Montag, 23. Juni 2008

Schwarze Rochade

Vielleicht ist es die schwüle der Nacht, die mir die durch ihre aufgeheizten Atmosphäre flirrende Radiomeldung zunächst etwas unwirklich erscheinen lies: Der viel geliebte Innenminister G. Platter wird nun also Landeshauptmann Tirols - Obwohl man über die Möglichkeit zu diesem Schritt und den gleichzeitigen Rückschritt bzw. – Tritt Herwig Van Staas im Vorfeld nicht einmal spekulieren durfte, zumindest wenn es nach dem Wunsch der ÖVP ging; und wer diese oder den Innenminister verärgert, dem wird, wie einige Tierschützer mittlerweile wissen, die polizeiliche Unverhältnismäßigkeit auf den Hals gehetzt.

Zufällig geschah diese Personalrochade kurz nach jener der SPÖ-Spitze, über die man sich zwar wunderlich beklagte, sich aber zugleich zu denken schien: Wenn die sich das trauen, dann machen wir das auch. Nun folgt also auch in den ÖVP-Reihen ein Minister einem Spitzenpolitiker ins Amt, der sich zuletzt einige parteiinterne Kritik anzuhören hatte. Wobei das aktuell veröffentlichte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen Österreich, die einen unrechtmäßige Abschiebung zur Causa hatte, auch so einen Zufall darstellt, der beinahe zum Posten-Wechsel Platters passen könnte – hätte dieser jemals auf Kritik bezüglich der Vernachlässigung der Menschenrechte durch sein zukünftiges Ex-Ministerium gehört. Hat er nicht – oder doch? Kam ihm der Ungnade-Fall von Van Staa, der natürlich freiwillig zurücktrat, vielleicht doch gerade recht? Ein heftig kritisierter Innenminister tauscht seinen Platz mit einem heftig kritisierten Landeshauptmann, wobei der unterschied der Kritikinhalte nicht gering sind: Platter wird aufgrund der Umsetzung und Übertreibung schlechter Gesetze angegriffen, Van Staa scheinbar vor allem deshalb, weil er seiner Partei nicht genug Stimmen bringen konnte – weshalb dessen freiwilliger Rücktritt eher dem eines Fußballers gleicht, dem nicht nur der Trainer, sondern auch die Mannschaftsmitglieder sagen, er solle sich endlich brausen gehen. Man geht halt lieber freiwillig, bevor man „gegangen wird“.

Wie dem auch sei; Die Frage, die sich nicht nur die Tiroler und die ÖVP-People stellen sollten, lautet: Ändert ein Amt die Persönlichkeit eines Politikers? Zweite Frage: Kann man die Handlungen eines Politikers, nach dessen Amtswechsel oder vorübergehenden Pensionierung, vergessen. Bei manchen hat man schließlich den Eindruck, sie verabschiedeten sich nur deshalb kurzfristig aus der Politik, um einen Image-Neustart einzuleiten, um so zusagen einen Öffentlichkeits-Reboot durchzuführen. Aber vermutlich kann man davon ausgehen, dass der zukünftige Ex-Innenminister, als Landeshauptmann nicht denselben Schaden anrichten kann, wie auf dem, über das Schicksal von Asylwerbern herrschenden, Willkür-Thron sitzend (der ganz aus den Gebeinen und Papierresten österreichischer Bürokraten erbaut wurde). Zudem führte er ja nur Gesetzte aus, auch solche, die er nicht ausführen hätte müssen und wer weiß, wer sein Ministerium übernehmen wird. Vielleicht Herwig Van Staa?

Wenn sich die voreilig abzulesende Gesetzmäßigkeit durchsetzt, können wir die nächste Rochade wieder von Seiten der Roten erwarten - es sei denn, sie regeln ihr Politik-Spielchen wie Schach und dürfen jeweils nur einmal. Was jedoch nicht einwandfrei sein kann, denn bei der Schach-Rochade wird der König getauscht und W. Molterer als Vice dürfte uns noch erhalten bleiben. Jedenfalls bis die Roten wieder jemanden ausgewecheselt haben.

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