Montag, 26. April 2010

Sonne entgegen

Mein Laptop steht der Sonne entgegen,
Dennoch tippen meine gewärmten Finger,
Im sanften Sonnenküssen,
Vor dem Menschenküssen.

Ruhend wach die hell gegrünten Blätter,
Im abendlichen Schlafengehen,
Und Blütenzeit so manches Baumes;
Wach geküsst die Erinnerung,
An den Augenblick des vielfachen Ruhens.

Wach bin ich und aufblickend,
Zu dem jungverliebten Paar,
Dem löwenzahnbekränzten Kind,
das seine sonnigen Kreise radelt;
Folgend, den Bällen und Frisbees,
Mit still kreisenden Sonnebällen,
Im Niedersinken des Frühlings,
Auf die lichtdurstige Campuswelt.

Ihr Trinken ist naturgerecht,
Denn sie gibt vielfach Farben wieder,
Und die so vielfarbigen Kinder,
Spenden hinzu vielsprachiges Lachen,
Widerhallend in großen Gesichtern.

Wie selbst die köstliche Sonne,
Weiche ich den wachsenden Schatten,
Verlasse ihre behutsamen Baumgewölbe,
Zögernd ins waghalsige Dunkeln,
Senke mich nieder in seinen Glanz,
Des sterbenden Tages Opferfeuer,
Im frischen Zwielicht,
Elektrik und Himmelsdämmern,
Und über mir brütet ein Rabenpaar,
Im dunkelblaubadenden Geäst.

Sonntag, 25. April 2010

Burkaverbot?

Es ist schön, wenn sich Ministerinnen unterschiedlicher Parteien so einig sind, wie Frauenstaatssekretärin Christine Marek und Frauenministerin Heinisch-Hosek
- noch dazu, wenn beide in einer Regierungskoalition sitzen.
Auch schön, dass man wieder ein völlig überflüssiges Thema fand, mit dem man alle anderen anstehenden politischen Probleme, übertünchen kann. Was interessiert mich das Burka-Tragen anderer Leute? Ich weiß nicht einmal, warum sie sich diese Ganzkörperverschleierung antun: Ur-patriachale Paranoia um die Frau als Besitztum, pervertiertes Körperempfinden, krankhafte Scham, Fetisch, gemeingefährliche Hässlichkeit? Es ist mir im Grunde egal, was man da mit Traditionspflege oder Über-Religiosität entschuldigen will. In einem Staat, wie unserem, müssen sich die Religionsgemeinschaften und (Sub-)Kulturen an Gesetze halten (auch wenn die größte Religionsgemeinschaft des Landes sich diesbezüglich nicht gerade vorbildlich verhält).

Das österreichische Versammlungsgesetz beinhaltet bereits ein Vermummungsverbot (§9), und ich kann mir nicht vorstellen, dass man Personen gestattet, das Finanzministerium, eine Bank oder ein Flugzeug, mit einer Sturmhaube oder einem Strumpf vorm Gesicht zu betreten. Wäre ich ein Bankräuber, wäre die Burka meine Wahl. Damit hat sich die Sache erledigt, es sei denn, man hat a) das sexistische Vorurteil, dass Frauen keine Verbrechen begehen könnten, oder b) zu wenig Fantasie, um sich vorzustellen, dass auch Männer unter Burkas oder Burken stecken können. Wäre ich ein Bankräuber, wäre die Burka meine Wahl.

Muss man darüber weiter diskutieren? Vielleicht sich die Stil-Frage stellen. Ich meine, burkalose Frauen bekleiden sich ebenfalls mit seltsamen Dingen - mit Stöckelschuhen beispielsweise oder diesen überdimensionalen Handtaschen mit den zu kurz geratenen Trägern, mit denen sie durch die Gegend torkeln, wie angeschossene Vögel. Und auch Männer ohne ganzkörperlich verhüllte Ehe-Gattinnen können sich wie, in patriarchalen Macht- und Kontrollneurosen verhaften, wie sexistische Steinzeitaffen benehmen.

Also was? Benötigt jede dämliche Traditionalistengruppierung, jede Religion, jede Subkultur und jeder Verein seine eigens zugeschneiderten Gesetzte? Nein! Wenn es kein umfassendes Vermummungsgesetzt für der öffentliche Gebäude und Ämter gibt, sowie es bei Versammlungen griffig werden kann, so muss man eines machen, allgemein, das dann für jeden gilt. Problem gelöst. Anschließend kann man Burkafetischistinnen anbieten, eine Sondergenehmigung, für das tragen ihrer Lieblingskleidung in besagten Fällen zu erhalten, wenn sie sich einen Sondergehehmigungs-Ausweis an das Tuchgehänge heften. Natürlich muss es ein Lichtbildausweis sein und wie man den, bei Frauen ohne Aussehen, realisieren will, weiß ich auch nicht.

Ist das vielleicht intolerant und unsensibel gegenüber den Traditionen und Spinnerein anderer Leute? Sicherlich. Aber das ist (m)ein echtes Recht in unserer Gesellschaft. Immerhin halte ich mich auch an die Regeln und verzichte, aus Rücksicht auf andere, meine Traditionen voll auszuleben, und spliternackt durch Wiens Straßen zu rennen.

Donnerstag, 15. April 2010

Sprachförderung nur für Migrantenkinder?

Die Grünen fordern verpflichtenden Unterricht für Migrantenkinder, von einer Stunde täglich, in ihrer Muttersprache, um zu verhindern, dass sie weder „die eigene“ Sprache noch Deutsch ausreichend beherrschen. Keine schlechte Idee, denn es gilt als bewiesen, dass die Stärke in der Muttersprache, auch die erlernten Fremdsprachen stärkt.

Dabei sollte aber die individuellen Fähigkeiten, Vorkenntnisse, Familiensituationen der Migrantenkinder und letztlich der Nutzen für sie berücksichtigt werden. Letzterer wird sich so unterschiedlich erweisen, wie die Herkünfte dieser Kinder selbst. Und warum sollte das Migrantenkind, gegenüber dem Nichtmigrantenkind, zusätzlichen Aufwand erfahren, nur weil die Mutter möglicherweise zuhause Türkisch spricht – und was wenn dem gar nicht so ist?
Statt einer verpflichtenden Unterrichtsstunde in der Muttersprache, die daheim gesprochen wird, sollte es eine verpflichtende Nachhilfestunde sein, die im Fall der Notwendigkeit verordnet wird – nicht nur für Migrantenkinder, sondern ebenso für Kinder alteingesessener DeutschsprecherInnen, sofern deren Sprösslinge ihre Muttersprache ebenfalls unbefriedigend sprechen und schreiben. Private Flexibilität also, in staatlichem Fundament, anstelle des bisherigen schulsystematischen Drüberbügelns.

Auch eine Stunde pro Tag - was viel ist - garantiert nicht unbedingt den Lernerfolg, wenn sie als Zwang, nicht aber ihr Zweck, verstanden wird. Die beste Sprachförderung ist - und das gilt für alle Unterrichtsfächer - die Liebe zur Anwendung zu fördern. Kinder sind, meist bis zu Beginn der Schulzeit, sehr lernbegierig, man könnte Stunden ersparen, indem man auf ihre Neugierde baut und die Nachhilfe dem entsprechend gestaltet. Zudem könnte es Nichtmigrantenkindern keinesfalls schaden, wenn sie ebenfalls etwas über Kultur und Sprache ihrer Migranten-Kameradinnen lernten. Die Muttersprache, ihr Fremden,(mit)teilen zu können, kann Spaß und Verständnis machen.

Mittwoch, 14. April 2010

Whisk(e)ygeruch

Jedem einen anderen Traum,
Birgt das Riechen am guten Whisk(e)y:
Mir einen pointierten Bilderstromschlag,
Kühlfeuchte Landstraße der Highlands,
Fremdvertrauter Felderweiten.

Da etwas unbekanntes Schottirisches,
Heimelig bin ich durchs Auto gehend,
Aufwegs ¬ ins wunderbar Beunruhigende,
Es nie erreichend endlich erreichend,
Das, was im Dämmerschein dämmert.

Hallein entsteigt dem Wiesennebel,
So wie Salzburg, jedoch exotischfremd,
Darum als gutes Heimweh, ohne Qual,
Und Natur bleibt mir beiderseits,
Der Wasser uns gewahrt.

Gerettet bin ich darin all indem,
Ich laufe über nassgrünes Gras,
Die Mutter groß trägt meine Schritte,
Und mein Bruder umweht mir’s Gesicht,
Liebkosend und immer trostvertraut.

Die Angst ist da, die Vergangenheit,
Und sehnsuchtsvolles Atmen im Wasser,
Hoffnungsvolle verheißungsvolle Fülle,
Im Leeren im Vollen des Traumankommendenbewegens,
An Erwartung und AnNa.

Dies im Nasensog, am Rande,
Eines Whisk(e)y-Nosingglas Berührung,
Hart am Material, weich im Aroma,
Und bildhaft dem abstrakt Filternden,
In unbestimmbarer Bestimmtheit,
In undeutlicher Eindeutigkeit.

AnNa und der Tod

AnNa!
Dies das Konzept, dies der Tod,
Aber dieser die Befreiung vom Leben,
Noch bevor er es beendet,
Wie lange davor es sei,
Es ist ungewiss.
Gewissheit also dass der Tod ist,
Befreiung schon im Leben,
Dies das ist’s Leben,
(Von hinten wie von vorn,)
AnNa!

Dienstag, 6. April 2010

Die Würde des Sterbens

ÖVP und der Dachverband der Hospiz und Caritas, fordern (von der SPÖ) eine Verankerung des Verbotes von Sterbehilfe in der österreichischen Verfassung. „Jeder Mensch hat das Recht, in Würde zu sterben“, spricht die Dachverbandspräsidentin Klasnic (Quelle: Der Standard; 2. April. 2010). Der Anspruch auf Sterbebegleitung und Schmerzmittel gehörten dazu. Die Möglichkeit auf einen raschen, schmerzlosen, Tod im, Kreise der Liebsten, dem nach nicht.

Ist es nun die ängstliche Auseinandersetzung mit dem Unvermeidlichen, die extreme, vielleicht irrtümliche Konsequenz christlicher Glaubenslehren, die diese Verfassungserweiterung motivieren? Oder gibt es andere abstruse Gründe, die ich nicht erkenne? Vielleicht die Einnahmeneinbuße durch zu früh sterbende Menschen, in den entsprechenden Pflegeeinrichtungen? Will man die letzte Stunde der Sterbenden, so lange wie möglich verschieben, um ihnen – oder ihren Angehörigen – so lange wie möglich Gebühren verrechnen zu können? Herrscht hier vielleicht ein allgemeines, kollektives Feindbild vom Tod, in den Köpfen dieser Leute?

Wenn ein Mensch zunehmend verfällt, schrecklich langsam dahinsiecht, um nicht viel schneller zu sterben, dabei, über die gesamte Zeit seines Leidens, an Schläuchen, die in seinen zerfallenden Körper ragen, hängen und in einem Krankenhausbett liegen muss, voll gestopft mit Schmerzmittel, auf die er sein nicht mehr zu nützendes Dasein, in einem lähmenden Delirium verbringt, weil alle um ihn hoffen, er möge noch nicht sterben, obwohl er bereits im sterben liegt, dann weiß ich nicht, was das mit der Würde des Menschen zu tun haben soll. Die Toten können nicht mehr von ihrer Folter berichten, sie sind bis zum Schluss in vorweggenommener Starre gehalten, mein noch lebender Verstand aber sagt mir: Bevor ich wochenlang in einem Krankenbett dahin krepiere und leide, will ich, dass mir ein Freund, ein geliebter Mensch, dem ich vertraue, den Todstoß schenkt.

Ich fürchte das Sterben, nicht den Tod. Während Sterbehilfegegner die künstliche Verlängerung dessen, was ich fürchte, in Verfassungsrang heben möchten, um das, was die Erlösung von allem Leid des Lebens ist, möglichst lange hinauszuschieben. Ist das katholische Nächstenliebe (ÖVP, Hospiz, Caritas), oder perverser, religiöser Sadismus? Wie viele Flagellanten stimmen dafür, wer ist der Meinung, dass wir uns durch unaussprechliches Leiden von der kranken Idee der Erbsünde befreien müssten, ehe wir dieses Leben verlassen dürfen?
Steckt hinter all dem die Furcht der Angehörigen, möglicherweise die Verantwortung für den vorzeitigen Tod eines Verwandten übernehmen zu müssen? Soll die Furcht eines Menschen verhindern, das Leid eines anderen zu beenden?

Warum wird überhaupt die Verfassung bemüht? Es sieht nicht so aus, als ob man legale Sterbehilfe in näherer Zukunft anstreben würde. Auch ist ein Verbot der Sterbehilfe, nicht das Gegenteil von der Entwürdigung des Lebens. Wer Sterbehilfe verbietet, schafft damit keine Würde. Man kann das Sterben schließlich nicht verhindern, man kann seinen Vorgang lediglich beeinflussen.
In der Verfassung müssten universale, grundlegende Rechte verankert sein: Die religiöse Paranoia vor der unabwendbaren Gewalt des Todes, bei gleichzeitiger Bejahung der Hinauszögerung des Sterbens, gehört nicht dazu – es sei denn, die österreichische Regierung (SPÖ inklusive) gesteht sich endlich ein, dass die Trennung von Religion – das heißt bei uns: römisch katholische Kirche – und Staat, gescheitert ist.

So komme ich auch dazu, den eigentlichen Grund zu nennen, den ich hinter dieser Forderung vermute. Die verinnerlichte, religiöse Annahme, dass die Guten nach dem Tode belohnt, die Bösen aber bestraft werden – was eine schwarz-weiße Weltsicht voraussetzt –, muss eine Panik unter den Rädelsführer/innen dieses Verfassungs-Bestrebens ausgelösen. Sie glauben zu wissen, dass die Hölle sie erwartet. Dies vielleicht weniger, wegen der „Sünden“ – dem Falschparken mit Fahrerflucht, der Steuerhinterziehung, der Selbstbefriedigung im Bad und/oder gelegentlicher homosexueller Fantasien – die sie begingen, sondern viel mehr, weil sie eines vermuten: Der himmlischen Delegation gehen, vor Angst das Gehirn ausschaltende Seelen, furchtbar auf die Nerven. Deshalb versuchen sie, ihr Hinübergehen ins Jenseits so lange wie möglich hinaus zu zögern.
Jesus starb bereitwillig für ihre/unsere Sünden. Auch er hatte Angst. Aber war es kein Glück im Unglück, dass jener Römer ihm den tödlichen Speerstoß verpasste, auf das er nicht, wie andere Gekreuzigte, tagelang leiden hatte müssen? Hätten die Katholiken von Heute es lieber gesehen, wenn unser geliebter Jesus, von Hospiz-Mitarbeiterinnen und medizinischem Personal, auf seinem Kreuz hängend, am schmerzerfüllten Leben erhalten worden wäre, statt seinen Geist alsbald dem Vater in die Hände legen zu können? Hätten sie es gerne gesehen, wenn er dort tagelang dahin-gestorben wäre? (Kreuzigung ist übrigens eine Mischung aus Hinrichtung und Folter.)

Vielleicht ist das der Grund, warum sie die plastische Figur, ihres halbnackt sterbenden Heilands am Kreuz, anbeten und küssen. Sie stehen drauf: Strafe statt Erlösung, Selbstmitleid statt Mitleid. Wir müssen alle leiden, so lange wir können, vorzeitige Ausflüchte sind Sünde, denn nur größtmögliches Leiden bedeutet Reinigung, die wir uns bis zum unvermeidlichen Schluss aufheben wollen. Diesen scheinbaren Grund-Satz wollen sie in der Verfassung festsetzten. Dieser Grund-Satz ist allerdings etwas Menschenunwürdiges und zeigt, wie wichtig, eine echte Trennung von Staat und religiösen Masochisten, notwendig wäre.