Montag, 10. November 2008

Obama-Neid im Dunst des Faschistoiden

Die USA, die immer noch machtzentralisiert als „Amerika“ bezeichnet wird, war gerade unter Bush und geradlinig für die meisten Europäer, die sich für das Ausland interessieren – und zwar nicht nur der Frage nach, wie sie Asylwerber am besten dorthin deportieren können – das Land des sich steigernden religiösen „Fundamentalismus“*, des konservierten Rassismus und der sich absenkenden Wirtschaftsmächtigkeit. Wir Europäer aber, vor allem die EU-Bürger, sahen uns – in unseren Medien – so gerne als die Mitglieder eines Zukunftsprojektes für Demokratie, Humanismus und Europäische Werte (jenen begrifflichen Schild, den man gerne vorhält, wenn man versucht, gegen dieselben eigenen Werte zu argumentieren und Schmährede zu führen).

Nun gibt es – Gott sei dank – einen neuen Präsidenten der USA. Dieser hatte einen afrikanischen Vater und seine Hautfärbung zeigt dies auch völlig unbekümmert, was der Natur ziemlich egal ist, die menschliche Kultur aber, dank ihrer Unreife, ins Staunen versetzt. Die USA also, im selbstgefälligen Auge des Eurozentrismus ein Land voller Cowboys, die nichts mit Europa zu tun haben und gerne dunkelhäutige Sklaven hätten, die ebensowenig mit einer Europa-, jedoch mit einer gewissen Afrikastämmigkeit zu tun haben; dieses riesige Staatsgefüge, das, aus eben jener europäischen Sicht der selbstkritiklosen Kritisierverliebtheit aus, ausschließlich von südstaatlichen Rednecks bewohnt wird; dieses Burger verschlingende Rotnacken-Land hat nun einen liberalen, aufgeklärten, genetischen Halbafrikaner zu seinem neuen Präsidenten gewählt.
Und Europa ist neidisch. Europa bzw. seine einzelnen Staaten sind so was von neidisch – es ist eine Schadenfreude über alle Verschwörungstheorien dilettantisch zusammen klopfenden Anti(US)amerikaner, denen G.W. Bush und sein Primatenstab so sehr das Oberflächen-Linkssein schmeichelte.

Nun wird überall laut gefragt: Warum haben wir eigentlich keinen Barak Obama? Leiser, sehr viel leiser aber fragt man: Sind nicht wir die modernen Liberalen? Und in österreichischen Zeitungen spekuliert man, welche Chancen wohl das Mitglied einer Minderheit dieser „Republik“ in selbiger auf den BundeskanzlerInnen- oder BundespräsidentInnen-Posten hätte, ortet keine Chancen und hat damit vorerst recht.

Erst unlängst hatte das Parlament, jenes hohe Haus, dessen Höhe offensichtlich zu Sauerstoffmangel in den Gehirnen der Abgeordneten führt, auf dem Platz des 3. Nationalratspräsidenten eine Zweigstelle der deutschnationalen, rechtsextremen Burschenschaft „Olympia“ ** eingerichtet. Ein bestimmter Anteil der österreichischen Wähler findet zum Kotzen schlechte Schlagermusik in der Politik wichtiger, als wichtige Inhalte in diesem Bereich und setzt lieber auf unreflektierte Ausländerfeindlichkeit, als auf Investitionen in die Zukunft, während eine Frau Fekter aus dem Innenressort das Lied vom bösen Asylmissbraucher durch die Medien grölt; ein subtil-faschistoider Politiker eine Art Staats-Gedenk- und Trauertag, mit Gottesdiensten im ganzen Land, erhält, weil er sich im Rausch gegen einen Betonpfeiler und damit aus dem Leben raste; und eine pseudolinke Zeitung veröffentlicht seltsame Rassentheorien über „schwarze“ Leichtathleten in ihrem Sportteil.

Gleichzeitig gedenkt man der Novemberpogromnacht, in der die österreichische Volksblödheit, nach dem Dirigierstab der Nazis, jüdische Menschen zu attackieren, enteignen und deportieren begann. Es ist ein Gedenken, aus dem mehrheitlich immer noch kein Denken wurde. Nein, liebe EU-Menschen: Von einem Barak Obama sind wir noch weit entfernt. Um einen solchen zu bekommen, müssten wir lernen zu verstehen, wovon wir stolz und immerzu schwafeln: Aufklärung, Humanismus, Gerechtigkeit und den Glauben an all dieses guten, angeblich europäischen Werte.




* Der Begriff Fundamentalismus ist hier nur irrig zu verwenden, das es richtig Extremismus genannt werden müsste, wenn Menschen einen kleinen Bibelprediger anstelle eines eigenen Gehirns im Schädel tragen und darüber gar nicht verstehen können, was dieser aus der Bibel rezitiert. Ein solcher Extremismus hat weder konservative, noch fundamentale Eigenschaften, sondern läuft auf kurzfristige geistige wie kulturelle Selbstzerstörung hinaus.


** Ein Name der einem Hohn den sportlich fairen Olympioniken gleichkommt – ganz zu Schweigen allen Griechen, den Bewohnern des gleichnamigen Ortes und ihren einstigen Göttern – aber eher treffend bleibt, wenn man an das letzte Olympia-Veranstaltungsregime denkt.