Folgendes ist meiner Meinung nach von den
unparteiischen Staaten, die dazu in der Lage sind, im Falle des syrischen Bürgerkrieges, zunächst – das
heißt noch vor den Überlegungen zur Ermöglichung von
Friedensverhandlungen – zu unternehmen:
1.
Unterstützung der Flüchtlinge
Da
im Falle eines Krieges jene Bewohner_innen oder Staatsangehörige das
verheerte (Staats-)Gebiet verlassen, die zur Kriegsführung nicht in
der Lage oder gewillt sind, bilden diese Flüchtlinge die besten
Befürworter_innen und geeignetsten Träger_innen eines zukünftigen
Friedens in dem betroffenen Land, dem betroffenen Staat,
vorausgesetzt, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt, nach Beendigung
der Kriegshandlungen, in der Lage oder gewillt sind, dorthin zurück
zu kehren. Diese Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen den
Krieg (gleichgültig ob dieser von Mitgliedern des eigenen Volkes
oder jenen fremder Völker angetrieben wird) meiden, sind die
naheliegendsten Vertreter_innen einer Zivilgesellschaft, ohne die ein
solcher Frieden (ausgenommen eine absolute, negative Befriedung,
die nur durch Ausrottung aller im Kriegsgebiet lebenden Menschen und
nachhaltige Verunmöglichung erneuter Besiedelungen erreichbar ist)
unmöglich ist, da auf eine solche „zivile“ Bevölkerung Staaten
und ihre Verfassungen gründen, die allein geeignete Mittel sind (und
zumal dies das ureigenste Interesse solcher Gesellschaften ist),
weitere Kriege – also die gewaltsame Aufhebung der zivilen
(eigentlich zivilisierten) Ordnung und ihrer Gesetze, sowie die
Missachtung allgemeiner
Menschenrechte – zu
verhindern.
Darum
muss besonderer Schutz und ausreichende Verpflegung – im Falle
länger anhaltender Fluchtzustände auch Ausbildung und
Erwerbsmöglichkeiten – den Flüchtlingen zugebracht werden. Auch
muss die Ausreise der noch im kriegsverheerten Gebiet, aufgrund
welcher Zwänge auch immer, zurück gebliebenen Menschen ermöglicht
oder unterstützt werden. Auf diese Weise hilft man den dem Elend des
Krieges und der Niedertracht der Kriegs(be)treiber ausgesetzten
Völkern und Staaten in der bestvorstellbaren.
Aufgrund der
speziellen Situation der Flüchtlinge dieses Syrienkrieges müssen
zügigst jene Staaten und Hilfsorganisationen finanziell und
materiell besser unterstützt werden, die die akuten
Flüchtlingsmassen derzeit (vielfach nur notdürftig) versorgen.
2. Unterbindung und Verbot des
Waffenimports/Handels
Es
sollte sich von selbst verstehen, dass damit, in diesem Fall,
Waffenlieferungen sowohl an das so genannte „Assad-Regime“,
als auch an die Rebellengruppen verhindert werden müssen. Von
manchen Staatsvertreter_innen – nicht zufällig jener, die über
die größten Waffenindustrien verfügen – oder Kommentator_innen
mögen diese Lieferungen, an die eine oder andere Konfliktpartei, mit
dem Argument gerechtfertigt werden, dass man dadurch einen Ausgleich
im Kräfteverhältnis der sich Bekriegenden schaffen würde. Das mag
sein; aber zunächst ermöglicht dies eine Weiterführung der Kämpfe,
eine Festigung des Kriegszustandes (und damit des potenziellen
Waffenhandels). Außerdem führt jede Waffenlieferung an eine Seite,
also Stärkung der selben, dazu, dass ihre Gegner davon um so
gedrängter ihrerseits nach Wegen suchen, sich zu stärken, an neue
Waffen zu gelangen. Je mehr und je mächtigere Waffen in einem
Kriegsgebiet sich befinden, zudem in Händen von Menschen, die die
zivile Ordnung und ihre Gesetze abgeschafft haben (diese existieren
im Kriegszustande nur noch zum Schein), umso höher wird das
Schadenspotenzial des Krieges; und es erhöht sich dadurch auch für
die benachbarten Regionen. (Man kann Feuer nur dann mit Feuer
bekämpfen, wenn das kontrolliert eingesetzte sich vom
auszulöschenden entfernt.)
Im Fall des Syrienkonfliktes sind
Waffenlieferungen an beide Konfliktseiten unzulässig. Bei den
Rebellen handelt es sich nicht um eine homogene Gruppe, sondern um
eine Vielzahl diverser Kampfverbände, die unterschiedliche Endziele
verfolgen und sich weder unter einer Führung, schon gar nicht unter
gemeinsamen Gesetzten oder einer einigendenden Verfassung formieren.
Keinem Rechtsstaat kann es daher möglich sein (es sei denn, er
verleugnet sich selbst), in sinnvolle Verhandlungen (über eine
martiale Unterstützung) mit ihnen zu treten. Keinem mit Waffen
handelnden Privatunternehmen darf es gestattet werden, seine
Kriegsgeräte in das gesetzlose Chaos zu senden, das diese schwer
überschaubaren Rebellengruppierungen gemeinsam bilden.
Dem
Regime Assads aber eine solche Unterstützung zukommen zu lassen,
selbst wenn dieser teils immer noch (und unverständlicherweise) als
legitimer Staatschef Syriens vom Ausland anerkannt wird,
verbietet die (paradoxerweise ebenso vom Ausland anerkannte)
Erkenntnis, dass er selbst oder wenigstens Führungspersönlichkeiten
seines Regimes für die Eskalation der Gewalt und damit für den
Ausbruch des Krieges verantwortlich sind.
Abgesehen davon muss
man fragen: Wie demokratisch und rechtsstaatlich organisierte
Staaten, wie die USA, Großbritannien oder Frankreich – die sogar
schriftlich angeben sich zu den Menschenrechten zu bekennen – sich
selbst erlauben können, eine fremde Regierung mit Waffen zu
versorgen, die erwiesen ihren eigenen moralischen Grundsätzen und
sogar ihrem politischen System widerspricht.
So
spricht der russische Diktator
Putin zwar formal
richtig von der syrischen Regierung als einer anerkannten, der er
daher ohne Verletzungsgefahr gewisser Völkerrechte und Abkommen
Waffen zuschieben dürfe. Da diese internationalen Rechte und
Verträge allerdings zum Schutze der Souveränität und Sicherheit
der zugehörigen Staaten untereinander dienen (sollten), verletzt
eine Waffenlieferung ihre Absicht jedenfalls; so wie man
beispielsweise nicht die Verfassung schützen kann, indem man sie
partiell aufhebt, wie dies in den USA geschieht. Was von Putin
ebenfalls zurecht kritisiert wird, allerdings nichts daran ändert,
dass er selbst Oberhaupt eines schlechten Regierungssystems ist,
während die kritisierten USA ein besseres System, indessen aber
schlechte Regierende haben. Der syrische Regimechef Assad jedoch
führt nicht nur ein schlechtes System an, er führt es zudem
schlecht.
Letztlich – und das ist der Kern eines weiteren
Problems, an das uns der syrische Bürgerkrieg wieder einmal erinnert
– kann man keine sinnhaften Abkommen und Verträge unter Staaten
schaffen, die jeweils auf völlig unterschiedliche Staatsverfassungen
gründen und nur dem Äußeren nach notwendige Gemeinsamkeiten
aufweisen (so nennen sich die meisten Tyrannen – nach britischem
Vorbild – „Premierminister“ und tragen Krawatte zu ihrem Anzug.
Dennoch werden die einen legitim aus dem Volke gewählt, während
sich die anderen an die Macht putschten oder von einer Oligarchie
aufgestellt werden). Unter anderem aus diesem Grund bildet die UNO,
mit ihrem chaotischen Haufen an Mitgliedern, auch keine kompetente
Instanz für Konfliktlösungen dieser Art.
Ich
schließe also, dass man weder dem Assad-Regime noch den
Rebellengruppen Waffen anvertrauen darf, wenn man im Namen des
Humanismus, dem sich die aufgeklärten Demokratien zu verschreiben
meinen, Frieden in der Region stiften will. Die einzige Alternative,
die Streiparteien gewissermaßen auseinander zu halten, ohne diese
dabei in ihren kriegerischen Mitteln zu stärken, wäre ein
militärischer Einsatz ausländischer, unparteiischer Truppen, die
sich nach Erfüllung ihres Auftrages (nämlich dem Schutze der
Zivilbevölkerung) wieder zurückziehen und ihre Waffen, die sie
während des Einsatzes auch keiner anderen Kriegspartei aushändigen
dürften, dabei wieder mitnehmen.
3. Unterstützung
der benachbarten Regionen und Staaten bei der Eindämmung des Krieges
Es
ist sicherlich unumgänglich dafür zu sorgen, dass benachbarte
Regionen nicht in das Kriegstreiben hineingezogen werden. Neben der
Versorgung der dort ankommenden Flüchtlinge müssen diese Staaten
also dabei unterstützt werden, ihre Grenzen gegen übertretende
Kriegsbeteiligte zu sichern; um zu verhindern, dass einzelne
Mitglieder dieser unbeteiligten Staaten sich einer kriegsführenden
Seite anschließen oder diese militärisch unterstützen; um den
Waffenschmuggel (neben dem Waffenhandel) ins Kriegsgebiet zu
verhindern. Die Kriegsparteien müssen von allen Mitteln
abgeschnitten werden, mit denen sie in der Lage sind, den Krieg
weiterzuführen (was nicht selten dadurch geschieht, indem eine in
Mittelknappheit geratene Kriegspartei versucht, das von ihr
kontrollierte (und damit alsbald kriegsverseuchte) Gebiet
auszuweiten, wo sie hofft sich Ressourcen aneignen zu können.