Samstag, 10. Januar 2009

Kein Neujahr

Im letzten Jahr wurden die österreichischen BürgerInnen, ihrem, von der Politik aufgrund der Wortherkunft missverstandenen, vermeintlichen Zweck zugeführt: Um für die Spielschulden der hiesigen Banken zu bürgen. Das neue Jahr ändert daran nichts, nur sollen die BürgerInnen – den Plänen der Regierung/ des Innenministeriums zufolge – nun auch noch für ImmigrantInnen bürgen, weil die Innenministerin mit solchen Subjekten nichts zutun haben möchte. Dies sei die Möglichkeit sich karitativ zu betätigen, meint Frau Fekter und zeigt, dass auch Folgendes weder Neujahr noch Wirtschaftskrise abschaffen konnten: Die PolitikerInnen versuchen sich weiterhin als furchtbare KomikerInnen.

Nur Fritz Kaltenegger (ÖVP) machte mich wahrlich lachend, als er sein persönliches Familienmodell erklärte: Er sei mit einer Frau verheiratet. Offenbar wollte er sichergehen, dass man ihm nichts anderes unterstellen kann. Ihm dürfte seine knapp davor geäußerte Aussage wieder entfallen sein, welcher nach das Thema der standesamtlichen Zeremonien-Erlaubnis für homosexuelle Paare erst mit Ende des Jahres „einer Erledigung zugeführt“ werden solle. Was – nach österreichischer Parlaments-Tradition – eine erneute Verschiebung der Themenbehandlung bedeutet.

Dass Israel eine weitere Waffenstillstandsvereinbarung mit den Palästinensern ablehnte, gab es bereits am 2. Jänner 2009 zu lesen. Die nächste Schlagzeile betraf bereits den Erdgas-Lieferstopp, durch den Russland der EU beweisen will, wie böse die Ukrainer seien, da sie Gazprom dazu zwingen, Strafmaßnahmen gegen preispolitische Aufmüpfigkeiten durchführen zu müssen.

Nichts Neues also im neuen Jahr: In Osteuropa zanken sich die Oligarchien wie Kleinkinder-Banden; Im heiligen Land regieren und streiten weiterhin die militanten Geschwister Ignoranz & Unterentwicklung; und in Österreich reagiert und streitet Maria Fekter ihre erzkatholischen Psychosen an Ausländern mit unsicherem Rechtstatus ab. Und wie im letzten Jahr werden die Folgen der Kurzsichtigkeit, von den Tätern irgendwo hinterm Mond gedacht – wenn überhaupt.

Auch die politischen Ansichten in Österreich sind immer noch egal, wenn man Politiker (und 3. Nationalratspräsident) ist - ob Neonazi oder deutschnationaler Burschenschafter - solange man nicht gegen Gesetzte verstößt. Wer aber macht die Gesetzte, Herr Historiker?

Nach wie vor wuchert der politische Zynismus; nicht nur der satirische, sondern vor allem der üble Zynismus. Beispielsweise hatten die Israelis, auf ihrem Feldzug gegen die Hamas, Feuerpausen eingeplant, damit die Palästinenser für kurze Zeit ihre Verwundeten versorgen, ihre Toten bestatten und ihre Geschäfte öffnen können. Wie schön; es hat aufgehört zu hageln. Da können wir ja die Tante mit ihren Granatsplittern im überfüllten Hospital vorbeibringen, ein wenig Shoppen gehen und dazwischen noch schnell die Kinder ins Grab werfen.

Ich glaube es war gestern, als sich die Feuerpause um eine Stunde verschob. Das dürfte den Ablauf des Einkaufens um Leben und Tot ein wenig durcheinander gebracht haben. Der Granatenregen ist um 12 Uhr abbestellt und man hat seinen Tisch im Restaurant – in dem es wieder leckere Mehlsuppe geben soll - pünktlich, um diese Uhrzeit, reserviert, kann ihn aber nicht rechtzeitig erreichen, weil man seinen Super-Panzerschirm verlegt hat. Währenddessen hat der Nachbar die nasse Wäsche zu früh im Garten aufgehängt und besitzt nun eine zerfetzte, etwas verkohlte Lieblingsjacke – was egal ist, weil man ohnehin keine Ärmel mehr benötigt, wenn man seine Arme als blutigklumpige Einzelteile wieder findet. Wenn die israelische Armee schon britischen Zynismus nachahmen möchte, sollte sie sich auch deren berühmte Pünktlichkeit aneignen.

Also wieder wird im mittleren Osten geballert - von allen Seiten –, und wieder wird alles dadurch nicht besser. Oder hatte es im letzten Jahr etwas gebracht, blindlings in den Gazastreifen zu ballern - nachdem dort blindlings herausgeschossen wurde? Hamas oder hamas nicht, die Hamas bzw. deren bewaffnete Gruppen?

Die Hisbollah feiert immer noch Sylvester und schoss unlängst ein paar Hisböller über die Grenze. Die Israelis wollten keine Spielverderber sein und böllerten mit. Vielleicht knallen sie noch bis zum chinesischen Neujahrsfest. Da würden sich die Chinesen sicher freuen – vor allem wenn die Granaten aus ihrer Produktion stammen. Ich befürchte übrigens, dass auch im neuen chinesischen Jahr sich lediglich das Datum und Tier des Jahres ändert; ansonsten die Welt langweilig unverändert bleibt.