Freitag, 31. Oktober 2008

Medienkritik - Zeitungen: Die Medaille dreht mich schwindelig

Das Wort „Koinzidenz“ kommt in der Zeitungslandschaft dieser Tage sehr häufig vor – aber anyway: Was soll man darüber hinaus zu österreichischen Zeitungen sagen oder schreiben. Lange Zeit gab es als inländisches Produkt im Grunde nur den (der) Standard für mich, da ich von der konservativen Kleinkariertheit (in)zwischen und auf den Zeilen anderer Blätter immer Schluckauf bekam. Mittlerweile beherrscht mich jedoch ein innere Konflikt: Kann man über diverse Oberflächlichkeiten und Ungenauigkeiten einer Zeitung hinweg sehen? Oder gilt es eine Marketing-Heuchelei von „Alternativität“ (was Links ist, weiß ich längst nicht mehr) zu boykottieren?

Es wäre jedenfalls schade, wenn man nur noch ausländische Zeitungen lesen könnte, nur weil sich Chefredakteurinnen nicht von pseudowissenschaftlichen Rassen-Argumenten ihrer Sportjournalisten distanzieren können, sich aber andererseits – weil sich das so gehört – mit einem großen Kommentar über die Wahl des rechtsextremen Burschenschaftlers Graf zum 3. Nationalratspräsidenten beklagen.
Hassan Medani hatte einst, mittels offenen Briefs, jenen Standard-Sportjournalisten und dessen Artikel kritisiert. Daraufhin – so die ÖH-Zeitschrift unique – kam von Chefredakteurin A. Föderl-Schmid als Antwort ein medien-politisches Axiom: Nämlich die Annahme, dass eine Distanzierung von rassistischen Spekulationen, eine Einschränkung der Pressefreiheit bedeuten würde. Das meint, dass ein Journalist im Namen der Pressefreiheit alles veröffentlichen dürfe, selbst wenn es politisch inkorrekt wäre.

So viel Toleranz bringt Frau Föderl-Schmid und ihre KollegInnen einem FPÖ-Politiker selten entgegen. Dessen Partei behauptet, dass ein Ausschluss ihrer Mitglieder vom (aufgrund der Anzahl der Mandate) „traditionell“ zustehenden Nationalratspräsidentenamt eine Einschränkung der demokratischen Freiheit bedeuten würde - so rechtsextrem der jeweilige Kandidat auch sei.
Die beiden Ausreden, mit denen „links-liberale“ Zeitung und rechtsextreme Partei - zwei scheinbare Gegnerschaften – ihre jeweiligen Unanständigkeiten verteidigen, sind also beinahe identisch. Außerdem: Als Beschädigung der „demokratischen Kultur“ deutet der Standard die Ernennung Grafs, während dessen Partei eine solche Beschädigung diagnostiziert hätte, wenn er nicht ernannt worden wäre. Dennoch ist ganz klar: Der Martin Graf ist der böse und sowieso verstecken sich überall Neonazis unter Schafspelzen, die als Protestwähler kaschiert werden, wie der Standard wieder einmal aufdeckte. Also „Schaut auf dieses Land“ – titelt Föderl-Schmid. Schaut auf dieses nach Rechts abrutschende Land. Recht hat sie. Aber schaut auch auf eure ZeitungsmacherInnen. Die verlieren an Glaubwürdigkeit, wenn sie so daher-schreiben und nicht beachten, was auf ihrem Nachbars-Schreibtisch geschieht.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Demokratischer Graf

Rechtstaat, Demokratie, Parlamentarismus. Diese Begriffe schützen nicht vor einem rechtsextremen Burschenschaftler. Selbst eine Diktatur hat ein Rechtssystem und nennt sich Staat (auch wenn alte Herren, wie Cicero oder Platon, dies verweigern würden). Sie wissen wie das personifizierte Höchstmaß und Vorbild aller Rechtsextremen – A. Hitler – an die Macht kam. Er wurde zunächst von Volk und Reichstag gewählt.

Graf ist kein Hitler und er wird es auch niemals sein. Aber warum am Höchsten messen? Und wie soll man messen? Neben Graf sitzen 54 weitere Abgeordnete im Parlament unter der Führung rechtsextremer Politiker und auch ÖVP-PolitikerInnen zeigen gelegentlich zumindest fremdenfeindliche Tendenzen (sogar in bezirksamtlichen Weihnachtsbriefaussendungen an mich).

EU-Mitgliedschaft und das fröhliche Feiern von 50-60 Jahren 2.Republik-Unabhängigkeit…Das alles schützt uns nicht. Rechtsextreme können rechtstaatlich und demokratisch legitim ernannt werden, „weil sich das so gehört“. Was auch immer diese Ernennung symbolisieren mag, die einzigen Kriterien, deren Beachtung die Wahl Grafs verhindern hätte müssen, sind humanistische Moral und politischer Anstand (Kriterien die noch kein politisches System erzwingen konnte – sie können nur gelehrt werden). Nun, das Ergebnis spricht jedenfalls, nach den genannten Kriterien zu urteilen, für sich und gegen dieses Parlament.

Dienstag, 28. Oktober 2008

Rauchen oder Nichtrauchen - mit oder ohne EU

EU-Kommissar Vladimir Spidla will ein EU-weites, generelles Rauchverbot in gastronomischen Lokalen fordern – weil ihm 7000 potenzielle Tote durch das Passivrauchen in jedem Jahr aufs Gemüt schlagen; Und schon faselt naturgemäß ein Konservativer, Markus Ferber von der CSU, dass man sich in Brüssel „Kompetenzen“ aneignen wolle, sich in die Gesundheitspolitik der Mitgliedstaaten einzumischen und zwar hinterhältig, über das Hintertürl des Arbeitsnehmerschutzes – man ist solch ein Schlingel.

Aber warum Arbeitnehmerschutz nichts mit dem Schutz der Gesundheit von Gastronomie-Mitarbeitern zutun haben darf und sich ein EU-Kommissar nicht in die entsprechenden politischen Bereiche der Mitglieder einmischen solle, müssen mir Ferber und seine Spießgesellen einmal erklären. Wozu haben wir solche EU-KommissarInnen, die sich ihrem Politiker-Beruf zum Trotze politisch engagieren und im Gegensatz zu den meisten LokalpolitikerInnen nicht nur an der mühsamen Erhaltung der mühsamen System-Schwächen arbeiten.

Montag, 27. Oktober 2008

U-Auschlüsse

Nun wird, noch ehe die große Koalition steht, nicht direkt über Untersuchungs-Ausschüsse spekuliert, weil niemand verstehen kann(will), warum die AUA pleite ist.
In der ÖVP hat man zwar prinzipiell nichts gegen U-Ausschüsse, doch empfindet man das Nicht-Ausschließen eines U-Ausschusses, von Seiten des SPÖ-Rechnungshofsprechers Günther Kräuter, ein wenig provokant. Warum?
Untersuchungsausschuss sollte eigentlich Untersuchungs-Ausschluss heißen – ja, das klingt nach einem bescheuerten Wortspiel. Jedoch: Kam bei den letzten parlamentarischen U-Aussch(l)üssen irgendetwas heraus, außer politischen Wahlkampfspielchen und persönlichen Profilierungen? Und nachdem man genug Untersuchungen im Ausschuss ausgeschlossen hatte, um keinen der Beteiligten all zu sehr zu belasten, löst man ihn unfertig auf, wenn man ihn plötzlich doch nicht mehr braucht, weil man ohnehin bereits Neuwahlen hat. Das und die skeptischen Äußerungen von ÖVP-Mann Johannes Hahn zu der bloßen SPÖ-Erwähnung eines Ausschusses, der dann käme wenn nichts anderes ginge, beweist, dass man sich folgende Fragen erlauben darf: Parlamentarischer Untersuchungsausschuss? Was ist ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss? So etwas gibt es?

Das Brodersche

Was haben Henryk M. Broder und Jörg Haider gemeinsam? Falsch: Broder ist nicht tot, er lebt und zwar auch in österreichischen Zeitungen. Richtig: Broder provoziert und polemisiert und steht deshalb vor vielen anderen, die mehr zu sagen hätten, in der Öffentlichkeit. Aber ist ihm das vorzuwerfen? Sicherlich! Aber gründlichere Vorwürfe haben Sie mir zu machen, weil ich diesen Mann, ebenso wie andere Medien, gerade aufgrund seiner Umstrittenheit aufgreife und vielleicht sogar noch zitieren werde. Gründlichere Vorwürfe als Broder selbst muss man dem System machen, das er sich zu Nutzen macht – warum auch nicht? Das System hat es verdient.
Vielleicht sitzt er jeden Tag vor seinem Schreibtisch und wartet darauf, dass ihm irgendjemand endlich vernünftige Kritik entgegenstellt. Vielleicht ist aber auch alles nur ein großes Geschäft und nicht mehr.

„…Wehrhafte Intoleranz!“ – so jetzt ist es passiert – ist ein „Broder-Zitat“ über seine eigene Haltung und zugleich ein sprachliches Symptom für eine Erkrankung dieses Medien-Systems. Es gibt einen Unterschied zwischen der Toleranz als technischen Begriff und der Toleranz zwischen Menschen. Die zwischenmenschliche Toleranz bedeutet nicht, dass Sie sich von Fremden in die Fresse dreschen lassen müssen, ohne sich zu wehren. Ich weiß, „Toleranz“ wirkt als Begriff allmählich langweilig und abgenützt, ebenso „Demokratie“, „Rechtsstaat“ oder „Menschenrechte“ (vom „Umweltschutz“ will ich gar nicht sprechen) - Mit diesen Worten lassen sich die Konsumenten nicht mehr all zu weit hochreißen, wie auch immer sie verwendet werden. Aber liegt das nicht auch am inflationären Gebrauch dieser und solcher Begriffe?

Die Broders, die Populisten, Demagogen und Schmeichler dieser Welt sind nicht mein (persönliches) eigentliches Problem, auch nicht die ungebildete Bevölkerungsmenge, die Parteien wie FPÖ und BZÖ wählt. Mein Problem ist die akademische Elite, die es sich gefallen lässt, wenn Publizisten und Marketingler sich als Wissenschaftler aufspielen und mit ihrem auf Publikumsquoten setzenden „Dokutainment“- und „Polittainment“-Mist, den Bürgern, anstelle von Experten, die Welt erklären. Die Elite gafft zu und verwechselt menschliche Toleranz mit jener von Bildbearbeitungsprogrammen: 100% Toleranz bedeutet nicht die Klappe zu halten, wenn Berufs-Populisten – ob in den Medien oder in der Politik – wissenschaftliche Erkenntnisse missbrauchen und bedeutsame Worte ad absurdum führen.

Natürlich redet Broder nicht nur Mist. Da er sich aber nun einmal in die Rolle des Hobby-Politologen, Soziologen und Religionswissenschaftlers drängen lässt, in die des Weltweisen, der über alle erdenklichen gesellschaftspolitischen Probleme befragt wird, in der Hoffnung, er würde wieder einmal etwas Provokantes und somit Vermarktbares von sich geben (spricht jemand mit ihm über Populismus?); da er damit immer wieder in die Öffentlichkeit drängt, die weniger an Meinung als an Show interessiert ist, so will ich dieses öffentliche Handwerken „das Brodersche“ nennen. Ich setze ihm damit ein sprachliches Denkmal und hoffe, dass es nicht ebenso verunstaltet wird, wie die weiter oben genannten Begriffe, die für unsere Gesellschaft wirklich wichtig sind.

Sonntag, 26. Oktober 2008

?

Wovor soll ich mich fürchten? Die Ahnen, die mich zu belehren vermögen, wie ich glaube, sind länger tot als meine Erinnerung hineinreicht. Diesen Schmerz, mit wem soll ich ihn teilen, wenn ich derjenige bin, der ihn heilen soll. Was bildet sich dieses Universum ein? Ich weiß schon, mich – sonst wäre ich längst nicht mehr – jedoch warum dieses Mich? Ich bin zu stolz und zu arrogant um auf selbstgeißelnde Hausfrauen zu hören, ich bin ein Barbar den Barbaren und tot im Leben und lebendig im immer wiederkehrenden Sterben. Und ich verliebe mich auf’s Neue in eine Frau und bilde mir erneut ein, dass ihr Unwohl nicht bis zu mir herausspricht - als ob es ansteckend wäre. Ist es meine Schmerzlichkeit, die sich ihrem Anblick erteilt und ebenso nicht teilt? Noch ehe „Sex and the City“ erfunden war, befehligte Styling bereits das Gefühl und auch wieder nicht, denn alles ist so ambivalent und doch ist alles so … und jedenfalls just for fun. Der Rest sei kitschig meinen die Knaben im Wolfpelz.

Wovor soll ich mich fürchten? Und besser: Wovor sollt ihr euch fürchten? Vor Rüden in kuscheligem Schafspelz, vor Wölfinnen im Whatever-Dress? Vor euren eigenen Ahnen? Nein! Diese sind beteiligt. Ihr fürchtet nicht eure eigenen Augen, auch wenn sie euch eines Tages vielleicht versagen mögen. Wenn? Dann müssen sich die Veränderungsscheuen vor den Veränderungen fürchten, die da kommen werden, wenn wir sein werden - immer wieder auf's Neue -, lebend, der Furchtlosigkeit entsprechend. Und wahrlich: Es gibt keine größere Angst, als die Angst vor der Liebe.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Hai(dschibumbeitschi)der

Kommentare! Rubriken! Kolumnen! Alle sind füllen sich (wie von selbst) mit Haider-Betrachtungen und selbst angeblich kritische Zeitungen lassen einen weichen Topfen drucken, dass es eine Freude ist, wenn man Topfen mag oder sich den Niedergang des aufgeklärten deutschsprachigen Raumes herbeiwünscht.

Ich selbst war zunächst – mit Kritik an der Leich - zurückhaltend und obschon ich bereits wusste, dass die Österreicher Weltmeister des Arschkriechens sind, was nicht nur eine schmutzig-braune Vergangenheit aufzeigt, so bin ich zwar nicht enttäuscht, aber doch verblüfft, dass eine Woche nach Haiders Tode immer noch Kondolenz-Betroffenheit statt Intellekt die öffentlichen Medien beherrscht.

Um es einmal auf einen einfachen Punkt zu bringen – liebe Medien (vom Kroneverschnitt, streckenweise über die Presse sogar teils bishin zum Falter ): 1933-1945 wurden, im Einflussgebiet der Nationalsozialisten, Menschen gefoltert und ermordet, weil sie Juden, Roma, Sinti, mit Behinderungen, Homo-/Bisexuelle, Transgender, oder einfach gegen die politische Meinung der Herrschenden waren und nicht ins System passten. Der arbeitsfähige Rest musste, im wahrsten Sinne der Formulierung, bis zum Verrecken Zwangsarbeiten verrichten (die zudem dem Kriegstreiben des Nazireiches zugute kamen).

Wenn sich nun einer positiv über die Beschäftigungspolitik der Nazis äußerst, so ist er entweder ein Depp (und ich meine keinen Johnny) oder ein (verkappter) Faschist/Neonazi. Einem Deppen, noch dazu wenn dieser seine 1,8 Promille mit 142 Km/H gegen einen Betonpfeiler wirft, müssen Sie keine künstlichen Lobeshymnen auf dessen großartigen Fähigkeiten, politischen Leistungen und Vorbildwirkungen zu Recht(s) schreiben. Einem Faschisten/Neonazi braucht man ebenfall nicht Blumen zu erdichten, selbst wenn sie ihm in ganz Österreich gestreut werden.
Jörg Haider war immerhin Doktor der Juristerei - Konnte er also ein solcher Depp gewesen sein?

Was ist also mit all dem Zeug(?):
…War er wirklich ein Faschist? Eher ein Feschist (Ha Ha!). Sein endloser Kampf gegen die Windmühlen des rot-schwarzen Proporzes… (wie kühn, wie erfolgreich? Hatten auch andere versucht – sehen Sie doch einmal nach, welche Parteien immer noch die Institutionen besetzt halten). Er hatte die politische Landschaft geprägt (Na geh!). Er war der Landesvater (Was soll man da noch sagen) …Er war ein moderner Robin Hood (Weil ihn seine eigene Partei dazu stilisierte!) … ! Pfui darüber!

Der Mann war einer jener subtilen Nationalsozialismus–Interpreten, die sich, wenn sie müssen, von diesbezüglichen Gräueln distanzieren, wenn sie aber etwas Konkretes sprechen sollen, kein schlechtes Wort über die Nazis verlieren. Er war ein heimlich-faschistoiden Rechtspropagandisten, der seine Einstellung letztlich bis in die Bundespolitik führte, obwohl er dort gar nicht mehr saß – mit, aus menschlicher und rechtsstaatlicher Sicht, schlimmen Konsequenzen für die Asylpolitik.

Obwohl er moderne Marketing-Methoden anwandte, um sich politisch immer wieder zu erneuern, war seine Politik deshalb nicht modern-liberal. Und nur weil Sie – liebe Medien – um die Gunst eines Teiles ihrer Konsumenten fürchten, sollten Sie nicht Ihre übrig gebliebene Kritikfähigkeit in den Sand der Zeit setzten. Eine Zeit, die Trunkenheit am Steuer zum Finale eines Heldenmythos verklärt und den kritischen Geist mit weihrauschgeschwängerten Kondolenzbüchern prügelt; in der man den toten Rechtspopulisten ehrt und die lebenden Liberalen aus dem Parlament wählt.

Waren die MedienmacherInnen der Vergangenheit zurückhaltend mit ihrer Kritik, weil sie Zensur und Gewalt fürchteten, so sind es heute, weil die mögliche Gegenkritik des Publikums sie ängstlich in den Hintern mancher Zielgruppen kriechen lässt; in den Popo jener, welche Zeitungen der oberflächlichen Eitelkeit wegen lesen, nicht aber um sich mit Inhalten zu beschäftigen; oder gar in den Arsch jener, die es gar nicht gerne sehen würden, wenn über ihren lieben Haider etwas Unangenehmes vermerkt wäre. Man will behutsam mit den Befindlichkeiten der LeserInnen umgehen. „Heil Haider!“ ruft die Feigheit und die Opportunisten einer altersschwachen Medienlandschaft plärren mit.

Mutiger waren Medienmacher selbst zu Machtzeiten jener politischen Diktatur, die der verstorbene Held des Medienauftrittes, Jörg "Rampenlicht" Haider, so gerne "versehentlich" verharmloste. Zur damaligen Zeit riskierten und verloren kritische Medienmacher ihr Leben, weil sie die Herrschenden und ihre Politik angriffen. Heute sinken Medienmacher bereits in die Knie, wenn nur das Trauergeläut des Steffl's ertönt, in den aufgewirbelten Staub eines Trauermarsches zum Gipfel des verklärten Politdramas hin.

Das Bayrische in Kärnten

Bayern hat seine CSU-Legende Franz Josef Strauß und blieb ein arroganter Freistaat, dessen Abgaben an den Rest Deutschlands wie Almosen erscheinen dürften und den die Österreicher, als einziges deutsches Land, nicht als „preußisch“ bzw. „piefkenesisch“ betrachten und daher – im Grunde – als Teil ihres kulturell-kollektiven Selbst.

Kärnten hat nun ebenfalls seine tote – wenn auch nicht mit Strauß vergleichbare - Politik-Legende und es scheint, als würde auch das BZÖ zu einer Bundesland-Partei des Südens werden, die nicht nur – dank konstruierter Wahltradition – die breite Bevölkerung hinter sich weiß, sondern das Süd-Land auch als ihre persönlich Bühne betrachtet. Nur bei der Wirtschaftlichkeit mangelt es noch, im Vergleich zu Bayern, aber vielleicht wird auch Klagenfurt (oder Villach) eines Tages zur snobistischen Schnöselhochburg.

Montag, 20. Oktober 2008

Also Nichtsein

Polens Donald Tusk meinte nun, es gehe bei der Abmilderung bzw. Versinnlosung der EU-Klimaziele, für sein Land – wie für andere – um „Sein oder Nichtsein.“ Stimmt, allerdings anders, als er es andeutet. Nichtsein sollte es, dass staatliche Gelder für verspekulierende Banken ausgegeben werden, die man – in der allgemeinen Börsenpanik – nun natürlich nicht mehr in Umweltschutzmaßnahmen investieren will. Das Wirtschaftswachstum, also jener Faktor der von Geldern gepusht wird, das es plötzlich gar nicht gibt; der maßgeblich für Verpestung von Luft und Wasser verantwortlich ist, den Pinguinen und alpinen Gletscherfans die Grundlage entzieht, den Ozeaniern das Wasser bis zum Halse steigen lässt; dieser Faktor wird nun, anstelle von Maßnahmen gegen diese globalen Katastrophen, re-finanziert. Und somit wird es weiterlaufen, wie in den letzten Jahrzehnten: Umweltschutz bleibt ein privates Hobby für Komposthaufenbesitzer. Fortschritt können wir uns nicht leisten, Hauptsache unsere „Freunde“ an der Börse haben wieder Geld zum sich deppert Spekulieren. Nur „Sein“ kann die Menschheit, auf diese Weise, nicht bis in alle Ewigkeit.

Ich weiß: Börsenspekulanten und Spitzenmanager machen sich – wenn überhaupt - die geringsten Sorgen um ihre Nachkommen, die sind am besten gefeit, wenn die Zerstörung des Ökosystems zu noch mehr weltweiten Kriegen führt. Aber wenigstens die Vertreter der Völker Europas, sollten ihr bisschen Gehirn für die Zukunft der Menschheit erübrigen und weniger für die finanzielle Zukunft ihrer Golf- und Jagd(sport)partner.

Natürlich ist eine funktionierende Wirtschaft wichtig, aber das tut sie offenbar nicht, ansonsten würde sie sich nicht selbst zerstören. Das ist also Wirtschaftliberalismus: Wir sind frei alles zu tun, aber wenn dabei etwas schief geht, habt bitte Nachsicht. Das ist, als würde man Kindern, auf dem Weg zur Schule, geladene Schusswaffen in die Hand drücken. Ein System künstlich und mit Steuergelder am Leben zu erhalten, dass sein Versagen weltweit bewiesen hat - und dabei nicht viel mehr zu verlangen, als Garantien, dass man vielleicht irgendwann wieder etwas zurück bekommt - bedeutet also "Nichtsein" für den humanen Fortschritt.

Samstag, 18. Oktober 2008

AkademikerInnen are hard to kill

AkademikerInnen haben bessere Karrierechancen? Stimmt und zwar selbst dann, wenn ihr Arbeitsplatz ein Taxi ist. Das liegt weniger an der Ausbildung an sich, als an den grundlegenden Überlebenserfahrungen, die man als Student zu absolvieren hat. Der Großteil des Studentendaseins besteht aus Jagdsport im Dschungel des Papierkrams:
Die eine Hälfte der Studienzeit verbringt man mit der Jagd auf Literatur und diverse Unterlagen, die andere Hälfte mit der Jagd auf alle erdenklichen Bestätigungen, Zeugnisse, Papiere, die belegen, dass man das tut was man tut – nämlich Studieren. Im Laufe der Zeit gewinnt man somit ein erstaunliches Geschick und Gespür für Bürokraten und deren Lebenswelt.

Man findet sich einfach schneller in behördlichen Einrichtungen zurecht, als Menschen, die niemals versucht hatten, an einer Uni ein detailliertes Vorlesungsverzeichnis zu finden, indem auch wirklich drin steht, was man wissen will. Die Erfahrungstiefe hängt hierbei natürlich von der jeweiligen Universität bzw. deren Grad an organisatorischem Chaos ab und auch wenn die Uni Wien, - qualitativ - im internationalen Vergleich, unter dem 80sten Platz liegt, so gehört die hier erhältliche Chaos-Experience sicherlich zu den besten weltweit.
Auch die Praxis, seine eigene Existenz zu legitimieren – sowohl auf Papier als auch verbal - ist im Vergleich zu anderen Berufsgruppen einzigartig. Oder hatten sie schon einmal ihren Busfahrer oder den Bankangestellten gefragt: „Und warum machst du das? Wozu ist das gut?“
Der Student legt sich im Laufe der Erfahrungen ein ganzes Sortiment an diesbezüglichen Selbst-Erklärungen zu, die er je nach Fragenden, in unterschiedlicher Weise, prompt ablegen kann. Und ohne seinen Studentenausweis und einen Stapel Studienbestätigungs-Blätter geht er nicht aus der WG.

Vom Bedarf an Erklärungen, warum man – ausgerechnet – das studiere und was das eigentlich sei, was man studiere, sind natürlich Ärzte, Juristen und Betriebswirtschaftler ausgenommen. Als jemand, der nicht zu einer dieser Richtungen gehört, muss man daher zusätzlich die Erklärung parat haben, warum man denn nicht Medizin, Jus oder BWL studiere – also etwas Gescheites.

Kennen Sie eine/n KingergartenpädagogIn, die je gefragt wurde, warum er/sie nicht SöldnerIn in Dafur oder Afghanistan wurde?

Somit werden junge Studenten, während ihrer Studienzeit trefflich auf den Überlebenskampf im „wirklichen Leben“ vorbereitet, kennen alle Behördengänge besser als jeder Pensionist, mussten sich ein unerschütterliches Berufs-Ego zulegen und haben vielfältigere Job-Erfahrungen gemacht, als ein halb-legaler Wanderarbeiter. Zwar hat man das meiste Wissen aus der Studienzeit – aufgrund mangelnder Übung – wieder vergessen, doch wo man kostengünstig und gut Mittagessen kann, nachdem man die Büromitarbeiter im Magistrat dazu gebracht hatte, einen in Rekordzeit abzufertigen und sich weitere Behördenwege zu ersparen, zugleich gratis ihre Kopiermaschine benutzen und an ihrer Kaffeekanne bedienen durfte, während man sich wichtige Informationen zur Abhandlung von Mahnungen bei Fristübertretung geben lies, (und man sich letztlich auch noch zur Betriebsfeier einlud); all dies Know-how bleibt einem erhalten.

Freitag, 17. Oktober 2008

Hier kommt Fekter

Ich habe eine neue Lieblingspolitikerin. Platz 2 in der Gesamtwertung der amüsantesten PolitikerInnen geht – knapp hinter H.C Strache - an Maria Theresia Fekter.
Die Frau Dr. der Linguistik mit Schwerpunkt auf (ober)österreichischen Mischdialekt, hatte nun erklärt, wie sie mit bösen Ausländern (vielleicht auch Ausländerinnen?) umgehen will – nämlich strenger und härter. Schließlich gehe es nicht, dass jemand so oft Asylanträge stellen könne, wie er wollte oder sich einfach gegen seine eigene Abschiebung wehrt, noch dazu mit Hilfe unserer eigenen Gesetze. Das solle eingestellt werden, so Fekter.
Verständlich: Gerade Ausländer sollen unsere Gesetzte und ihre Rechte nicht kennen, wenn sie diese dann zu ihrem eigenen Schutz anwenden. Lässt sich das nicht verhindern muss es eben abgeschafft werden – das Gesetzt…pardon, nein, die Rechte der Ausländer natürlich. Wo kämen wir denn ansonsten hin: Möglicherweise in einen modernen Rechtstaat?

Es sei zudem aufklärungswürdig, dass verdächtige/angezeigte „Pappenheimer“ von der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft wieder frei gelassen werden, wenn es nicht genügend Beweise für ein Gerichtsverfahren gibt (Wenn:„…die Suppe ist zu dünn“).

Ob „Last Minute-Kommissionen“ für Abzuschiebende und forschende Statistiker versus „Pappenheimer“, vielleicht aber auch abzuschiebende „Pappenheimer“ nach Pappenheim, deren Rechte last Minute umgangen werden können, damit diese nicht ihrerseits das Rechtsverständnis Fekters umgehen; ob all dieses Law & Order-Dialektgeschwafel eine Antwort auf die so gravierenden Sicherheitsprobleme unseres vom Bösen heimgesuchten Landes ist?

Was will sie beispielsweise gegen Spitzenmanager unternehmen? Was gegen Polizei-Korruption? Oder gegen Männer, die ihre Kinder über Jahrzehnte vergewaltigen und in Kellern einsperren können, am schönen Lande, wo keiner etwas bemerkt? Was gegen alkoholisierte Fahrzeuglenker auf der Landstraße, die manchmal auch Politiker sind? Sie will JungpolizistInnen dazu bringen nicht aufs Land zu gehen – sondern in der Stadt zu bleiben, dort, wo die „Ausländer“ und „Pappenheimer“ wohnen.

Aber haben wir für Fekters Reformwünsche doch Verständnis, für die Dringlichkeit ihrer Anliegen. Unsere Beamten sind auch wirklich arm in ihren Abschiebe-Mühsalen, wenn z.B. ein Abzuschiebender der endlich in den Flieger gesetzt wurde, gemütlich, mit den einfachen Worten „Asyl“, den ganzen Abschiebeprozess angeblich verhindern kann. Vielleicht war das der Grund, warum Marcus Omofuma damals zu Tode geknebelt wurde. Man wollte verhindern, dass er „Asyl“ sagt und der „mühsam“ organisierte Charterflug nach Bulgarien (das lag näher als Nigeria), wieder hätte umkehren müssen. Dort hätten sich dann wieder die armen Beamten, in ihren beheizten, mit Wasser, Strom, Snackautomaten, Kantinen und Kaffeemaschinen versorgten Büros, um den lästigen Asylwerber kümmern müssen.

Ein Glück das es heute Maria Fekter gibt, die kümmert sich um die wirklichen innenpolitischen Probleme des Landes. Wenn interessieren schon Freunderlwirtschaft, Amtsmissbrauch und teilweise zwischenmenschlich unqualifizierte Polizisten, wenn man einen abgeschobenen Asylwerber haben kann.

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Spiel 1.01

Spiel 1.01

Und du strebst, nach hause gehend, diesmal in eine andere Richtung, in eine andere Gasse. Noch zögerst du, während der Nebel, vom künstlichen Licht milde beleuchtet, dich des Weges locken will. Dort liegen Schatten, dort liegt Zwielicht und Unbekanntes, an dem du so oft vorübergegangen bist.

Interessantes, Faszinierendes finden, in einer Gasse, die wie alle Gassen aussieht - Der Wissende, der es herausgefunden haben wird, willst du sein.
Computerspiele kannst du spielen, Rollenspiele in virtuellen Räumen, durch jede dunkle Höhle, durch jedes düstere Verließ hindurch. Ohne Zaudern, ohne Erwartungen, nur zu. Doch zögerst du noch lange, vor einer unbekannten Gasse, vor einem Umweg nach Hause, ohne Erwartungen, nur zu?

Du zögerst nicht und schon gehst du, schon wandelst du mit leichten Schritten, wie du es lerntest, durch Schatten und durch Nebel. Die Straßenbeleuchtung zaubert dir wundersame Schemen an graue Hausfassaden. Diese gewöhnliche Gasse zählt wenige Passanten nur, ein jeder erscheint dir als Sonderling, geheimnisvoll, einzigartig und du erwartest eilige Lippen, die dir ein Geheimnis zuflüstern wollen, einen Auftrag, zu finden ein Abenteuer.

Du spieltest in virtuellen Fantasiewelten, lange, lange, wie du spieltest den Helden, da konntest du in wilden Schlachten die Schergen des Bösen besiegen. Doch gefürchtet hasttest du die dummen Gesichter in der Straßenbahn.
Jedes Holzfass, jede Truhe wurde durchstöbert, ohne Scham aufgebrochen die Kisten, in der virtuellen Lagerstatt. Wagst du es nun, das Brot aus der Mülltonne zu nehmen, Nahrungsmittel aus dem Abfall zu klauben, in der Telefonzelle nach Münzen zu suchen?
Als Dieb warst du unterwegs, auf nächtlichen Straßen, als Einbrecher auf den Dächern der Stadt. Wirst du nun nach den Streichhölzern fragen, die vor dem Tresennachbarn liegen? Wirst du dich in die Toilette stehlen, in dem Restaurant, in dem du niemals Gast bist?
Wie leicht fiel dir das simulierte Mimenspiel, das Sprechen durch den Würfelwert, mit dem Roboter deiner Begierden, betörend, es zumindest wagend. Was hattest du zu vergeben, an eine Welt ohne Risiko? - was zu gewinnen? In der Realität warteten deine Begierden auf ein Wunder.

Doch nun gehst du die Gasse entlang, ohne Erwartungen, nur zu, nur so, im Nebel, im Schatten und du entdeckst das Entdecken neu. Sieh wie die hohen Laternen stehen, über diesem abgesperrten Parkplatz, hinter Maschen- und Stacheldraht im Dunst der Herbstnacht. Sieh wie sie eine Bühne bereiten, einen Schauplatz für ein Drama, für ein Abenteuer – doch alles bleibt still.

Sieh wie im blauen Nebelschein die Telefonzelle gelb und warm im dunklen Winkel scheint. Nichts findet sich im Münzschacht. Es macht nichts. Du bewegst dich weich und schnell, wie du es lerntest, weiter durch die nächtlichen Straßen. Du blickst zum Mond; über einer Allee voller Herbstlaub leuchtet er rundlich durchs Gewölk.
Wer kann dies simulieren? Wer kann dies in virtuelle Welten sperren? Vollkommen ist die echte Welt; ein vollkommener Scheißhaufen, auf dem Blumen gedeihen.
Wie lange verbrachtest du deine Jahre vor einem Scheißhaufen auf dem Plastikblumen wucherten, virtuelles Zeug, das Belohnungsrezeptoren im leicht verführbaren Gehirn kurz befristet stimulierten. So viele Abenteuer, die so wenig befriedigten, die dir nichts hinterließen, als eine Leere in der Zeit. Was war geschehen? Konntest du dich erinnern, in welchem Spielchen du welche Heldentat begangen hattest? Wozu solltest du? Nichts davon war wahrhaftig.

Wahrhaftig ist dies Zwielichtspiel in der nächtlichen Nebelgasse, die, ganz ohne Kriegerei gegen Monster und Dämonen, dir Befriedigung verschafft – im Gehen, Laufen, im Da-Sein. Und das Abenteuer erwartet dich bereits, hinter jeder Biegung der Straße, in jedem Menschengesicht das dir begegnet, in der Gestalt eines Katzentieres, in einem Maderlaufes, einem Vogelgezwitscher im rot erleuchteten Geäst, kommt mit jedem Hundeschnüffeln, mit jedem Windstoß der das Laub durchwühlt.

Jenes Spielen braucht keine Risikofreiheit, der Tot kommt ohnedies; selbst wenn du deine Jahre im unwahren Spiel eines eingedosten Instant-Abenteuers davon treibst, so bleibt doch dies Letzte. Weit weniger Gewaltsames und Gefahrvolles jedoch, erwartet dich das Wunderland der Realität, dort, wo die Wege und Ziele mannigfaltig sind und sich an kein Designkonzept halten das für die Unwandelbarkeit geschaffen wurde.
Alles steht dir vor der Türe deiner Augen, deiner Ohren, vor der Pforte deines Mundes, am Ufer deiner Hände, dort kannst du mehr finden, als das Plastik einer Tastatur, das Strahlen einer Bildschirmwelt.

Wie wirkt das Scheinspiel über Jahre Nichts; und wie erscheint dies unscheinbare Altbekannte in einem Augenblick wie alles, das Bedeutung kennt. Hinter jeder Baumkrümmung ein Geheimnis, hinter jedem Vogelflug ein heimlicher Wink, zu Irgendetwas gut.

1.02

Mit weichen, schnellen Laufschritten spurte ich über den Asphalt, durch die Nebelnacht, über gedämpft beleuchtete Straßenkreuzungen, so wie es mich dies Spiel, dies Leben gelehrt hatte – Und ich lerne es erneut: Als liefe ich zum ersten Male auf gespürten Beinen, auf diesen leicht aufkommenden Füßen, so scheint es mir und neu die Welt, als hätte ich sie nie geschaut gehabt, nicht auf diese wundersame Weise; oder, als wäre es undenkbar lange Zeiten her, dass ich dies Lebensspiel so geatmet hatte, wie ich sie nun atme. Atme.

Spiel

Weiche Schritte tun gut. Es gelingt dir Gleichmäßigkeit. Weiche, gleichmäßige Bewegungen der Beine; weiches, festes Aufkommen der Füße; eine geschmeidige, geradlinige Bewegung des Körpers, die Plattform der U-Bahnstation entlang - Richtung Ausgang. Das ist das Spiel, weiche, gute Bewegungen zu machen, schnell zu sein, gut zu spüren, sich gut zu fühlen. Man sammelt Erfahrung. Das Spiel geht weiter, das Spielen endet noch nicht.

Du verlässt den Bahnhof nach Mitternacht. Auf dem Platze unter der S-Bahnüberführung spielen junge Männer Fußball. Jüngere Männer stehen daneben, folgen mit ihren Blicken den Frauen mit den engen Gewändern und den großen Handtaschen.
Deine Blicke folgen den Blickenden, den Spielenden. Deine Augen spielen mit, du genießt die eigentümliche Atmosphäre, dieses seltenen nächtlichen Ereignisses; dieses hüpfenden und prallenden Balles, der laufenden Männern, der stehenden, langen Figuren mit den Händen in der Tasche, der gerade hin strebenden, nicht aufblickenden, eilenden Frauen dazwischen. Alles geschieht zugleich, andere Menschen verschwinden und tauchen auf im Hintergrund, du entfernst dich zügig hinter dem Kamerabild deiner Augen. Augenblick, dann empor, das weiße Wohnhaus hinauf. Ganz oben brennt noch Licht, im welchen der obere Teil einer Frau in weißem Pullover, mit einer Malerpalette und einem Pinsel in Händen, an der Wand, hinter dem Fenster, unersichtliches pinselt.

Ein Augenblick nur, unwesentlich, aber entscheidend, unwichtig, aber wichtig. Zufallsgenerator, das Schicksal, alles funktioniert. Wunderbare Szenerie, wunderbares Spiel. Manchmal ist’s schwer, denkst du dir – allein – manchmal ist’s einfacher, schöner auch – nicht allein. Das Spiel geht jedenfalls weiter und du lernst es und du wirst.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Interpretationen um die 30

Noch immer werden die Nationalratswahlen ausführlich diskutiert, vor allem die Bedeutung des enormen Stimmengewinns der FPÖ (aber auch des BZÖ) und hierbei gerne die Rolle der jüngeren Wählergruppen. Das mag wichtig sein, rechtsgesinnte Jugend, schön und gut (man kann sie ja verbieten, wenn’s einem nicht passt), aber als ein Unter-Dreißigjähriger, stelle ich mir in erster Linie folgende Frage: Welche Altersdemenz lässt die Statistiker sowie mediale Kommentatoren, aus der Altersgruppe der Über-Dreißigjährigen, sämtliche Unter-Dreißigjährige in einen Topf schmeißen, auf welchem häufig in großen, roten Lettern „Jungwähler“ gesprayt steht. Zwischen dem 16. und 30. Lebensjahr stehen wie viele Lebensjahre?

Nach der Pisa-Hysterie und der Skizzierung von Schulen, die mit Kindern immigrierter Eltern voll gestopft seien, die nicht Deutsch könnten und allein deshalb verdummten, frage ich mich, ob jene Experten wissen, dass 16 Jahre eine lange Zeit sein können. Gerade in der Jugend sind diese Jahre erfüllt von Lernprozessen, neuen Erfahrungen und ganzheitlicher Entfaltung – wenn alles gut verläuft.
Darf man ernsten Willens eine nationale Jugendparanoia, vor jedem vierten Kid, entwickeln, indem man sämtliche WählerInnen von 16 bis 30 als eine Gruppe von Gleichartigen und Gleichaltrigen zusammen-interpretiert, als eine Generation.

Natürlich lässt sich weniger Dramatik aus Statistiken herausschlagen, wenn man die Jungwählergruppe beispielsweise vom 16 bis zum 21 Lebensjahr einschränkt. Vermutlich sähen die Zahlen dann ganz anders aus und man würde beginnen, die Gesamtbevölkerung, die ohne Immigration bekanntlich immer älter werden würde, zu betrachten und feststellen, dass auch viele ältere WählerInnen ebenso ihr Kreuz beim Rechtspopulismus ablegten, obwohl sie es – den Interpreten einer verdummten Jugend nach zu urteilen – besser wissen müssten.

Wie ausschlaggebend ist die Lebenserfahrung für das politische Verständnis, wenn jemand sein ganzes Leben lang die geistige Befassung mit Politik vermieden hatte? Wie ausschlaggebend ist sie für die Kinder solcher Menschen? Darüber sollten die Experten einmal eine Statistik erstellen.

Samstag, 11. Oktober 2008

Haider ist tot

Die ersten Worte, die ich hörte, als ich heute das Radio, noch vor dem ersten Kaffee, einschaltete: „…Morgen. Jörg Haider ist tot.“

Also heißt es im Lande: Blumen für Jörg Haider. Das ist schon ein Schock, nicht nur trotz, sondern gerade wegen meiner politischen Diskrepanz ihm gegenüber. Hat man von Jugend an eine besondere politische Feindfigur, so fühlt sich ihr Verlust schwerer an, als man glauben würde, ehe der Mensch hinter der Figur plötzlich stirbt.

Ich war noch nicht richtig wach, als ich das Morgenjournal auf Ö1 aufdrehte und sogleich mit seinem Tod konfrontiert wurde. Zunächst dachte ich an einen Scherz, bevor mir einfiel, dass ein solcher im Kulturradio doch recht unwahrscheinlich war. Es folgte der Eindruck eines Verlustes, eines verlustig gehenden Bestandteils im wagen Vorstellungsgefüge vom kollektiven politischen Hirnstrom dieser Nation.
Bei allen sentimentalen Lobeshymnen die nun diesem Politiker herangetragen werden, möchte ich nicht falsch verstanden werden: Die politische Figur war mir eine feindliche, eine die mir gefährlich erschien und sich für manche in diesem Land, als Gefahr bestätigte. Den Menschen dahinter kannte ich jedoch nicht und es zeigt die Lebenserfahrung, dass sich der private Eindruck gänzlich vom öffentlichen unterscheiden kann. Ich werde es im Falle Jörg Haiders nicht mehr überprüfen können.

Kondolenz sowieso. Von allen Seiten der Politik kommt nun wenig Kritik am umstrittenen Politiker, aus der Sicht des Altkanzlers Vranitzky teilweise dafür so manche Übertreibung, was Haiders Leistung für die Politik des Landes betrifft. Übertreibungen sind verständlich. Immerhin wurde selbst Lise Prokop nach ihrem plötzlichen Tod dermaßen mit Kränzen beworfen, dass man hätte meinen können, sie hätte im Alleingang den Gletscherrückgang und den Drogenhandel aufgehalten. Wenn Menschen sterben, umgibt sie sogleich eine Art mystischer und teilweise auch mythischer Filter.

Geprägt hätte Haider die österreichische Politik. Das lässt sich so nicht abstreiten, auch wenn Vranitzky eher von katalytischer Wirkung spricht und nicht stehen lassen möchte, dass viele wichtige Reformen allein auf dem Misthaufen des Kärntner Landeshauptmannes gewachsen seien.
Jene katalytische Wirkung ist jedenfalls wahr, sie bekommen Asylwerber in Österreich täglich auf schmerzhafte zu Weise spüren und vielerlei Repressionen gegen sie waren dereinst tatsächlich und hauptsächlich Haiders Mist – nur umgesetzt wurden sie tatsächlich und hauptsächlich von Anderen.
Da unter diesen Anderen auch Ex-Kanzler Schüssel ist, freut es mich, wenn er bei seinem Nachrufen (neben dem typisch unkritischen Allgemein-Geredes) erkennt: „Es (Haiders Tod) zeigt, dass wir Menschen sind.“ Daran sollte er auch denken, wenn er das nächste Mal an einer Schubhaft-Anstalt vorüber fährt.

Nun ist er tot. So ist es nun einmal und niemand bringt ihn uns wieder, um mit ihm über seine Ansichten zu streiten. Figur und Mensch Haider haben sich aus der Show gestohlen und wir können nur noch die übrig gebliebenen Schatten, nicht aber die Figur selbst überwinden.
Ob der rechts-extremere Strache nun durch den Tod Haiders gestärkt wird, möglicherweise nun bereit ist, das BZÖ einzusacken, da er nun keine Konkurrenz von seinem Ex-Meister zu befürchten hat, bleibt abzuwarten, jedoch zu befürchten. Strache selbst urteilt über Haider, dass sich dieser um die „Demokratisierung“ Österreichs verdient gemacht hätte. Allein eine solche Aussage sollte Alarmglocken zwischen den Ohren erschallen lassen – auch wenn bei vielen Österreichern (etwa 17% der WählerInnen) dort kein Resonanzraum vorhanden ist. Im Vakuum schwingt kein Alarm. Jedenfalls wusste ich nicht, dass Haider bereits so alt war (ich dachte er starb mit 58) und bereits nach dem Zweiten Weltkrieg, gemeinsam mit den Alliierten und den damaligen Vertretern demokratischer Parteien, an der Zweiten Republik arbeitete, wie der Zahntechniker Strache scheinbar vermitteln will (Da wundert sein Abbruch des Studiums der Geschichtswissenschaften kein bisschen mehr – hatte ihm offenbar nicht gefallen, diese Wahrheiten, die man dort lehrte).

Aber zurück zum Verstorbenen: Mit Jörg Haiders Tod muss ich mich von einem lebenden Feindbild verabschieden, auch wenn Feindbilder selbst, auch nach dem Tode des Belebers, erhalten bleiben.
Ich kann ihm nachträglich zugute halten, dass mir sein äußerliches Erscheinen niemals so ungut entgegenwirkte, wie seine politischen Ansichten und Äußerungen und er daher auch nicht gleichermaßen unsympathisch war, wie sein letzter Konkurrent H.C Strache ganzheitlich immer noch ist. Für mich war Jörg Haider vor allem Rechtspopulist und Entertainer, eitel und in gewisser Weise uneins mit sich selbst (Letzteres erschien mir vermutlich deshalb so, weil mir die Vorstellung schwer fällt, Rechtspopulisten könnten tatsächlich meinen was sie sagen).

Er verunglückte übrigens bei einer Geschwindigkeit von 142 Kmh und, wie bereits ein anderer Kommentator bemerkte, scheint dies auf tragische Weise seiner Lebensweise zu entsprechen: Schnell war sein Aufstieg in der Politik, immer wieder überraschend seine Erfolge und ebenso schnell und überraschend war sein Tod. Friede sei mit ihm - und das meine ich an dieser Stelle ernst - Friede sei mit ihm.

Freitag, 10. Oktober 2008

Josef, Josef! Lass dein Haar herunter!

In allen Regierungen herrscht zurzeit eine äußerst aufgeregte Stimmung, an den Börsen haareraufende Panik. Und was macht die umworbene Braut Josef Pröll? Spielt den Scheuen und lässt sich sehr bitten.
Natürlich muss er den Eindruck erwecken, die Anwärter – von denen eigentlich nur einer in Frage kommen sollte – sorgfältig auszuwählen. Aber was hülft es denn? So sehr er sich nun ziert und abwägt, letztlich kann es zu denselben Problemen kommen, wie vor kurzem noch zwischen Gusenbauer und Molterer (dem Regierungspartner ständig und propagandistisch in den Rücken zu fallen). Gleichzeitig findet am internationalen Finanzmarkt eine gewaltige Abschiedsparty von jeglicher Effizienz statt – Die wird er wohl verpassen, so lange er in seinem schwarzen Türmchen sitzt und seinen Faymann nicht erhört.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Zum 70er alles Gute

Was schenken Sie unserem österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer zum morgigen 70er? Was würden Sie ihm gerne schenken?
Eine ÖVP, die den taktischen Nachteil Faymanns nicht schamlos ausnützt, sich auf eine Koalition mit eben dieser Partei festzulegen, da er nicht mit den Rechtspopulisten zusammenreagieren will. Eine kleine „große“ Koalition, die aus den Fehlern vergangener Propaganda-Schlammschlachten gelernt hat und gegenseitig kritisierbare Zusammenarbeit nicht mit zusammenfallender kritischer Gegnerschaft verwechseln. Eine Reagierung die baldigst mit der Arbeit beginnt, um wenigstens so zu tun, als ob sie mehr täte, als nur auf Impulse aus der Außenwelt zu reagieren und Symptome zu bekämpfen.

Da liegt ein anderer im Torbogen eines Diskontladens

Da liegt einer im Torbogen eines Diskontladens auf einem Stück Karton und schlummert. Da steht einer mit Krawatte vor einem großen Publikum und redet von Kaviar, sich um seine Existenz. Da sitzt einer im Aufsichtrat eines teilprivaten Unternehmens und verzockt die Zukunft von Tausenden, mit einem grinsenden Gedanken an den nächsten Betriebsausflug nach Maui.

Was unterscheidet den Einen vom Andern? Was macht den Menschen? Das Gesicht des Schlafenden auf dem Boden einer staubigen Straße, im offenen Feuer der Neonbeleuchtung, ist weich, es ist friedvoll und lässt an die schöne Unschuldsmiene eines Kindes denken.

Der eine gilt als großer Krawattenträger. Für die anderen Krawattenträger gilt der Vorsatz: Verliert er, so ist’s ein übles Schicksal und ihn trifft keine Schuld. Für den Schlafenden jedoch gilt der Satz: Hat er dies Schicksal, so ist er selbst daran schuld, ein Verlierer zu sein.
Es sind dieselben Gesichter dieser Herren der Schöpfung, es sind dieselben Worte dieses Patriarchates, das Ignoranztum benannt sein müsste: Die Deutung dieser Menschen jedoch dreht sich nach dem Winde, der aus ihren Arschlöchern pfeift und entsprechend nichts weiter wert ist, als ihr winziger Beitrag zur Klimaerwärmung.

Dienstag, 7. Oktober 2008

...

Die Fachhochschule Technikum Wien wirbt auf dem Deckel des aktuellen Taschenkalenders der ÖH, mit dem Sätzlein: "Mehr Einsatz erhöht den Gewinn". Auf dem beigefügten Bild lassen sich Casino-Spielchips auf grünem Kartentisch erkennen.

Ob das im Zeitalter der geborgten und verzockten Gelder zeitgemäß ist? Oder ist die Darstellung, als kabarettistischer Beitrag der Werbemacher zur Weltlage zu verstehen?
Ein Beitrag zur Erheiterung, in Tagen, an denen man nur wenig zu lachen hat. Die Finanzkrise und die dazugehörigen Finanzexperten, die Analysieren und uns sagen, was nun für die Banken das Beste sei, das der Staat zu unternehmen hätte, so wie sie es seit über hundert Jahren machen, hören sich an wie Kriegsberichterstatter die über Monopoly diskutieren.

Der Staat müsse nun hier und da Sicherheiten geben und sich bereit erklären, für Megakredite zu haften, denn das Spiel müsse weitergehen. Man kann ja die Truppen nicht einfach abziehen, jetzt, wo die Schlacht um die Vorherrschaft auf dem Finanzmarkt – die Asien offenbar so gut wie in der Geldtasche hat – am heftigsten tobt. Man muss ja weiter wachsen und noch mehr an Geld investieren, das man eigentlich gar nicht hat.
Verstaatlichung geschieht immer dann, wenn es den privaten Konzernen gefällt. Verstaatlichung ist das Ruhekissen der Spekulanten. Aber was bringt es dem kleineren Steuerzahler? Letztlich verspekulieren sich Spitzenmanager auch in teilprivatisierten oder teilverstaatlichten Unternehmen, kassieren dennoch hohe Abfertigungen, nebst Auszahlung ihres ausstehenden hohen Gehaltes und der Staat haftet.
Die neuen Varianten: Mama Staat muss uns den Kopf graulen, anstatt ihn zu waschen; Mama Staat muss uns noch mehr Kleingeld geben, damit wir weiterspielen können, in der Spielhalle – Kreditwars 1.0.

Nationalratsdrama

„Nationalratdram…“, hätte sich die Moderatorin im Morgenjournal beinahe versprochen und damit eine Grundstimmung so mancher Österreicher wiedergegeben, deren Äußerung vielleicht nicht dem Glaubensdogma der journalistischen Objektivität entsprochen hätte, aber wenigsten der Wahrheit. Ein Mandat wanderte also, so hieß es nach der Ankündigung des Themas, von Rot nach Grün, weshalb sich eine Rot-Blau-Regierung bzw. eine Violett-Regierung, nicht mehr ausgehe.

Das lies mich zunächst aufatmen. Allerdings fiel mir ein, dass Faymann nie von einer Koalition mit dem Burschengschaftler Strache sprach, die jeweiligen ÖVP-Häuptlinge hingegen, bei dieser Frage stets nervös wurden und sich zierten konkrete Aussagen zu machen. Bereits der Molterer hatte sich gewunden, der neue Pröll spielt auch den Dummen und trifft sich mit Strache auf ein „Vorstellungsgespräch“, weil er ihn noch nicht so gut kenne und als neuer ÖVP-Boss müsse man sich bei den anderen Gangsleadern schließlich erst einmal bekannt machen. Dem ging scheinbar ein Spießrutenlauf mit den Journalisten voraus, bis man sich dazu entschloss, das Treffen doch zu zugeben. Gangleader plaudern gerne heimlich und unter vier Augen.
Und es war sicher eine Überraschung für den F-Führer: Ah! Du bist also der Pröll? Ich dachte du wärst älter und a wengerl schlanker. Was machst du eigentlich in der Bundesregierung? Ah, dasselbe wie ich. Bisher noch nix.

Montag, 6. Oktober 2008

Fortschritt und Vergesslichkeit

Regierungen westlicher Staaten verdienten eigentlich eine andere Bezeichnung, da sie nicht regieren, sondern nur noch reagieren; und zwar auf die Leistungen oder Fehlleistungen der eigentlichen Regenten. Finanzkonzerne, die sich mit selbstmörderischen Aktionen gegenseitig zu überbieten trachten, um sich mit möglichst schnellem Geld gegenseitig aufzukaufen, tragen – wie man nun sieht – geringste Verantwortung für ihr Handeln, gleichzeitig aber größte Macht. Auf Gedeih und Verderb halten sie die Welt in Abhängigkeit zu ihren Krediten, Kreditskrediten und Kreditsversprechenskrediten, etc.

Personen (selbst wenn sie nur juristisch existieren), die größtmögliche Macht über und größten Einfluss auf andere Menschen haben, dafür jedoch keinerlei Haftung oder Verantwortung übernehmen müssen, nannte man zu früheren Zeiten Tyrannen oder Diktatoren. Wir leben in einem modernen, lichten Zeitalter der Vergesslichkeit.

Sonntag, 5. Oktober 2008

Ja eh

Ja eh, die Ausländer, die nehmen uns alles weg. Unsere Kultur wird verunreinigt, vom Ausländischen. Gib mir noch eine Wurst! Ja, mit Ketchup – esse ich nie ohne. Zum Glück verunreinigen wir unsere Körper noch selbst. Ja, noch einen Burger, das geht schon. Das Fleisch schreit nach Fleisch. Schieben Sie ruhig nach, Herr Ober, uns kann man einiges eintrichtern, das geht schon noch. Im Schädel wäre auch noch viel Platz.

Ja eh. Deutsche Würste für die deutsche Leitkultur. Füllen Sie das braune Zeug in dessen eigenes Gedärm und führen Sie es ins Gedärm der deutschnational Geleiteten, bis es in seiner innerlich wahren Symbolform endigt, wie es enden muss. Dog eat Dog – deutsche Schäferhunde allein. Österreich schreit nach deutscher Leitkultur. Warum auch nicht? Deutsche gehören zu den Führern der Einwanderungsstatistik (unter den EU-Herkunftsländern), sollen sie doch auch unsere Kultur anführen, solange wir nur schön neutral bleiben.
Eigenständigkeit ist nichts für Österreich. Sprechen Sie den nächstbesten Deutschen an und bitten Sie ihn um sein kulturelles Geleit. Er wird sich freuen, dafür nach Österreich ausgewandert zu sein. Deutsche Leitkultur zum österreichischen Walzer braucht's. Das verlangen auch die treuen Patrioten, wie der Urösterreicher Stra-Che. Der muss es wissen, der kann laut Plärren, der ist ein Bursch-Gschaftler.

Danton ist müde, Danton ist gelangweilt, aber die Welt ist zu humanistisch geworden, um ihn zu guillotinieren. Man lässt ihn lieber langsam verelenden.
Sie haben den schnellen Tod zum großen Übel erklärt. Die Freiheit sei unser großes Gut. Den Freitod aber verdammen sie und so erkennen wir, welchen Wert sie der Freiheit geben. Wir haben die Freiheit, zwischen mehreren Versicherungsanbietern zu wählen, Telefonnummern werden gewählt und sogar Politiker. Das ist unsere Freiheit, die wir damit zubringen uns der Abhängigkeit zu überlassen, Freiheit die darauf verwendet wird, einer Partei Stimmen zu geben, die das Volk an der Hundeleine sehen will, zugleich sie die Freiheit im Namen trägt, so wie das Volk die braunen Würste im Schädel.
Sterbehilfe ist politisch unkorrekt, Selbstmord ist religiös unkorrekt. Da kann man sich nur noch als dunkelheutiger Moslem verkleiden und deportieren lassen – Doch auf einem Flug nach Irgendwo langsam zu ersticken ist kein guter Tod.

Gib mir lieber noch eine Wurst, muss man eben langsam verrecken – an Raucherlunge, Leberzierrose und verstopften Arterien. Weil’s uns so schlecht geht, mit unseren Fleischbergen, unserem Tabak, unserem Fettüberschuss – Ja eh! s'Sind die Ausländer schuld daran, dass wir so viel fressen – vor allem politisch in uns hinein. Ja eh!

Samstag, 4. Oktober 2008

Gemeines über alte Menschen

Nichts gegen alte Menschen; ich kenne einige alte Menschen, die mehr als schätzenswert sind; viele davon sind bereits so alt, dass sie mittlerweile tot sind.
Aber was ich wirklich nicht mehr hören kann, ist diese überhebliche Besserwisserei von Menschen, deren angehäufte Lebensjahrzehnte ihr schlechtes Gewissen gleichsam anfüllten, wie der Kalk die Arterien. Menschen die alles Mögliche von sich geben, um von den Schuldgefühlen ihrer Generation abzulenken.
Vermutlich sind das vor allem jene Menschen, die tatsächlich am jeweils destruktiven Mainstream ihrer Zeit beteiligt waren – so wie dies in Zukunft die heutigen FPÖ/BZÖ-Wähler gewesen sein werden. Wobei: In 50 Jahren, wenn die Geschichtsbücher voll mit den Schwachsinnigkeiten der Jahrtausendwende voll geschrieben sind, wird's keiner gewesen sein wollen. Nein, ich hatte niemals Viva Strache gerufen, ich war nicht dabei, ich bin sowieso niemand. Egal…

Das Thema sind alte Menschen. Alte Menschen die sich kleiden und sprechen wie meine Großeltern, obwohl sie 20 Jahre jünger sind als diese und einer ganz anderen Generation angehören. Alte Menschen die vor allem auf die jungen Studierten keppeln, als hätten sie ein Radar für Akademiker, obwohl sie in ihrem ganzen Leben noch keinen Campus von … überhaupt geschaut haben. Die meisten alten Suderer, die glauben, dass die Multikultur eine böswillige Erfindung linker Studenten sei, wissen überhaupt nicht, wo sich die Universitäten in ihrer Stadt befinden. Aber die Studierten sind überall.

Von solchen Menschen muss man sich dann anhören, dass man keine Ahnung von Leben hätte und einmal was gescheites arbeiten solle, als immer nur Bücher zu lesen und außerdem, werden Sie erst einmal so alt wie ich, bevor Sie mitreden – Und das, obwohl sich die alte Suderpartie stets in das Gespräch anderer Leute einmischt.
Natürlich muss man Mitleid haben, mit all den armen alten Menschen, die es nicht besser wissen, deren Leberzirrhose und Gehirnversagen von einem versoffenen Dasein zerren, die noch nie etwas anderes gesehen haben, als den Tellerboden ihrer Gulaschsuppe und deren gestörtes Selbstvertrauen sie zwingt auf alle Anderen zu schimpfen (vor allem auf alles Fremde).

Doch es fällt schwer. Diese Menschen halten demokratische Wahlen für die Liga der nationalen Minigolfvereine, wählen jedenfalls dagegen und sagen dann einem Menschen, der sich wenigstens ein bisschen Denkarbeit vor den Wahlen antut, er hätte ja keine Ahnung (vom Leben). Menschen die ihr ganzes Leben lang in einer, vielleicht zwei unterschiedlichen Ortschaften hausten, in ein und der selben bescheuerten Fabrik, in ein und dem selben Unternehmen oder Büro arbeiteten und deren einzige Reisen als Cluburlaube an mediterrane Tourismus-Strände führten, sagen einem – weil man jung ist und zu viele Bücher liest – dass man keine Ahnung hätte, vor allem nicht von Politik. Und einige Junge sind bereits infiziert: Realitätsverweigerer wird man genannt, wenn man die Realität eines kleinen Kaffs – das sich auch innerhalb einer Großstadt befinden kann – nicht als einzige Realität wahrnimmt.

Meine Generation ist gezwungen, innerhalb von 5 Jahren in mehr unterschiedlichen Jobs tätig gewesen zu sein, als durchschnittliche Siebzigjährige es in ihrem ganzen Leben waren – nur nennt man uns nicht mehr Arbeitnehmer, sondern Prekariat, was gerade für so genannte Studierte gilt, die eh nix arbeiten.
Während die älteren Generationen den Aufstieg erlebten, erleben wir den Abstieg – und den Niedergang, den wir unter anderem ihrem braven, gutbürgerlichen, unreflektierten Aufwärtstreben verdanken. Natürlich geht das mit dem Kapitalismus immer so weiter. Nein, die in Afrika werden sich schon nicht beklagen …
Ehe man die Leichterscheinungen anderer Lebenswelten bemerkt, ist man Siebzig und erkennt, dass die eigene Generation an der Verseuchung des Planeten und der Demontage des globalen Klimasystems maßgeblich beteiligt war. Da muss man sich schnell etwas einfallen lassen, denn die Tatsache, dass immer mehr Menschen keine Kinder in eine solche Welt setzten wollen, bringt gerade Pensionisten ganz schön ins schwitzen.
Aber man kann immer noch den Ausländern die Schuld zuschieben (gerade den jüngeren) und wenn nicht diesen, so spaziert man durch Straßen und Straßenbahnen und meckert über Umweltschützer, Aufklärer und Studierte.

Leider erkennt man: Diese Alterserscheinung will einfach nicht aussterben; die Würde des Alters ist offenbar genauso wenig angesagt, wie der Geist der Aufklärung unter den Jüngeren (die ja auch irgendwann keine Pension mehr erhalten).

Aber natürlich betrifft das nicht Alle, auch wenn es Alle betrifft.

Freitag, 3. Oktober 2008

Mein deutsches Volk

Ich weiß nicht, ob ihr noch Rundfunk oder Zeitung aus der Ostmark empfangen könnt und bereits in Kenntnis gesetzt seid, dass der blaue Parteiführer Harze Strache, bei der Wahl zum Nationalreichsrat 17,7 % der Stimmen erreichte. Um ganze 6 % mehr Wähler und Wählerinnen konnte dieser blauäugige Bursche überzeugen, zum Beispiel, dass er die Wahl gewonnen hätte. Und auch die Politiker aus den anderen Parteien glauben ihm.
So schnell hatten wir noch niemals aussichtsreiche Koalitionsverhandlungen in der Ostmark, wie nun zwischen der kirchlichen und der bolschewistischen Partei. So schnell, wie noch nie zuvor in der Geschichte, nach dem kleinlichen Aufstieg des Kollegen Dollfuß, gab es nun einen Führerwechsel bei den Schwarzstrümpfen.

Aber eines sage ich euch! In den vergangenen Tagen wurden Filmbotschaften über den internationalen Elektronik-Äther gesandt, die einen Vergleich zwischen mir und dem Emporkömmling Strache nahe legen! Doch das ist beleidigend! Niemals hätte ich während eines Wahlkampfes gesungen! Niemals! Ich kann gar nicht singen!
Zwar hielt ein solcher Umstand auch ihn nicht davon ab, aber gerade deshalb ist ein Vergleich, zwischen mir, dem großen hässlichen Redner, dem Schrecken des Abendlandes und diesem blauen Wundermann, geradezu ein Verbrechen! Der soll doch die Massen einmal ohne Bierzelt bewegen, dann werden wir ja sehn. Auf meine Vorarbeit baut er auf! Ich frage euch: Wie viele Junge Heilsarmheber tummeln sich, in Erinnerung an meine Zeiten, an seinen Kundgebungen und Ansprachen. Und nun tut man so, als hätte er den Populismus erfunden.

Hätte ich jemals Humor gehabt, würde ich jetzt lachen. Dabei gibt es von diesen Kopiermaschinen in Wahrheit zwei Stück in der Ostmark. Auch wenn dieser Haider aus dem Kärntner-Gau die Sache nicht sehr persönlich zu nehmen scheint. Der hätte gut in meine Propagandaabteilung gepasst.
Ich fordere Euch auf, diese jämmerliche Vergleiche, mit meiner großen Person und meiner großen Zeit, einzustellen; schafft euch euren eigenen, euren ganz persönlichen Untergang. Ich weiß, dass Ihr das könnt.

Herzlichst aus dem Jenseits,

Ihr A.H.