Freitag, 25. September 2009

Ein Er wird Sie aber keine Herrin (über Irgendwas)

Sobald ich das de facto Väterliche in meinen - auf der Straße sichtbaren - Habitus aufzusaugen begann, wurde ich offenbar endgültig dem Rang der Jugend enthoben: Von da an war ich ein dauerhaft Gesiezter; ein Sie-Typ, und das, obwohl ich eigentlich ein Er bin. Immerhin geht mit dem Sie-Status automatisch auch eine gewisse Herr-schaft einher, deren Ausmaße mir aber bisher noch nicht mit- oder zugeteilt wurden. Ich bin also lediglich dem Titel nach zum „Sie“ geworden, der gleichzeitig ein „Herr“ ist.

Ob da etwas verwechselt wurde, nach einer der Lautverschiebungen im deutschen Sprachraum? Als Mann ist man genauso „Sie“ wie Sie. Mann ist also nach der Jugend und trotz immer noch vorhandener Potenz ein „Er“ gewesen, aber trotzdem ein „Herr“, während Frau im selben Alter unverständlicherweise deshalb aber noch keine „Herrin“ wird, wiewohl sie nicht minder „Sie“ ist. Sie ist als „Sie“ einfach nur „Frau“; ganz so, als ob das ohne diesen Titel nicht erkennbar wäre.

Vielleicht ist der Titel „Herr“ bei uns Herren aber auch nur eine Erweiterung der während der Jugend für uns oft verwendeten Titulierung „He!“. Da zeigt sich die Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern unserer deutschsprachigen Gesellschaft. Frauen werden nicht nur bei gleicher Leistung schlechter bezahlt als Männer, sondern bekommen auch bei gleicher Reifestufe weniger Titel: Denn auch ex-jugendliche Frauen gelten auf der Straße oft noch als „He's!“, wenn auch mit drei E's und einem provokanten Pfeifton versehen.

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