Sonntag, 31. August 2008

Sommernachts-Problem

Ich war gedanklich abwesend in meiner Oberstübchen-Werkstatt, in meinem aktuellen Projekt vertieft, im FLEX, in Wien, an der Bar hockend, bei einem Bier mit Freunden und Bekannten, als ich spontan in die Realität schaute. Da sah ich mir gegenüber, an der anderen Seite der großräumigen Bar, Blicke, die auf mir ruhten, alsbald jedoch nicht mehr, als sie mein Bemerken bemerkten.
Wie schön dieser Blick doch war, unbeabsichtigt, vielleicht zufällig und aus Augen die klar, weich und vielsehend waren. Ein lockiges Haupt endete sein goldenbraunes Haar jäh unterm schön geformten Hinterkopf, den schlanken Nacken befreiend. Der gebogene Hals verschwand in einer auffällig unauffälligen Regenjacke, die sich kontrastreich von der aufgetakelten Schar, stöckelnder, blitzender, gestreifter und geschweifter Lifestyledamen dieser Samstagnacht abhob, wie ein Zitronenfalter in einem Blumengewimmel von Honigbienen.
Was hätte mein erwidernder Blick machen sollen? Er wusste es nicht, er wüsste es auch jetzt nicht, genauso wie der Sprache immer noch nichts einfällt, dass sie sich auch getraut hätte aus mir heraus zu bringen – zu einem passenden Anlass vielleicht. O ich sah sie noch einige Male und mein Verzücken – wiewohl ich weiß, dass dieses Wort in einem Zeitalter diktierter emotionaler Kühle, unpopulär ist, obwohl es das Auszusagende am besten ausdrückt – wurde nicht gemindert, obschon ich mit dem Trinken aufgehört hatte. Ich hatte mich verliebt, in ein Bündel Lockenhaar, in einen Hals, in einen Augenblick schöner Augen, in die Art wie sie Gesicht und Kopf bewegte, während sie mit verschmitztem Lächeln die Bar-Herrin ansprach. Dennoch, ich vermocht sie nicht anzusprechen.

Wer auch immer diese Zeilen lesen mag, gebt nicht auf, nehmt all euren Mut zusammen und sprecht, auf Gedeih und Gedeih, selten auf Verderb, eure ferne Bewunderte oder euren Bewunderten oder euer Bewundertes an. Lasst euch nicht, so wie ich, von Nichts als der Verzückung – und den zwei gut aussehenden Typen, die dennoch so erschienen, als wären sie bloß zufällige Bekanntschaften gewesen, die sie und ihre Freundin trafen – einschüchtern und sprecht, egal was euch an zu Sprechendem einfallen mag – und wenn ihr euch lächerlich macht und wenn ihr Einiges auf die Nase bekommt.

Ich lief unschlüssig davon und sitze nun hier, bangend, ob ich sie wohl zufällig wieder sehe, wenn mein Mut aus den Sommerferien heimgekehrt ist.

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