit Jahrtausenden anhaltende Nachfrage von Sexdienstleistungen.

Jetzt gibt es also etwas das stets beliebt und so alt ist wie die Menschheit ist, das seit jeher von gewissen Menschen angeboten wird. Diese befriedigen andere sexuell und erhalten dafür Geld. Niemand sollte dabei zu Schaden kommen. Warum wird die Sexarbeit also pseudomoralisch geächtet wie Diebstahl und Betrug, ist aber denoch damit nicht zu vergleichen?

Zwei Ansätze zur Loslösung von Lösung

Für die Pseudomoral gibt es zwei Ansätze. Der erste ist so alt wie die „Prostitution“ selbst und tritt meist als religiöser Anstand und/oder Sittsamkeit auf. Dabei geht es nicht darum, dass Sex sündhaft wäre. Zügelloser, das heißt unkontrollierter Sex gilt jedoch als Gefahr.
Nicht weniger gefährlich kann die Kontrolle und Einschränkung des sexuellen Lebenstils sein. Beides war immer schon ein Machtmittel der Tyranneien. Wer sich hingegen Sex einfach kaufen oder diesen als Beruf ausüben kann, wird der Aufsicht zur/zum Subversiven.

Der zweite Ansatz vermeint die Sexarbeiter_innen vor sich selbst zu beschützen. Dabei spicht man von den prekären sozialen Verhältnissen, in denen sich die meisten befänden, von den Zwangsverhältnissen und von der Sklaverei in diesem Geschäft. Dabei wird Ursache und Wirkung verdreht. Es erinnert ein wenig an das Bettelverbot: Um die Armut beseitigen, beseitigen wir die Armen?

Zwei Schaße im Märchenwald

Weil jemand, der Sexarbeit anbietet, dies nur deshalb täte, weil sie/er nicht anders Geld verdienen könnte und (deshalb?) automatisch ausgebeutet würde, nehmen wir ihr/ihm auch diese letzte Möglichkeit und machen aus den Ausgebeuteten Kriminelle. Gut durchdacht Frau Schwarzer! Irgendwelchen Frauen im Hosenanzug werden es ihnen danken, allerdings nicht die betroffenen.

Die „französische Lösung“ will die „Freier“, sprich die Kund_innen der Sexarbeit bestrafen, um die Sexarbeiter_innen zu schützen. Das ist so dumm, wie es sich anliest. Sexarbeiter_innen sind als solche von ihren Kund_innen abhängig. Wenn man die „Sexnehmer“ also tiefer in die Schattenwirtschaft und kriminellen Gefielde drängt, macht man das selbe mit ihren Dienstanbieter_innen. Beide sind notwendiger Teil dieser Branche. Man gewinnt den Eindruck, dass jene Politiker_innen, die sich mit dieser Thematik befassen, auch für Wirtschaftsfragen verantwortlich sind.

Recht ist ihnen, was eh nix bringt


Die einzige Lösung für Probleme, die in Verbindung mit Sexarbeit in Erscheinung treten, aber per se nicht durch diese verursacht werden, ist nicht neu. Sie ist nur schwerer umzusetzen, als die anderen erwähnten „Ansätze“. Was nur natürlich ist: Ein Gehirnfurz der nix bringt und nur einer Gesetzesänderung bedarf, ist leichtfertiger getan, als eine echte Auseinandersetzung.

Man muss von einer beabsichtigten Inkompetenz seitens der Politik ausgehen. Man will sich mit dem Thema nicht wirklich auseinandersetzen, verschiebt die Verantwortung von der einen Seite des Strichs, auf die andere – das soll die Wähler_innen erst einmal beruhigen. Öffentlich spricht jeder von Unmoral, heimlich gehen die braven Saubermänner ins Bordell oder ins Internet. Die G'schicht hat einen langen Bart.

Eine echte Lösung – wird nicht gewollt

Würde man tatsächlich Lösungen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution suchen, würde man diese Arbeit als Beruf ernst-, wahr-, und annehmen und entsprechend aufwerten. Es müsste die quasi-gesetzliche Ächtung der Sexarbeit beendet werden. Stattdessen müsste es Lizenzen und Überprüfungen (nicht durch die Polizei, sondern durch unabhängige, geschulte Kontrolleure_innen), Zertifikate und Gütesiegel, Sozialversicherung und Steuersystem geben. Die Sexarbeit dürfte sich nicht mehr im Schatten der (halben) Illegalität abpsielen.

Leider wird dies von der Politik nicht gewünscht. Denn so lange Sexarbeit dort bleibt, wo sie jetzt ist, verdienen die tatsächlich Unmoralischen, die wahren Verbrecher mit ihr ein Vermögen; und das freut auch ihre Freunderl bei Aufsehern und Politik.








Dienstag, 3. Dezember 2013

Ukraine all over again

Weil es so nicht weitergeht

„Orange Revolution“ in der Ukraine, „Arabischer Frühling“ in Libyen und Ägypten und Anderswo, und nun erneute Protestbewegung in Kiev, die mittlerweile das dortige Rathaus besetzte: Es geht drunter und drüber; es geht in eine eindeutige Richtung.

Die USA und ihre Verbündeten stellten in Afghanistan und dem Irak überzeugend zur Schau, dass man mit Kriegen und Folter keine Tyranneien ersetzen kann, und vor allem nicht Demokratie und Rechtsstaat nach humanistischen Standards erzwingen. Nun suchen die unterdrückten Völker ihre eigenen Wege, sich zu befreien.

Die EU?! Wirklich? Ja, die EU meinen die!

In der Ukraine fordert das lautstarke Volk sogar handfest einen Weg in die EU! So etwas sucht man in den etablierten EU-Staaten vergeblich, vor allem in den reichsten unter ihnen: Demokratisches Enagegment der Zivilbevölkerung, der Traum vom gemeinsamen Europa (nach humanistischen Standards).

Dies schmeichelt uns freilich, obwohl die meisten von uns vergessen haben dürften, weshalb. Zur Erinnerung: Die Putin-Diktatur ist die Antithese zur EU. Sie ist systematisch korrupt, antidemokratisch und ein zentralisierter, homogener Machtknödel, dessen regierenden Maden selbst in ihrem Opfer keine Zukunft mehr sehen. Einzelene Mitglieder der EU geben sich wenigstens Mühe, Korruption zu bekämpfen...

Warum scheiterte die Ukraine aber schon einmal in ihrer Bemühung um die „positive Europäisierung“? Warum endete der vielversprechende, zunächst friedliche arabische Frühling in einem Blutbad?

Herrsche und zerteile, dann versuche es erneut... Von Innen und Außen

Neben den alten „Machtstrukturen“, die nur schwer zu überwinden sind, spielt gewiss die ständige Einmischung von Außen eine negative Rolle. Diese wird zwar von den Aufständischen teilweise gefordert, bzw. ergibt sich aus ihren Forderungen, wird aber zugleich zur Bremse einer Entwicklung auf innerstaatlicher Ebene.

Ein Staatsbürger_innentum, das sich als solches bezeichnet, wird nicht nur durch eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Staatsgebiet gebildet. Es muss in der Lage sein, ein System der gemeinsamen Entscheidungsfindung, eine gemeinsame Politik, Gesetze, Verfassung entwickeln. Im Falle der jüngsten Aufstände – in der Ukraine wie in den Arabischen Ländern – bedeuten die Forderungen nach Abschaffung des Machtmissbrauchs und der Tyrannei eine Spaltung der Bevölkerung in unvereinbare Teile.

Mti diesen Bestandteilen ist kein Staat zu machen

Diese notwendige Zersetzung, die bisher nur durch Gewalt verhindert werden konnte, wird durch die Einmischung ausländischer Mächte verstärkt. Man positioniert sich auf der Seite einer Fremdmacht, um seinen innerstaatlichen Stand zu verbessern. Pro-EU oder Pro-Putin: Das sind ideologische, politische und moralische Gegensätze. Staaten wie die Ukraine oder jene des Arabischen Frühlings fehlt es daher an Souveränität, im Inneren wie im Äußeren.

Deshalb gibt es keinen (politischen) Prozess, der noch so mächtige und erfolgreiche Bestrebungen einer aufbegehrenden Bevölkerung zu einem dauerhaften Ziel führe. Sie kann sich auf keine gemeinsame Regierung einigen, Recht und Verfassung verloren längst ihre Legitimität.

Der Staat ist tot! Lang lebe der Staat!


Die Machthaber büßen ein oder werden gestürzt, dennoch bleiben sie irgendwie erhalten. Die Protestbewegung bemächtigt sich eigen, nur um (aus Mangel an Alternativen) die errungene Macht wieder an die alten Eliten des alten Systems abgeben zu müssen. Diese versprechen freilich nur „etwas“ zu ändern.

Anscheinend sind stets lediglich die (alten und neuen) Nachfolger an der Macht ausreichend radikal. Währenddessen sich die Protestierenden, nach einem guten Run, allzu bald zufrieden geben ( möchten – was auch verständlich ist). Mal sehen, wie weit die Ukraine diesmal geht.