Samstag, 26. Februar 2011

Taxiblues mit Wiener Rassismus

Die Sopranistin Angel Blue ( Theater an der Wien, Rape of Lucretia) wurde also in Wien aus dem Taxi geschmissen, natürlich nicht unbegründet, sondern wegen rassistischer Abneigung, wie ich im Standard (Printversion 25.2.11) lesen musste. „I don’t drive black woman.“, soll der Fahrer der Sängerin, als freundlichen Hinweis, mit auf den Weg gegeben haben.
Jetzt kann man sich natürlich fragen, warum sich Politikerinnen – wie Mitglieder von Rot/Grün – erst dann zu einer dieser häufigen Diskriminierungen öffentlich äußern – wenn sie eine Quasi-Prominente betrifft. Aber eine solche Frage wäre überflüssig.

Wesentlich interessanter ist die Frage, warum die FPÖ durch ihren Verkehrssprecher mitteilen lässt, dass man Zweifel am Taxiblues Blues anmelde, also offiziell zugibt, dass man Aussagen einer afroamerikanischen Frau erstmal grundsätzlich keinen Glauben schenkt – selbst wenn sie quasi-prominent ist. Außerdem wäre ein politisches Vorgehen, gegen Rassismus in Taxis, „Taxi-Bashing“, meinen die völlig Blauen. Klar. Sowie das politische Vorgehen, gegen Partei-Freund Muammar al-Gaddafi, auch Tyrannen-Bashing sein dürfte, wenn man so blau ist, sich auf diese Logik einzulassen.

Soviel Ehrlichkeit hätte ich der FPÖ jedenfalls nicht zugetraut und vielleicht ist das ein Schritt in Richtung viel besprochener Transparenz, mit der Parteien ihre tiefsten Abgründe darlegen könnten. Ich warte nur darauf, dass die freiheitlichen Kärntner (die auf Distanz gehaltene Kärntner Zweigstelle der Wiener FPÖ) endlich zugeben, was sie mit Jörg Haiders Leichnam wirklich gemacht haben und seine Mumie allen SteuerzahlerInnen, zur andächtigen Besichtigung, zugänglich machen werden.

Aber auch die betroffene Taxiinnung, gibt erfrischend ehrliche Einblicke, in den inneren Geist ihrer PR-Strategie und Kundenbetreuung. Dort behütet man seine KundInnen vor – und distanziert sich selbst dermaßen – von rassistischer Diskriminierung (die, sollte es jemand vergessen haben, auch im Reich des Ö™ illegal ist), dass man sich nicht einmal vorstellen kann, dass so etwas je vorgefallen sein soll – so frei von Rassismus sind die Gehirne der Taxiinnereien (vor allem jener, die an deren Öffnung stehen); Und sie argumentieren sehr überlegt: Der Taxler könne das oben Zitierte wohl kaum gesagt haben, weil er sicher nicht so perfekt Englisch gesprochen hätte. Zweifelsohne: TaxifahrerInnen aus allen Migrationsgruppen der Welt, die den ganzen Tag TouristInnen und internationale Businessleute durch Wien fahren, unterhalten sich – mittlerweile und zukunftsorientiert – nur noch auf Chinesisch.
Immerhin könnte es auch sein, dass der Taxler die Sängerin nur deshalb nicht fahren wollte, weil er Oper hasst (vielleicht im Speziellen jene Aufführung).

Wer übrigens zufällig keine Opernsängerin ist, wie Frau Blue, aber beispielsweise dunkelhäutig, weiblich und deshalb kürzlich aus einem Taxi geflogen, der sollte sich nicht an die Taxiinnung wenden, denn die beschützt ihre KundInnen so sehr vor Rassismus, Sexismus und Ähnlichem, dass sie solche schlimmen Dinge nicht einmal wagt, in den Mund zu nehmen – ganz nach österreichischer Etikette. Man beschwere sich lieber, wie der Standard informiert, bei gleichbehandlungsanwaltschaft.at – das gilt auch bezüglich Discoinnungen, Restaurantinnungen, Schwimmbadinnungen…etc., aber leider noch nicht bezüglich Arbeitsplatz-, Partei-, Regierungs- und/oder Staatsinnungen – weil dort ist die Existenz von Diskriminierung bereits so stark verboten, dass selbst ihre Wahrnehmung abgelehnt wird.

Freitag, 11. Februar 2011

Raucher als Opfer

Nur selten schau ich mir die Oberfläche der Wiener Bezirkszeitung genauer an, doch diesmal warf euer Schauer sogar ernste Blicke dahinter, nämlich auf den „Qualm-Alarm“ (Ausgabe Nr.6). Da hatte der Herr Neuberger vom Institut für Umwelthygiene (Med. Uni Wien) die Feinstaubbelastung in Wiener Lokalen gemessen. Das Ergebnis war zwar nicht neu, aber es erinnerte mich an einen gewissen Wahnsinn, der in diesem Land als Kulturgut gefeiert wird: Das öffentliche Verbrennen und Inhalieren von Giftstoffen (kurz: Rauchen).

Als ich zu schreiben begann, hörte ich bereits die übliche Jammerei: Dass man sich auch nicht dem Straßenverkehr oder dem Garten-Griller aussetzten dürfe. Ja, wäre ist mit romantischen Lagerfeuern im Sommer, die qualmten schließlich noch viel mehr, als so a Tschik. Sicher, es ist keine gute Idee, sich über ein Lagerfeuer zu beugen oder das Vergaserrohr zu knutschen und dann tief einzuatmen. Aber die Zusatzstoffe , die in einer handelsüblichen, immer noch teuren, Billigzigarette (sprich: Tabak in gestreckter Form) stecken, machen den blauen Dunst zu einem besonderen Erlebnis und dessen Konzentration ist gerade in öffentlichen Lokalen enorm, selbst wenn diese, laut Kompromiss-Regierung, Schutz davor bieten müssten.

Liegt die Feinstaubbelastung „an einer stark befahrenen Straße“ (das „bz“ meint damit offenbar Wiener Gürtel und Ring) bei ca. 120 µm²/cm³, so hat es in typischen Rauchhöhlen, wie dem „Chelsea“ in Wien, 1.383 µm²/cm³ im Nichtraucherbereich!!! - im Raucherbereich: 3.346 µm²/cm³. Aber selbst im „Fledermaus“, wo die Trennung der Bereiche besser funktioniert (3.056 bei den Rauchern, gegenüber 472 µm²/cm³ bei den Nichtrauchern), zeigt sich, dass jene Warnung, die mir einst im Ö1-Journal zu Ohren kam, berechtigt ist: Selbst wenn der Raucherbereich – üblicherweise durch seine gemütlichere Ausstattung und bessere Lage sofort erkennbar – durch eine Trennwand mit Tür (das übliche Modell) separiert ist, bleibt die Feinstaubbelastung im Nichtraucherbereich höher, als im (starken) Straßenverkehr. Dabei sprechen wir nicht von irgendeinem Lercherlschas: „Zigarettenrauch enthält insgesamt bis zu 12.000 verschiedene chemische Verbindungen in allen drei Aggregatzuständen, von denen über 2.000 als Giftstoffe bekannt sind.“, schreibt WikiPedia und die Schadstoffe wandern Hand in Hand mit dem Feinstaub in die Lunge (und manchmal auch ins Gehirn).

Bevor ich fortfahre, muss ich feststellen, dass der Großteil meines Freundeskreises zumindest gelegentlich raucht (ich selbst hörte 2006 damit auf), aber selbst die Kettenraucher unter ihnen, verstehen den Sinn des Raucherschutzes und manch einer von ihnen hätte nichts gegen ein absolutes Rauchverbot in Lokalen. Für selbiges spricht so vieles, dass ich es hier nicht mehr genauer ausführen will. Man reise ins benachbarte Deutschland und mache dort eine Kneipentour.

Die Statistik im „bz“ zeigt, dass 24,6 Prozent aller Wiener mindestens eine Tschik pro Tag verheizen. Da frage ich mich: Was? So wenig? Macht man besagte Kneipentour in Wien, so gewinnt man eher den Eindruck, dass der so genannte Nichtraucherschutz nur dort nicht fürs Klo ist, wo Wirte – selten aber doch – von selbst ein Nichtraucherbeisl einrichten wollten oder mussten, weil sie ein Kindercafe sind oder zugleich Möbel & Bücher verkaufen („Phil“, das dennoch immer voll ist). Ansonsten bedeutet „Nichtraucherbeisl“ in Österreich nur, dass der Nichtraucherbereich größer ist, als der Raucherbereich. In der Regel qualmt es aber beinahe überall. Nicht nur in sämtlichen Lokalen, die großteils zufälligerweise gerade klein genug sind, um sich als Raucherclub deklarieren zu dürfen (das haben die GesetzgeberInnen schlau gemacht); auch auf der Straße. Auf jedes Wiener Hundstrümmerl kommen mindestens zwei RaucherInnen - und das ist bekanntlich nicht wenig.

Sie sind zwar in der Minderheit, dennoch dominieren RaucherInnen den öffentlichen Raum. Man riecht sie, bevor man sie noch sieht und das, dank der Feigheit der Politik, die es sich nicht mit nikotinabhängigen WählerInnen verscherzen will, selbst wenn sie dabei den Gesundheitsschutz der nicht rauchenden Mehrheit verqualmt. So muss ich als Nichtraucher, der auch sein Kind den steten Rauchschwaden auf der Straße nicht aussetzen will, immerwährend Ausweichmanöver absolvieren. Nichts anderes in Gastgärten, sogar unter den Sonnenschirmen des ansonsten rauchfreien Kindertheaters und Beisls „Wiener Dschungel“, setzten sich Unbekümmerte, zwischen eine Schar von (Klein)Kindern und deren Eltern, und beginnen ihr Selbstmordattentat auf Raten (In Deutschland sterben jährlich über 100.000 Menschen an den Folgen des Rauchens).
Oft bekomme ich den Zigaretten-Qualm von, darüber hinaus noch stark parfümierten, Frauen in die Nase, die aber ihrerseits höchstens drei kleine Züge von ihrem Gift verströmenden Mode-Accessoire machen und es die übrige Zeit lediglich, zwischen zwei Fingern, möglichst empor in die Luft gestreckt halten, bis es von selbst verglommen ist.

Es mangelt aber nicht nur am Bewusstsein der RaucherInnen, für die Gesundheitsproblematik ihrer Sucht, in diesem Österreich, sondern auch an jenem der NichtraucherInnen. Immerhin wird der öffentliche Raum nach wie vor von einer Minderheit besetzt, die Süchtigen genießen ihre vermeintliche „Freiheit“ der Abhängigkeit, die Mehrheit der Bevölkerung muss sich in Sonderschutzzonen verstecken. Gerechterweise müsste es umgekehrt sein, wie z.B. in Japan, wo, kulturell bedingt, Respekt vor Anderen mit Selbstachtung einhergeht. Die NichtraucherInnen wehren sich aber kaum, vermutlich, weil die Sache immer schon so war, wie sie ist und damit gibt man sich bekanntlich gerne zufrieden – in unserem zivilisierten Staat. Beispielsweise fand ich zwar eine Facebookseite „Gegen Nichtraucherlokale!!!“, aber keine einzige, auf der man für den Nichtraucherschutz wirbt (weshalb ich alsbald selbst eine einrichten werde).
Dennoch betrachten sich die RaucherInnen als Opfer des „Krieges gegen die Raucher“, wie sogar ein Buchtitel lautet und kurz bevor dieser neue Pseudo-Raucherschutz in Österreich in Kraft trat, fanden sich 2 – 3 sichtliche HerzinfarktkandidatInnen rauchend auf der Mariahilferstraße ein, um für das Rauchen als Menschenrecht zu demonstrieren.

Die Raucher haben hierbei allerdings Recht, sie sind Opfer, denn als Platoniker glaube ich, im weiteren Sinne, dass Schaden zufügen schädlicher ist, als Schaden zugefügt zu bekommen. Im engeren Sinne geht mir die Raucherei trotzdem nicht nur auf die Nerven. Außerdem sind RaucherInnen natürlich Opfer ihrer Sucht und sie sind – aufgrund mangelnder Schutzmaßnahmen – dazu unbewusst oder bewusst genötigt, Anderen, Unbeteiligten Schaden zu zufügen. Wie sollen RaucherInnen (so wie NichtraucherInnen) wissen, dass die gesetzlich abgesegneten Nichtraucherbereiche in Lokalen, gar keinen echten Schutz vor dem unfreiwilligen Passivrauchen bieten? Gut, man könnte sich informieren, aber man wird den GesetzgeberInnen doch auch vertrauen dürfen (dürfen schon, aber klug ist es nicht immer).
Auch wissen viele RaucherInnen nichts von den Machenschaften der Tabakindustrie, ihren ökologischen und sozialen Folgen, beispielsweise in Afrika. Es auch gibt keinen Fairtrade-Tabak, vielleicht, weil Fairtrade verständlicherweise nichts mit diesem Geschäft zu tun haben will, gründet sich die Idee dahinter doch auf Humanismus und Vernunft. Aber selbst wenn die RaucherInnen bescheid wüssten, musste ich, selbst bei durchaus intelligenten Individuen, feststellen, dass diese oft ihre Sucht für sich argumentieren lassen.

Wo bleibt also der Opferschutz? Gegen Alkohol am Steuer gibt es ein Gesetz, gegen das Anpusten von Kleinkindern mit Zigarettenqualm nicht, was vielleicht daran liegt, das stark Alkoholisierte öffentlich auch stärker auffallen, als RaucherInnen, die immer noch zum alltäglichen Stadtbild gehören. Stark Alkoholisierte, in diesem Zustand, hören zudem meist für eine Weile auf, ihr für Dritte lukratives Gift zu konsumieren, während der Raucher (außer im Schlaf) immer weiterrauchen kann und damit irgendwem auch weiterhin Geld einbringt – Zug um Zug (deshalb rauchen sich Billigtschiks, einmal angezündet, auch selbst).
Sinngemäß müsste der österreichische Nichtraucherschutz auch als Tabakindustrie-Schutzgesetz umbenannt werden. Es RaucherInnen-Schutzgesetz zu nennen, währe zynisch, denn wenn die Gesellschaft es nicht schafft, Tabakrauch-Süchtige (denn mit Nikotinkaugummi ist es selten gegessen), vor sich selbst und vor ihrem Schadenspotenzial gegenüber Unbeteiligten, zu schützen, sind sie auch tatsächlich – und nicht nur sarkastisch – als Opfer zu bezeichnen; und es ist bekannt, dass ein Opfer, sofern ihm nicht geholfen wird, selbst zum Täter werden kann.