Sonntag, 17. Februar 2008

Lao-tse und die Migrationspolitik

Ich lese gerade das Tao Tê King und erhalte dadurch interessante Denkansätze, die in ihrer Weiterführung dem Staat und seiner Asyl-/Migrationspolitik nicht so schlecht bekommen würden.

Der Staat hat sich nicht aktiv ins Leben einzelner einzumischen (so sie dieses nicht wünschen), er muss in erster Linie die Basis des Zusammenlebens der Mitglieder unserer Gesellschaften schaffen – Er ist der Krug, nicht dessen Inhalt; das Boot, nicht dessen Besatzung.

Wünscht der Staat also die so genannte „Integration“ von Asylwerbern und Immigranten, so darf er diese nicht aktiv - von einzelnen Immigranten - erzwingen, sondern muss die Basis schaffen, auf Grund derer (passiv) die gewünschte Integration möglich ist. Ich glaube sogar, dass er in dieser Causa überhaupt nichts unternehmen muss, da es vermutlich lediglich genügt, die Repressionen gegen Asylwerber und Immigranten aufzuheben, um eine positive Grundlage für das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher äußerlicher Herkunft zu schaffen.

Welcher „Inländer“ ist integriert? Sind wir nicht alle Nutznießer des Staates, von Kindesbeinen an? Wie also kann man den natürlichen Nutzen, den wir aus dem System des Staates ziehen und wofür er auch geschaffen ist, als Integration definieren, die wir von Außenseitern abverlangen, welche im Grund nicht anderes wollen, als ebenfalls ihren Nutzen aus dem System unseres funktionierenden Staates zu ziehen. Das was vorschnell als Integration in unseren Staat – manchmal auch in unsrer „Wertesystem“ – bezeichnet wird, beginnt, wenn wir den zu Integrierenden erlauben das System zu nutzen; und dies im vollen Umfang, denn es gibt keine sinnvolle halbe Integration.

Wie viele Inländer sind für uns weniger fremd, als jene, die als „Fremde“ bezeichnet werden? Hat nicht jede Familie ihre eigene Kultur und sind mir die Werte des unbekannten Inländers auf der Straße nicht ebenso unersichtlich, wie jene des unbekannten Ausländers? Wie also kann der Staat verlangen: Diese Fremden hätten so zu sein wie jene Fremden? Woran will der Staat - der als Kollektiv nicht bewusst denken kann - dies ermessen?

Begeht ein Mensch im Staat ein Verbrechen, so soll er durch den Staat bestraft werden. Der Staat selbst soll jedoch nicht meinen, dass dieser ein größerer Verbrecher ist, als der andere (, noch ehe die Tat begangen wurde). Es darf keinen Unterschied ausmachen, ob der Verbrecher Inländer oder Ausländer ist. Verbrechen ist Verbrechen und daran ermesse sich die Strafe.
Bewirkt ein Mensch im Staat etwas Gutes, so soll er durch den Staat belohnt werden. Der Staat selbst soll jedoch nicht meinen, dass dieser mehr Gutes bewirkt, als der andere (, noch ehe das Gute vollbracht wurde). Das Gute unterscheidet sich nicht in der Herkunft des Vollbringers, sondern in seiner Tat und danach ermesse sich die Belohnung. Die Menschen im Staat sehen das Verbrechen und bestrafen es, sie sehen das Gute und belohnen es. Der Staat sieht nicht, er gewährleistet Strafe und Lohn. Und so kann er auch nicht sagen, ob ein Mensch aufgrund seiner Herkunft Strafe oder Lohn verdient.

Der Krug wählt nicht das Getränk und das Boot weist seiner Besatzung nicht die Richtung, in die sie segeln soll. Es stünde dem Staat gut an, mehr wie der Krug und das Boot zu sein - weniger zu tätigen, als mehr zu ermöglichen; weniger zu fordern, als mehr zu fördern und nicht zu drohen, sondern einzuladen – vor allem wenn es um die Freiheit von Menschen geht. Der Lernende wird zum Deutschkurs kommen, wenn der Deutschkurs den Lernenden nicht mehr (gewaltbereit) verfolgt.

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