Dienstag, 17. September 2013

Wahlzuckerl 2013: Altes Zeug neu verpackt


Die Geschmacksrichtungen: Steuern, Jobs und Bildung 

Die Themen des aktuellen Wahlkampfs um das Recht Österreich, Österarm und die in diesen beiden Österländern enthaltenen Östereier zu regieren, lässt sich wie folgend zusammenfassen: Im Östen nix Neues. Kurz vor der Wahl werden Zuckerl an die diabetiserkrankte Bevölkerung, die man über Jahre zuvor auf Diät setzte... nicht verteilt. Vielmehr werden sie an Angelschnüre gehakt, um sie vor den Nase der Wähler_innen tanzen zu lassen. Auf dem Zuckerlpapier steht geschrieben: Dies ist kein Wahlzuckerl! 

Was nicht darauf steht, ist der nicht unwesentliche Warnhinweis, dass die Zuckerlfee nicht garantieren könne, dass gegebene Versprechen in der nächsten Legilsaturperiode auch eingehalten werden könnten (und natürlich nennt man diese Versprechen nicht Versprechen, denn sonst wären es ja Wahlzuckerl). Sowas sollte die EU einmal einführen. Denn einerseits kann die Wahl für die jeweilige Zuckerl-Partei schlecht ausgehen. Andererseits schaffte es die aktuelle Doppelregierung bisher nicht, ihre alten Ansagen (auf neuen Plakaten) umzusetzen. Warum sollte es ihr nach der Wahl gelingen? Ach ja! Weil nach der Wahl die Welt ganz anders aussehen wird.


Einkommenssteuerversenkung


Der älteste Wahlkampfschmäh der Menschheitsgeschichte wird von allen Parteien gewollt, aber von keiner wird erklärt, wie er zu verwirklichen wäre. Zuerst wird einem Jahrelang eingeredet, der Staat müsse sparen. Die Gürtel werden so eng geschnallt, dass sie nur noch als Schlinge für den Hals taugen. Der Sozialstaat wird gestutzt, Gebühren erhöht, gleichzeitig eine verottete Bank samt Schulden gekauft. Und dann plötzlich sollen alle, die noch einen Job haben, die es also noch können, bitte sehr etwas weniger Steuern zahlen.Mir wäre lieber, man würde mehr Geld für die wirklich Bedürftigen ausgeben und Armutsfallen entschärfen. Natürlich würde es auch mich freuen, wenn von meinem Bisserl auf dem Lohnzettel ein Bisserl mehr auf meinem Konto ankäme. Aber ich weiß, dass ich am Ende trotzdem draufzahlen würde.


Einerseits ist vorauszusehen, dass die nächste Regierung – aufgrund der staatlichen Budget und Schuldendauerkrise – den Eingangssteuersatz wenigstens schrittweise wieder anheben müsste. Bliebe dieser aber bei angestrebten 20-25 Prozent, so müssten andere Steuern und/oder Gebühren angehoben werden. Letztere Maßnahme wird ohenhin bevorzugt, weil sie sich wesentlich verschwiegener durchführen lässt. Auch kann man neue Belastungen auf mehrere, kleinere Gruppen (wie Menschen mit Behinderung, Immigrant_innen, Randberufsgruppen) verteilen, die sich schlechter wehren können, als die Gesamtheit aller Arbeitnehmer_innen. Und wen würde es ingesamt am stärksten treffen? Na, wen? Richtig: Die Haushalte mit den geringeren Einkommen wieder einmal. Dieses Wahlzuckerl ist ein verstecktes Abführmittel. 

Arbeitsplätze um jeden Preis?


Man braucht dieser Tage nur „Arbeitsplätze!“ ausrufen, schon erhält man einen gewissen Grad an Aufmerksamkeit. Während unsere Gesellschaft am materiellen Überfluss erkrankt, mangelt es ihr an Arbeitsstellen. Und dieser Mangel wird nicht nur so bleiben, er wird mit technologischem Fortschritt und dem Aufstreben der modernen Leibeigenschaft in den „cheap states“ das Einzige sein, das konstante Hochkonjunktur hat. An diesen globalen Bedingungen wird auch die nächste Regierung nichts ändern (können?), egal, welche Parteien sie bilden werden. Auch teure Geschenke an die heimische Wirtschaft nützen nichts und sei hier erneut erklärt: Korruptheit ist keine Wirtschaftskompetenz.



Der Begriff „Realpolitik“ ist zwar ein lebensgefährlicher, weil er von den Masters of War so gerne missbraucht wird. Aber ein Bisserl Realität in der Politik wäre auch im Wahlkampf erlaubt. Ansonsten bleibt dieses Wahlzuckerl ein leeres Papierl.


Mehr Gesamtregierung = Mehr Schule ≠ Weniger Bildungsreform

Nichts ist gegen die Gesamtschule einzuwenden, allerdings sollte man sie ganz oder gar nicht machen. Ansonsten weiß ich nicht, was dieses zweifarbige Wahlzuckerl sein soll; es schmeckt jedenfalls schon ein wenig ranzig und geschmacksverwirrend
Der eine Kanzler wirbt mit Gesamtschule, der andere mit ihrer Verhinderung; und das, obwohl beide schon einen gemeinsamen (halb-freiwilligen) Modellversuch starten ließen. Zugleich verliert man leicht den Überblick darüber, wer in Sachen Bildungspolitik das Sagen hat: Die Parteiführung, das Ministerium, die Lehrer_innengewerkschaft, die Elternvereine, der Herrenchor der Schulwarte Österreichs? 
Warum durfte ich nicht die Vertreter_innen jeder dieser Mitregierungen wählen, schließlich wollen sie alle meinem Kind die Zukunft diktieren? Und warum sollte die Bildungs-Frage meine Wahl überhaupt beeinflussen, wenn nicht sicher ist, was nach ihr aus dem bestehenden Experiment und wer darüber entscheiden wird? 

Die Ideen zur neuen Mittelschule wären bemerkenswert. Wer wünscht sich nicht individuelle Förderung für alle Kinder (außer die ÖVP, faule Lehrer_innen und jene Eltern, die sich das nur für ihre eigenen Kinder wünschen – zwecks späterem Wettbewerbsvorteil – also alle, die im alten Schulsystem richtig gut geraten sind). Aber die Ausführung stammt leider aus dem Lehrbuch österreichischer Kompromisspolitik. 
Damit wird den engagierten Lehrer_innen der Job verkompliziert und die Kinderschrecken verbleiben dennoch in den Klassenzimmern. Will man die Selektion der Heranwachsenden, aus den Schulklassen in die Gesellschaftsklassen, hinauszögern, könnte man sich generell Gedanken machen über... Aber ich glaube, das würde zu weit führen. 

Ich schreibe nur (noch): Humanistische Bildung für alle! Denn Kinder sind unsere Zukunft. Damit wirbt rührselig mittlerweile jeder Supermarkt. Und eines Tages werden unsere Kinder Wahlkämpfe führen und Wahlzuckerl konsumieren. Vergesst das bloß nicht! Wir älteren Kinder müssen dann womöglich auch noch schlucken.

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