NSA, NSA, NSA...
Das liest und hört man zur Zeit überall. Und mit jeder Erwähnung
dieser gemheimdienstlichen Behörde, mit ihren nunmehrigen
Halbgeheimnissen, verschwinden andere Themen aus den Schlagzeilen.
Themen, über die man schreiben könnte, weil man Genaueres, Näheres,
sogar Ferneres über sie weiß.
Hätte ich den mittlerweile
mehrfach verfluchten Namen dreimal in einen Spiegel hinein gerufen,
wäre vermutlich General Alexander persönlich erschienen (nicht der
aus Makedonien, der aus New York), schließlich steht Halloween vor
der Tür. Jawohl! Mir gefällt dieses amerikanische Spektakel, ich
bin ein Freund von Multi-Kulti, ich bin Tolerant, ich bin Gutmensch:
Daher auch ein Freund der Amerikaner, zumindest auf
Facebook-Freundschafts-Niveau. Man kennt sich eben übers Internet.
Ernsthaft
Was mich freilich stören sollte,
sind all die Abhörskandale, die von
Edward Snowden veröffentlicht wurden. Zumindest muss man die Ami-Technologie, die
hierbei zur Anwendung kam und kommt, ernst nehmen. Schließlich
verfügen wir in Europa nicht über eine solche Abhör-Power und das
ist gewiss peinlich, in einer globalisierten Welt. Zumal seit
Gründung von Staaten ein jeder Staat die anderen ausspioniert, wie
es in seinen Möglichkeiten liegt.
Die USA hat lediglich mehr
und bessere Möglichkeiten. Und es ist auch kein Zufall, das
ausgerechnet die
Putin-Diktatur
den freigeistigen Whistleblower Snowden bei sich Unterschlupf
gewährte. Der diktatorische Ex-KGBler würde gerne so viel er kann
über das neueste Know-How seines einstigen Feindes aus dem Kalten
Krieg erfahren.
Ernst ist lange tot
Was man also nicht ernst nehmen kann, ist die
allgegenwärtige, geheuchelte Empörung: Diese bösen, unartigen
Amis! Ich bitt' Sie! Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs beinhaltet
vor allem Deutschland diverse, wichtige Stützpunkte des US-Militärs.
Manche nennen das Imperialismus, andere Pragmatismus – alle haben
Recht.
Die USA stürzen, putschen,
infiltrieren, schmieren, geheimagieren, sonderkommandieren, bomben
und dronen wo, wann und wie sie wollen und die Welt, auch die UNO,
muss „schmähstad (dt: sprachlos, in Ermangelung an Argumenten)“
zusehen. Warum sollte das mächtigste Militär der Welt nicht auch
die deutsche Kanzlerin abhören (Ich muss gestehen, ich würde auch
gerne manchmal wissen, was diese Frau laut am Telefon denkt.)? Und
warum sollten wir glauben, sie hätte sich ihre Überwachung nicht
denken können?
Wer zu viel weiß, kann nicht
schlafen
Antwort: Ablenkung! Sprechen Sie das dreimal um
Mitternacht zu Halloween in den Spiegel und es wird ein besonderes
Schreckensgespenst erscheinen: Sie selbst – Der mündige Bürger,
die mündige Bürgerin, der/die mittlerweile die Ohren und Augen voll
von all den globalen Schwierigkeiten hat, die uns die neuen
Informationsmedien non-stop eröffnen. An den USA gäbe es vieles zu
kritisieren. In meisten Fällen aber müsste man dabei auch den
Global-Player EU mitverantwortlich machen. Das dürfen wir nicht
vergessen. Das will man uns vergessen machen.
In einem
Interview sagt Ilija Trojanow, Deutschland hätte die verfassungsmäßige
Verpflichtung, seine Bürger_innen vor dem Angriff auf ihre
Privatsphere zu schützen. Recht hat er. Ich gebe aber zu bedenken,
dass jeder Staat, der diese Pflicht ernst nimmt, seine Bürger_innen
vor Gefahren zu bewahren, sogleich Brasilien militärisch besetzen
müsste (beispielsweise – nicht ausschließlich), um den für alle
Erdlinge lebenswichtigen Regenwald zu hüten, dessen Flächen gerodet
werden, um Massentierhaltung und Monokulturen Platz zu machen, damit
wir – in den USA und Europa – uns die Ateriosklerose anfressen
und den Lungenkrebs anrauchen können.
Wir wollen lieber schlafen
Wer also ein Problem mit der NSA
hat, der sollte noch viel mehr Probleme mit den anderen Schweinereien
haben, die durch die Machtbesessenheit in aller Welt verursacht
werden. Dies aber wären Probleme, über die wir zu gut bescheid
wissen (könnten). Wir belegen die öffentliche Debatte jedoch lieber mit
Dingen wie der NSA-Enthüllung, über die wir bei aller Enthüllung kaum Belegbares
erfahren (können). Die ganze Geschichte mag für uns von einem unterhaltsamen Hauch Mystik und
Empörungspotenzial umgeben sein.
Doch viel könnten wir, bei bisheriger Kenntnislage, nicht gegen den technologisch besten Geheimdienst unternehmen, ohne die eigenen Geheimdienste zu gefährden. Es brächte auch keinen Vorteil, wenn wir einseitig diese Quellen unserer Scheinheiligkeit abschaffen würden. Und viel Nützliches lernt das international
anwachsende Heer der Arbeitslosen und Perspektivenlosen, der
Working-Poor und Working-To-Much, der an Umweltgiften gegenwärtig und in Zukunft Leidenden und
Sterbenden, der zu Tode Gedealten und Finanzverzockten durch diese Story auch nicht - Bleiben dennoch damit beschäftigt. Im Geheimen werden die
Merkel und andere Machtmenschen dem Obama und der NSA dafür die Füße
küssen.