Sonntag, 31. Mai 2009

Eine Heimat

Müdigkeit,
O Dämmerung in meinem Kopf,
Es legt Röte sich an,
Die Hänge meines Versinns,
Zum Nachtblütenwuchern.

Ob du gehst,
Ob du bleibst,
Ob du kommst,
Hier bin ich nun -
Denkend, versend,
Sinnend, reisend,
mit mir in Gedanken.

In Wien,
In dieser Stadt,
Mit Freundlichkeit,
Mit Gehässigkeit,
Zu allem bereit bin ich.

Furchtlosigkeit,
Doch zittert mir das Herz,
Käferfühlergleich,
Euren Schritten zugegen.

Ob ihr kommt,
Ob ihr bleibt,
Ob ihr geht,
Hier begegne ich euch,
Furchtlos, zitternd,
Fühlend, schreitend.
Mit euch in Gedanken.

Einigkeit,
O Kreis meiner Sinne,
Meines Nabels,
Meines Sonnengeflechts,
Meiner Genitalien,
Meines Gehirns,
Füße, Beine,
Hände, Arme,
Ich atme,
Ich ströme,
Ich recke mich dem Licht entgegen.

O Sonne, Bruder Wind,
Erde Liebe, Regen Freund,
Auf städtischem Gemäuer errichtet ihr mir eine Halle des Lebens,
Heim und heimwärts,
Kosmos im Kosmos.
Wohin ich auch gehe,
Wo ich auch bleibe,
Woher ich auch komme.
Also Heimat nun.

Freitag, 29. Mai 2009

Der Griff ins Klo

Jede Stimme für die FPÖ ist ein politischer Griff ins Klo. Das wusstet ihr nicht? Dass es sich um Verschwendung des demokratischen Mittels eigener Wahl handelt, wenn man dem inhaltsleeren Palavermentsklüngel sein Kreuzerl schenkt? Zwar gibt es Kommentatoren, die den Blaumännern und wenigen Blaufrauen rechtsextreme Gesinnung und Ideologie zuschreiben, also ein gewisses politisches Profil, selbiges füllt aber keineswegs die Inhaltsleere der Politik dieser Partei. Wer so weit rechts, links oder überhaupt außen – vom Kreise demokratischer Ideen aus betrachtet – sich bewegt, wie beispielsweise H.C Strache, bleibt ein Heißluftgeist (und kein heißer Luftgeist).

Manche beschreiben gewisse Parallelen einzelner FPÖ-Akteure zur frühen Propaganda des Nationalsozialismus, aber auch durch diesen wäre deren Politik nicht inhaltsvoller – Schließlich bestand die Politik der Nazis im primitiven Anwenden unterschiedlichster Gewaltmittel, zur Stillung ihrer grauenvollen Machtgier. Ein solches Handeln ist nicht politisch, sondern räuberisch. Denn ein Politiker agiert inmitten einer Gesellschaft, als Teil einer Gesellschaft; ein Räuber hingegen agiert außerhalb der Gesellschaft, als ein sich gewaltsam über sie Erhebender. Man kann den Nazis nicht einmal intelligente Verbrechen zuschreiben, nur weil ihr bisschen Verstand sie dazu befähigte, die Werkzeuge der Logistik und des Militarismus einzusetzen. Dies schaffen auch minderjährige Stubenhocker in entsprechenden Computerspielen.

Also: Selbst wenn ihr die Ansichten und Meinungen der FPÖ-Strolche teilen solltet, ist das noch kein Grund sie zu wählen. Selbst wenn ihr gerne Untergrund-Faschisten spielen möchtet, wird euch die Wahl der FPÖ nichts nützen. Sprayt Hakenkreuze an Werbeflächen, bestellt euch drei Bier auf einmal (wobei man auch schon Junge Volksparteiler in Vorarlberg erwischte), rülpst einem Asylwerber ins Gesicht, denn damit macht ihr das, was man rechtsextreme „Politik“ nennt. Aber die FPÖ zu wählen ist als würdet ihr eure chauvinistischen, hetzerischen Parolen zuhause in die Bettmatratze brüllen – möglicherweise emotional befreiend, aber ansonsten sinnlos.

Alternativen? Ihr könnt euch dafür einsetzten, dass Maria Fekter Bundeskanzlerin wird. Dann habt ihr eine Rechte, die auch zu handeln, meist misslich, also zu miss-handeln versteht.

Übrigens! Wenn ihr nicht wusstet, dass euer Griff ins Klo ein politischer ist, sei hier gesagt: Eine Wahl ist tatsächlich immer noch eine politische Handlung. Sollte Strache eines Tages in der Lage sein, seinem russischen Vorbild Putin realpolitisch nachzueifern, würde sich das freilich ändern und ihr könnt getrost Hirn und Verantwortung, also eure Mündigkeit, an die neue Oligarchie abgeben – die machen dann Erdgas daraus. Bis dahin trägt jeder Wähler und jede Wählerin, als EntscheidungsträgerInnen, auch politische Verantwortung. Wie dumm!

Sonntag, 24. Mai 2009

Lebenswasser der Demokratie

Neofaschistoide Jugend in Ebensee; eine „Ungarische Garde“, die sich für eine gelungene Mutation aus Katholizismus und Faschismus hält; eine „Nationale Partei“ in Tschechien, welche die „Endlösung der Zigeunerfrage“ fordert: In den mitteleuropäischen Wohlstandsdemokratien gären die faulen Säfte der ruhmlosen Vergangenheit.
Wie kann das passieren, fragen sich BürgerInnen, PädagogInnen, LehrerInnen, PolitikerInnen und Erziehungsberechtigte in der gesamten EU. Indessen halten die Büsten einstiger Vordenker und Vordenkerinnen, aus den Fenstern österreichischer Bildungsanstalten, Ausschau nach besserem Wetter.

In ihren Räumen quält sich ein Großteil der Schülerinnen und Schüler damit, Lesen und Schreiben, ein wenig Kopfrechnen, sowie die ungefähre Position ihres Heimatlandes im Wirrwarr der Staatsgrenzen zu lernen; im weiteren Verlauf wird auf ihre bestmögliche Produktivität am Arbeitsmarkt hingearbeitet, während die Medien die Erziehung zu braven Konsumentinnen und Konsumenten vornimmt. Der Mensch als politisches Wesen verwahrlost zwischen Berufseignungstests und Süßigkeiten.

Offenbar genügt es einer Demokratie nicht, wenn ihr Humus sich aus Konsum, Wohlstand und Unterhaltung zusammensetzt – Politische Bildung im Geiste von Demokratie und Republik wäre das nötige Wasser für den welkenden, inneren Korpus des demokratischen Staates. Wohlstand allein garantiert Demokratie nicht; Fastfood, schnelle Autos, Stöckelschuhe und die Freiheit sich jeden Dreck ins Gehirn zu ziehen, bewahren die Republik nicht.

Es sollte zu den Pflichten der Verantwortlichen gehören, an den Schulen im Geiste der Demokratie und der Menschenwürde unterrichten zu lassen, im erneuerten und sich stets erneuerndem Sinn der Aufklärung. Das aktuelle demokratische System, wenn nicht Demokratie im Allgemeinen, ist ein politisches System der Gebildeten. Seine Wurzeln liegen in der Philosophie und der Aufklärung.

Ohne aufgeklärte und gebildete politische Akteure kann eine Demokratie nicht dauerhaft bestehen. Politische Akteure sind in einer wahren Demokratie alle Menschenwesen, die dem demokratischen Staat angehören (oder von seinem Einfluss direkt betroffen sind). Jeder Bürger und jede Bürgerin muss daher ausreichend politisch gebildet und aufgeklärt sein. Eine solche Bildung zu erhalten ist in einer Demokratie das Recht jeder Staatsbürgerin und jedes Staatsbürgers, sie anzustreben und zu pflegen deren Pflicht, ansonsten verkennen sie die Demokratie und sind ihrer weder befähigt sie auszuführen noch ihrer würdig.

Mündigkeit wird in einer wahren Demokratie nicht vom Gesetzt gegeben, sondern allein durch Bildung und Denken erlangt. Eine demokratische Gesellschaft, die auf politische Bildung und Aufklärung nicht ausreichend Bedacht hält, wird zugrunde gehen – früher oder später. Niveaulose Gratis-"Zeitungen" (und manche Blätter für die Leute freiwillig bezahlen) oder Wahlkampfplakate so genannter "Freiheitlicher" (das heißt Frei-von-Verstand-und-Anstand-Seiende), sowie deren Erfolge, sind Vor- und Warnzeichen dafür.

Freitag, 15. Mai 2009

Reden um Kopf und Anstand

Was soll Maria Theresia Fekters Äußerung über den Vormarsch gegenseitiger Provokationen bedeuten, die bei ihrer „Analyse“ zum Überfall jugendlicher Neonazis auf Teilnehmer der Gedenkfeier, zur Befreiung des KZ Ebensee, aus ihr heraus plumpste? Nichts vermutlich, das uns demokratischen BürgerInnen etwas anginge. Es handelt sich nämlich um eine Art subtiler Botschaft, die sie – typisch ÖVP – potentiellen WählerInnen des rechten Abgrundes zuwispern möchte: Macht euch keine Sorgen, ihr ganzheitlich gestörten, selbst-misstrauenden, intellekt-phobischen Trottel und Trottelinnen des Landes: Wir werden die Situation schon relativieren, sodass auch die Gegenseite – der bisher unbeteiligte linke Urgrund – in die peinliche Causa involviert wird.

Wo kämen wir hin, wenn im Staate der Rechtsextremismus diskutiert und man dabei nicht auch die gewaltige Gefahr des Linksextremismus, wenigstens zwischen den Zeilen, anschneiden würde. Diese Linken - mit ihrer intellektuellen Potenz, ihrer Kapitalismuskritik und ihren ständigen antifaschistischen Aktionen, bei denen sie unter anderem unschuldige Rechtsextreme, bei ihren Propaganda-Aufmärschen in der Innenstadt Wiens, stören – die sind eine wirkliche Bedrohung. So wie sexuelle Aufklärung eine Gefahr für ungewollte Schwangerschaft darstellt oder ein Verbot von Massentierhaltung für die natürlichen Brutstätten lebensbedrohlicher Viren.

Es geschieht schließlich nicht zum ersten Mal in der irren Geschichte der Menschheit, da das Einrosten eines etablierten Systems, zu einer dermaßen schwerwiegenden Trägheit in der Politik von Staaten führt, sodass eindeutig deutbare Aussagen von politischen AkteurInnen eine Wundergeburt benötigten: Schließlich braucht man für eine solche Aussage, mit der sich etwas anfangen ließe, die Reife, zu wissen was man will; außerdem die Standhaftigkeit sie furcht- und kompromisslos aus sich heraus zu bringen. Aber nachdem das österreichische Schulsystem zu Platons Alptraum verfiel und weiters an seiner Qualität gespart werden soll, fragt man sich ohnehin, wann wir Kritias endlich zu unserem Bundeskanzler wählen werden.

Derweil nicht so bald, denn zur Auswahl stehen nur Hohlköpfe, die zwar ein gewisses demagogisches Talent beweisen, aber dann doch als König Hanswurst benannt sein müssten. Doch vielleicht ist auch eine solche Absurd-Regentschaft bald möglich, in einem Demokratiegebilde, in dem der Sohn eines FPÖ-Kandidaten für die EU-Abgeordnetenwahl, die grüne Konkurrentin seines Vaters öffentlich als „Kampflesbe“ bezeichnet. Man erkennt: Auch politischer Anstand ist eine Frage der ethischen Bildung.

Kühl blieb jedoch die Antwort der angesprochenen Grünen Ulrike Lunacek, die, infolgedessen und nicht zu unrecht, die FPÖ als „Partei der ängstlichen Männer“ bezeichnete; ein Kontern, das einen anständigen Stil beweist und damit Hoffnung übrig lässt. Vielleicht ist die Zukunft des Landes doch nicht nur von sprachlichen Würsteln und Dreckspatzen geprägt, wiewohl wir wissen (müssen), dass es solche niederträchtigen Menschenbeispiele immer wieder geben wird.

Montag, 4. Mai 2009

Windheulen über nassem Gras

Wie ein Windheulen, wie über nassem Gras stehend, nachts und über dir dunkles Gewölk – Herrgott –, was soll das alles bedeuten, so fühlt es sich an, in diesem Bild zuhause. Fremd zugleich der Atem, der aus diesem Körper strömt, einströmt, mit all den Gerüchen feuchter Gräser, feuchten Baumrindenwuchses, so schön, so kühl ist – alles beinahe. Nur dieses innere Wallen, das in dir pocht und flammt, während du auf windumspieltem Hügel stehst, im Tal, nahe der Berge dunkler Majestät, wo du niemals standest, in solcher Weise, dies Innere wärmt und du trauerst, du tröstest dich an diesem Anblicken, in dir, von dir, hinaus: Alles ist herrlicher Wahnsinn, in Einsamkeit der schönste, den du teilen kannst, wenn es dir gelingt; der dich vermissen lässt, was noch nie gewesen; der dich bangend macht, um alles was kommen könnte, wenn es nur kommt, was kommen muss – oder vielleicht niemals sein soll, niemals zu erfassen ist. Wie ein Windheulen.