Freitag, 30. Oktober 2009

ÖVP-Demagogie in den Tagen der Studentenproteste

Es ist zwar nicht recht, aber durchaus billig, wenn ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger die Studentenproteste, mit ihren Hörsaalbesetzungen, als “Partys” bezeichnet, die auf Kosten der hart arbeitenden Bevölkerungsschicht gefeiert werden. Seltsamerweise erwähnte ausgerechnet er von diesen fleißigen Steuerzahlern explizit Gruppen, die man üblicherweise als Klientel des Koalitionspartner betrachtet, wie beispielsweise die schweißgebadeten Stahlkocher der VÖST. Doch hat er nichts zu verlieren, denn mit seiner kleinkarierten Demagogie, die beim Großteil seiner Zuhörer trotz ihrer Kurzsichtigkeit wirken wird, spielt er Bevölkerungsgruppen gegeneinander aus, um die sich seine Partei traditionell nie sonderlich gekümmert hatte - es sei denn sie saßen hier oder da in der Chefetage.

Die Kleinkariertheit seiner geschickten, aber ignoranten Ansprache, drückt sich auch in den tatsächlichen Relationen aus, die hinter seinen Anschuldigungen stecken. Es wird zum größten Teil im besetzten Audimax, in Wien, unentgeltlich gearbeitet; zu einem vergleichsweise geringen Teil wird das Erreichte wohlverdient gefeiert (meist feiern ohnehin nur die Besetzungstouristen, während die eigentlichen Besetzter die Schaulustigkeit zu organisieren versuchen). Und die Kosten, die der Protest verursacht, sind ebenso lächerlich, wie der Zuschuss, den Hahn plötzlich aus einer Seitentasche seines Ministeriums zu beuteln vermag. 100.000 Euro geschätzter Protestschaden? Dafür, dass die Arbeitsgruppen der StudentInnen die eigentliche Arbeit ihrer Übergeordneten leisten, indem sie an Problemlösungen arbeiten? 34 Millionen Euro zusätzlich für sämtliche österreichische Universitäten? Ich bitte sie: Soviel wie die Studierenden vergleichsweise in der kurzen Zeit organisiert und herausgearbeitet haben, ohne dafür bezahlt zu werden, schaffen die meisten PolitikerInnen dieses Landes im Laufe ihrer gesamten Karriere nicht, egal wie viel man ihnen bezahlt. Das gilt nicht weniger für die Banken- und Börse-Spekulanten, die mit ihren simplen Finanz-Computerspielchen andere ins Unglück stürzen.

Doch während das eigentliche Klientel der ÖVP, die Spekulanten des Banken-Wanken, die teilweise meinten, dass sie es gar nicht notwendig haben, 50 Milliarden Euro an Spendengeldern zur Verfügung gestellt bekommen, erhalten die Universitäten einen Bruchteil davon - woran der neueste hahnsche Zuschuss auch nichts ändert. 34 Millionen! 100.000! Für solche Beträge unterbrechen österreichische BankerInnen nicht einmal ihre Raucherpause.

Wer erkennt, dass angeschlagene Banken staatliche Unterstützung benötigen, weil die Stabilität des Finanzmarktes an ihnen hängt; müsste im Grunde auch die keinesfalls geringere Wichtigkeit funktionierender Universitäten verstehen; und wenn das der Fall ist - wie selbst der Bildungsminister einen glauben lässt -, so verstehe ich nicht, warum die Universitäten nicht die selbe Unterstützung erhalten, wie die Banken. Vielleicht will man weiterhin das akademische System Österreichs - ähnlich wie das Sozialsystem - von schlecht bezahlten oder freiwilligen, aber dafür motivierten, Angestellten und Studierenden tragen lassen? - Weil man glaubt nicht helfen zu müssen, solange die Unteren den Laden mit Tapferkeit, Verzweiflung und Ideenreichtum am Leben erhalten. Aber wenn dem so ist, sollten ÖVP-Demagogen nicht gegen jene jungen Menschen wettern, ohne die das in ihrer Verantwortung stehende Regierungs-Ressort noch erbärmlicher aussehen würde, als es jetzt der Fall ist. Warum Kaltenegger es dennoch tut, kann man nur mit seiner Ambition erklären, sogenanntes politisches Kleingeld zu machen, die er wiederum seinem Kanzler und Koalitionspartner unterschwellig vorwirft, indem er ihn seiner eigenen Methoden nachzugehen “verdächtigt”.

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