Montag, 17. März 2008

Angst vor den Angstmachern...

…wäre zwar, nach den Argumenten mancher Kommentatoren gegen den „Überwachungsstaat“, ein Fehler, dennoch konstruieren all jene, die sich an den Roman „1984“ erinnert glauben, genau das. Entweder sind sie sich der eigenen, oftmals rein subjektiven Argumentationsweise nicht bewusst oder sie haben Georg Orwell nie gelesen. Ein Überwachungsstaat ist ein totalitärer Staat, der das Hauptaugenmerk seiner Existenzsicherung auf die völlige Kontrolle seiner Bürger legen will, eine Ambition, die selbst in dafür vorbildlichen Regimen nicht zur Vollständigkeit gereichen kann oder konnte.

Die Motivation einer demokratischen Zivilgesellschaft, Überwachungskameras zu errichten, ist nicht dieselbe eines Regimes. Aber die Motivation zu einem bestimmten Zweck ist notwendig, die Yottabytes der gesammelten Daten, zu einem Ergebnis zu verdichten.
Selbiges lässt sich im Internet-Alltag beobachten. Wenn Sie nicht wissen, was Sie googeln wollen, suchen Sie, gerade aufgrund der Fülle an Informationen, die das Netz für Sie bereitstellen würde, sehr lange nach dem gewünschten Unbekannten. Die Werkzeuge moderner Sicherheitstechnologien diktiern nicht ihren Gebrauch. Die Daten und Bilder sammeln sich automatisch, jedoch ist ein Computer, ohne den Menschen, noch nicht in der Lage diese zu interpretieren.

Würde der Staat beabsichtigen, eine völlige Kontrolle aller, bei Erfolg dieses Vorhabens ehemaligen Bürger durch zusetzen, müsste er 50% der dazu Fähigen, zur 24h-Überwachung und Auswertung der aufgenommen Daten rekrutieren, um die anderen 50% zur Gänze überwachen zu können. Doch wer kontrolliert in einem solchen Fall die kontrollierende Hälfte? Solch ein Regime wäre zum scheitern verurteilt und glauben Sie mir, sollte die EU versuchen es um zusetzten, würden Sie es bemerken. Die Überwachungskritiker bemängeln oftmals aus diesem Grunde, dass die absolute Sicherheit, durch eine absolute Überwachung, eine „Utopie“ sei – aber warum fürchten sie diese dann. Regime arbeiten vielmehr mit absoluter Angsmacherei, als mit totaler Überwachung - das ist billiger und leichter durchführbar.

Natürlich verführen die Überwachungs-Technologien zum Missbrauch, doch wenn diese Gefahr – aufgrund ihrer Angst davor – zur Erhebung des Generalverdachts gegen den Staat angeführt wird, widersprechen sich die Gegner von Kameras, Kundenkarten und Krankenkassa-Datenservern in ihren Überlegungen. Zum einen schüren sie Angst und Misstrauen vor dem Staat, dem sie ihrerseits vorwerfen, aufgrund der Sicherheitspolitik (bloß) Angst und Misstrauen zu produzieren; zum anderen verdächtigen sie ungeprüft jede Kamera an einem öffentlichen Platz, gegen die Verfassung zu verstoßen.

Gerade durch eine solche unrationale, paranoide und in manchen Fällen eitl-selbstbezogene Haltung (warum sollten die Beamten, die im Bedarfsfall auf Daten zurückgreifen, ausgerechnet SIE durch die Aufnahme am Hauptbahnhof beobachten und ausgerechnet SIE dadurch voyeuristisch anrühren), wird ein vernünftiger Diskurs erschwert, der die Überwachungsfähigkeit des Staates und einzelner Unternehmen, zur Prävention gegen den möglichen Missbrauch, im Zaume hält. Ein solcher Diskurs muss jedoch unbedingt in einer breiten Öffentlichkeit stattfinden, muss durch eine Öffentlichkeit getragen werden, die sich als souveräne Zivilgesellschaft versteht und dadurch als solche agiert; und nicht als auf geschreckte Masse, die sich vom eigenen Staat hintergangen fühlt und überall „Big Brothers“ durch Objektive starren sieht. Die Innenministerien und die Polizei der EU sind nicht die Stasi - ein Vergleich wäre disqualifizierend.

Die in diesem Themenzusammenhang oft erwähnten Terroristen leben in unbeabsichtigter Kooperation mit denen, die zum Zwecke ihrer Jagd Bürgerrechte einzuschränken versuchen oder durch geführte Kriege größtmögliches Unheil in fremden Regionen anrichten. Beide Seiten verfolgen nicht dasselbe Ziel, doch verwenden sie ähnliche Mittel und Legitimationsmuster. Das ist auch der Grund, warum der Zweck eben nicht die Mittel heiligt (natürlich ausgehend von einem unheiligen Mittel zu verstehen). Skeptiker und eventuelle Verhindernde eines Staates, der durch Angstmacherei seine Überwachungspolitik fundamentiert, sollten nicht ebenfalls zu Angstmachern werden - Vor allem dann nicht, wenn sie glaubhaft und seriös bleiben wollen.

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