Samstag, 28. Januar 2012

Im Rupps

Das Pub macht seinem Kürzel Ehre,
Der Herd leuchtet feuersanft um die Körper,
Sprechende Gesichter.

Ich treibe umher wie ein Blatt Papier,
Im Wäldchen der hölzernen Beine.
Die dunklen Säulen tragen die Häupter der Gemeinsamkeit,
Gemeinschaft auf Ellenbögen,
Tanzenden Mündern.

Ich wehe mich um sie,
Als ein Blatt Löschpapier –
Aufsaugend und löschend meinen Durst.
Im Lichte über dem Bierglas
Schönheit will sich zeigen.

Ich fließe zwischen diesen Menschen.
Ich erlaube es mir – zu zerfließen
Dahin, wo diese Erlaubnis wohnt.

Das Licht ist mein Begleiter,
Der Schatten meine Stütze,
Die Führung auf meinem Weg,
In meine Stammbar tief hinein.
Sie entsteht mir im Hiersein;
Je öfter ich hier losrede,
Umso häufiger kommt es fremd zurück.

In diese Gerechtigkeit kann ich mich hinein trinken,
Ich kann mich ausnüchtern in ihr.
Des Rupps Bar umfängt uns mit rotem Ziegel,
Mit erdfarbenen Kristallen aus Whiskey:
Eine Höhle im inneren dieser Welt.
Die Menschlichkeit legt sich hier offen,
Zur Ruh;
Setzt sich zur Erregung,
Spricht zur Erleichterung.
Noch ein Bier!

Ich hänge müd in der Musik,
Meiner Seele wird es leise munter.

Gehe nicht heim

Das Bier fließt hin mit Delight.
Tollpatschiges Haar ist sexy,
Wie das Ungewollte,
Das unbeabsichtigte, schöne Bäuchlein der Frauen,
Das man auch sehen kann.
Gedanken über das Wesen der Erotik:
Ich bin biermüde.

Es ist spät und ich habe geschrieben,
Die Nacht hindurch –
Kein Bedauern im Ethanol.
Morgen wird schon auch ohne mich werden.
Ich sterbe nicht ein zweites Mal;
Denn ich sterbe bereits dahin –
Wie alle –
Unentwegt.
Ein schönes Wort ist dies.

Manche Menschen bräuchten nur Sex,
Bei anderen nützt auch er nichts allein.
Meine Sehnsüchte im Petto,
Aus der Geheimtasche gezogen,
Sind ewig regnerisch,
Ohne das Regen fällt,
Über den weiten, nassen, bedunkelten Feldern Salzburgs.

Und dort ist diese junge Frau –
Wie ein Avatar.
Ich habe mich abgefunden,
Ohne gefunden zu haben;
Ich bin befriedigt
Und ich sage nicht im Unfrieden.
Ich werde älter,
Das ist gut.

Enjoy responsible!
Es raten die Ethanolmarken.
Ich wechsle die Brauerein deshalb,
So bleib ich sicher.

Wahrlich geht es nicht darum, was mein Staat für mich tun kann:
Was kann ich für ihn tun?
JFK hat gerissenen Humor.
Wahrlich geht es nicht darum, auf meinen Staat zu warten.
Ich will tätig werden.

Es lachen laut die Menschen hier,
Die das Saufen nur am Wochenende kennen;
Und mit ihnen lacht ihre Lüsternheit,
Die aus den Kellerfenstern gaffen darf.
Die spießigste Gesellschaft!
Es ist jene des steten Verfalls,
Nach einer Zeit des Aufpralls,
Nach einer Phase der sturen Sättigung.
Und irgendwann wählen sie den Heldentod,
Den nur gebildeten,
Vor der geschwürartigen Langeweile.

Die Programmierung will meine Sprache beengen.
Ich brech der Programmierung das Genick,
Das sie nicht hat,
Mit meinen sichtbaren und unsichtbaren Händen.
Ich will doch nur verstanden werden.

Welch glücklicher Augenblick!
Biertrunken und schreibend,
Verlasse ich mein Stammbeisl;
Als würde ich ein Wort für mich gewinnen,
Das deutsche Sprachwelten als altmodisch empfinden.

Ich gehe nicht heim,
Denn dort komme ich stets her.

Gedanken zum Gedenktag der Shoa: Ying und Yang der Hofburg

Am 27.1.1945 wurde das KZ Auschwitz von der Roten Armee befreit. Am 27.1.2012 findet der letzte WKR-Ball in der Wiener Hofburg statt, dessen Betreibern und Gästen vorgeworfen wird, mit dem internationalen Gedenken dieses Tages nicht sehr glücklich zu sein.

Selbiger ist seit 1996 „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ in Deutschland und erst seit 2005 „Internationaler Holocaustgedenktag“. In Österreich erscheinen als einzig nennenswerte Aktionen dazu die jährlichen Kundgebungen auf dem Heldenplatz, gegen den erwähnten WKR-Ball. Diese Proteste am nämlichen Tage bestehen jedoch bereits seit einigen Jahren.

Der WKR-Ball sorgte also, auch in Wien, für eine lebendige Mahn- und Gedenktradition, zur Befreiung des größten Vernichtungslagers der Nazis, noch bevor ans austriane Allgemeinwissen drang, dass der 27. Januar etwas mit Shoa-Gedenken zu tun haben könnte.
Es ist dabei unerheblich, ob der Korporations-Ring zufällig oder beabsichtig diesen Tag zum Tanzbeinschwingen wählte. Da es sich bei einem Ball um ein fröhliches Ereignis handelt, könnte man annehmen, diese Rechten würden die Eroberung durch die Rote Armee gemeinsam mit den Linken feiern. Aber da bei solchen Veranstaltungen auch – üblicherweise gerade in Burschenschaftlerkehlen – sehr viel Ethanol fließt, will man dort vielleicht auch nur vergessen und verdrängen. Ich weiß es nicht.

Aber wie auch immer: Durch diesen Ball passierte Etwas. Er war bald und ist noch (zum Zeitpunkt des Schreibens) wie ein juckender Pickel im politischen Antlitz meines Staates – Während die offizielle, österreichische Gedenkerei womöglich eher auf die Auflösung des heimischen Mauthausens festgelegt ist. Ein Versäumnis nenn ich das.

Man hätte sowohl Burschengschaftler-Ball wie auch dessen Gegenproteste zu einem Wiener Großevent mit (seit 2005) internationalem Charakter ausbauen sollen – mit Glühweinständen und Karussell. Eine Reininszenierung (durch Mitglieder des KR und der SJ beispielsweise) des entscheidenden Vorrückens der Rotarmisten würde dem Höhepunkt des Abends vorausgehen, wenn BürgermeisterIn und/oder BundespräsidentIn von einer erhöhten Position des Geländes aus verkünden: „Auschwitz ist frei! Alles Walzer!“.

Stattdessen versucht die staatsoffizielle Seite die Augen zu verdrehen, vor den konfliktreichen Aktivitäten dieses Tages; vor den Peinlichkeiten herumstammelnder „Burschis (eine verniedlichende Verharmlosung)“ und Stalins Kriegsapparat nachschwärmender „Links-Faschisten (was auch immer das sein soll)“.

Die einzigen, die im politischen Hickhack dieses Tages den Geist des einigen Gedenkfeierns entfachten, waren die AktivistInnen von Anonymus (Austria), die die offizielle Website des WKR-Balls hackten und ihr Pony, nebst Hammer & Sichel, zur lautstarken Hymne der Sowjetunion salutieren ließen.

Ob man sich neben der Dankbarkeit gegenüber den Sowjets, für ihren Kampf gegen das Naziregime und die Befreiung des KZs, auch an deren Kriegsverbrechen erinnern will; ob man sie nicht als Befreier, sondern als brutale Besetzter wahrnimmt; ob man nicht jeden Aspekt und jede Person der rechten Szene als düsteres Erbe Hitlers betrachtet oder man in einzelnen Holocaust-LeugnerInnen oder -RelativiererInnen des WKR eine Gefahr für Republik und Demokratie erkennt: Wichtig ist, dass man den Kopf in die Hand nimmt und über die ganze Scheiße nachdenkt.

Der WKR-Ball trug dazu genauso bei wie der Protest gegen ihn – Ball und Protest sind eine zivilgesellschaftliche Einheit, ein Ying und Yang der politisch Aufgeweckten. Mit dem Ball werden auch die politischen Aktionen gegen ihn verschwinden.

Es sei denn natürlich man würde ihn simulieren, in einem WKR-Ball-Reenactment: Bei freiem Eintritt (gesponsert von der SPÖ- und FPÖ-Wien, der Kultusgemeinde und einem Grasser-Fond) verkleiden sich BürgerInnen und Gäste dieser Stadt als Burschenschaftler und deren Tussis, sowie als Protestierende. Zugleich findet ein Protest-Gedenk-Karneval vor den Toren der Hofburg statt. Diese Idee ist übrigens patentiert.

Dienstag, 24. Januar 2012

Dichten an der Bar

An der Bar sitzen,
Ins Ungewisse denken,
Lässt ungeahnt Entspanntheit entdecken;
Schwebend über den ehernen Spitzen,
Über den irdisch knöchernen Gelenken,
Die sich unter meinem Geist verstecken.

Ich sterbe im Hiersein,
Ich lebe im Dortsein.
Wo ich aber bin, da lebe ich
Im Hiersein sicherlich,
Vielleicht sterbend dann und dort;
Doch dann immer noch seiend,
An jenem unbekannten Ort.

Das Mensch das Wahrheit findet
Ist gesegnet, immer.
Nur wer sich in Verlogenheit windet,
Leidet alle Mühen schlimmer,
Als das Wesen in Erkenntnis
Des Nutzens und Unnutzens Verhältnis.

Bald versteht das erkennende Wesen,
Die Göttlichkeit des Lebens vergilt vieles,
Nur keine Spesen;
Zu sein allein scheint Sinn des Spieles;
Und das Sinnen ist mehr, als nur ein Spiel.

Sonntag, 22. Januar 2012

Alte Lieder

Die Stimmen der Lieder im Zuhause
Sind greise, sind tot.
Die alte Musik erhebt sich dennoch
Wieder, mir erst seit Unlangem,
Seit langem bald wieder –
Daraus werden meine alten Lieder.
Und was mich im Herzschlag überrascht,
Mit vergessenen Rhythmen,
Wie der Regen den man noch nie so erlebte,
Kann alt sein wie es ist –
Es ist dann
Wieder
Was es war.

Dienstag, 17. Januar 2012

Ein Geheimnis

Vor dem äugenden Mond ziehen schnelle Wolken,
Ich auf meinem Weg dahin zum befestigten Lager,
Verlasse das Beisl, mit all seinen Gesichtern
Im Kopf – bist so oft auch du,
Wie in schnell wehenden Wolken,
Erhellt von meinem zwinkernden Auge.

Dahin sind meine Sorgen,
Mein förmliches Hoffen;
Beides habe ich gebettet für den Bedarf,
Im Mond-lichtem Gewölk,
In der Erde meines Herzens,
Hinter den Säulen des Verstands.

Dein Arm will mich noch berühren.
Es gelingt nur im Zurückblicken,
Im Anblick unserer gemeinsamen Gedanken.
Ich bewahre mir mein Fühlen auf,
Für dich – wohin du auch gehst,
Verirre ich mich nicht;
Bleibe vielfach treu,
In all den Lebenskreisen.

Und doch schmerzt der scharfe Wandel,
Das Aufkommen nach dem großen Sprung,
Das Treffen der Kälte
Auf die Hitze deiner Wangen –
Da beschwichtigt mein Staunen.

Ich verliere meine alte Heimat,
Im Gefallen einer Neuen,
Im Augenblick –
Meiner Tochter Werdung.
Die Wolken sind hier anders,
Sie sind dennoch frei und räumlich.
Im Wind sind sie – wie mein Atmen dann.

Mit meiner alten Heimat verliere ich
Alte Freunde, wie es erscheint –
So wechselt es stets im Strömen seiner Quellen.
Was ich als schmerzlich unmöglich sah –
Dich zu verlieren –
Kommt nun klar und nah
Wie der erste Schnee
An den man nicht mehr dachte.

Dennoch verliere ich nichts
Was ich niemals hatte – es bleibt;
Ebenso Vergangenheit, was ich hatte.
Es schmerzt in seiner Unmöglichkeit,
Dich zu verlieren – drum tu ich’s nicht.
Das Wehleiden zeigt auf die Illusion.

In Wahrheit ist es ein Befreien,
Mit oder ohne dich, ich werde –
Wir werden, wie erneut geboren;
Und gerade diese Werdung ist’s,
Die Jammervoll erweckt die größte Freude.
Noch bin ich glücklich und gelassen
Und weine doch wehvoll bei meinem Verlassen.

Mein Gefühl kennt viele Gezeiten
Und bleibt mir doch jenes Gefühl;
Ein Geheimnis.

Ich falle!
Ich wünsche es in diesem Taumel!
Alles bricht hernieder:
Der Himmel des Kopfes,
Die atmenden Vulkane der Brust,
Die Säulen der Gelenke –
In den Staub, damit zum Schlafe,
Worin Erwachen und Aufstehen liegen.

Ich verabschiede mich von falschen Angepasstheiten,
Wie das hässliche Entlein,
Das zunächst feststellte, dass es keine Ente sei,
Dann aber, dass es fliegen könne,
Um nicht auf diesem Feld allein zu lange-weilen.

Gepriesen seien deine Flügel,
Ich danke dir Göttlichkeit/Gott!

Freitag, 13. Januar 2012

Schlafloses Reimen

Ich dichte nicht, um euch zu nerven,
Mit Sprachkleckserei, farbiger oder blässer,
Oder um mein Weh auf euch zu werfen:
Nach Dichterei schlaf ich jedoch besser.

Dazu trinke ich ein Bierchen,
Aqua Vitae im Hopfen ist feine Medizin,
Mit Vitamin B und mehr (ich esse keine Tierchen);
Und alte Träume sprudeln auch darin.

Mit diesen Mitteln will ich wenden,
Den Schlafrhythmus zum hellen Tage hin.
Denn die Nacht muss mit der Sonne enden;
Danach zu wachen macht manchmal Sinn.

Eher zu schlafen macht Sinn nicht oft.
Geduld! - ist wie eine kühle Mätresse:
Es genügt nicht, dass man auf sie hofft;
Der Beharrliche gewinnt ihr Interesse.

Der starr Harrende aber bricht sich bald
Selbst, das wund gesessene Herz;
Seine Glieder werden davon taub und kalt,
Noch bevor sie ihn geleitet inwärts.

Weich und stark wie der große Strom,
So will ich dahin treiben, auf meinem Weg;
Wie er und auf ihm, wo hin und davon.
Mein oder dein ist der querende Steg.

Über allem die Sonne und die Sterne hängen.
Was ich will gewinne ich durch Freundschaft;
Es entzieht sich mir bei meinem Bedrängen.
Mein Leben trägt weder Glauben noch Wissenschaft.

Mein Leben ist Kunst oder ihr Versagen,
Die sich erlebt, nicht über, sondern durch die Natur.
Wir dienen unserem Wollen und Wagen,
Seit wir uns (in Gott) erschufen, in dieser Kultur.

Gott ist Göttlichkeit, selbiges ist helles Sehen
In der Finsternis; dies ist allen Menschen eigen,
Wenn sie ihr Wollen wollen und folgendes verstehen:
Wir sind wohl nicht, was die uns Gleichenden uns zeigen.

Vielfach sind wir, was Mensch nicht bezeigen kann,
In seiner bloßen Menschlichkeit.
Ich leere mich mit meinem Bier bald dann,
Wenn ich gereift bin für die Heimeligkeit.