Donnerstag, 29. Mai 2008

Menschenwürge

Man kann sehr viel über Vegetarier oder Vegane schimpfen, lachen, sich beklagen – so als würden diese Menschen anderen gegenüber Verbrechen oder wenigstens Frevel begehen -, dennoch hilft dies alles nichts, mich von meiner Überzeugung weg zu stoßen. Ob aufgrund des schlechten Gewissens, dass die Lebensweise eines anderen in einem auslösen kann oder der Trägheit wegen, die uns so lieb gewonnen ist, aber nur unliebsam wieder verloren: Die gesprochene nüchterne Betrachtung, die meist mit gelebter Ignoranz verwechselt wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die vom Menschen gewährte Tierwürde die Menschenwürde bedingt. Bedenke ich, klar und ohne Ausflüchte vor mir selbst, durch welche grausame Maschinerie die Masse der Fleisch verzerrenden Westlich-Menschen füttert und gefüttert wird, so ist die Menschwürde dahin.

Mitleid mit den Tieren? Immer, so lange ich Mensch bin. Tiermord? Der Tot ist etwas Besonderes, etwas Heiliges vielleicht, ihn sinnlos und unnötig zu erwirken ist zumindest schändlich. Geht’s dir artgerechte Haltung, um „Bio“, um Pipapo? Natürlich. Während wir uns die entweihte Biomasse einer Industrie einverleiben, die Lebewesen wie Abfall behandelt – mit Ketschup oder Majo – und dabei grinsen, wie Orks nach einem Massaker, nicht ahnend, dass es Abfall bleibt, nachdem es als solcher bereits verdammt wurde, bis es uns im Magen landet und die Verdammnis auf uns übergeht, sinkt unser Niveau mit der Gesundheit unserer gemästeten Fleischeshülle. Wie leblose Masse, wie Abfall behandelt man das, was dennoch lebt – weitergereicht, in den Schnitzeln und Kebabs der Nationen, macht es die Endverbraucher zu Abfalleimern und wie leblose Masse sind sie blind für das was geschieht; und wenn sie doch sehen und hören, missachten sie ihren Ekel, lösen in auf in Relativierungen, damit er sie nicht an das erinnert, was sie in Wahrheit eben gegessen haben: Kein sauber verpacktes, ausgeblutetes, formgeschöntes Stück Genussmittel aus dem magischen Reiche Irgendwo-Miregal, sondern das Endprodukt einer unmenschlichen, grauenvollen Perversion.

Der Mensch lebte – auch in Europa – einst mit den so genannten Nutztieren in einer Beziehung, von der er abhängig war. Der Mensch ist nach wie vor vom Tiere abhängig (auch wenn ihm das nicht mehr bewusst zu sein scheint, oder gleichgültig). Doch wie ehren und respektieren wir das Leben jener Wesen, die uns das Leben ermöglichen? Massentierhaltung – der Name des wirklichen alltäglichen Wahnsinns. Was sagt dieser über uns aus? Wohl: Vor allem wie erbärmlich wir sind, der Schöpfung Krone, die Herrscher über das Tierreich. Und wie nennt man schlechte Herrscher? Tyrannen wohl. Was mit solchen geschieht? Die meisten Enden in der eigens herbeigeführten Zerstörung ihrer selbst. Aber selbst wenn sich das nicht wiederholen sollte, wenn das Schicksal einzelner nicht für die ganze Masse derer gilt, die gleich Mastschweinen sich mit den Überresten von Mastschweinen füllen, an jeder Straßenecke, in jedem Imbissladen, in jedem Restaurant, in jedem Fast-Food-Lokal, mit unidentifizierbaren Fleischmassen als Auswurf von Ausblutungs-Zerfleisch-Maschinen, in welche die Schatten von Lebewesen eingefügt werden, deren Körper zuvor geschändet in der Folterkammer der Vollgepfropftheit groß-geimpft wurden. Die Gewalt der pharmazeutischen Wundermittel zungenküsst das Verbot für verdammte Tiere, über ihren eigenen Körper zu verfügen, ihn wenigstens benutzen zu dürfen, ihn bewegen zu können, ehe sie verfrachtet, getötet, geschlachtet werden. Unsinn = Ware!

Ja, Fleischfressen ist natürlich, so natürlich wie die Behandlung eines mit Aufbaustoffen und Medikamenten voll gepumpten Kalbes, das nie das Sonnenlicht oder eine Weide sehen konnte, ehe es 5000 Km über den Globus an jenen Ort verfrachtet wird, wo ihm ein Bolzen in den Schädel gejagt wird und es hoffentlich sogleich stirbt, um nicht mehr zu spüren, wie man ihm den Kopf vom Körper trennt, vorauf man seine Bestanteile tiefgekühlt, um diese die nächsten 5000 Km über die Lande zu zerstreuen. Iss brav auf, damit die du groß und stark wirst. Fleisch ist gut für ihr Kind. Wir sind nicht in der Lage Tiere ohne synthetische Stoffe, ohne Elektronik, ohne Subventionen zu züchten, wir schaffen es nicht einmal, sie ohne einen mechanischen Bolzenschläger zu töten, sie ohne Hilfe von Maschinen zu zerlegen. Wir wissen nicht mehr, wo wir unsere Unterhosen kaufen sollen, ohne das Internet zu befragen. Allerdings wissen wir, wo wir Fleisch herbekommen - beinahe zu jeder Tages- und Nachtzeit. Fleischfressen ist natürlich - unser Fleischkonsum ist es allerdings nicht.

Bist du was du isst, oder wird das was du isst zu dir? Wissen wir nicht längst, dass wir der Abschaum dieses Planeten sind, sein Krebsgeschwür, eine sich endlos ausbreitende Krankheit, die alles Leben dieser Welt vergewaltigt, verdirbt, verseucht? Also haben wir unsere Nahrung unserem Lebensstil angepasst: Mehr von allem, verderbter, pervertierter, verseuchter, hergestellt aus 100% vergewaltigtem Körper. Massentierhaltung, Massentierverarbeitung: Ein Orgasmus der menschlichen Zivilisation. Na dann: Mahlzeit.

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