Freitag, 18. April 2008

Reduktion der Ansprüche und des Mannes Würde

Den bierschwangeren Atem der EM 2008 bereits witternd, ist es dieser Tage kaum möglich, den Einfällen der Werbebranche, zu diesem Fußballspektakel, zu entgehen. Von allen für die Reklame zugelassenen Fassaden und Pfeilern, wehen die Banner des Nonsens. Wichtig allein ist die thematische Kombinierbarkeit einzelner Produkte mit der lang ersehnten Ballsport-Festivität.

In zweifacher Hinsicht fiel mir im Besonderen eine Plakatserie auf, die Reklame für Männerunterhosen zum Zweck hat, wobei die verantwortliche Werbeabteilung auf die Idee kam, den Bezug zum Fußball allein in kleinen, den Bildern angefügten Begrifflichkeiten herzustellen. Also kann man hierbei die - ausschließlich auf den Schrittbereich des männlichen Models fokussierte – Darstellung einer, gerade in Benutzung befindlichen, Unterhose sehen, über der „An die Latte“ oder „Freistoss“ zu lesen ist. Witzig?

Stellt euch vor, man würde das reichhaltig ausgefüllte Dekolleté einer nicht näher ersichtlichen, weil in Sichtbarkeit auf den Brustbereich beschränkten, Dame in Großaufnahme an irgendeiner Bushaltestelle anbringen, die mit dem nicht minder großen Schriftzug „rann an die Bälle“ oder noch simpler „Ballsport“ aufwartet. Das würde einige Menschen, selbst wenn diese Feminismus für eine Sexpraktik halten sollten, nicht nur irritieren, sondern vermutlich auch abstoßen. Dasselbe billige Schema, auf die Männlichkeit bezogen, scheint den meisten Betrachtern hingegen wie der späte, aber gerechte, Ausgleich für die üblichen Darstellungsformen von weiblichen Körpern als Subjekte der sexuellen Begierde. Es ist auch verständlich, dass hierbei die bisherigen, auf Weiblichkeit beschränkten, Sex-Sales-Kampagnen, bei den männlichen Varianten übertrieben werden, um nicht völlig in den BHs und Badeanzügen unterzugehen, auch wenn das bedeutet, den Mann noch stärker auf eine Sexus-Figur zu reduzieren, als es bei Frauen ansonsten in der Werbung, jedoch in der Pornografie, üblich ist. Die halbnackten Grazien der Werbelandschaften bewahren sich wenigstens ihre Gesichter, die Erose hingegen genügt es offenbar auf die Lenden zu beschränken. An anderer Stelle und anderem Plakat wird ein junger Schönling in eine Positur gebracht, die bisher den weiblichen Aktmodellen vorbehalten war, während beim weiblichen Gegenstück der selben Serie, auch bei anderen Projekten, die Bemühung stattfindet, dem fraulichen Sumpf der Darstellungsklischees zu entrinnen und neue Formen für sie zu finden.

Ist das nun die Emanzipation der Frau? Gleichberechtigung? Gleichschmälerung?
Männer tragen Eyeliner und das Potenzial ihres sinnlichen plastischen Wirkens wird auf ihr Geschlechtsteil eingegrenzt, untermalt mit derb vertrottelten Sprüchen, welche mit Begriffen der männlichen Sexualität spielen - und (beinahe) ohne eine Stimme der Kritik hörbar werden zu lassen. In Wirklichkeit hat sich allerdings nicht viel in den Ansichten der Menschen, über die Rollenverteilung und deren Bedeutung im Kontext einer künstlichen Geschlechter- Apartheid, gewandelt. Zur selbstverständlichen Ausschlachtung der Sexsymbolik des Frauenkörpers, traut man sich nun, auch aufgrund der Zunahme von Frauen in Führungspositionen von Unternehmen, sowie durch die Erkenntnis, dass etwa 50% der Bevölkerung und somit der potenziellen Kunden Frauen sind, zusätzlich vermehrt die Sex-Codes am männlichen Körper zu entdecken und einzusetzten. Ein Symptom der bisherigen so genannten Frauenpolitik und aller Bemühungen, die klare Forderung nach einer Gleichberechtigung zwischen den sozialen Geschlechtern durch zusetzten. Frauen verdienen in beinahe allen Berufen, bei gleicher Qualifikation, immer noch weniger als Männer, aber dafür plakatiert man nun auch Männer als hohle Sex-Puppen.

Nachdem der Feminismus/ die Feminismen bisher noch keine ganzheitlichen Erfolge verbuchen konnte, versucht man offenbar die gesamtgesellschaftlichen Ansprüche zu senken – damit, wenn es schon in den Geschichtsbüchern peinlich werden könnte, sich wenigstens die gegenwärtige Generation erfolgreicher fühlt, als sie es tatsächlich ist.

Anstatt die vorgegebenen (Be)Wertungen und Rollenvarianten der Frau qualitativ zu erhöhen, was offenbar nicht gelingt, senkt man jene der Männer, um sich einem Gleichwert anzunähern. Qualität misst sich hierbei an der Würde des Menschen in der Ganzheitlichkeit seines Seins, für welche die körperliche Beschaffenheit des Geschlechtes kein Wertungskriterium darstellt.

Aber wir werden sehen, was sie davon haben – wir sehen es bereits: Was für reiche Manager und in minderer Form für alle übrigen, die Wert darauf legen, Designeruhren, Sportwagen und der heldenhafte Geldverlust am Pokertisch sind, sind den erfolgreichen Geschäftsfrauen und ihren Hofdamen, ungesunde Schuhe mit hohen Absätzen, Handtaschen und, aus wissenschaftlicher Sicht, hochstaplerische Diätpläne. Die Werbung hat dieser Tage für alle (selbst für sehr junge Menschen, die noch nicht laufen oder ihren eigenen Namen aussprechen können) etwas zu bieten und Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern herrscht im Verteilungssystem der Selbsttäuschung und Verblödung schon – nur in den wichtigen Bereichen des Lebens leider noch nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Schreib dich aus