Samstag, 22. Juni 2013

Das Dönmezsche und die Grünen

Nun ist (österreichischer Bundesabgeordneter) Efgani Dönmez also rehabilitiert. Er distanziert sich von seiner emotional irritierten (und irritierenden) Aussage, in Wien demonstrierende Erdogan-Anhänger per One-Way-Ticket in die Türkei (zurück) zu schicken, weil diese durch ihre Meinungsäußerung für den autoritären Ministerpräsident auslandswerben und damit gegen alle gegen diesen Protestierenden.

An Unvorsichtigkeit, um nicht zu sagen Dummheit, wird Dönmez dabei jedoch weitgehend von der Presse übertrumpft. Sogar die selbsterklärte, narzistische Elitenzeitung Salzburger Nachrichten kolportiert den Begriff "Türken-Sager". Von Solidaritätskundgebungen für die Protestierenden in der Türkei hört und liest man zugleich nichts mehr.

Nun die grüne Partei protestierte zuletzt stark gegen ihr eigenes Mitglied. Dieser gab nach. Ich weiß allerdings nicht in welcher Form und mit welcher Erklärung, außer, dass ihn die Ereignisse in seinem Geburtsland emotional berührten, er sich von seiner recht unrepublikanischen Aussage distanzierte; ich meine intellektuell: Wie oder hat er überhaupt seine Ansicht geändert?

Und wie sehr schadet sein Verbleib den Grünen? Das ist nicht nur eine inhaltliche Frage, sondern – selten aber doch – auch eine Frage des Stils. Reine Populist_innen-Parteien gibt es gerade in der Opposition genug, um nicht zu sagen, es gibt dort ausschließlich solche... mit Ausnahme der Grünen zumeist, weshalb der donmezsche Style dessen "Haltung" ein zusätliches Moment an starker Farbverschiebung verleiht.

Mit "Haltung" meine ich: Man weiß nicht, was jemand wirklich denkt, wenn er (oder auch sie), nicht nur einmal, hitzige Aussagen trifft, die er (/sie) später wieder zurückziehen muss.

Dienstag, 18. Juni 2013

Scheideweg

Die Dämonen besuchten mich - Erneut und am Eingang zum tieferen Schlaf - Der Kampf endete mit Langeweile – Und es kann hier keine Sieger geben – Bei all der Angst

Die Menschenwelt aufbricht – Ihr vereinter Geist tritt nun hevor – Mit einer Verneigung – Vor der edelsten Dame Philosophie – Einen Darmwind befreit irgendjemand dabei

Über Religion lässt sich schlecht streiten – Über Weisheit geht es gut – Darum will das Mensch umkehren – Den Glauben und das Wissen – Seine Unmöglichkeit zu überwinden – Urgrund seiner Natur

Und sie wirkt noch – Die Natur durch künstliche Gesetze – Warum sie bestreiten – In dir und mit dir – Sie bleibt zum Ergänzen da – Lässt anders sich nicht zu

Die Menschenwelt aufbricht – Die Medienwelt schreitet empor – Mit papiernen Kleidern im Sturmregen – Viele Stimmen zu einer Kopzeile verengt – Sektgläser für die Eitlen beider Welten

Hier also seh ich den Scheideweg – Vor meinem Leben – Vor der Menschenwelt liegt er – Vor Denker_innen und Ignorant_innen – Vor Köpfen und vor Füßen – Vorm Berg unsrer Vergangenheit

Die Einen wollen – Die Andren können nicht – Und was wird den Weg nun entscheiden – Der Wille der Ohnmächtigen – Der Traum der Weisen

Kampf den Dämonen – Furcht – Frieden – In Langeweile selbst

Montag, 17. Juni 2013

Zum Syrienkrieg: 3 Notwendigkeiten

Folgendes ist meiner Meinung nach von den unparteiischen Staaten, die dazu in der Lage sind, im Falle des syrischen Bürgerkrieges, zunächst – das heißt noch vor den Überlegungen zur Ermöglichung von Friedensverhandlungen – zu unternehmen:

1. Unterstützung der Flüchtlinge

Da im Falle eines Krieges jene Bewohner_innen oder Staatsangehörige das verheerte (Staats-)Gebiet verlassen, die zur Kriegsführung nicht in der Lage oder gewillt sind, bilden diese Flüchtlinge die besten Befürworter_innen und geeignetsten Träger_innen eines zukünftigen Friedens in dem betroffenen Land, dem betroffenen Staat, vorausgesetzt, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt, nach Beendigung der Kriegshandlungen, in der Lage oder gewillt sind, dorthin zurück zu kehren. Diese Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen den Krieg (gleichgültig ob dieser von Mitgliedern des eigenen Volkes oder jenen fremder Völker angetrieben wird) meiden, sind die naheliegendsten Vertreter_innen einer Zivilgesellschaft, ohne die ein solcher Frieden (ausgenommen eine absolute, negative Befriedung, die nur durch Ausrottung aller im Kriegsgebiet lebenden Menschen und nachhaltige Verunmöglichung erneuter Besiedelungen erreichbar ist) unmöglich ist, da auf eine solche „zivile“ Bevölkerung Staaten und ihre Verfassungen gründen, die allein geeignete Mittel sind (und zumal dies das ureigenste Interesse solcher Gesellschaften ist), weitere Kriege – also die gewaltsame Aufhebung der zivilen (eigentlich zivilisierten) Ordnung und ihrer Gesetze, sowie die Missachtung allgemeiner Menschenrechte – zu verhindern.

Darum muss besonderer Schutz und ausreichende Verpflegung – im Falle länger anhaltender Fluchtzustände auch Ausbildung und Erwerbsmöglichkeiten – den Flüchtlingen zugebracht werden. Auch muss die Ausreise der noch im kriegsverheerten Gebiet, aufgrund welcher Zwänge auch immer, zurück gebliebenen Menschen ermöglicht oder unterstützt werden. Auf diese Weise hilft man den dem Elend des Krieges und der Niedertracht der Kriegs(be)treiber ausgesetzten Völkern und Staaten in der bestvorstellbaren.

Aufgrund der speziellen Situation der Flüchtlinge dieses Syrienkrieges müssen zügigst jene Staaten und Hilfsorganisationen finanziell und materiell besser unterstützt werden, die die akuten Flüchtlingsmassen derzeit (vielfach nur notdürftig) versorgen.

2. Unterbindung und Verbot des Waffenimports/Handels

Es sollte sich von selbst verstehen, dass damit, in diesem Fall, Waffenlieferungen sowohl an das so genannte „Assad-Regime“, als auch an die Rebellengruppen verhindert werden müssen. Von manchen Staatsvertreter_innen – nicht zufällig jener, die über die größten Waffenindustrien verfügen – oder Kommentator_innen mögen diese Lieferungen, an die eine oder andere Konfliktpartei, mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass man dadurch einen Ausgleich im Kräfteverhältnis der sich Bekriegenden schaffen würde. Das mag sein; aber zunächst ermöglicht dies eine Weiterführung der Kämpfe, eine Festigung des Kriegszustandes (und damit des potenziellen Waffenhandels). Außerdem führt jede Waffenlieferung an eine Seite, also Stärkung der selben, dazu, dass ihre Gegner davon um so gedrängter ihrerseits nach Wegen suchen, sich zu stärken, an neue Waffen zu gelangen. Je mehr und je mächtigere Waffen in einem Kriegsgebiet sich befinden, zudem in Händen von Menschen, die die zivile Ordnung und ihre Gesetze abgeschafft haben (diese existieren im Kriegszustande nur noch zum Schein), umso höher wird das Schadenspotenzial des Krieges; und es erhöht sich dadurch auch für die benachbarten Regionen. (Man kann Feuer nur dann mit Feuer bekämpfen, wenn das kontrolliert eingesetzte sich vom auszulöschenden entfernt.)

Im Fall des Syrienkonfliktes sind Waffenlieferungen an beide Konfliktseiten unzulässig. Bei den Rebellen handelt es sich nicht um eine homogene Gruppe, sondern um eine Vielzahl diverser Kampfverbände, die unterschiedliche Endziele verfolgen und sich weder unter einer Führung, schon gar nicht unter gemeinsamen Gesetzten oder einer einigendenden Verfassung formieren. Keinem Rechtsstaat kann es daher möglich sein (es sei denn, er verleugnet sich selbst), in sinnvolle Verhandlungen (über eine martiale Unterstützung) mit ihnen zu treten. Keinem mit Waffen handelnden Privatunternehmen darf es gestattet werden, seine Kriegsgeräte in das gesetzlose Chaos zu senden, das diese schwer überschaubaren Rebellengruppierungen gemeinsam bilden.

Dem Regime Assads aber eine solche Unterstützung zukommen zu lassen, selbst wenn dieser teils immer noch (und unverständlicherweise) als legitimer Staatschef Syriens vom Ausland anerkannt wird, verbietet die (paradoxerweise ebenso vom Ausland anerkannte) Erkenntnis, dass er selbst oder wenigstens Führungspersönlichkeiten seines Regimes für die Eskalation der Gewalt und damit für den Ausbruch des Krieges verantwortlich sind.

Abgesehen davon muss man fragen: Wie demokratisch und rechtsstaatlich organisierte Staaten, wie die USA, Großbritannien oder Frankreich – die sogar schriftlich angeben sich zu den Menschenrechten zu bekennen – sich selbst erlauben können, eine fremde Regierung mit Waffen zu versorgen, die erwiesen ihren eigenen moralischen Grundsätzen und sogar ihrem politischen System widerspricht.

So spricht der russische
Diktator Putin zwar formal richtig von der syrischen Regierung als einer anerkannten, der er daher ohne Verletzungsgefahr gewisser Völkerrechte und Abkommen Waffen zuschieben dürfe. Da diese internationalen Rechte und Verträge allerdings zum Schutze der Souveränität und Sicherheit der zugehörigen Staaten untereinander dienen (sollten), verletzt eine Waffenlieferung ihre Absicht jedenfalls; so wie man beispielsweise nicht die Verfassung schützen kann, indem man sie partiell aufhebt, wie dies in den USA geschieht. Was von Putin ebenfalls zurecht kritisiert wird, allerdings nichts daran ändert, dass er selbst Oberhaupt eines schlechten Regierungssystems ist, während die kritisierten USA ein besseres System, indessen aber schlechte Regierende haben. Der syrische Regimechef Assad jedoch führt nicht nur ein schlechtes System an, er führt es zudem schlecht.

Letztlich – und das ist der Kern eines weiteren Problems, an das uns der syrische Bürgerkrieg wieder einmal erinnert – kann man keine sinnhaften Abkommen und Verträge unter Staaten schaffen, die jeweils auf völlig unterschiedliche Staatsverfassungen gründen und nur dem Äußeren nach notwendige Gemeinsamkeiten aufweisen (so nennen sich die meisten Tyrannen – nach britischem Vorbild – „Premierminister“ und tragen Krawatte zu ihrem Anzug. Dennoch werden die einen legitim aus dem Volke gewählt, während sich die anderen an die Macht putschten oder von einer Oligarchie aufgestellt werden). Unter anderem aus diesem Grund bildet die UNO, mit ihrem chaotischen Haufen an Mitgliedern, auch keine kompetente Instanz für Konfliktlösungen dieser Art.

Ich schließe also, dass man weder dem Assad-Regime noch den Rebellengruppen Waffen anvertrauen darf, wenn man im Namen des Humanismus, dem sich die aufgeklärten Demokratien zu verschreiben meinen, Frieden in der Region stiften will. Die einzige Alternative, die Streiparteien gewissermaßen auseinander zu halten, ohne diese dabei in ihren kriegerischen Mitteln zu stärken, wäre ein militärischer Einsatz ausländischer, unparteiischer Truppen, die sich nach Erfüllung ihres Auftrages (nämlich dem Schutze der Zivilbevölkerung) wieder zurückziehen und ihre Waffen, die sie während des Einsatzes auch keiner anderen Kriegspartei aushändigen dürften, dabei wieder mitnehmen.

3. Unterstützung der benachbarten Regionen und Staaten bei der Eindämmung des Krieges

Es ist sicherlich unumgänglich dafür zu sorgen, dass benachbarte Regionen nicht in das Kriegstreiben hineingezogen werden. Neben der Versorgung der dort ankommenden Flüchtlinge müssen diese Staaten also dabei unterstützt werden, ihre Grenzen gegen übertretende Kriegsbeteiligte zu sichern; um zu verhindern, dass einzelne Mitglieder dieser unbeteiligten Staaten sich einer kriegsführenden Seite anschließen oder diese militärisch unterstützen; um den Waffenschmuggel (neben dem Waffenhandel) ins Kriegsgebiet zu verhindern. Die Kriegsparteien müssen von allen Mitteln abgeschnitten werden, mit denen sie in der Lage sind, den Krieg weiterzuführen (was nicht selten dadurch geschieht, indem eine in Mittelknappheit geratene Kriegspartei versucht, das von ihr kontrollierte (und damit alsbald kriegsverseuchte) Gebiet auszuweiten, wo sie hofft sich Ressourcen aneignen zu können.

Dienstag, 11. Juni 2013

Hohes Wasser, beengte Flüsse

Mehr Wasser

Wenn dieser Tage jemand übers Wetter schimpft, dann ausnahmsweise berechtigt; und wenn ältere Generationen behaupten, sie hätten so ein Sauwetter noch nie erlebt, haben sie ebenfalls Recht. Das Gefühl wird bereits bei kurzem Überblicken der Statistik bestätigt: Die erste Hälfte dieses Jahres war bereits die verregnetste seit Aufzeichnung dieser Mengen.

Davor wurde der Rekord beim Hochwasser 2009 gebrochen. Und abgesehen vom so genannten Jahrhunderthochwasser (ein wenig dreist, dies schon zu Beginn des selbigen so zu nennen, doch die Statistik kennt bekanntlich keine Furcht vor Irrtümern) 2003 und dem Alpenhochwasser 2005 (und wie vielen Muren und Hochwasseralarmierungen dazwischen?), wird man den Eindruck nicht los, dass sich die Niederschlagsmenge in den letzten Jahren gerne auf einen engeren Zeitraum fokusiert, um danach einer Elendshitze zu weichen, die auch kein Ende zu nehmen scheint.

Gegen das Wetter kann man im Augenblick nichts tun. Wie aber sieht es mit den Flusssystemen, vor allem jenen mittlerweile regelmäßig betroffenen Mitteleuropas, aus? Wäre es nicht gerade ein Anliegen im Geiste des vereinigten Europas, die Gefahren dieser Länder verbindenden Ströme gemeinsam in den Griff zu bekommen, so zwingt uns die Not unbedingt zur Zusammenarbeit.

Ich bin kein Experte...

Doch auch ich kann mir zusammendenken, was passiert, wenn flussabwärts Entastungseinrichtungen, beispielsweise an der Donau vor Wien, gebaut werden, keine solcherartigen Maßnahmen jedoch flussaufwärts bzw. für die Zuflüsse umgesetzt werden. Hierbei tragen stromaufwärts liegende Gemeinden und Staaten Mitverantwortung für den Hochwasserschutz der stromabwärts liegenden. Diese Verantwortung lässt sich vielleicht juristisch vermeiden, aber nicht in Wahrheit.

Es dürfte auch logisch sein, dass bloße Hochwasserschutzanlagen in Form von mobilen Mauern, die am Ufer aufgebaut werden, auf Dauer nur eine unzureichende Maßnahme zur Symptombekämpfung sind. Gerade wenn mehr Wasser durch die engen Flussbetten fließen, werden Siedlungen, die zuletzt gerade noch sicher hinter ihren Mauern waren – eine Frage von wenigen Zentimetern – beim nächsten Mal vielleicht weniger Glück haben. Denn, so tragisch diese Katastrophen auch sind, tritt der Fluss stromaufwärts über die Ufer, werden flussabwärts liegenden Ortschaften entslastet. Kann er dies aufgrund von neu errichteten Dämmen und „mobilem Hochwasserschutz“ nicht mehr, wird das Wasser sich neue Wege suchen.

(Über)Regulierung

Ein immer wieder diskutiertes Problem ist die (Über)Regulierung natürlicher Flusssysteme. Der Wasserbau ist in Europa zwar schon Jahrtausende alt, aber gerade die Begradigung von Flüssen hatte in den letzten Jahrhunderten stetig zugenommen, teilweise auch, um Bauland zu gewinnen. Während der mittelalterliche Mensch vielerorts respektvollen Abstand zu den großen Strömen und ihren unberechenbar veränderlichen Bahnen einhielt, begann der neuzeitliche Europäer zunehmend dem Fluss an den Leib zu rücken.

Der natürliche Hochwasserschutz, den der mäandernde Strom selbst mitbrachte, vorgab und – dereinst sogar als Gottheit verehrt – zur Wahrung gebot, verlor sich zunehmend. Die Flüsse und Zuflüsse wurden enger, die Hochwasser, so hat es den Anschein, häufiger. Nun kann ich im Augenblick diesen Anschein nicht untermauern, weiß nicht, ob die frühesten Aufzeichnungen diverser Hochwasserkatastrophen mit gewissen Flussbaumaßnahmen in diesen Regionen zusammenfallen.

Fazit:

Aber klar ist: Je mehr Füße auf einen Gartenschlauch steigen, um so höher ist die Chance, dass dieser an irgendeiner Stelle platzt – zumal sich die Wassermenge in ihm erhöht. Wasser lässt sich nicht komprimieren. Der einzige wirkliche Schutz vor zukünftigen Hochwasser – die uns jedenfalls drohen – ist die gemeinschaftlich europäische Entscheidung, unsere Flüsse wieder atmen zu lassen und wo das nicht (mehr) möglich ist, andere Entlasstungsmöglichkeiten zu finden; nicht nur kurz vor Wien oder Budapest, sondern an sämtlichen Strömen dieses Netzwerks. Diese Problematik in den Griff zu bekommen, bedeutet möglicherweise, den Griff zu lockern.

Samstag, 1. Juni 2013

Zum Gewährleistungsrecht bei Erwachsenenschmähs und Kinderträumen

Liebe Kinder und alle, die einmal Kinder waren, es immer noch sind oder es noch werden möchten (von wem auch immer)!

Lange ist die Liste an Lügen und Realitätsvorenthaltungen, die man euch vorsetzte, seit ihr in der Lage seid, diese wahrzunehmen – wenn nicht schon früher. Freilich wurde eure Fähigkeit, die Gültigkeit der Behauptungen so genannter Erwachsener zu überprüfen, ihre lautstark am Frühstückstich, im Kindergarten, in der Schule proklamierten Theorien zu verifizieren, nie in einer gerechten Weise berücksichtigt. Die Mangelhaftigkeit dieser Fähigkeit wurde vielmehr dazu benützt, euch zu manipulieren, euch den Willen der Erziehungsberechtigten zu anzudrehen.

Die nützliche und wohlwollende Funktionalität unserer Zivilisation, mit all ihren moralisch einwandfreien, selbstlosen MitarbeiterInnen und ihren unbedenklichen, sauberen Maschinen, ihren sinnvollen Strukturen und opferfreudigen Ressourcen, all der heitere Ablauf dessen, was als normal und daher gut zu gelten hätte, wurde euch in unzähligen, verführerisch gestalteten Sachbüchern als Wahrheit verkauft.

Der Religionsunterricht sprach von der Liebe Gottes und der Liebe zwischen allen Menschen, die so wichtig wäre. Disziplin, Fleiß und Ehrlichkeit wären ein hohes Gut. Wer nicht brav lerne und bei Prüfungen schummelte, hätte in Zukunft ein verschissenes Leben zu erwarten. Doch gerade das weitere Leben zeigt euch: Alles Lüge!


Die Menschen handeln eigennützig, lügen und betrügen – so legal sie nur können; wenn aber illegal, ist auch nicht viel dabei, denn für VerbrecherInnen gibt es immer genug Ersatz. Bei jedem Schritt und Tritt will man Anderen Dinge andrehen, die er/sie/es nicht braucht. Lehnt er/sie/es ab, so lauern die Abzocker an anderer Stelle, am liebsten zwischen den Zeilen irgendwelcher Paragrafen und Absätze, auf gut versteckten Seiten, in möglichst schwer leserlicher Schrift und einer Sprachlichkeit, die nur jene verstehen, die aus den Kreisen ihrer SchöpferInnen rekrutiert werden.

Die Umwelt wird verschmutzt, die großartigen Wundermaschinen der Moderne produzieren zu viel Zeug, das kein Mensch nutzen kann und deshalb auf den anwachsenden Müllbergen landet. Die LenkerInnen unserer wohlwollend gestalteten Zivilisation sind inkompetent oder korrupt oder beides oder haben letztlich weder Macht noch Mut, die sie bräuchten, um die Situation ihres Verantwortungsbereiches zu verbessern; auch deshalb, weil sich von uns keiner mehr dafür interessiert.

Man resigniert, heiratet, bekommt dann – oder auch schon früher – eineinhalb bis drei Kinder; und weil man nicht die Verantwortung für das verschleiern möchte, was man ihnen hinterlässt, sie im zarten Alter nicht mit der Realität konfrontieren will und auch gerne hätte, dass sie alsbald einschlafen, damit man endlich in Ruhe und auf ein Neues versuchen kann, seinen Frust wegzusaufen, erzählt man den Unwissenden einen Haufen Unwahrheiten.

Wir aber können uns wehren! Wenn in seltenen Fällen des Erwachsenenlebens jene bestraft werden können, die die Unwissenheit Anderer zu deren Nachteil ausnützen oder ihnen unter Vorgaukelung falscher Tatsachen Schrott verkaufen, dann sollte dies auch uns Kindern gelingen.

Warum nicht all die Behauptungen der Erwachsenen, von damals wie von heute, als verbindliche Vertäge betrachten, zu deren Erfüllung sie sich uns gegenüber verpflichteten bzw. verpflichten. Her mit der grünen, schönen Welt; her mit den gerechten Menschen, die uns freundlich und wohlgesonnen sind; her mit der angeblichen Vernunft erwachsener Menschen! Weg mit all dem Gift (in Umwelt und Menschenkörpern); weg mit all der Ungerechtigkeit!

Freilich kann es keine fliegende Giraffe geben – jedenfalls nicht ohne Drogen (wir müssen abwarten, was die Gentechnologie noch bringen wird) – aber die Erwachsenen müssen, angelehnt an das Gewährleistungsrecht, für einen adäquaten Ersatz all jener die Dinge sorgen, die ihre hübschen Sachkinderbüchlein vorgaukeln. Die selben bunten Bücher lassen sich zudem als Beweismaterial benützen, das Schwarz auf Weiß oder Bunt auf Bunt jedem Gericht vorgelegt werden kann, falls die Erwachsenen nicht spuren und diese Welt zu einem besseren Ort machen – zu einem Ort, um den wir uns betrogen fühlen, sogar betrogen wissen.


In Freundschaft,

Euer Schauer