Dienstag, 8. Juli 2008

Außer Reden nichts gewesen

Redekünstlerisch weniger fit erscheint mir jedenfalls der „Schwarze Willi“, wenn man sich anhört, wie er zweimal erklärt, dass man nicht versprechen dürfe, was man nicht halten könne. Da fragt man sich, wie er, als Spitzenkandidat der ÖVP seinen Wahlkampf führen will, auch wenn die also zu erwartende "Ehrlichkeit" sich sicherlich interessant gestalten könnte, wenn Willi Molterer seine Rede beginnt: „Ich werde Ihnen nichts versprechen…“
Des Weiteren verstieg er sich zu der eigenartigen Behauptung, dass das eben Erwähnte das wäre, was Österreich bräuchte – unter obligatorischem Applaus seines Parteienanhanges. Das was Österreich braucht sind allerdings keine Politiker, die Versprechen vermeiden die sie nicht halten können, sondern solche, die durchaus Versprechen abgeben und dann alles tun, um diese einzuhalten. Herausforderungen aufgrund eines möglichen Scheiterns auszublenden, wäre Basis einer Politik der Feigheit.

Wir befinden uns jedoch in einer Situation, in der ohne weiteres Untersuchungsausschüsse, zu Korruptionsfällen im Innenministerium, abgebrochen werden, weil man sich dies Koalitionsintern so ausgemacht hatte (eine weitere seltene Ausnahme einer Einigung) und was auch immer an Fehlern begangen wurde, ohne Konsequenzen für die Verantwortlichen bleibt, sowie jede Kritik, die von außerhalb des Parlaments kommt, einfach zu ignorierbar ist. Keine Zugeständnisse gibt es in der Sprachkunst der österreichischen Politiker. Hören wir - nicht einmal all zu genau - hin, so erkennen wir bei allen Parteien das selbe Muster: Es wird stets aus Sicherheitsgründen vermieden konkrete Aussagen zu machen, die in irgendeiner Form von Bürgern, von den Medien, von den politischen Gegnern ausgenützt bzw. überhaupt gewertet werden könnten, was stets zu lächerlichen Reden führt. Warum kann ein Mann der SPÖ nicht sagen, dass er gegen Gusenbauer als Spitzenkandidat war, wenn er zugleich meint, dass es doch natürlich sei, dass er für Faymann als Spitzenkandidat ist, wenn er doch für ihn als Parteivorsitzender war (was er dereinst aber so nicht sagen wollte) – vielleicht wünscht er sich einen zukünftigen, roten Doppelkanzler? Auch anders gefärbte Kollegen dieses pfundigen Kerls aus Wien haben dermaßen mit der Sicherheits-Rhetorik zu kämpfen, sodass sie darüber hinaus die Bedeutung ihrer Aussagen zu vergessen scheinen. Ein Mensch der vor lauter Vorsicht, ja nicht den Eindruck zu erwecken, er hätte eine Meinung zu einem bestimmten Thema, den Eindruck erweckt, innerhalb seiner Partei nichts zu sagen zu haben und generell ganz bedeutungslos zu sein, scheint jedenfalls nicht sehr fit für einen Wahlkampf. Warum sollte man PolitikerInnen wählen, die erst dann subjektive und objektive Meinungen haben, wenn das Parteiengremium es ihnen gestattet – Österreich ist schließlich noch nicht Russland, nur weil wir sein Erdgas zum (Tofu-)Schnitzelbraten verwenden.

Eigene Werte und Meinungen scheinen den meisten österreichischen Politikern zu gefährlich, um in den Mund genommen zu werden; bevor man diese eingesteht, füllt man die Medien lieber mit leeren Aussagen. Und Wiens Bürgermeister Häupl gestand, bezüglich A. Gusenbauers Abberufung als Parteivorsitzender/Spitzenkandidat, auf das er nicht für einen Königsmörder gehalten werde: „Ich bin völlig emotionslos.“ Aber wenigsten ehrlich.

Wenn man die rhetorische Methode, nichts, statt möglicherweise etwas Falsches zu sagen, als Indikator verwenden würde; wenn man überall dort, wo österreichische Politiker konkrete Aussagen vermeiden, erwarten kann, dass sie etwas für sich oder ihren Klüngel Unangenehmes zu verbergen oder kaschieren haben – und daher großräumig herumreden – wird ein äußerst fauliger Geruch in diesem Land schmeckbar. So wie österreichische Politiker, weniger um den heißen Brei, als viel mehr um den kalten Kaffee herumreden, sind sie entweder ohne jegliches Selbstvertrauen, eingschüchtert oder bescheuert, oder sie haben allesamt mehr Dreck unter den Teppich zu kehren, als der in Silvio Berlusconis Büro überhaupt fassen kann. Wenn überall dort, wo um jegliche Aussagen herumgestottert, abgelenkt, auf völlig andere Themen umgeschwenkt, Zusammenhangsloses geschwatzt, Bedeutungsloses ausgerufen oder All-Zu-Vieldeutiges geplappert wird, wo sich etwas für den jeweiligen Politiker möglicherweise Heikles verbirgt, dann ist die österreichische Politik fürwahr in einer heiklen Situation und Vertrauen in die Politik, wird mit jeder zweiten Äußerung eines/einer Politikers/Politikerin, erneut und bewiesenermaßen zum völligen Wahnsinn erklärt. Dann gibt es mehr zu verbergendes Heikles, als es – für uns Bürger – bedeutungsvolle Inhalte gibt. Dann ist es nicht nur so, dass PolitikerInnen aller Art lediglich schlechte Redner, unhöfliche Interviewpartner und Dauerwahlkämpfer wären, sondern um vieles Schlimmer, unseres Vertrauens unwürdig, jedoch des Verdachtes würdig, Schändliches zu verbergen. Was sagt das ständige Ausweichen und Ausflüchten der Vertreter des Volkes über diese selbst aus? Sind sie (mehr oder weniger) geschickte Redner oder Heuchler? Und was würde selbst eine geschickte Rede nützen, wenn sie niemanden aufklärt, belehrt und erhellt? Wenn sich PolitikerInnen vor den eigenen Aussagen fürchten, müssen wir uns vor den PolitikerInnen fürchten – oder besser noch: Vor deren Wiederwahl.

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