Montag, 2. Juli 2012

Weisheitsschluss und Parteienförderung: Wenigstens irgendwo Meister


Ursprünglich hätte dieser Artikel auf dem Onleiner erscheinen sollen, da ich aber die Aktualität nicht so frisch halten konnte, wie ich wollte, obwohl er immer noch aktuell ist, stelle ich ihn hier vor (möglicherweise wäre er ohnedies zu wenig moderat, für den "Sankt Schauer").

Der Weisheit letzter Schluss kommt gleich vorweg: Für moralisch empfindsame (österreichische) Büger_innen lassen sich letztlich nur noch jene Parteien wählen, die noch nie eine Regierung stellten. Aber da bleiben nur noch die Grünen, die KPÖ, die Piraten und meinetwegen die sich selbst so bezeichneten „Christen“ (falls es die noch gibt). Und richtig: Das BZÖ zählt nicht (die hatten sich die ganze Zeit über in der FPÖ versteckt). Doch eins nach dem anderem: Eigentlich wollte ich über die ägyptischen Wahlen schreiben (Wer fürchtet sich vorm Islammann?).

Dann kam mir die österreichische Innenpolitik unter. Die Selbsterhöhung der Parteienförderung durch die Regierung wird auf effektive 60% gerechnet. Österreich verteidigt insgesamt angeblich den Viceweltmeistertitel souverän. Ja, ja – sie verzichten auf die Wahlkampfkosten-Rückerstattung, die bei Nationalratswahlen und fürs Verbannungsverfahren nach Brüssel einzufordern sind; auf Landesebene soll weniger Geld in die Pateienkassen fließen. Aber Wahlen gibt es zum Glück oder leider nicht jedes Jahr. Und wer mir auch immer eine strikte Trennung zwischen Landespartei und Bundespartei erdichten kann, verdient den Nobelpreis für Schmähdandlerei.

Faktum: Die Parteien nehmen sich mehr Geld aus der Gemeinschaftskasse der Republik. Als hier im Beisl zufällig die ZIB zitierte, dass unsere Berufspolitiker_innen dies beschlossen, um die Qualität der politischen Arbeit aufrecht zu erhalten, brach der aufmerksame Teil des Lokals in schallendes Gelächter aus. Ich weise schon länger darauf hin, dass man die Intelligenz von Stammtischen nicht unterschätzen sollte. Dort wird schließlich aus geselliger Freude getrunken, während Berufspolitiker_innen populistischer Nötigung wegen saufen. Man darf den Stolz auf die hiesige Alkoholismus-Kultur nicht verärgern und die lädt gerne ein. Übrigens war unlängst das „Kanzlerfest“, vielleicht erklärt das Einiges.

Ja, das war ein Seitenhieb auf die SPÖ; aber die Schwarzen brauchen gar nicht so blöd grinsen. Die erklären besser als jede andere Partei, dass man zunächst jene gesetzlichen Änderungen durchführen müsse, die man sich weigert durchzuführen, ehe man irgendwelche notwendigen Reformen durchsetzten kann (siehe Schulreform). Dabei reden – wie in allen Parteien – gerne die Ländler gegen die Bündigen und umgekehrt, um so zu tun, als hätte die einen überhaupt nichts mit den anderen zu tun.
Diese Methode ist gleich viel weniger blöd. Erinnert mich an
Star Wars. Der Kanzler Palpatine der (intergalaktischen) Republik, der zugleich dunkler Sith Lord war, steht als Rädelsführer parallel hinter mehreren, untereinander verfeindeten Gruppierungen, denn er hat erkannt: Man muss sich immer mindestens einen Bock aufbewahren, dem man alle Schuld aufladen kann. Im Falle Österreichs gibt es hierfür zwei Gehege desselben Bauern und egal welchem Nachbarn das Vieh den Garten verwüstet, es waren stets die Böcke des gegenüberliegenden Geheges. Seit verschlagen und vermehrt euch!

Die Frage die mich nun auch nicht wenig beschäftigt: Wer wird für diese massive Parteienförderungserhöhung in der Zeit der Sparkrise den Sündenbock spielen. Es wird sich wohl jemand auf der Bundesebene finden müssen, denn die Landesparteien verlieren schließlich ein wenig, pro Wähler_in, bei der Neuanlegung der Selbstbedienung – zumindest formal. Politologe Hubert Sickinger suggeriert sogar, dass die Regierungsparteien womöglich ihre eigenen Förderungen deshalb anheben müssten, weil sie so viele Sponsoren durch das kommende, neue Transparenz-Gesetz verlieren würden. Soll ich lachen oder weinen?

In welches Licht man es auch rückt, das Transparenteste an der Regierung ist, dass sie keine Ausrede für ihren geplanten Bonus hat. Ihre Mitglieder benehmen sich verfrüht wie die Aufsichtsräte, die sie nach Ausscheiden aus der Politik hoffen zu werden. Sicher, auch andere Parteien profitieren, aber die wollen das gar nicht; die Opposition lehnt das eigene Plus bei ihren Förderungen klar ab – klar, denn am meisten gewinnen jene Klüngel, die bei der letzten Wahl am meisten gewannen und sich ausrechnen, auch 2013 wieder gemeinsam an der Einahmenspitze zu stehen. Falls es 2013 überhaupt geben wird.

Obacht! Die Regierung verhält sich ein wenig rattenhaft und das real renovierungsbedürftige Palaverment hat doch etwas Schiffbrüchiges an sich. Was geht hier vor? Weiß die Koalition nicht, dass sie mit solchen Maßnahmen, kurz vor dem nächsten Wahljahr (!), der FPÖ und vielleicht dem BZÖ zum Zugewinn verhilft? - Diesen selbst ernannten Wirschaftsweisen der Nation, die sich bei den Untersuchungsausschüssen um sämtliche Korruptionsprozesse medial und wurmgleich aus der Affäre windet, die nach den Skandalen plötzlich sauberer dastehen, als davor, unter anderem weil die ÖVP sich von den Opportunist_innen zwischen den Parteien nicht nur über den Tisch, sondern auch ins Licht der U-Ausschüsse ziehen ließ, als unfreiwilliger Ablenkungskörper? Weiß die Regierung das nicht?

Es bleibt die alte Frage: Ist sie korrupt oder verblödet – oder beides? Das kann man sich jetzt aussuchen. Es ist also der Weisheit letzter Schluss, nur der oder die verdient sich Demokratie wie das Leben, der oder die sich Parteien stets erneut erfinden und gründen muss (das soll kein Zuschuss an die „Piraten“ sein).

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