Montag, 19. Oktober 2009

Unsere Zeit im Bild - 14.10.09

Die Fernseh-Nachrichtensendung des ORF „Zeit im Bild“ zeigte, an diesem Abend, eine erschreckend zynische Collage unserer Zeit: Da kommentierte ein Bericht über die Gehaltshöhen von Bankern an der Wallstreet, den Mangel an Respekt gegenüber der Masse der SchlechtverdienerInnen, deren Steuergelder erst im letzten Jahr den Fortbestand jener Unternehmen sicherten, deren Manager sich durch Mammon zum neuen Adel der Welt krönen lassen. Daraufhin folgten neue Daten und Statistiken über den Hunger in der Menschenwelt. Ungefähr jeder sechste Erdenmensch hungert, meist als Bewohner der Erdteile Asien und Afrika. Der Hunger stieg demnach seit den 90ern des letzten Jahrhunderts nach Christus wieder stark an. Schuld sei die Wirtschaftskrise, das sinkende Einkommen vieler Menschen bei wachsenden Preisen auf Grundnahrungsmittel. Das betrifft die Mehrheit in den reichen Ländern ebenso, die Mehrheit der armen jedoch stärker.

Auf dem dürren Fuße eines unternährten Kindes im Fernsehbild, folgte der Beitrag über einen in Wien gastierenden „Star-Designers“ aus Frankreich, dessen Namen ich nicht kannte und auch wieder vergessen habe. Er stellte sein neuestes Küchenkonzept vor und meinte mit seinem Design an „der Demokratisierung“ teilgehabt zu haben: Höhere Qualität bei niedrigeren Preisen – was mich an IKEA denken lässt. Für die Mehrheit erschwingliches Mobiliar und Zeug für die Wohnung, wird größten teils billig in Asien produziert, wo Arbeitsrechte und Lohnniveau den Regimen beider oft genannten Himmelsrichtungen förderlich sind; und eben auf diesem Kontinent hungern statistisch mehr als 640 Millionen Personen. Natürlich hungern sie mehrheitlich in jenen Gebieten, in denen nicht kosteneffizient für den Westen geschuftet werden kann – dort wird nach anderem gehungert – jedoch an dessen Peripherien. Afrika aber, mit seinen großen Produktionsflächen, beispielsweise des billigen Tabaks, den sich die Völker Europas und Nordamerikas mittels chemisch aufbereiteter Zigaretten in die kränkelnden Lungen saugen, hat, bei allem Interesse der führenden Industrienationen an seinen Schätzen, für über bald 300 Millionen nichts zu essen.

Der Fernseh-Bericht über diesen Schrecken wird eingeklemmt, zwischen dem irrsinnigen Gehaltsniveau der TopmanagerInnen diverser Investment-Banken und dem Auftritt eines französischen Designers, dessen Werke angeblich (direkt oder indirekt) nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken sind und der nun in Fernsehen und Ausstellung eine Küche präsentiert. Bei solchem Themenwechsel kann einem wahrlich schwindelig werden. Aber frei von Schwindel lassen sich gewisse Zusammenhänge in den zusammengehängten Zeitbildern erkennen: (Geld-)Gier überall, Armut und Hunger dort, und die kulturelle Verehrung des Überflüssigen hier, schwemmen einher, als grauenvolle Bilderkonstellation, im Nachrichtenmedium unsere Zeit.

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