Donnerstag, 21. April 2011

Gesetze sind natürlich nicht gerecht

Wahrlich, die Gesetze sind nicht gerecht – nicht aus ihrer Natur heraus. Sie sind Bestimmungen zum Nutzen jener Gruppen einer Gesellschaft, die (über) sie entscheiden, die sie meist zugleich exekutieren (lassen) und die Interpretationshoheit über sie innehaben.

Gerechtigkeit aber geht einher mit Moral und wer interessiert sich schon für diesen altmodischen …die Umschreibung dafür, könnt ihr euch selbst aussuchen. Moral ist ein Befund, gefunden in Verstand und Gefühl einzelner oder mehrerer Individuen. Moral zu finden ist schwierig. Leichter ist es, dem Gesetz blind zu folgen, vor allem, wenn es genau dafür geschaffen wurde.

Eine Frau im Rollstuhl fährt von Deutschland nach Österreich. Die Bahnen bemühen sich um ein barrierefreies Reisen, werden in ihrem Bemühen jedoch behindert, von ihren eigenen Regeln.Der Zug fährt um etwa 07:00 ab. Der Rollstuhllift steht am Bahngleis, das Personal, das befugt und befähigt ist, ihn zu bedienen, kommt erst um 08:00. Dies wurde allerdings angekündigt und vermutlich ging man davon aus, dass die Rollstuhlfahrerin demnach den Zug, für den man ihr ein Ticket verkaufte, deshalb nicht nutzen konnte. Denn die bestellten Rollstuhllifte, die man ihr durchaus, für die zwei Stationen, in denen sie umsteigen musste, versprochen hatte, kamen nicht, auch wenn das benötigte Personal vermutlich schon zur Schicht erschienen war.

Dem Schaffner waren die Hände gebunden, ihr zu helfen – durch Regeln, die zu seinem und dem Schutze der BahnbetreiberInnen installiert wurden. Das Argument: Würde der Rollstuhlfahrerin etwas (Schädliches), bei/durch/während der Hilfeleistung durch den Schaffner, zustoßen, käme das der Bahn und vermutlich auch dem Mitarbeiter zu teuer.

Wie berichtet wurde, hatte der Mitarbeiter einen sichtlichen Gewissenskonflikt, der Frau im Rollstuhl nicht zu helfen, unterwarf sich aber doch jenen Gesetzten, die nicht gerecht sind, stand daneben und hätte die Frau im Zug weiterfahren lassen. Auch beim zweiten Umstieg, halfen nicht Personal, sondern andere Fahrgäste.

Nützlich aber sind diese konfliktreichen Regeln, für jeweilige BetreiberInnen: Die Gruppe der Menschen mit Behinderung, die durch den Mangel an Hilfestellung behindert wird, ist klein genug, um nicht zu einem hohen Einnahmeverlust zu führen, wenn sie an der Benützung der Bahn (oder anderer Einrichtungen) gehindert wird. Sie also de facto, mit falschen Versprechungen von Barrierefreiheit, zu verarschen und zugleich seinen Versicherungsschutz nicht unnötig zu strapazieren, können sich jene BetreiberInnen leisten.

Dem gegenüber stehen Gesetze und Bestimmungen, die die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen einfordern (u.a. ratifizierten die Menschenrechte) – kommt diesen Forderungen allerdings niemand nach, so bleiben sie nutzlos. Erst wenn, von einem bestimmenden Teil der Gesellschaft, ein Nutzen darin erkannt wird, wird das Gesetzt/ die Bestimmung exekutiert bzw. exekutierbar gemacht. Das Gesetz ist also häufig und dann höchstens nur per Zufall gerecht oder weil Menschen lange genug ihren Gerechtigkeitsgehalt fordern, wie z.B. bei der anerkannten Vorschrift „Du sollst nicht töten“, auch wenn diese Jahrtausende alte Forderung immer wieder umgangen wird.

Zunächst steht hinter diesem Gebot, ein Zweck für diese Gesellschaft. Wäre es nicht, von Gott selbst, verboten, einander zu töten, hätte dies schwerwiegende Folgen für die Israelis und Andere gehabt. Gottes Zorn über den Sünder ist eine höchstmögliche Strafandrohung, denn sie geht über das Diesseits hinaus. Aber zu einem (Menschen)Recht, in Form des Rechts auf Leben, wird es erst durch die Einbeziehung der Moral. Sie erklärt, warum du nicht töten sollst und gibt einen sinnvollen Rahmen hinzu. Es ist falsch jemanden zu ermorden, um seinen Besitz rauben zu können; es ist gerecht, einen qualvoll Sterbenden vor der unnötigen Verlängerung seiner Qualen zu bewahren und ihn – mit seinem Einverständnis – zu töten. Es ist auch gerecht, sich selbst zu töten, oder jene der ungerechtfertigt jemanden töten will, um ihm nämlich daran zu hindern. Warum? Darüber kann man verhandeln, darüber muss man diskutieren – man muss nachdenken: Dadurch lässt sich Moral finden.

Der Frau im Rollstuhl, die von der Bahn in eine solche (dreifache) Falle geführt wurde (in Wien gab es wieder einen bedienten Rollstuhllift), halfen andere Fahrgäste, die durch kein Gesetz daran gehindert wurden und den (moralischen) Sinn und Nutzen ihrer Handlung erkannten. Wie und warum auch immer: Sie handelten moralisch richtig, sie handelten gerecht, auch ohne Gesetz, das sie dazu zwang und sogar trotz eines Gesetzes/ einer Bestimmung, die einen anderen – der eigentlich die nächste Verantwortung trug – hinderte, moralisch und gerecht zu handeln

Da das Gesetz ungerecht sein kann, Moral aber gerecht sein muss, ist der Mensch also zunächst der Moral und erst dann dem Gesetz gegenüber verpflichtet. Ob man General im Jugoslawienkrieg ist, Nazi am Hebel einer Gasdusche, Nationalratsabgeordnete/r im Angesicht der Korruption (dem/der das Gesetz derzeit noch mehr Freiheit lässt, als die Moral) oder Mitarbeiter einer Bahn, dessen Passagierin, ohne die versprochene Hilfestellung, zur Gefangenen im falschen Zug wird. Letzterem wäre es letztlich selbst besser gegangen, wenn sein Gesetz, nicht zusätzlich gegen die Moral gewirkt hätte (da wurden alle Beteiligten in gewisser Weise und Abstufung, zu Opfern jener Regel). Hierbei zeigt sich, dass ein Kompromiss nur schwer der Gesetzte Freund sein kann: Die Zweckbestimmung, die nicht gerecht ist, ist bald ungerecht.

Man muss sich auch fragen, wozu ein Mensch, der sich vor den, von seinen Vorgesetzten aufgezwungenen, Regeln fürchtet (fürchten muss) und dieser Furcht wegen hierbei ungerecht handelt (wieder seiner Vorgesetzten wegen, die ihrer Verpflichtung, für die Ein/Ausstiegsmöglichkeit der Rollstuhlfahrerin zu sorgen, nicht nachkamen), noch fähig wäre, im Namen der Gesetze, würde ein größerer Druck und eine größere Ungerechtigkeit auf ihm lasten.

Diese (mehrere) Angestellten sollten sich aber nicht fürchten müssen, so wie kein Mensch, vor ungerechten Gesetzen. Denn kein Gericht darf jemanden verurteilen, der zwar gegen das Gesetz, aber moralisch richtig und gerecht gehandelt hat – es dürfte sich sonst nicht Gericht nennen, sondern müsste dann Verlesestelle oder Gesitz heißen.

Dienstag, 12. April 2011

Aktuelles 12.4.2011

Es titelt die heutige „Presse*“: „EU zahlt Geld gegen Zuwanderung“. Das könnte missverstanden werden. Also keine Sorge liebe Hosenscheißer und andere Freiheitliche: Die EU zahlt für tunesische Internierungslager. Da werden sich manche eurer Altnazis denken: Scheiße! Sogar das haben wir früher selbst gemacht. Heute wird eben alles ausgelagert, daran sind eure finanzliberalen Ähnlichgesinnten nicht ganz unschuldig. Sogar das Stehen zur eigenen Ideologie verschiebt man ins Ausland, wenn sie in der heiligen Heimat nicht mehr populär ist – egal wie dämlich sie sein mag (die Ideologie natürlich).

Missverstanden könnte auch ÖVP-Wien Mareks Ausspruch werden, der auf ihren Plakaten, den angeblich von der roten Wiener Stadtregierung in Zukunft gestrichenen LehrerInnen, folgt. Sie halte dagegen. Aber was? Will sie im Gegenzug und anstelle von 160 BildungsbeamtInnen aus den überfüllten Klassenzimmern, noch mehr Justiz- und/oder SteuerbeamtInnen aus der direkten Aktivität, für Stadt und Land, werfen? Was sie nicht könnte, weil sie keine/r wählen wollte. Oder gibt es Alternativen, zur Koalitionspolitik der Regierung, wo Schwarz und Rot Hand in Hand selbige verschränken, wenn es um Bildungspolitik geht (von der Ortstafelthematik will ich nicht mehr schreiben)?
Ich weiß, ich stell hier wieder lauter Fragen. Die sind aber mindestens zur Hälfte als rhetorisch zu lesen.

Ja, Populismus ist leicht.

Weit Schwieriger ist fachkompetente Kritik. Natürlich vertraut man den diversen ExpertInnen, aber nur dann, wenn diese die eigene Meinung vertreten. Oha! Ebenfalls Missverständlich. Ich meine natürlich nicht die eigene Meinung der ExpertInnen, das hatte ein SPÖ-Abgeordneter/Berufsanwalt bereits versucht. Der war so blöd, beruflich wie privat dieselbe Meinung zu haben (ja, ich weiß, dass nun noch mehr auftauchte, das ihn belasten könnte). Wie auch immer: Sobald ExpertInnen beispielsweise politische Vorhaben, wie den Wechsel zum Berufsheer, kritisieren und die Kritisierten direkten Zugriff auf die biologischen Sesselklebevorrichtungen dieser KritikerInnen haben, kann sogar das Kugellager des Schreibstuhls eines Generalstabchefs (namens Entacher) von dannen gerollt werden.

Aber der Darabos hat, als Zivi beim Militär, vielleicht auch nur ein stark bombardiertes Ego. Wurde seit seinem Amtsantritt u.a, deshalb oft genug „gemobbt“ – und jetzt mobbt er halt zurück, gegen den Nächstbesten, der’s Maul aufreißt (und in Reichweite steht).
Darabos Koalitions- und Brillenstilbewusstseinskollegen Karlheinzkopf, darf man aber auch nicht so schnell mit fachkompetenter Meinung kommen, wenn er diese nicht teilen möchte. Beschimpfte er die StaatsanwältInnen doch als präpotent, weil diese nicht mit den Vorschlägen seiner Justizministerin zufrieden sind, sämtliche Verfahren einzustellen, wenn sie – wem auch immer – zu lange dauern. Zur Recht kritisiert. Obwohl: In den Fällen von Untersuchungsausschüssen rund um Korruptionsverdächtigungen aller Art, wäre diese Methode wenigstens ehrlich. Dann wüsste man von Anfang an, dass man damit nicht seine Zeit vergeuden muss.

Apropos Populismus: Der Strache meinte nun. Das In-Stichlassen Italiens durch seinen Nachbarn Österreich, in der Flüchtlingsfrage, ginge nicht weit genug. Es wäre vernünftig, den Schengenraum sofort zu verlassen. Wir sollten den HC einmal so richtig abwatschen und das nächste Mal zum Kanzler wählen. Ob er immer noch das Maul so deppert aufreißt, wenn er selbst in der Regierung sitzt? Vermutlich. Aber dann würde er im Erklärungsnotstand vor der Realität enden.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man diese Parteien aus dem Staatsdienst entlassen muss, den sie uns so penetrant aufdrängen.

*Selbige „Presse“, die ganz unabhängig gerne zu ÖVP-freundlichen und SPÖ-unfreundlichen Formulierungen neigt, wirbt auch damit, sie sei „FREI SEIT 1848“. Was das in den Jahren über dem Ersten und den Zweiten Weltkrieg bedeutete, muss ich einmal nachrecherchieren.