Montag, 16. Juni 2008

Gusenbauernopfer?

Wenn man sich die Frage stellt, ob Bundeskanzler Alfred Gusenbauer weiterhin den Parteivorsitz innehaben sollte, entkommt man selten der Überlegung, warum der praktische Anschaffende und das Sagen Habende nicht auch offiziell den Parteichef darstellt. Vielleicht liegt es daran, dass Michael Häupl nicht Bürgermeister Wiens, Parteivorsitzender und vielleicht auch Bundeskanzler zugleich sein kann, zudem sich dieser davor hüten wird, seine lokale Popularität für den unbedankten Kanzlerposten aufs Spiel zu setzten. Da bleibt es wohl klüger, als gemütlicher Lokalmatador die Partei nach Jörg Haider-Manier zu bequatschen. Aber gerade die Haider-Partei, das Bündnis zerstreuter Österreicher, erfreut sich derzeit nicht sonderlicher Wahlerfolge, was vielleicht daran liegt, dass die orange Rechtspopulismus-Agentur (für geistig Minderbemittelte und/oder von der Illegalität gewisser Menschengruppen profitierenden Wirtschaftslobbyisten), einen Vorsitzenden hat, dem man die Chefrolle einfach nicht abkaufen kann, während selbige in Wahrheit einem scheinbar abseits stehenden Provinzfürsten zugesprochen wird. Auch in der SPÖ gibt es stärkere LänderpolitikerInnen (Burgstaller) und jedenfalls beliebtere ParlamentarierInnen (Prammer), was vielleicht auch in der Natur ihrer jeweiligen Positionen liegt, weshalb es Unverständnis in mir erzeugt, wenn ein öffentlich Schwächerer an der Partei-Spitze der Sozialdemokraten stehen muss. Die einzige Erklärung liefert hierbei ebenso das Haider-Beispiel: Man will sich offenbar nicht an die gefährliche Front stellen, wo die Attacken von Medien und politischen Gegnern (die zugleich Partner sein können), einem die relative Wählergunst schnell zerschießen. Man könnte auch formulieren, dass nur wenige Mitglieder der SPÖ bereit zu sein scheinen, die Verantwortung der Chefpostens zu übernehmen – und A. Gusenbauer wirkt aus dieser Sicht wie ein unwissender Kugelfang, den man ins Schussfeld vor-geschoben hatte, während die Übrigen noch überlegen, wie es weitergehen sollte. Bereiten die Parteifreunde, hinter der Deckung kauernd, eventuell den nächsten Schachzug vor, während sich ihr Bauernopfer mit Vize Molterer herumschlagen darf? Vielleicht die Krönung einer Genossin, als Retterin der Partei in höchster Not?

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