Donnerstag, 23. Oktober 2008

Hai(dschibumbeitschi)der

Kommentare! Rubriken! Kolumnen! Alle sind füllen sich (wie von selbst) mit Haider-Betrachtungen und selbst angeblich kritische Zeitungen lassen einen weichen Topfen drucken, dass es eine Freude ist, wenn man Topfen mag oder sich den Niedergang des aufgeklärten deutschsprachigen Raumes herbeiwünscht.

Ich selbst war zunächst – mit Kritik an der Leich - zurückhaltend und obschon ich bereits wusste, dass die Österreicher Weltmeister des Arschkriechens sind, was nicht nur eine schmutzig-braune Vergangenheit aufzeigt, so bin ich zwar nicht enttäuscht, aber doch verblüfft, dass eine Woche nach Haiders Tode immer noch Kondolenz-Betroffenheit statt Intellekt die öffentlichen Medien beherrscht.

Um es einmal auf einen einfachen Punkt zu bringen – liebe Medien (vom Kroneverschnitt, streckenweise über die Presse sogar teils bishin zum Falter ): 1933-1945 wurden, im Einflussgebiet der Nationalsozialisten, Menschen gefoltert und ermordet, weil sie Juden, Roma, Sinti, mit Behinderungen, Homo-/Bisexuelle, Transgender, oder einfach gegen die politische Meinung der Herrschenden waren und nicht ins System passten. Der arbeitsfähige Rest musste, im wahrsten Sinne der Formulierung, bis zum Verrecken Zwangsarbeiten verrichten (die zudem dem Kriegstreiben des Nazireiches zugute kamen).

Wenn sich nun einer positiv über die Beschäftigungspolitik der Nazis äußerst, so ist er entweder ein Depp (und ich meine keinen Johnny) oder ein (verkappter) Faschist/Neonazi. Einem Deppen, noch dazu wenn dieser seine 1,8 Promille mit 142 Km/H gegen einen Betonpfeiler wirft, müssen Sie keine künstlichen Lobeshymnen auf dessen großartigen Fähigkeiten, politischen Leistungen und Vorbildwirkungen zu Recht(s) schreiben. Einem Faschisten/Neonazi braucht man ebenfall nicht Blumen zu erdichten, selbst wenn sie ihm in ganz Österreich gestreut werden.
Jörg Haider war immerhin Doktor der Juristerei - Konnte er also ein solcher Depp gewesen sein?

Was ist also mit all dem Zeug(?):
…War er wirklich ein Faschist? Eher ein Feschist (Ha Ha!). Sein endloser Kampf gegen die Windmühlen des rot-schwarzen Proporzes… (wie kühn, wie erfolgreich? Hatten auch andere versucht – sehen Sie doch einmal nach, welche Parteien immer noch die Institutionen besetzt halten). Er hatte die politische Landschaft geprägt (Na geh!). Er war der Landesvater (Was soll man da noch sagen) …Er war ein moderner Robin Hood (Weil ihn seine eigene Partei dazu stilisierte!) … ! Pfui darüber!

Der Mann war einer jener subtilen Nationalsozialismus–Interpreten, die sich, wenn sie müssen, von diesbezüglichen Gräueln distanzieren, wenn sie aber etwas Konkretes sprechen sollen, kein schlechtes Wort über die Nazis verlieren. Er war ein heimlich-faschistoiden Rechtspropagandisten, der seine Einstellung letztlich bis in die Bundespolitik führte, obwohl er dort gar nicht mehr saß – mit, aus menschlicher und rechtsstaatlicher Sicht, schlimmen Konsequenzen für die Asylpolitik.

Obwohl er moderne Marketing-Methoden anwandte, um sich politisch immer wieder zu erneuern, war seine Politik deshalb nicht modern-liberal. Und nur weil Sie – liebe Medien – um die Gunst eines Teiles ihrer Konsumenten fürchten, sollten Sie nicht Ihre übrig gebliebene Kritikfähigkeit in den Sand der Zeit setzten. Eine Zeit, die Trunkenheit am Steuer zum Finale eines Heldenmythos verklärt und den kritischen Geist mit weihrauschgeschwängerten Kondolenzbüchern prügelt; in der man den toten Rechtspopulisten ehrt und die lebenden Liberalen aus dem Parlament wählt.

Waren die MedienmacherInnen der Vergangenheit zurückhaltend mit ihrer Kritik, weil sie Zensur und Gewalt fürchteten, so sind es heute, weil die mögliche Gegenkritik des Publikums sie ängstlich in den Hintern mancher Zielgruppen kriechen lässt; in den Popo jener, welche Zeitungen der oberflächlichen Eitelkeit wegen lesen, nicht aber um sich mit Inhalten zu beschäftigen; oder gar in den Arsch jener, die es gar nicht gerne sehen würden, wenn über ihren lieben Haider etwas Unangenehmes vermerkt wäre. Man will behutsam mit den Befindlichkeiten der LeserInnen umgehen. „Heil Haider!“ ruft die Feigheit und die Opportunisten einer altersschwachen Medienlandschaft plärren mit.

Mutiger waren Medienmacher selbst zu Machtzeiten jener politischen Diktatur, die der verstorbene Held des Medienauftrittes, Jörg "Rampenlicht" Haider, so gerne "versehentlich" verharmloste. Zur damaligen Zeit riskierten und verloren kritische Medienmacher ihr Leben, weil sie die Herrschenden und ihre Politik angriffen. Heute sinken Medienmacher bereits in die Knie, wenn nur das Trauergeläut des Steffl's ertönt, in den aufgewirbelten Staub eines Trauermarsches zum Gipfel des verklärten Politdramas hin.