Mittwoch, 16. Dezember 2009

Bankenkrise: Fragen eines Laien

Die Hypo-Alpe-Adria ist also Pleite gegangen. Die allgemeine Wirtschaftkrise sei schuld, sagen jene, die weniger zu den Experten zählen, als jene, die meinen: Die Spekulanten seien schuld. Zwar hängen beide, in letzter Zeit häufig gebräuchliche Begriffe, in diesem finanziellen Fiasko, zusammen, dennoch unterscheiden sie sich: In der Schuldzuweisung ist wichtig, ob nun ein abstraktes, weltweites Phänomen (mit weniger abstrakten Folgeerscheinungen) als Problem identifiziert wird, oder einzelne, strafbare Personen, eben so genannte Spekulanten, die falsch agierten und sich von falsch Agierenden falsch beraten ließen, allerdings im vollen Bewusstsein des Risikos, das die Bank eigentlich selbst nun gar nicht mehr trägt, sonder der verstaatlichende Staat – die armen Verlierer im verantwortlichen Management, verabschieden sich mit fetten Abfindungen. Die finanziell Überlebenden, beginnen das Risikospiel erneut – mit erhöhter Gier, um das Verlorenen wett zu machen. Freie Finanzwirtschaft, deren Risiko allerdings doch irgendjemand trägt, nämlich die unten Übrigbleibenden, die ArbeitnehmerInnen und andere SteuerzahlerInnen.

Erste Laienfrage: Ist die freie Finanz/Marktwirtschaft nicht demnach eine Farce? Selbst Christoph Leitl zürnte zu Recht, dass Unternehmen (die produzieren statt zu spekulieren), bei einer Pleite, das volle Risiko schließlich auch selbst tragen müssten. Aber die Ungerechtigkeit geht auch dahin, wo teilweise nicht nur sprichwörtlich der Pfeffer wächst. Die Industrieländer, mit ihren subventionierten Produkten und ihren, bei aller Blödheit, Immunität genießenden Banken, mit privatisierten Gewinnen und verstaatlichten Verlusten, loben permanent die globalisierte, freie Wirtschaft. Die Yuppies sprechen immer noch von einem gerechten Konkurrenzkampf auf den Märkten, einem wohl verdienten Lohn für das Management, aufgrund der hohen Verantwortung, die es trüge. Schmierig glatter Hohn: Das Management muss sich keinesfalls verantworten – zur Not übernehmen die Steuerzahler – und es trägt, bei den hohen Abfindungen für das eigene Versagen, auch keinerlei persönliches Risiko.

In Ländern, wo nicht nur Pfeffer, sondern auch unser Kaffee, unser Tee, unser Tabak, etc. wächst, sieht das anders aus: Dort leben die, die bei jeder Weltwirtschaftskrise letztlich den größten Scherben auf haben und die propagierte Freiheit auf dem Weltmarkt steht ihnen nicht zur Verfügung – auch nicht deren fetten Profite. Sie dürfen lediglich die Kosten der Freiheit der anderen tragen, für ein paar Almosen. Was den westlichen Industriestaaten einmal gut täte, für ihre Horizonterweiterung, wäre, wenn sie einmal von ihrer eigenen Medizin kosten müssten – von jenem Liberalismus, den sie nichtwestlichen Märkten, in den ärmeren Ländern zumuten. Wäre es da nicht so zusagen gesundheitsförderlich, die Hypo-A-A in ihre selbst verantwortete Pleite gehen zu lassen? Damit andere Banken wieder auf den Boden der Realität gebracht werden, beispielsweise. Wer oder was riskiert, sich verspekuliert und verliert, letztlich nicht mehr funktioniert, geht drauf: Das ist die „harte Wirklichkeit“, die diese Schlipsträger und (seltener) Kostümträgerinnen im „Top“-Mangement, gerne anderen obergescheit (Arbeitnehmer, Arbeitslosen, Entwicklungsländlern) unter die Nase reiben.


Wie sagte einer der Verantwortlichen unlängst: Das Bankgeschäft ist immer ein Risikogeschäft.

Die dritte Laienfrage: Ja? Wenn tatsächlich „Ja“, dann warum? Und vor allem: Für wen. Die Zeche im Fall der Hypo-A-A zahlt der Staat. Warum er dies tut, und die gesamte Bank übernimmt, – „Kaufen“ wäre der falsche Begriff, denn die Ex-Eigentümer gaben dem Staat insgesamt sehr viel Geld, damit die Regierung die volle Verantwortung übernimmt - wird mit der Systemrelevanz der Bank erklärt. Das soll bedeuten: Wenn die Steuerzahler nicht für die Schulden dieser Bank aufkommen, geht alles, aber auch alles in den Arsch – wie manche behaupten – oder – wie andere behaupten – käme die Causa für den Staat noch teurer, da er das, mit der Bank pleite gegangene, Land Kärnten teurer erretten müsste – und erretten muss er es auf alle Fälle.

Hier wieder das Unverständnis des Laien: Wäre es nicht billiger, das Land Kärnten zu retten, als dessen Schulden zahlen und zusätzlich eine Rottbank sanieren zu müssen? Und: Wie, zum über den Überresten Kärntens segelndem Pleitegeier, kann eine Pleite gegangene Bank, eine Pleitebank also, überhaupt systemrelevant sein. Und wieder die Frage: Für welches System? Für wen, wem nütz das? So viel wir wissen (auch wir Laien), gingen reichhaltige Investitionen in Pleiteimmobilien Kroatiens drauf – neben den Investitionen in die Kärntner Landespolitik des BZÖ. Ist die Bank also für das Spekulationssystem und die politische Freunderlwirtschaft systemrelevant? Und nicht alle Finanzexperten bestätigen, dass sie überhaupt systemrelevant ist – zumindest Experten außerhalb des bayrisch-österreichisch-osteuropäischen Einflussbereiches (den Investitionsgebieten der Bank).

Nun kam aber sehr viel Geld von den ehemaligen Eigentümern, und die Bayern LB schickte dankbar den Löwenanteil davon, damit die Verstaatlich geschmiert laufen kann. 1 Milliarde Euro (1 Milliarde Euro!) bekam der Staat Österreich dafür, damit sich die Regierung endlich zu hundertprozentigen Übernahme entschloss. Wer in der Regierung sich von den insgesamt, glaube ich, 1,5 Milliarden Euro ein wenig Taschengeld einbehalten kann und wird, ist eine andere, eine weitere Frage. Oder vermag jemand (der kein Regierungsmitglied ist) zu kontrollieren wohin und durch welche Hände diese enorme Summe geht? Ich kann es nicht und selbst der Rechnungshof hat in den letzten Jahren aufgezeigt, dass ihm schlicht Einblick und Überblick fehlt, und hat er beides doch und kritisiert die Regierung entsprechend, hört diese ohnehin nicht auf ihn, weil sie es offenbar nicht nötig hat. Österreich ist pro Pforz. Eine Stätte der Korruption, wie die vielen weiteren, ungelösten Fragen der Staatsanwalt in Kärnten erahnen lassen – die wie andere Rätsel, die im Argen zuhause sind, wahrscheinlich nie beantwortet werden. Nicht die (kärntnerische) Politik ist das Problem, sondern die Korruption, also die (kärntnerische) Politik. Die Ausreden gehen langsam zur Neige, Zeit für das gute, alte Köpferollenspiel. Zeit den Versprechen nach mehr Kontrolle der Finanzmärkte, Taten folgen zu lassen. Die anderen Länder wollen auch nicht? Na und? Irgendein Staat muss damit anfangen.