Donnerstag, 11. Dezember 2008

Wir heißen nicht Lot

Das Verhängnis dieser Tage, dieser mächtigen Staaten ist vielleicht die Trägheit der Augen, mit der auf die Symptome der Probleme gegafft wird. Sich umzuwenden und sich einmal in der anderen Richtung anzusehen, kommt nicht in Frage – zumindest, wenn es jene, die an der derzeitigen Sichtweise Macht und Vermögen verdienen, die Frage nicht gehört haben wollen.

Wenn eine Fabrik das Klima belastet und sich angesichts der so genannten „Finanzkrise“ – also die Erkenntnis über die Grenzen des Finanzsystems – beispielsweise die deutsche Regierung entscheiden muss, ob sie ihr Geld in den Klimaschutz investiert oder dieser privaten Fabrik „schenkt“, auf das diese nicht in ein anderes Land abwandert, in dem man die Arbeitskräfte noch ausbeuten kann, so wird folgendermaßen argumentiert: Wenn man die private Fabrik nicht mit Steuergeldern schmierte, würde diese ins billige Ausland gesiedelt, wo noch viel weniger für den Klimaschutz getan werden würde.

Das klingt für mich nach Erpressung. Wie viele Jahre Knast gibt es normalerweise für Gelderpressung? Aber immer mit der Ruhe, man kann schließlich keine juristische Person einsperren, zudem die Erpressung ohnedies über die Mittelsmänner und Frauen der Politik durchgeführt wird und diese genießen Immunität.

Jedenfalls will niemand daran denken, das Geld in den Klimaschutz zu investieren und beispielsweise der deutschen Fabrik, die dank der deutschen Infrastruktur und Steuerzahler wachsen und gedeihen konnte, das Absiedeln ins Ausland zu verbieten. Das spräche zwar gegen den Wirtschaftliberalismus, aber wenn dieser zum Schaden vieler Menschen führte, sollte eine juristische Person, die ohnehin nicht wirklich existiert, mit einer Freiheitsstrafe belegt werden. Massenmörder oder Kurpfuscher lässt man auch frei herumlaufen. Lawinen und Überschwemmungen versucht man ebenfalls einzudämmen. Warum? Weil viele Menschen zu Schaden kämen, wenn der Staat hier keine Verantwortung übernehmen würde und alles unternehmen würde, um den Schaden abzuwenden.

Geht es jedoch darum sich zwischen Umweltschutz, der Alle schützt, oder Unternehmerinteressen, bei der Geldvergabe zu entscheiden, so lässt man sich eher von den Unternehmern erpressen, als den Schutz aller Geborenen und Ungeborenen zu gewähren. Eine Fabrik, die ohne Ausbeutung der Arbeitskräfte und mit Umweltauflagen, im eigenen Land, nicht zu wirtschaften weiß, wird eher geschützt, als die Gesamtheit der Menschen – also nicht nur jene im eigenen Land.

Und noch etwas: In sämtlichen mächtigen Industriestaaten, von den USA, über Europa bis Japan, wird die Schere zwischen Arm und Reich immer größer. In Afrika geht es weiter bergab und die Verseuchung des Globus nimmt ebenfalls zu. Sind das die großen Errungenschaften des Wirtschaftsliberalismus? So kompliziert und begriffreich man dieses Wirtschafts- und Finanzsystem auch entschuldigen mag, seine Ergebnisse sprechen – aus der Sicht der Mehrheit – gegen es und nur für eine kaum zu nennende Minderheit der Weltbevölkerung wirkt es sich positiv aus, die alles daran setzt, dass die Mehrheit stur und starr auf die Symptome gafft und sich aus Angst, es könnte vielleicht noch schlimmer werden, es nicht wagt sich umzuwenden und der Quelle ins Gesicht zu sehen.