Samstag, 29. März 2008

Kultur hat man

Im empfehlenswerten "CLUB 2", im privaten österreichischen Staatsfernsehen (nicht PÖS, sondern ORF) vom vergangenen Mittwoch, über den "Krieg der Worte und Bilder", war er wieder am Bildschirm zu sehen, denn das Thema war fälschlicherweise von der Programmvorschau als Frage nach einem „Krieg der Kulturen“ voreingenommen worden. Natürlich ging es dabei um "Westen" vs "Islamismus" - womit, auch wenn die Runde selbst gut geführt war, sich der Schwachsinn der Ankündigung ausreichend zu erkennen gibt. Kein Wunder also, dass Henryk M. Broder in der Gesprächsrunde saß und noch bevor er sprach ruhte sein Blick mit größtmöglicher (er konnte den Kopf nicht weiter empor heben, ohne sein Ziel aus den Augen zu verlieren) Überheblichkeit auf seinem muslimischen Gegenüber. Was sich nicht änderte, als er „aus Solidarität zu den Dänen“ einen Keks zu essen begann – offenbar war im langweilig.

Im Zuge der Diskussion wurde – wieder einmal – die These munter, der zu Folge ein Mann, dessen Bart bereits im Altersweiß erstrahlt, bereits sein Ablaufdatum trägt und nichts mehr lernt (oder lernen will). Schlecht für diese These war Rechtsanwalt Alfred Noll, der seinem Berufsstand gemäß nicht nur geschickt, sondern auch inhaltlich bedeutsam sprach. Auch sein Bart ist bereits ergraut.

Problem bei der Thematisierung im Vorfeld, bei der Broderschen „Ansicht“ – oder besser gesagt: „Aussicht“ – ist bereits der Begriff der Kultur.
Man stelle sich vor, dass diese Religion geschätzte 1,3 Milliarden Anhänger hat, die sich auf viele, höchst unterschiedliche Länder verteilen. Zumindest sollte man es sich vorzustellen versuchen, auch wenn man als „Westmensch“ der Ansicht – oder Aussicht – ist, dass Asien und Afrika eine homogene Masse an Exotik darstellt.

Man lasse sich gesagt sein: Musik – auch arabische Folklore – macht Menschen nicht zu Mördern und hätten sie die Möglichkeit, also Ressourcen und entsprechende Lokale, würden auch Palästinenser in den Supermarkt gehen und sich den Hintern mit Toilettenpapier abwischen.

So wie es keine Kultur gibt, die ausschließlich vom Islam determiniert ist und so wie ein Druse oder Sufi äußerlich weniger mit einem Sunniten zu tun hat, als ein Katholik mit einem Evangelikalen, so gibt es keinen Krieg der Kulturen. Es gibt auch keinen Menschen, der allein durch kulturelle Prägung zum Verbrecher wird, weshalb Meinungen ala Broder – die islamische Kultur würde Gewalt hervorbringen – im Grunde rassistisch ist. Na, jedenfalls ist sie kulturrelativistisch diskriminierend, denn Menschen wie Broder fassen den Volksirrglauben an den, von der Kultur und Herkunft her kriminellen Ausländer, auf, um sich Gehör und Geld zu verschaffen und meinen mit islamischer Kultur: Die von dort – Entwicklungsländer, Mullahstaat, Dritte Welt - die so aussehen, als entsprächen sie unseren Vorurteilen. Der Teint des Südens, schwarze Haare, Dunkeläugigkeit, ein „arabischer“ Akzent. Moslem. Ein guter Freund würde sagen: „Denen sind die Juden ausgegangen.“

Meiner Einschätzung nach ist Kultur entweder dermaßen fließend und amorph geartet, sodass sie nicht festzulegen ist. Andernfalls ist sie tot oder Dogma eines Regimes, was auf das Selbe hinausläuft. Es gibt keinen Menschen, und das lässt sich im Zeitalter der umfassenden Globalisierung nicht länger übersehen, der einer einzigen Kultur entspringt; der sich einer alleinstehenden Kultur zuschreiben lässt, die allein seine Persönlichkeit prägt. Es gibt nur einen unendlichen Strom von Kulturen, einen Strom an Kultur. Der Strom muss fließen, um nicht zu versumpfen. Und in diesem Strom gibt es vielleicht nur eine mögliche, genaue Zuordnung: Menschen gibt es mit und ohne Kultur - und selbst das ist eine all zu genaue Festlegung.

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