Sonntag, 1. Februar 2009

Erkältung! Karl Schnells Coming-Out zum Trotze

Winterliche Verkühlung, Tradition einer Jahreszeit. Selbst der Whiskey konnte es diesmal nicht verhindern, nach mehrmaligen Versuchen schafften es diese kleinen Virchen auf das Schlachtfeld meiner oto-rhino-laryngologischen Gebiete. Aussitzen heißt es jetzt, in die Nacht hinaus blicken, vom Schreibtisch aus betrachten was Weltwälzen dem Internet heißt, und das Radio informiert über die neuesten Höhen politkulturellen Schaffens. Landeshauptmensch Burgstaller, von den sozialdemokratischen Führern meines nasskühlen Herkunftslandes, bekommt ihre kapitalismuskritischen Reden noch irgendwo hin. Auch der Kanzler gibt sich Mühe. Die Sozialdemokratie sei für die Menschen da.

Aber auch die Finnen sind Menschen, selbst wenn ihre Unternehmenshäuptlinge von M-real, ihre Papierfabrik, die wir nach Jahrzehnten doch noch zur Stubenreinheit umerzogen, nun schließen wollen. Immerhin bekommen die für den Preis von 500 Halleinern in China oder Sonst-Wo eine ganze Armee abhängiger Arbeitstiere. Gerade in Krisenzeiten eine rücksichtlose Betriebs-Umsiedlung durchaus menschlich, wenigstens aus unternehmerischer Sicht. Zwar werden von Unternehmern auch juristische Personen geschaffen, damit diese, mit Ausnahme der Rechte frei von allem Menschlichen, die Verantwortung für solche Menschlichkeiten übernehmen können, doch zumindest sind die Überbringer schlechter Nachrichten stets Menschen. Ebenso menschlich und taktisch nachvollziehbar ist es, den Standortwechsel für den SPÖ-Wahlkampf zu verwenden (ist schließlich kein SPD-Wahlkampf). Ob das gelingen wird?

Menschlichkeit hat ein großzügiges Spektrum an Deutungsmöglichkeiten. Der Mensch ist schließlich ein Schwein, wenn man davon absieht, dass Schweine menschliche Schweinerein eigentlich nicht verschulden. Es zwingt die westlichen Menschen auch niemand, fett und herzinfarktgefährdet zu werden. Auf die Schmähführung der Fleischindustrie reinzufallen ist nicht weniger menschlich, weil ziemlich bescheuert.
Ob Schweine andere Schweine gelegentlich als Menschen beschimpfen? Das wäre nur fair und im Vergleich zu seiner Umkehrung wahrlich zutreffend.

Da verleiht die Natur ihnen ein solch massives Verstandeswerkzeug und was machen diese menschlichen Menschen damit? Sie lärmen unartikuliert einem freiheitlichen Halsabschneider zu, der sie mit den billigsten Handelsvertretersprüchen zu einer Mitgliedschaft im Pöbelklub für Gedankenlose überzeugt. Ich stelle mir vor, wie in einem Weinkeller unter dem Mönchsberg gegrölt wird, wann immer der StraChe seine dezenten Wahrheitsverdrehungen über die Rolle der Zuwanderung zum Ausdruck bringt. Da fühlen sich die Neonazis und jene die sich auf deren intellektuellen Niveau aufhalten, wiewohl ohne wissentlich deren politischen Tieffall zu teilen, glücklich angesprochen.

Der – keinesfalls im positiven Sinne - blaue Karl Schnell meinte gar 15 Jahre lang verfolgt worden zu sein; erschießen, hängen, auspeitschen und was sonst noch aus seinem triefenden Schlund an Gewaltbegriffen floss, wollte man ihm antun. Nun aber, nach dieser langen Zeit seiner Paranoia und Panikattacken, glaubt der Blondling, der SPÖ eine Braut zu sein und will sich rar machen. Frage mich ernsthaft, wie die Parteispitze der Blauen mit diesem Coming-Out fertig wird, das zudem an einer Wahlkampfauftaktveranstaltung geschah. Welch politische Inhalte die FPÖ uns da wieder einmal serviert. Hätte ich ihr gar nicht zugetraut - der aufgeputschten Demagogen-Party.

Gut, das besoffene, jugendliche Publikum wird’s nicht bemerkt haben und für die junge Generation muss es selbst in einer rechtsextremen Partei Transgenderlinge oder zumindest Transvestiten geben. Das kennt man von der Quotenregelung aus Hollywood – Hollywood ist cool für extreme Nationalisten oder solche, die nur keine Ablenkung von der Ablenkung erleben wollen.

Doch selbst wenn das ganze nur eine verbale, schnellsche Travestie-Show war, so wird das den Neonazis und Hardlinern in der Partei sicher nicht gut bekommen. Für die ist jegliche Gender-Abweichung von der heterosexuellen Illusion eine arge Krankheit, und da die meisten FPÖ-Anhänger, aus verständlichen Gründen, unter Hypochondrie leiden, können wir uns auf einen spannenden Wahlkampf freuen. Welcher Politclown wird für Schnell einspringen? Ich weiß es nicht. Es ist mir auch – zum Wolken dampfen – egal.