Samstag, 29. März 2008

Kultur hat man

Im empfehlenswerten "CLUB 2", im privaten österreichischen Staatsfernsehen (nicht PÖS, sondern ORF) vom vergangenen Mittwoch, über den "Krieg der Worte und Bilder", war er wieder am Bildschirm zu sehen, denn das Thema war fälschlicherweise von der Programmvorschau als Frage nach einem „Krieg der Kulturen“ voreingenommen worden. Natürlich ging es dabei um "Westen" vs "Islamismus" - womit, auch wenn die Runde selbst gut geführt war, sich der Schwachsinn der Ankündigung ausreichend zu erkennen gibt. Kein Wunder also, dass Henryk M. Broder in der Gesprächsrunde saß und noch bevor er sprach ruhte sein Blick mit größtmöglicher (er konnte den Kopf nicht weiter empor heben, ohne sein Ziel aus den Augen zu verlieren) Überheblichkeit auf seinem muslimischen Gegenüber. Was sich nicht änderte, als er „aus Solidarität zu den Dänen“ einen Keks zu essen begann – offenbar war im langweilig.

Im Zuge der Diskussion wurde – wieder einmal – die These munter, der zu Folge ein Mann, dessen Bart bereits im Altersweiß erstrahlt, bereits sein Ablaufdatum trägt und nichts mehr lernt (oder lernen will). Schlecht für diese These war Rechtsanwalt Alfred Noll, der seinem Berufsstand gemäß nicht nur geschickt, sondern auch inhaltlich bedeutsam sprach. Auch sein Bart ist bereits ergraut.

Problem bei der Thematisierung im Vorfeld, bei der Broderschen „Ansicht“ – oder besser gesagt: „Aussicht“ – ist bereits der Begriff der Kultur.
Man stelle sich vor, dass diese Religion geschätzte 1,3 Milliarden Anhänger hat, die sich auf viele, höchst unterschiedliche Länder verteilen. Zumindest sollte man es sich vorzustellen versuchen, auch wenn man als „Westmensch“ der Ansicht – oder Aussicht – ist, dass Asien und Afrika eine homogene Masse an Exotik darstellt.

Man lasse sich gesagt sein: Musik – auch arabische Folklore – macht Menschen nicht zu Mördern und hätten sie die Möglichkeit, also Ressourcen und entsprechende Lokale, würden auch Palästinenser in den Supermarkt gehen und sich den Hintern mit Toilettenpapier abwischen.

So wie es keine Kultur gibt, die ausschließlich vom Islam determiniert ist und so wie ein Druse oder Sufi äußerlich weniger mit einem Sunniten zu tun hat, als ein Katholik mit einem Evangelikalen, so gibt es keinen Krieg der Kulturen. Es gibt auch keinen Menschen, der allein durch kulturelle Prägung zum Verbrecher wird, weshalb Meinungen ala Broder – die islamische Kultur würde Gewalt hervorbringen – im Grunde rassistisch ist. Na, jedenfalls ist sie kulturrelativistisch diskriminierend, denn Menschen wie Broder fassen den Volksirrglauben an den, von der Kultur und Herkunft her kriminellen Ausländer, auf, um sich Gehör und Geld zu verschaffen und meinen mit islamischer Kultur: Die von dort – Entwicklungsländer, Mullahstaat, Dritte Welt - die so aussehen, als entsprächen sie unseren Vorurteilen. Der Teint des Südens, schwarze Haare, Dunkeläugigkeit, ein „arabischer“ Akzent. Moslem. Ein guter Freund würde sagen: „Denen sind die Juden ausgegangen.“

Meiner Einschätzung nach ist Kultur entweder dermaßen fließend und amorph geartet, sodass sie nicht festzulegen ist. Andernfalls ist sie tot oder Dogma eines Regimes, was auf das Selbe hinausläuft. Es gibt keinen Menschen, und das lässt sich im Zeitalter der umfassenden Globalisierung nicht länger übersehen, der einer einzigen Kultur entspringt; der sich einer alleinstehenden Kultur zuschreiben lässt, die allein seine Persönlichkeit prägt. Es gibt nur einen unendlichen Strom von Kulturen, einen Strom an Kultur. Der Strom muss fließen, um nicht zu versumpfen. Und in diesem Strom gibt es vielleicht nur eine mögliche, genaue Zuordnung: Menschen gibt es mit und ohne Kultur - und selbst das ist eine all zu genaue Festlegung.

Montag, 24. März 2008

Oh, Ostern! II

Kommentar zum Artikel "Die synthetische Kraft", von Michael Fleischhacker, Die Presse - Ostern 2008


Zweites Ärgernis dieser feiertäglichen Verlängerung waren die dazugehörigen Festtagskommentare einer bestimmten Zeitung. Im Grunde war es zwar nur ein Artikel, doch dieser prangte an der Titelseite und warum das so schlimm ist, erklärt sich unter anderem durch den Umstand, dass es nur zwei österreichische Tageszeitungen gibt, die man lesen kann. Für mich gibt es ab vergangenem Osterwochenende nur noch eine und das treibt mich wieder einmal in eine linke Ecke und unter ein beigefarbenes Licht (von denen manche behaupten, es wäre rosa).

Schuld daran ist ein gewisser M. Fleischhacker, der seinem Nachnamen zum Schreibberuf gemacht zu haben scheint. Ich will nicht auf Einzelheiten des Artikels eingehen, denn das würde zu lange dauern und mein Blutdruck mit Überdruck belohnen. Brocken des medialen Specks, die er da aus dem öffentlichen Kenntnishorizont gerissen hat, beginnen mit Osama Bin Laden – der darf nämlich nirgends fehlen, seit er sich mit Drohungen auf die Weltbühne zurück-erpresst hat, und er wird erwähnt, so weit hergeholt der Zusammenhang zwischen ihm und der jeweiligen Thematik auch sein mag. Fleischhackers Bin Laden-Kontext ist zwar nicht ganz so weit hergeholt und auch sein Schreibstil bleibt als professionell zu bezeichnen, doch eben diese Form der Professionalität, eines offensichtlich katholischen Redakteurs, die darauf abzielt mit aller Gewalt einen Themenbezug zwischen Ostern und Welt-Problematiken zu zimmern, ist störend.

Aber ich gehe bereits zu sehr ins Detail. Das Werk beginnt mit dem Begriff „identitätspolitisch“, hangelt von Ratzinger zum „Terrorpaten“ (Bin Laden) und zurück, zwischen soziologischen Schubladen über abenteuerlichen Abgründen der Geschichts-Interpretation, und landet neben einem unterschwelligen Haufen an Schuldzuschreibungen, gegenüber den Generationen der letzten vier Jahrzehnte, seit den 1968ern, bei jener Erkenntnis die er – wohl unbewusst – bereits in einem Satz, mitten im Text, vorweg genommen hatte: „Je mehr die europäischen Wert- und Gesellschaftsordnung, die auf hellenischen, jüdischen, christlichen und aufklärerischen Traditionen beruht, von innen und außen unter Druck kommt, umso wichtiger wird die Kirche als Hüterin des Europäischen. (M.Fleischhacker – Die Presse)“
Dass sich in diesem Satz ebenso eine enorme eurozentristische Kurzsichtigkeit verbirgt, ist nur weniger beängstigend – diese bin auch noch unter manchen Geisteswissenschaftern gewöhnt. Eher beängstigend ist, dass der Druck von innen, nach Fleischhacker und somit aus christlich-konservativer Richtung, scheinbar den europäischen Bürgern anzuschulden ist, welche sich „(…) mit nichts beschäftigen mussten als der einigermaßen schmerzfreien Administration der Wohlstandsverwahrlosung ihrer Kinder.“, ein Bürger der glaubt „(…) er könne in diesem wohligen Nest der Sicherheit ein maximales Maß an Freiheit genießen.“

Wo das hinführen sollte, muss man den Auto selbst fragen. Der Bürger ist für schuldig befunden, die katholische Kirche zu vernachlässigen, die ja nur die größte Glaubensgemeinschaft unter den Christen ist, die wiederum die Religion mit den meisten Anhängern ist, was wiederum der Rolle der Kirche während der Kolonialzeit zu zuschreiben ist. Außerdem ist der Bürger schuldig, weil er sich nicht, in Angst vor Bin Laden und Co, vor die Füße des schützenden Papstes wirft, welcher nach Meinung der Zeitung, das „Absolute“ vertritt, das sich seit den Bürgerrechtsbewegungen in aller Welt gegen den „Relativismus“ „verteidigt“. Und er ist so vermessen, dem Staat jene Verantwortung zu zuschreiben, die ihm zusteht. Vielleicht meinte er gar nicht – ebenfalls unterschwellig – dass diese Verantwortung auf jedem einzelnen Bürger lasten sollte, was sie vermutlich nicht tut, denn eine Teuerungsrate gibt wahrscheinlich in Wirklichkeit nicht und die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlt offenbar die Caritas, und sollte das Unsinn sein, macht nix, die Mittelschicht schrumpft ohnehin. Vielleicht meinte er, also, dass die Kirche wieder mehr Verantwortung für die Regelung des Sozialstaates, des kollektiven Miteinanders im wie er es so schön bezeichnet „Abendland“ (wie er es so schön bezeichnet) übernehmen müsste, und damit auch wieder mehr Kontrolle.

Fazit dieser letzten Titelseite einer von mir erworbenen „Presse“: Ohne Kirche wären wir Europäer nichts – auch wenn die dort erwähnten Hellenen keine Christen waren, Galileo, Kopernikus und andere sich ohne Kirche einige Schwierigkeiten erspart hätten, wenn der „heilige“ Stuhl nicht auch ein machtpolitischer Apparat wäre, es Mauren waren, welche alte antike Schriften und nebenbei das, aus Indien übernommene, Dezimalsystem nach Spanien importierten und einige wichtige Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts, wie Albert Einstein (der große „Relativierer“), Juden waren – gegenüber denen der Papst unlängst etwas taktlos war (nicht unbedingt aufgrund des Wortlautes, sondern vielmehr aufgrund seiner historischen Symbolwirkung). In diesem historischen Zusammenhang darf man auch nicht vergessen, welche Institution über Jahrhunderte beinahe ganz Europa fest im Griff hatte, bevor man argumentieren möchte, dass viele große Menschen ihre Leistungen einst der Unterstützung der Kirche verdanken.

Allerdings: Die katholische Kirche ist ein großer Apparat, mit vielen Gesichtern und Gedanken und es gibt keinen Topf, der groß genug wäre, keine Schublade die passen würde, um all das, was Kirche ist oder sein könnte, dort hinein zu stopfen. Auch wenn ihre Helden – die gab es zweifellos - nur selten zum „heiligen Vater“ gewählt wurden und sicher noch seltener in der Glaubenskongregation saßen.

Für all die anderen also, für jene die Kirche außerhalb von Bürokratie, versteiften Dogmatismus, eurozentristische Überheblichkeit, religiösen Chauvinismus und machtpolitischen Interessen sehen, für alle die liebe HIV/AIDS bekämpfen, als die Aufforderung sich zu vermehren – bei über 6 Milliarden Menschen - all zu ernst zu nehmen – für all jene sollte man Grund haben, Ostern zu feiern. Deren Kirche hat es nämlich nicht notwendig, sich dermaßen unbescheiden in den szenischen Mittelpunkt Europas zu drängen.

Oh, Ostern! I

Feiertage sind in gewisser Hinsicht ein großes Ärgernis – vor allem Ostern und dieses vor allem in Österreich, wo es besonders arg betrieben wird. Schließlich leitet sich das Wort Österreich von nichts anderem ab, es ist das Reich der Österlichen.
Zwar lebe ich in einem ausreichend großen Abstand zu einer Familie, die mich nerven könnte, wie es viele dieser Ostertage ertragen müssen, doch auch mein Privatleben ist aufs Äußerste beeinträchtigt. Schuld ist vor allem der Ostermontag, jenes zusätzliche Anhängsel an die österreichischen Kar-Feiertage bzw. den Ostersonntag. Natürlich verstehe ich die Bedeutung und absichernde Notwendigkeit eines Feiertages nach dem Ostersonntag, doch für mich geht die „Kara“ vom Freitag nahtlos bis zu eben jenem Montag weiter, an dem auf meinem Lieblings-„Kultur“-Sender, aus unerfindlichen Gründen, den ganzen Tag Operette läuft – was beinahe so schlimm wäre, als würden sie zeitgenössische Musicals spielen –, statt meiner Lieblings-Nachrichtensendung und ich auch nirgends eine „frische“ Zeitung bekomme, weil sämtliche Geschäfte geschlossen haben. Und alles nur, weil Jesus in jener Nacht auferstehen musste. Im Grunde ist die Auferstehung bei Nacht das gute Recht des Christus, aber warum muss die katholische Kirche diese unbedingt so genau berücksichtigen. Schließlich ist es auch nicht sicher, ob der Nazarener sich die Nacht vom 23. auf 24. März ausgesucht hatte, um in den Himmel zu fahren. Klar, es bringt so manchen Vorteil bei Nacht zu fahren, außerdem war der Mann tot – in gewisser Weise – und hatte daher sicher keine Probleme mit der Müdigkeit. Doch zu was soll ich meinen Kaffee trinken, wenn sich all dieser kirchliche Unsinn dermaßen auf die Medienbetriebe auswirkt. Worüber soll ich mich – bitte schön – am Morgen aufregen, und dadurch meinen Blutdruck auf Lebenszeit-verkürzendes Niveau erhöhen, wenn nicht über eine neue Lieferung Weltgeschehen und die dazugehörigen Kommentare und Interpretationen? Das hat man davon, wenn man von seinen Eltern, als Baby, unfreiwillig mit einem Weihwasserbecken konfrontiert wurde – als Katholik darf man sich an Feiertagen einfach nicht freuen. Aber das schlimmste zu Ostern sind die Hasen- und Eierwitze (und entsprechende Wortspiele). Das geht mir wirklich auf die Ostereier.

Sonntag, 23. März 2008

Kennt ihr Bushido? Nein, nicht den Verhaltenskodex des japanischen Feudalstaates – den Rapper aus Deutschland. Wenn nicht, dann schnappt euch das Handy eines deutschen Jugendlichen, vorzugsweise männlich, der verdächtig weite Hosen trägt, aber dennoch kein Clown ist, und seht dort nach. Ja, ja – das ist er. Der Provokateur.
Die Schweiz will ihn für Menschen unter 18 verbieten, Deutschland hat es bereits getan, danach bleiben nur noch Österreich und Liechtenstein. Das beängstigend. Nicht wegen der Zensur, sondern aufgrund der Naivität, die solche Maßnahmen zum Ausdruck bringen.

Zum Einen kann zwar ein Haufen Jugendlicher nicht richtig lesen, aber mit Sicherheit einen PC und entsprechende Downloadprogramme bedienen. Mit deren Hilfe brauchen sie keine CDs aus jenen Läden kaufen, in denen man Bushido verbieten will, sondern bekommen das Zeug digital und gratis.

Zum anderen wisst ihr sicher was eine Treibjagd ist, die von sehr kranken Menschen auch als "Sport" bezeichnet wird. Dabei bauen die Treibenden auf die Panik der zu jagenden Tierchen. Panik bekommen auch jene, die eine Verknüpfung zwischen gewalttätigen Straftaten Jugendlicher und den auf deren Handys befindlichen Tracks von Bushido sehen. Jetzt wird er verboten, vom Staat, den er unter anderem in seinen Texten kritisiert und damit hat die Politik ihre Schuldigkeit getan – sollte es weiterhin zu Gewalttaten durch Jugendliche kommen, dann ist es wohl Gottes Wille.

Dieser Rapper Bushido baut auf die kommerzielle Hiphop“-Kultur“, oder besser gesagt auf deren Marketing-Konzept und übertreibt es. Feindbilder werden Konstruiert, um ihre Existenz angreifen zu können. Gewalt und Drogen werden sowohl kritisiert, als auch banalisiert, beschönigt und als Teil einer machohaften Männlichkeitskultur dargestellt, Frauen als Schlampen, mit denen er es allerdings treibt – wobei selbst das Patriachat das männliche Gegenstück „Schlamper“ für solche Fälle bereit hält.

Solche Methoden wurden von Bushido nachgeahmt und Andere ahmen sie von ihm nach. Sie sind eine Form von Populismus, der in der Politik einst berüchtigte Auswüchse angenommen hat. Bushido mobilisiert die Massen allerdings nicht für politische Ziele, sondern für Kommerzielle und da sich einfache „Kraftausdrücke“ und Gesellschaftsbilder am besten verkaufen, tut er eben genau das. Irgendjemand hatte mal gesagt „…aber seine Beats sind geil“. Auch das kann ich, neben vielen Verehrungen, nicht teilen; ich empfinde sie als disharmonisch und einfallslos, was mich umso mehr davon überzeugt, dass er Dreck in Form von Gold verkauft, den Zorn der Masse aufgreift, um ihn als eigene Botschaft zurück zu werfen und statt Armbinden und Parteimitgliedschaften, CDs mit coolen Covers verkauft. Sein Populismus dient einem machohaften Chauvinismus – natürlich ist auch das Politik, aber nicht für die Politik.

Wenn man Bushido erst ab 18 frei gibt, so müsste dies auch für gewisse politische Parteien in den deutschsprachigen Ländern gelten, die in ihren Äußerungen ebenfalls nicht Jugendfrei gestellt sein sollten, auch wenn ihr Rechtspopulismus mit, je nach Unvorsicht, mehr oder weniger faschistoiden Tendenzen, nicht dermaßen Plakativ, wie jener des Rappers, ist. Gewalt und Chauvinismus haben viele Gesichter und Stimmen.

Samstag, 22. März 2008

Ach, China?

China gesteht ein, so sagte man, Gewalt gegen rebellierende Tibeter, Demonstranten und Protestbewegte. Der Westen ruft, man möge bei der Unterdrückung auf Gewalt verzichten, und das chinesische Staatsfernsehen zeigt relativierendes Material – man sieht Blutende, Verhaftete, Geschlagene; und sofern sie keine Uniformen tragen, fragt sich der Westmensch: Wer ist Wer?
Aufbruch, Umbruch, Rebellion? Auch andere Provinzen seien angesteckt, sagt man und der Politiker fragt sich, ob dies Zufall war oder ausgerechnet vor den Olympischen Spielen geschehen musste. Da frage ich mich wiederum, ob wir ausschließlich mit verwackelten Bildern unser Gehirn speisen?

Wir kaufen Produkte aus China, wir sehen, dass Chinesen Wolkenkratzer bauen und Autos fahren, mit dem Handy telefonieren und in Cafes mit üppigen Glasfassaden sitzen, Mokkachino trinkend, geschminkt, geziert fröhlich tratschen, und wir glauben an die Veränderung, an die veränderte Kraft der Marktwirtschaft.
Wir verehren ihre Industrialisierung, denn sie gibt den Menschen was sie brauchen. Ihre Produktionsmacht raubt uns den Atem und füllt die Lungen mit Versprechungen: Die Reform habe China verändert. Wohl war – der Jangtse ist nicht mehr das, was er einmal war. Wir hören und sehen von den entrechteten Menschen, doch was ist schon Freiheit, angesichts der Gelöbnisse die solch modernisierte Städte produzieren.

Schon hängen die Banner der Werbeindustrie, in gigantischen Formaten, an riesigen Hauswänden; die Models - glatt, die Fassade - glatt, das Image der Volksrepublik – Spiegelglatt; wir sehen uns selbst darin, unsere Anzüge, unsere Frauenbilder, unsere Statussymbole, unseren Mammon. Daher sind wir glücklich, daher kaufen wir ihr Zeug, daher spielen wir Olympia – das Feuer der freien Hellenen – in der Hauptstadt einer tyrannischen Chimäre.

Zugleich wissen wir: Dieses China ist ein Regime, durch das wir uns des Geldes wegen gerne blenden ließen. Und nun, da die Bilder, die unseren Kopf ernähren, sich mit verhafteten Tibetern füllen, können wir nicht mehr ignorieren, dass etwas faul ist, in diesem Staate.
Jetzt rufen wir: Keine Gewalt! Jetzt kritisieren wir, als hörten wir zum ersten Male, dass China jene Rechte unterwirft von denen wir behaupten, sie wären unser höchstes Gut. „Wir“ meint die Medien, denn sie sind unser kollektives Gesicht, das versucht, eine verdutzte Mimik zu bewahren. Heilige Objektivität, du scheißt den Opfern ins Gesicht, mit deiner Sauberkeit; du willst dir die Hände nicht schmutzig machen und fällst gerade deshalb in den Dreck.

Wer Freiheit unterdrückt, kann auf Gewalt nicht verzichten, sei sie physisch oder anders beschaffen. Wer große Geschäfte mit großen Produktionsregimen machen will, kann auf Ignoranz nicht verzichten. Und wer in einer Demokratie des Westens Wahlen gewinnen will, kann sich nicht auf die Seite der Unterdrücker stellen. Deshalb ist es lächerlich China zum Gewaltverzicht aufzufordern, ohne von ihm die Freiheit für seine Menschen zu verlangen; es ist lächerlich, von ihm überhaupt etwas zu fordern, nur weil es die Wählergunst verlangt, aber es nicht wirklich zu meinen, weil man immer noch Geschäfte mit ihm abzuschließen hat.
Nein, das stimmt nicht: Zur Gewaltlosigkeit aufzurufen, ist niemals lächerlich – das allein macht Sinn.

Mittwoch, 19. März 2008

Castle so fern, such close

There is a castle on the hill, so fern die Sonne, in der it’s illuminated.
So far my hopes, in ihrem roten Glühen – ich laufe, laufe weiter.
Toward the endless mountain ridge, through its empty see of shine.
Und was endlos war, bleibt endlos, emptiness remains empty.
To run, over the chapped skin of the mother, ist mein Sein.
Laufend I became filled with emptyness, endlos werde ich erfüllt, mit All.
Im Schmerz, in euphoria, I am fulfilled by existence.
And I brake through the castle walls, by Verharrend vor ihrem Tor.

Dienstag, 18. März 2008

Keine Überraschung

Sie werden es gehört haben: Krawalle im Kosovo, genauer Mitrovica, mit genug Schwerverletzten, um die Notaufnahme zweier Krankenhäuser lahm zu legen.
Ich weiß, es war abzusehen und zwar von vielen, weshalb ich mich keiner prophetischen Fähigkeiten rühmen möchte; doch ist es nicht erstaunlich wie einfach Menschenmassen zu durchschauen sind, selbst wenn man so weit enftfernt ist, wie ein in Wien lebender vom Balkankrisenpool? Bei unserer Mitgliedschaft an solch einer Rindvieh-Primaten-Spezies, fühlt man sich allmählich dazu gedrängt, an keine Eventualitäten mehr zu denken - vor lauter Angst, sie könnten gerade dadurch Realität werden.

Und was passiert in Tibet? Dort zwingt man NGOs zunächst höflich das Land zu verlassen, ehe man auf den Tisch haut. Und da wundert sich die chinesische Regierung, dass sie keiner mag. Ihre Produkte mögen zwar alle und die Unternehmen feiern gerne ihre olympischen Spiele in einem auf Arbeitsmilitarismus getrimmten Lande - da ist alles so schön billig. Doch die chinesische Politik mag man deshalb noch lange nicht, da kann man froh sein, wenn man nach begangenen Geschäften wieder in seine demokratische, freie Heimat zurückkehren kann. He China! Sie lieben dich doch nur deines Geldes und deiner Produktionsmacht wegen. Wach endlich auf!

Montag, 17. März 2008

Angst vor den Angstmachern...

…wäre zwar, nach den Argumenten mancher Kommentatoren gegen den „Überwachungsstaat“, ein Fehler, dennoch konstruieren all jene, die sich an den Roman „1984“ erinnert glauben, genau das. Entweder sind sie sich der eigenen, oftmals rein subjektiven Argumentationsweise nicht bewusst oder sie haben Georg Orwell nie gelesen. Ein Überwachungsstaat ist ein totalitärer Staat, der das Hauptaugenmerk seiner Existenzsicherung auf die völlige Kontrolle seiner Bürger legen will, eine Ambition, die selbst in dafür vorbildlichen Regimen nicht zur Vollständigkeit gereichen kann oder konnte.

Die Motivation einer demokratischen Zivilgesellschaft, Überwachungskameras zu errichten, ist nicht dieselbe eines Regimes. Aber die Motivation zu einem bestimmten Zweck ist notwendig, die Yottabytes der gesammelten Daten, zu einem Ergebnis zu verdichten.
Selbiges lässt sich im Internet-Alltag beobachten. Wenn Sie nicht wissen, was Sie googeln wollen, suchen Sie, gerade aufgrund der Fülle an Informationen, die das Netz für Sie bereitstellen würde, sehr lange nach dem gewünschten Unbekannten. Die Werkzeuge moderner Sicherheitstechnologien diktiern nicht ihren Gebrauch. Die Daten und Bilder sammeln sich automatisch, jedoch ist ein Computer, ohne den Menschen, noch nicht in der Lage diese zu interpretieren.

Würde der Staat beabsichtigen, eine völlige Kontrolle aller, bei Erfolg dieses Vorhabens ehemaligen Bürger durch zusetzen, müsste er 50% der dazu Fähigen, zur 24h-Überwachung und Auswertung der aufgenommen Daten rekrutieren, um die anderen 50% zur Gänze überwachen zu können. Doch wer kontrolliert in einem solchen Fall die kontrollierende Hälfte? Solch ein Regime wäre zum scheitern verurteilt und glauben Sie mir, sollte die EU versuchen es um zusetzten, würden Sie es bemerken. Die Überwachungskritiker bemängeln oftmals aus diesem Grunde, dass die absolute Sicherheit, durch eine absolute Überwachung, eine „Utopie“ sei – aber warum fürchten sie diese dann. Regime arbeiten vielmehr mit absoluter Angsmacherei, als mit totaler Überwachung - das ist billiger und leichter durchführbar.

Natürlich verführen die Überwachungs-Technologien zum Missbrauch, doch wenn diese Gefahr – aufgrund ihrer Angst davor – zur Erhebung des Generalverdachts gegen den Staat angeführt wird, widersprechen sich die Gegner von Kameras, Kundenkarten und Krankenkassa-Datenservern in ihren Überlegungen. Zum einen schüren sie Angst und Misstrauen vor dem Staat, dem sie ihrerseits vorwerfen, aufgrund der Sicherheitspolitik (bloß) Angst und Misstrauen zu produzieren; zum anderen verdächtigen sie ungeprüft jede Kamera an einem öffentlichen Platz, gegen die Verfassung zu verstoßen.

Gerade durch eine solche unrationale, paranoide und in manchen Fällen eitl-selbstbezogene Haltung (warum sollten die Beamten, die im Bedarfsfall auf Daten zurückgreifen, ausgerechnet SIE durch die Aufnahme am Hauptbahnhof beobachten und ausgerechnet SIE dadurch voyeuristisch anrühren), wird ein vernünftiger Diskurs erschwert, der die Überwachungsfähigkeit des Staates und einzelner Unternehmen, zur Prävention gegen den möglichen Missbrauch, im Zaume hält. Ein solcher Diskurs muss jedoch unbedingt in einer breiten Öffentlichkeit stattfinden, muss durch eine Öffentlichkeit getragen werden, die sich als souveräne Zivilgesellschaft versteht und dadurch als solche agiert; und nicht als auf geschreckte Masse, die sich vom eigenen Staat hintergangen fühlt und überall „Big Brothers“ durch Objektive starren sieht. Die Innenministerien und die Polizei der EU sind nicht die Stasi - ein Vergleich wäre disqualifizierend.

Die in diesem Themenzusammenhang oft erwähnten Terroristen leben in unbeabsichtigter Kooperation mit denen, die zum Zwecke ihrer Jagd Bürgerrechte einzuschränken versuchen oder durch geführte Kriege größtmögliches Unheil in fremden Regionen anrichten. Beide Seiten verfolgen nicht dasselbe Ziel, doch verwenden sie ähnliche Mittel und Legitimationsmuster. Das ist auch der Grund, warum der Zweck eben nicht die Mittel heiligt (natürlich ausgehend von einem unheiligen Mittel zu verstehen). Skeptiker und eventuelle Verhindernde eines Staates, der durch Angstmacherei seine Überwachungspolitik fundamentiert, sollten nicht ebenfalls zu Angstmachern werden - Vor allem dann nicht, wenn sie glaubhaft und seriös bleiben wollen.

Mittwoch, 12. März 2008

70 Jahre Feigheit.

In Österreich wird dessen gedacht, was immer noch als „Anschluss“ des Ständestaats an Nazi-Deutschland vor 70 Jahren bezeichnet wird, womit aber eine offizielle Machtübernahme durch die deutschen nationalsozialistischen Faschisten, mit Einverständnis der meisten ÖsterreicherInnen, gemeint ist. Selbst wenn es nur der alte Otto (ehemals von) Habsburg, als konservativer Blaublütler war, der meinte, das damalige austrofaschistische Österreich (mit Hang zum Monarchismus) sei Opfer der Nazis gewesen, ist der eigene Umgang mit der historischen Wahrheit, zugunsten eines illusorischen Selbstbildes, typisch für ein Land, das sich aktiv am Beginn der beiden schrecklichsten Kriege der Menschheitsgeschichte und dem Holocaust, als sichtbarstes Zeichen zivilisatorischer Grausamkeit und kultureller Verkommenheit, beteiligte.

Österreich sei ein friedliches Land, seine Bewohner seien eines der friedlichsten Völker der Welt (allein aus genetischen Gründen und weil wir so viel beruhigendes Bier trinken). Wir lieben Wein, Walzer und Kipferl zum Kaffee, sowie Steuervergünstigungen für die oberen Zehntausend. Stimmt - Und wir lieben das totschweigen von unangenehmen Wahrheiten; und wenn sie sich nicht mehr totschweigen lassen, so lieben wir es, sie zu verniedlichen. Es war ja nur a kleines Rollerl, das wir da g´spielt haben, in dieser schiachen Zeit und Schuld ist sowieso nur der Hitler…

Bei den offiziellen Stellungsnahmen zum Jubiläum des Unterganges, des bereits untergegangen gewesenen Österreichs, kam wieder einmal eines zur Erkenntnis: Diplomatie kann ein Mittel der Vernunft sein, ist aber meist ein Mittel der Verdrängung von Wahrheiten. Vor allem sollten sich Gusenbauer, Molterer und Co darüber im Klaren sein, dass Hitler tot ist und uns vom Norden her keine braunen Truppen mehr bedrohen. Es gab als keinen Grund für die diplomatische Zurückhaltung in ihrem Quasseln über die Ereignisse von 1938. Vor wem hielten sie sich dermaßen zurück und für wen betrieben sie die Methode der Diplomatie? – Also im Grunde die Kunst, den anderen glauben zu lassen, die Idee, die man ihm injiziert, sei seine eigene. In diesem Fall war es eine rückwärtsgewandte Diplomatie, in zweifachem Sinn, wie mir scheint.

Otto Habsburg hatte vielleicht insofern recht: Österreich war ein Opfer, aber nicht erst 1938, sondern bereits 1933, als der Ständestaat erzwungen wurde. Das dieser autoritäre Austrofaschismus wenig internationale bzw. europäische Unterstützung erhielt, als Hitler sich anschickte die Macht zu übernehmen, lag sicher auch daran, dass der Nationalsozialismus weltweit unterschätzt bzw. falsch eingeschätzt wurde. Denn auch damals hörten die Politiker all zu selten auf die Weisen der Welt. Der Austrofaschismus wurde jedoch vermutlich schlecht eingeschätzt und als das schwächere, zweier übler Systeme, woraufhin – wie das bis heute in ehemaligen Kolonialgebieten üblich ist – sich die Weltmächte dazu entschieden, jenes Übel zu tolerieren, das die größere Stabilität in der Region versprach. Insofern war Österreich Opfer seiner selbst und die Nazis wurden als jene betrachtet, die es vor sich selbst retten konnten.

Man sieht am Verlauf der Geschichte, wohin autoritäre Verziehung ganzer Massen und die Kultivierung angepasster Feigheit führen können. Wie passend also, dass das offizielle politische Österreich nicht mutig genug ist, die Assimilierung Österreichs durch die Nazis, als das zu bezeichnen, was es ist: Die freiwillige Aufgabe der Souveränität zur Unterstützung der Expansions- und Kriegspolitik der Nazis, und die willige Beteiligung einer ganzen Nation an den Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs.

Des Weiteren wird – vielleicht bewusst – völlig außer acht gelassen, dass ein System, wie jenes des autoritären Ständestaates, ein natürlicher Wegbereiter für nationalsozialistischen, militärisch mächtigeren Faschismus sein musste. Durch dieses Versäumnis, wird nicht nur die Rolle Österreichs während der Zeit des Nazi-Terrors verklärt, sondern auch der Austrofaschismus des Dollfuß und des Schuschniggs verharmlost.

Kein Mensch ist gefeit vor den eigenen Abgründen, ebenso keine Nation. Der Abgrund nähert sich jedoch gefährlich, wenn man ihn versucht zu ignorieren, ist jedoch zu umgehen, wenn man sich mit ihm auseinandersetzt.

Wurst-Politik

In Österreich stehen Neuwahlen, zurzeit noch inoffiziell, an der Schwelle zur Realität und in Deutschland streiten sich die Mittel-Linken, über eine Annäherung zu den völlig Linken. Parteiintern und zwischenparteilich eine Zeit, die offenbar im gesamten deutschsprachigen Raum ganz im Frühlingserwachen des Zanks steht. Und nicht nur die SPD durchwühlt sich dabei selbst; die Sozialdemokraten Österreichs sollten sich ebenso fragen, ob eine innerparteiliche Personalreform nicht allmählich an der Zeit ist.

Ähnliche Bedenken hegen Regionalpolitiker der ÖVP über ihre eigene Partei und würden weder Vizekanzler Molterer (ÖVP) noch Bundeskanzler Gusenbauer (SPÖ), die sich derzeit die Macht an der Spitze der Regierung teilen, eine Zukunft in ihrer derzeitigen Position geben, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Offenbar haben sie diese aber nicht. Denn, obwohl die Parteipolitik in der EU der Demokratie und dem Parlamentarismus dienen soll, fehlt eine Demokratie-Kultur – die diese Bezeichnung verdient – in den jeweiligen Parteien. Sie ging irgendwo zwischen Partei-Gründung, dem kollektiven Kriechen hin zur analen Öffnung von Förderern, Freunderlwirtschaft und interner Machtgeilheit bei Chance auf Mandaten verloren und ist wahrscheinlich mittlerweile irgendwo verhungert oder zumindest debil geworden.

In der SPD zeigt sich hingegen die parteiinterne antidemokratische Kultur in der Art, wie mit Mitgliedern umgegangen wird, die eine eigene Meinung haben und diese darüber hinaus vertreten. Dagmar Metzger verweigerte ihrer Chefin Ypsilanti die Zustimmung zur Regierungsbildung mittels „Unterstützung“ der Wirklich-Linken und geriet deshalb durch ihre Kollegen unter Druck.

In Österreich steigert sich ein gleichsam verteilter Druck innerhalb der Koalition. Da aber dieser auch dadurch erhöht wird, da einzelne Mitglieder der jeweiligen Parteien, wie gleich geschalten, dasselbe destruktive Protzen und Grölen gegen den Gegner loslassen, legt sich der Verdacht nahe, dass die Streithähne und Streithennen im vorauseilenden Gehorsam, also aus parteiinterner Motivation heraus, handeln. Offenbar wird es als notwendig erachtet, das Verhalten erwachsener Menschen in einen unreifen Ausdruck der Hoffnung auf Image-Verbesserung zu transformieren, um dadurch die eigene Partei vermeintlich zu unterstützen.
Natürlich bin ich nicht naiv genug, um zu glauben, dass man ohne Schleimerei, Ideologieverwirrung, oberflächliche Sicht- und Ausdrucksweisen, sowie Unterstützung der Ignoranz nur mit viel Glück eine Karriere als Politiker starten kann. Menschen denen dies gelungen ist, gelten als leuchtende Vorbilder der Geschichte, Menschen denen dies nicht gelingt, als völlig normal.

Wer sich da noch wundert, dass Kindergarten-Pädagoginnen und –Pädagogen sich aus Versehen oftmals ins Parlament verirren, hat vermutlich auch noch nicht bemerkt, dass dank dieser Situation, den potenziellen Wählern die Politik immer mehr gleichgültig ist. Wer sich nicht mehr wundert, gehört vermutlich bereits zu jenen, denen es mittlerweile Wurst ist und die, wenn überhaupt, nur noch die Rechts-Populisten zu wählen wissen; die haben wenigstens kein Programm, weshalb man davon auch nicht enttäuscht werden kann.

Die Wurst-Politik, im Angesicht des Jubiläums der Machtübernahme Hitlers in Österreich vor 70 Jahren, sollte aber die Wähler nicht zu Wurst-Menschen werden lassen, sondern daran erinnern, wohin Wurstigkeit letztlich führen kann. Und dorthin kann ebenso parteiinterne unreflektierte Angepasstheit, automatisierte Hörigkeit und mangelnde Freiheit im Geist, zugunsten der parteipolitischen Arschkriecherei, hin führen. Ich möchte in jedem Fall nicht mein Land von Menschen regiert sehen, die nicht die Courage haben, gegen den Strom ihrer eigenen Reihen zu schwimmen, wenn es die Situation und die menschliche Vernunft verlangen.

Montag, 3. März 2008

Zeitungsüberfluss

Eigentlich überflüssig die heutige Zeitung auch nur mit dem Blick zu streifen. Ja, ich weiß… Das heißt: Eigentlich weiß ich nicht, warum ich es dennoch tat, mir die Zeitung sogar kaufte und sie darüber hinaus las. Ich versuche eben immer wieder, mich zu überraschen; aber sowohl das Sturmtief „Emma“, mit all seinen Folgen, als auch die Präsidentenwahl in Russland, ermöglichten keinerlei Erstaunen.
Israel bombardiert wieder einmal militante Palästinenser, was dermaßen althergebracht ist, dass man den Inhalt dieser Botschaft überhaupt nicht mehr hinterfragen muss. Sie jagen militante Palästinenser mit der Luftwaffe – in der dicht besiedelten Gaza-Stadt. Ich saß zwar noch nie in einem echten Kampfjet oder Kampfhubschrauber, kenne aber ein paar Simulationen auf dem PC und weiß deshalb: Die Dinger sind ziemlich schnell. Das ist auch der Sinn dieser Waffen; man will den Gegner treffen, selbst aber - verständlicher Weise – nicht getroffen werden. Ob der Gegner, der vielleicht dort unten in einem Haus sitzt - welches mit 980 km/h, in einer Höhe von 1400 Fuß, überflogen wird - ein Kerl mit einem Kassam-Raketen-Bausatz für kleine Terroristen oder ein Junge mit einem Spielzeug-Bausatz für kleine Kinder ist, lässt sich vom Cockpit aus sicherlich schwer entscheiden.

Aber scheinbar ist das auch egal. Kritik hierzu lässt sich zwar leicht äußern, Alternativen in der Vorgehensweise gegen Terroristen, jedoch schwer umsetzten.

Wieder – es lässt sich mit dem Irak-Fiasko vergleichen – kann man auf die Vergangenheit schimpfen. Hätte Israel es nicht verabsäumt, sich zur Besetzung der palästinensischen Gebiete zu bekennen, um nicht nur die Besiedlung durch die eigenen Leute, sondern auch die Installation eines funktionierenden Rechtsstaates zu ermöglichen, müsste es jetzt nicht Soldaten schicken, um Verbrecher zu jagen. Leicht gesagt. Doch noch leichter ist es, die Rückwirkung der eigenen Gewalt zu unterschätzen, und man ist immer nur für die eigene Gewalt verantwortlich. Dabei ist die physische Gewalt, bei der ursprünglichen Verteidigung des eigenen Gebietes, weniger relevant, wie die Formen struktureller Gewalt, zu der sich Israel im Größenwahn seiner anfänglichen Siege hinreißen lies.

„Du sollst nicht töten“, bedeutet nicht, dass man sich von Goliath auf den Kopf hauen lassen muss, sondern eben genau das. Wenn du die Wahl hast, sei nicht so, wie jene, vor denen du dich verteidigen musstest. Und das ist einfach – Natürlich ebenso wie die Durchführung des Mittels der Gewalt. Die Folgen selbiger sind es allerdings nicht, wie man heute noch in der Zeitung lesen kann.