Mittwoch, 4. Mai 2011

Obama, Osama, Fleischhacker und die Seinen

Eigentlich wollte ich dazu meinen Senf nicht abgeben. Die Presse aber (wieder einmal), die einzige Zeitung des deutschsprachigen Raumes, die auch während der beiden Weltkriege und dazwischen „frei“ war, klatschte mir ihre Titelseite ins Gesicht und ich bin nicht christlich genug, um die andere Wange hinzuhalten.

Wenn sich jemand über (die anderen) Feuilletonisten lustig machen will, sollte er sie entweder parodieren oder einen Witz erzählen. Wer aber versucht, dabei seriös zu erscheinen, ist nicht witzig und parodiert sich letztlich selbst.

Barack Obama, der Präsident der USA, sei eine europäische Ikone des Antiamerikanismus und im schnell noch erfundenen „Kampf der Ikonen“, würde sich in ihm die Widersprüchlichkeit linker Halbgottgläubigkeit zeigen – Ebenfalls eine ausgeleierte Erfindung rechtslastiger Geister.

Nun hatte diese antiamerikanische Ikone also die „Operation Geronimo“ befohlen, um die antiamerikanische Ikone der Muslime, wie es die Presse umschreibt, Osama bin Laden, auszuschalten – so oder so, wir wissen nicht wie es hätte geschehen sollen. Bin Laden ist jedenfalls tot, was passieren kann, wenn man fanatische Terroristen jagt, ob man sie nun tot oder lebendig fassen will

Dennoch wird Obamas Aktion, als von jenem, nämlich Michael Fleischhacker, als Mordauftrag bezeichnet, der sich darüber beklagt, dass Bush von den Linken als Kriegsverbrecher bezeichnet worden wäre, wäre unter seiner Regentschaft die Eliminierung des Al-Kaida-Ikonen-Führers gelungen; über die die AmerikanerInnen, allen voran die New YorkerInnen sich nun so sehr freuen. Er meckert also über etwas, das nicht eintraf, um den augenscheinlichen Verlust seiner Objektivität zu legitimieren. Was er anderen vorwerfen würde, wäre geschehen, worüber er meckert, vollbrachte Fleischhacker nun selbst.

Auch die amerikanischen „Tea-Party“-Trottel, die bereitwillig den Reichsten ihrer Landsleute gestatten, ihre vielseitige Armut gegen andere Arme auszuspielen, vergleichen Obama mit Osama und so tut es auch Fleischhacker. Wobei er diesen Einfall allein an EuropäerInnen abliest, die Obama angeblich als Messias verehren. Beweise für deren Existenz würde ich gerne sehen, obwohl sie genauso plakativ und unerheblich sind, wie die Klage über den Namen der Navy-Seals-Operation, die von unterschiedlichen Seiten ertönt.

Geronimo war ein Apachehäuptling, der Rache für die Massenmorde an seinem Volk und seiner Familie schwor. Insofern passend, die Amis haben sich gerächt. Außerdem beklagt sich auch niemand darüber, dass ein Kampfhubschrauber den spanischen Namen dieses Kriegers trägt.

Unerheblich ist auch, dass Osama bin Laden tot ist. Natürlich kommt es subjektiv seltsam bei vielen von uns an, wenn ganz New York Party feiert, weil dem Drahtzieher eines Massenmordes in den Kopf geschossen wurde. Aber subjektiv ist in diesem Fall alles. Die New Yorker freuen sich vielleicht auch nur, dass dadurch das Symbol ihrer Angst erlosch.

Der fundamentalistische Terrorismus mit dem Islam-Label, hat seine größte Niederlage nicht durch die Tötung seiner Anführer erfahren, sondern die demokratischen Revolutionsbewegungen in den arabischen Ländern, sofern diese friedlich gelangen.

Diese werden in die Geschichtsbücher eingehen, ebenso wie die Fakten um Leben und Tod des Osama bin Laden, dieser verlorenen Seele.

Nicht geschichtsträchtig aber ist all das überflüssige Geschwätz rundherum, dass, neben vielen Quellen, für mich in jenem fleischverhackten Titelseitentext der „Presse“ bisher gipfelte. Wenn man etwas gegen Obama hat, sollte man es laut sagen und sich nicht hinter angeblicher, jedenfalls irrelevanter linker Leichtgläubigkeit verargumentieren. Also: Über Nichtgeschehenes, auf Irrelevantes zu folgern, dass die vermuteten Obamaanhänger doof seien, lässt einen nicht gerade in einem undoofen Licht erscheinen.

Aber das kennen wir ja schon, vom sanften Rechtspopulismus. Man konstruiert eine linke Doppelmoral, die man lediglich aus seinem eigenen Verhalten kennt. Fleischhackers Titelseite ist also gleichsam ein Spiegel der Kindischheit, die, in diesen Kreisen, immer dann auftritt, wenn ein angenommener Gegner einen Erfolg vorweist. Das ist in den USA genauso, wie in Europa.

Apropos: Wenn Fleischhacker kommentiert, dass die New Yorker „Obama: 1 – Osama: 0“ verrechnen, während die EuropäerInnen aus seiner Sicht „1:1“ zählten, zeigt sich nur, dass allein er und seine Geistesgemeinschaft die Welt solcherart berechnen. Eine Rechnung, die faktisch keinen relevanten Inhalt hat, zieht er als Scheinargument heran, in dem nicht einmal der Versuch einer (plakativen) Theorie, schon gar nicht der eines Beweises, steckt. Was soll man damit anfangen? Man kann es vergessen!

Es ist zudem (typisch elitär) zynisch und widerwärtig, jenen, die sich der Hoffnung durch die Ernennung eines ganz anderen Präsidenten erfreuten, zu unterstellen, sie seien abergläubische IkonenanbeterInnen. Während man zugleich die Kultur des Abendlandes herauf beschwören will, also etwas, das es gar nicht gibt (die Kultur schon, aber nicht das „Abendland“).

Auch die Hoffnung ist Emotion, die nicht relativiert wird, wenn dieser Präsident sich als Mensch erweist – wenn er ausführt, wozu alle US-Präsidenten gezwungen sind oder wenn Medien, wie „Die Presse“, seine Errungenschaften ignorieren und lediglich die, von Außen an den Mann herangetragenen, Widersprüchlichkeiten zu seinen (von Außen herangetragenen) Bild, sich aus allen erdenklichen Haaren ziehen.

Außerdem möchte ich festhalten: Dass Präsident Obama den Friedensnobelpreis erhielt, schmälert nicht seine Person, sondern die Bedeutung dieses Preises. Und Eines noch: Es ist sexistisch, Obama stets als Schwarzen zu bezeichnen, so, als ob die Hautfarbe seiner Mutter nicht zählen würde, nur weil diese naturgemäß eine Frau war.

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