Dienstag, 26. Februar 2008

Unsre Nazi-Dramen sind die besten

„Ein Oscar für Österreich!“ titeldruckt das heimische Massenblatt und ich begreife, dass ich das Richtige erwartet hatte. So sehr man, als Ausgleich mangelnder Erfolge im internationalen Fußballzirkus, uns Österreichern wenigstens im Kraftmessen der Kulturschaffenden Punkte verbuchen möchte, der Oscar geht eindeutig an den Film „Die Fälscher“ und seinen Regisseur Stefan Ruzowitzky. Man kann vielleicht ergänzen, dass der Oscar in gewisser Denkweise an die Geschichte Österreichs, also an ihre Thematisierung, ging. Aber ob es als ebenso ruhmreich gelten kann, wie sich die heimischen Medien das vorstellen, wenn es hieße, „Oscar dank Nazi-Thematik“ wage ich zu bezweifeln. Ebenso, dass Ruzowitzky und sein Team ihn nicht verdient hätten – aber eben diese und nicht Österreich – auch wenn, nicht schmälern, gesagt sein sollte, dass brisante politische und historische Themen immer gut bei der Academy abschneiden.

Der Bezug zu diesem Land, liegt in den Produktionsorten und der Herkunft der Mitwirkenden; und selbst wenn die Bundesrepublik den Film finanziell subventioniert hätte, würde dies nichts daran ändern. Der Oscar wird schließlich nicht nach Beurteilung der Finanziers vergeben und wäre es doch so, wäre er nichts wert.
Der Regisseur und sein Team, sicherlich auch der Hauptdarsteller Karl Markovics leisteten gute Arbeit. Zufällig sind sie Österreicher. Leisteten sie aufgrund ihrer nationalen Zugehörigkeit gute Arbeit? Oder weil sie gut sind, indem was sie tun?
Ich gehe davon aus, dass die Jury nach „künstlerischen“ Aspekten beurteilt. Die Kunst jedoch stammt stets von Individuen und deren kollektive oder alleinige Arbeit. Ein Staat oder eine Nation schafft einige der Vorausstetzungen, bzw. Einflüsse, durch die KünstlerInnen zu ihrem Schaffen finden – in diesem Fall durch die furchtbare Geschichte Österreichs während des zweiten Weltkriegs – aber der Staat oder die Nation schafft nicht die Kunst und ebenso wenig schuf er oder sie diesen Film. Der Österreichische Film - das ist was? Ja, richtig.

Man stelle sich vor, sämtliche Hollywoodstreifen würden mit ähnlichen Schlagworten gerühmt, wie die jeweiligen der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film". Nach jedem Film würde sich der mediale Chor einstellen: "Und wieder ein Oscar für die USA!" oder eher "...für Amerika!". Das wäre recht sinnlos.

Zu meiner boshaften Enttäuschung vermisse ich allerdings den Ausspruch oder Druck „Wir sind Oscar!“ in den Medien, aber vielleicht sind wir doch nicht so weit über unseren Nationalstolz gefallen; oder hat sich selbst diese variable Floskel, als Anzeichen des Niedergangs der deutschen Sprache, bereits abgenützt?

Donnerstag, 21. Februar 2008

Lokalaugenschein zu Vladimir Sorokins Lesung in Wien - Oder: Der Bildungspöbel (sorgt für meine Enttäuschung und Unfreundlichkeit)

Gestern trafen sich Vladimir Sorokin und Erich Klein in der Hauptbücherei Wien, um das Buch des ersterwähnten, "Der Tag des Opritschniks", vorzustellen, zu besprechen und auf Fragen des Publikums einzugehen.

Die Veranstaltung war recht interessant, Herr Sorokin in seiner Muttersprache zu hören, ein wahrer Ohrengenuss und die Hitze des mit Menschen angefüllten Raumes auch erträglich, nachdem die hintere Wand, dank der praktischen Raumarchitektur, einfach weg gefaltet wurde.
Doch obwohl Vladimir Sorokin im Mittelpunkt seiner Lesung stand, waren die eindrucksvollsten Erfahrungen, die mir dort gegeben wurden, den Zuhörern zu verdanken.

Zweierlei Erkenntnisse vertieften sich an diesem Abend in mir:
1. Offenbar gebildete, jedenfalls belesene Menschen verhalten sich bei größeren Zusammenkünften mit Unbekannten ihrer Bildungsschicht und Interessensgruppe, nicht anders, als Menschen irgendeiner anderen Gruppierung. Sie verwenden vielleicht eine andere Sprache oder eine andere Ausdrucksweise, das Verhalten - und der Zweck den es verrät - sind bei genauerem Hinsehen jedoch nicht verschieden. Eitelkeit, Neid und Egoismus lassen sich selbst durch eine gute Kinderstube nicht völlig verstecken und schlechte Angewohnheiten – wie das Vergessen auf eine grundlegende Höflichkeit, als Zeichen des Respekts vor den Mitmenschen – brechen durch die Fassade des zivilisierten Bildungskulturmenschen, wie die verkrampfte Wut angesichts besetzter Sesselreihen; wie die Arroganz im unnatürlich röchelnden Lachen, über die unbefangene Offenheit eines Nächsten. Ich kenne ländliche Stammtischumtrunke, die bei weitem zivilisierter abliefen. Wahrlich, wer solche Bildungsmenschen hat, braucht keine Barbaren mehr.

2. Offenbar waren es Patrioten, die Russland mit Regime-Land verwechseln und welche die letzten drei Fragen an den Schriftsteller (auf Russisch) stellten, da dieser daraufhin den Abend beenden wollte – woraufhin der Sturmlauf zum Rednertisch hin erfolgte. Auch dabei war kein Unterschied zu spontan eröffneten Autogrammstunden von Fußballstars erkennbar.
Jedenfalls bewiesen die vorletzten beiden Fragesteller – wie kritisch sie Sorokin auch gegenüberstanden – dass Bildung nicht gleich Klugheit ergibt.


Zwar verehre ich Platon, doch behaupte ich nicht, dass in Russland eine Demokratie herrscht, nur weil der große Philosoph der Antike meinte, dass auf die Oligarchie, als Nachfolge von Tyrannei, eine Demokratie entstehen müsste. Außerdem bin ich nicht davon überzeugt, dass die russischen Oligarchen eine Erfindung Sorokins sind, was ihn zum einzig dem Frager bekannten Oligarchen machen würde.

Der Autor lies noch ein Frage zu und eine etwas emotional aufgerührt wirkende Dame wollte wissen, ob es denn etwas an Russland gebe. Sorokin antwortete, dass es neben sehr viel Schnee, den er liebt, vor allem noch geistiges Kapital in Russland gebe. Ob dies allein ausreicht, die Situation in der Pseudodemokratie zu ändern, bedenkt man, dass die Störenfriede in der Verkleidung vermeintlich geistiger Kritiker – die vom Befragten entsprechend nicht ernst genommen wurden – sicher nicht nur bei Lesungen in Wien auftauchen? Bedenkt man weiterhin, dass selbst jene, die sich für die Thematik zu interessieren scheinen, immer noch in der Vorlesung ersten Semesters sitzen, spät pubertierend und gerade erst von der Maturareise heimgekehrt – zumindest am Verhalten gemessen (oder ist diese Zeit, in der ein gewisses Gespür für das Miteinander, den überfüllten Hörsaal erst erlebbar machen, für einige zu lange her?) – so ist verständlich, dass eine positive Veränderung der (russischen) Gesellschaft nicht allein durch den Bildungspöbel erreichbar ist.

Sonntag, 17. Februar 2008

Lao-tse und die Migrationspolitik

Ich lese gerade das Tao Tê King und erhalte dadurch interessante Denkansätze, die in ihrer Weiterführung dem Staat und seiner Asyl-/Migrationspolitik nicht so schlecht bekommen würden.

Der Staat hat sich nicht aktiv ins Leben einzelner einzumischen (so sie dieses nicht wünschen), er muss in erster Linie die Basis des Zusammenlebens der Mitglieder unserer Gesellschaften schaffen – Er ist der Krug, nicht dessen Inhalt; das Boot, nicht dessen Besatzung.

Wünscht der Staat also die so genannte „Integration“ von Asylwerbern und Immigranten, so darf er diese nicht aktiv - von einzelnen Immigranten - erzwingen, sondern muss die Basis schaffen, auf Grund derer (passiv) die gewünschte Integration möglich ist. Ich glaube sogar, dass er in dieser Causa überhaupt nichts unternehmen muss, da es vermutlich lediglich genügt, die Repressionen gegen Asylwerber und Immigranten aufzuheben, um eine positive Grundlage für das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher äußerlicher Herkunft zu schaffen.

Welcher „Inländer“ ist integriert? Sind wir nicht alle Nutznießer des Staates, von Kindesbeinen an? Wie also kann man den natürlichen Nutzen, den wir aus dem System des Staates ziehen und wofür er auch geschaffen ist, als Integration definieren, die wir von Außenseitern abverlangen, welche im Grund nicht anderes wollen, als ebenfalls ihren Nutzen aus dem System unseres funktionierenden Staates zu ziehen. Das was vorschnell als Integration in unseren Staat – manchmal auch in unsrer „Wertesystem“ – bezeichnet wird, beginnt, wenn wir den zu Integrierenden erlauben das System zu nutzen; und dies im vollen Umfang, denn es gibt keine sinnvolle halbe Integration.

Wie viele Inländer sind für uns weniger fremd, als jene, die als „Fremde“ bezeichnet werden? Hat nicht jede Familie ihre eigene Kultur und sind mir die Werte des unbekannten Inländers auf der Straße nicht ebenso unersichtlich, wie jene des unbekannten Ausländers? Wie also kann der Staat verlangen: Diese Fremden hätten so zu sein wie jene Fremden? Woran will der Staat - der als Kollektiv nicht bewusst denken kann - dies ermessen?

Begeht ein Mensch im Staat ein Verbrechen, so soll er durch den Staat bestraft werden. Der Staat selbst soll jedoch nicht meinen, dass dieser ein größerer Verbrecher ist, als der andere (, noch ehe die Tat begangen wurde). Es darf keinen Unterschied ausmachen, ob der Verbrecher Inländer oder Ausländer ist. Verbrechen ist Verbrechen und daran ermesse sich die Strafe.
Bewirkt ein Mensch im Staat etwas Gutes, so soll er durch den Staat belohnt werden. Der Staat selbst soll jedoch nicht meinen, dass dieser mehr Gutes bewirkt, als der andere (, noch ehe das Gute vollbracht wurde). Das Gute unterscheidet sich nicht in der Herkunft des Vollbringers, sondern in seiner Tat und danach ermesse sich die Belohnung. Die Menschen im Staat sehen das Verbrechen und bestrafen es, sie sehen das Gute und belohnen es. Der Staat sieht nicht, er gewährleistet Strafe und Lohn. Und so kann er auch nicht sagen, ob ein Mensch aufgrund seiner Herkunft Strafe oder Lohn verdient.

Der Krug wählt nicht das Getränk und das Boot weist seiner Besatzung nicht die Richtung, in die sie segeln soll. Es stünde dem Staat gut an, mehr wie der Krug und das Boot zu sein - weniger zu tätigen, als mehr zu ermöglichen; weniger zu fordern, als mehr zu fördern und nicht zu drohen, sondern einzuladen – vor allem wenn es um die Freiheit von Menschen geht. Der Lernende wird zum Deutschkurs kommen, wenn der Deutschkurs den Lernenden nicht mehr (gewaltbereit) verfolgt.

Dienstag, 12. Februar 2008

Wer fürchtet sich vorm Erdogan

Der Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan hatte Wirkung auf sicherlich jede Emotion, dazu taugt politische Meinungsbildung zu begleiten – Auch den Humor lockte er zur Stellungsnahme. Und es ist doch eine entlarvende Tatsache: Die Aussage, Immigranten müssten sich integrieren, wobei allerdings wichtig sei, dass diese nicht die durch das Ursprungsland geprägte (kulturelle) Identität vernachlässigten, da einseitige Assimilation falsch sei, klingt sicherlich vernünftig - Nur nicht wenn sie vom falschen Sprecher stammen.

Vielleicht macht es tatsächlich einen Unterschied, ob die deutsche Kanzlerin solche Worte spricht oder der türkische Kollege, da dieser immerhin einem Staat entstammt, in dem Assimilation eine grausam Tradition besitzt und die Beleidigung des so genannten Türkentums mit Gefängnis, praktisch jedoch oftmals mit dem Tod, bestraft wird. Jedoch darf man auch nicht außer Acht lassen, dass mit Erdoğan eine Reform der alten nationalistischen Strukturen in der Türkei stattfand und das solche Worte von europäischen Politikern eben nur selten zu hören sind.

Zugleich ist es bezeichnend, wenn die zahlreichen Kritiker des Auftritts Erdoğans in Köln, diesem nationalistische Ambitionen vorwerfen, um im selben Text die türkischstämmigen Europäer als unmündige „Soldaten“ darzustellen, denen sie keine politische Kritikfähigkeit zurechnen. Dieser türkische Ministerpräsident erkannte, dass Integration in einen EU-Staat nicht durch Außerachtlassung der kulturellen Basis und vor allem nicht ohne Menschenwürde und Selbstvertrauen möglich ist.

Aber ich erinnere mich, dass mit dem lange gebremsten Amtsantritt des islamisch-konservativen Politikers, viele seiner Gegner verlauten ließen, er würde die Türkei vom Laizismus in den Islamismus führen. In Wahrheit wurde unter seiner Regierung erfolgreich begonnen, mit der enormen Korruption – u.a. innerhalb des türkischen Militärs – aufzuräumen und die Türkei, vom extremen Nationalismus weg, ein Stück weit gen EU zu steuern. Wer nicht versteht, dass ein EU-Kurs auch ohne Kopftuchverbot möglich ist bzw. mit dem Verbot kultureller Symbole – die man fälschlicherweise einer religiösen Unterdrückungsfunktion zurechnet, nur um eigene Unterdrückung zu legitimieren – nicht funktionieren wird, sollte seine Vorurteile prüfen. Und seine Menschenkenntnis.

Ich wäre skeptisch, wenn ein Mensch nicht mit gewissem Stolz von seiner eigenen kulturellen Herkunft und Identität sprechen wollte. Denn so jemand ist entweder unterdrückt oder lebt im inneren Zwiespalt. Daher fühle ich mich unter meinen türkischen Nachbarn und Nachbarinnen bei weitem wohler, wenn die türkische Fahne über den Baklava-Tabletts hängt und die Damen mit orientalisch-protzigen Kopftüchern herumlaufen.

Mittwoch, 6. Februar 2008

Aus(tria)flüchtlinge

Ob nun Sabine Kampmüller von „Ärzte ohne Grenzen“ zurecht meint, dass ihre Organisation nicht um Hilfe im Tschad bat und dass durch den Einsatz europäischer Militärs die Identifikation der Zuständigkeiten vermischt werden könnte, sodass es der tschadischen Bevölkerung vielleicht unmöglich erscheinen wird, zwischen den Mitgliedern der Hilfsorganisation und den EU-Tarnanzugsträgern zu unterscheiden; ob nun Peter Pilz von den (im Gunde meist geschätzten) Grünen darauf beharrt, dass es sich um einen schlecht vorbereiteten Einsatz handelt, da die österreichischen Soldaten und Soldatinnen über zu wenig Aufklärung verfügen bzw. vom jüngsten und mittlerweile zurückgeschlagenen Rebellenansturm auf die Hauptstadt überrascht wurden, weshalb sich Österreich sofort dorthin zurückziehen solle wo es hingehört – nämlich dort wo nichts los ist und es seiner Neutralität huldigen kann; ob nun H.C. Strache wieder einmal die Chance ergreift zusammenhangslos über die EU zu schimpfen, da diese Frankreich die Möglichkeit gebe, Österreich (auf dem Wege der Freiwilligkeit) für seine „Kolonialpolitik“ zu missbrauchen – dies alles sei dahin gestellt…auf einen Ablagestapel mit der Bezeichnung „Peanuts für Später“. Ein einziger Diskussionsteilnehmer der ORF-Sendung „Runder Tisch“, am 4.2.08, welcher auf neutraler Ebene argumentieren konnte, brachte das Wichtigste auf den Punkt. Der im Teletext des nächsten Tages nicht einmal erwähnte Politologe Belachew Gebrewold schloss nach seiner Darstellung der Schwierigkeiten des Einsatzes, dass man letztlich an die vielen, schutzbedürftigen Flüchtlinge denken müsse.

Vielleicht erschwert die Präsenz europäischer Truppen bei den Flüchtlingslagern die Arbeit von NGOs bzw. von „Ärzte ohne Grenzen“ insoweit, als dass das ausländische Militär das bisherige Vertrauen der Bevölkerung in die ausländischen Ärzte abdämpft. Jedoch stellen diese gut ausgebildeten Mediziner sicherlich auch dann einen hohen Wert für alle Konfliktparteien dar, wenn die EU-Truppen die Flüchtlinge vor Mord, Vergewaltigung, Versklavung und Zwangsrekrutierung behüten, wozu die Ärzte – bei all ihren geschätzten Leistungen – nicht in der Lage sind.

Die Grünen enttäuschen mich im Vergleich zu anderen Parlamentsparteien zwar selten. Doch wenn Peter Pilz meint, aufgrund von Startschwierigkeiten bei diesem ersten gemeinsamen Militärprojekt auf EU-Ebene im großen Stil sollte Österreich lieber das Handtuch werfen, auch wenn dadurch die gesamte Friedensmission aufs Spiel gesetzt wird, deren Verderber dann unsere Alpenrepublik wäre (die sich bereits im internationalen Fußballspiel chronisch blamiert) und das ganze dann als vernünftige Lösung verkaufen will, kann ich ausnahmsweise Thomas Meyer aus „Der Standard“ (5.2.08) heranziehen, der „altbackenem grünem Populismus gegen das Militär“ genauso wenig zusprechen kann wie ich.

Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass sich Österreich mit dieser Friedensmission im Tschad als europäischer Teamplayer profiliert und seinen Ruf verbessert, der ausgerechnet unter der rechtspopulistischen Politik von FPÖ/BZÖ intereuropäisch immer wieder zu leiden hat. Weshalb gerade die inhaltslosen Sprechblasen von H.C. Strache vom Ablagestapel ruhig weiter in den Mülleimer wandern dürfen.

Es muss klar sein, dass es am Beginn von großen Projekten, wie jener militärischen Kooperation der EU-Mitgliedsstaaten, immer zu Störungen kommen wird, zu Fehlern, aus denen schließlich gelernt wird. Bei einer kleinen, kurzfristig notwendig gewordenen Verzögerung aufgrund von Vorsichtsmaßnahmen im Zuge der Mission, sollte man noch nicht die Hose voll haben. Kriegsschauplätze sind immer gefährlich, doch von allen Menschen, die sich im Tschad aufhalten, haben die europäischen Soldaten am wenigsten zu befürchten. Die Soldaten, die naturgemäß Sold mit an das Einsatzrisiko angepassten Bonus beziehen, zu kritisieren (um damit offenbar die eigenen Rückzugs-Argumente zu untermauern), da diese im Grunde nicht wegen der Friedenssicherung, sondern des Geldes wegen im Tschad tätig seien, war in der Diskussion am runden Tisch eine Lächerlichkeit, von der ich nicht einmal mehr weiß, ob sie vom FPÖ- oder Grünen-Minister kam – Und das macht mir Sorgen.

Die Ausflüchte und Spekulationen die im Zuge der Diskussionen über den Tschad-Einsatz von vielen getätigt werden, denen ich zu anderen Themen sehr oft zustimmen kann und die darauf abzielen, durch Haarspalterei an der Peripherie der Kernproblematik die österreichische Beteiligung als schweren Fehler der politischen Gegner hinzustellen, machen mich manchmal traurig, manchmal sehr wütend. Das sind allerdings Peanuts im vergleich zu den Leiden der Flüchtlinge im Tschad, denen wenigstens eine sichere Flucht, wenn schon keine sichere Heimat, ermöglicht werden soll – und zwar durch den Beitrag eines Landes, das Flüchtlinge innerhalb der eigenen Grenzen selten gut behandelt.