Dienstag, 15. Juli 2008

Wenn wir Handys essen könnten

Der europäische Konsumentenschutz gibt sich große Mühe, ungerechtfertigte Roaming-Gebühren für Mobilfunkkunden anzugleichen bzw. zu verringern. Wir können uns also in Zukunft unzählige SMS leisten, um sie im gesamten EU-Raum zu verstreuen; vielleicht aus dem Urlaub, in den wir mit dem Zug oder dem Fahrrad oder zu Fuß reisen; die Tankfüllung für das Auto wäre jedenfalls zu teuer. Und wenn wir dann am Mittelmeer, dem Atlantik, in den Alpen oder Pyrenäen wandern, so beruhigt es doch erheblich zu wissen, sämtlichen Kontaktadressen kostengünstig mitteilen zu können, dass wir im Urlaub beschlossen haben ein wenig zu fasten. Immerhin müssen wir uns entscheiden: Ob wir Essen oder Rückfahrtticket (für die Billigfluglinie) bezahlen. Die Daheimgebliebenen können uns dann kostengünstig zurücksenden, dass sie, die sich als Heimurlauber Nahrungsmittel leisten können, immer sehr viel und vor allem sehr schnell essen, weil das Bio- oder Normal-Gemüse vom anderen Ende der Welt, leider aber auch die heimischen Milchprodukte, zwei Tage nach Einkauf bereits zu vergammmeln beginnt.

Die Alternative wären Fast Food und Tiefkühl-Mikrowellenprodukte, die aber mittlerweile zu Luxusprodukten erhoben wurden: Durch übertriebene Preise, gepaart mit dem beinahe avantgardistischen Mangel an Geschmack. Man fragt sich nur, wie lange sich die taschengeld-schwächeren Kids die Burgerkultur noch leisten können, wenn sie sich aufgrund der niedrigen, nun auch europaweit leistbaren Mobilfunk-Gebühren, - noch mehr als sonst - über Klingelton-Abzocker und Handyspielchen in Schulden stürzen. Zur Not können sie die Mobilspielzeuge aber immer noch klauen, was ein Kavaliersdelikt darstellt, da die Dinger ohnehin nichts kosten; - auch wenn der Coltan-Abbau im Kongo, der für ihre Herstellung notwendig ist, den ansässigen Warlords ein königliches Einkommen beschert. Angst braucht man vor zunehmendem, kindlichem Handyklau jedenfalls nicht haben, denn die neue Innenministerin Fekter wird (noch vor der Neuwahl) alles daran setzten, in Zukunft auch 13jährige vor Gericht zu stellen – natürlich nur zur Abschreckung; was sonst? Und letztlich ist ein großer Trost, auch wenn wir nicht mehr in der Lage sein sollten das geschmacksneutrale, genmanipulierte Brot zu bezahlen, dass wir unseren Zorn darüber wenigstens über billigen Mobilfunk in die Welt hinausplärren können.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Schreib dich aus