Freitag, 14. September 2007

Dagegen

Zur Bürgerinitiative Dammstraße, 1203 Wien, http://www.moschee-ade.at/index.php?sid=darum_geht_es:


Lässt sich da noch etwas hinzufügen, soll man wirklich etwas schreiben – dagegen?
Gestern und heute las ich ein wenig im Briefverkehr Erich Kästners, den er mit sich selbst führte. Mit 40 stellte sich bei ihm offenbar Resignation ein. Kann man den Menschen etwas beibringen oder werden sie sich immer in diesem sinnlosen Karussell bewegen, ohne Angst vor dem Stillstand, aber in Angst vor der Stille, wie Kästner in etwa ausdrückte.

Aber betrachten wir erstmal die Argumente der…Ja, wie wollen wir sie nennen? Ich stellte beim Aufwachen fest, dass vermeintlich objektive Bezeichnungen, gewisser Gruppierung von Menschen oder deren Aktivitäten, nicht immer treffend sind.
An dieser Stelle sage ich dennoch Dankeschön an die braven Gegendemonstranten der Kundgebung jener oben genannten Bürgerinitiative, am 13.09.07. Ich wusste zwar davon, war aber krank.
Nun ich kann mir leider keine treffendere Beurteilung der Aktivisten der Bürgerinitiative vorstellen, als jene subjektive, die sich wohl aufgrund der Berichterstattung des ORF – vor Ort – bei mir einstellte.
Also noch einmal: Betrachten wir erstmal die Argumente der Verstörten und Verwirrten der Bürgerinitiative Dammstraße.

Da haben wir zunächst die grundlegende Beschreibung einer Moschee selbst, die auf der deutschsprachigen Wikipedia nachzulesen ist, da sie von dort stammt. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass es sich um die Reduzierteste aller möglichen Beschreibungen handelt und dass, bei der Anzahl an Moscheen in dieser Welt, eine solche Beschreibung recht Ungenau ausfällt.

Ein weiteres "Argument", das wohl ebenfalls gegen den Bau der Moschee, die es bereits am Ort des Geschehens gibt, sprechen soll, besteht im Zitat von Recep Tayyip Erdogan. Was er mit dieser Sache zu tun hat weiß ich nicht, aber vielleicht gehört der türkische Premierminister zu den Sponsoren des Vereins Atib. Oder spricht seine militant formulierte Erklärung zu den Zielen seines militanten Landes generell gegen den Islam oder speziell gegen den islamischen Glauben von Türken, die aus der der Türkei auswanderten? Man sollte nicht vergessen, dass man als Politiker kein Türke sein muss, um populistischen Blödsinn von sich geben zu dürfen und dazu prädestiniert zu sein (Merke: Politiker begeben sich stets auf das sprachliche Niveau ihrer angestrebten Wählerschaft).

Weitere Argumentationen, die sich während der Berichterstattung des ORF zutrugen, hatten irgendwie etwas Trauriges. Nur ein Mann bewies eine gewisse Sachlichkeit, indem er sich besorgt über die Parkplätze zeigt, die sich vermehren, wenn das Kulturzentrum ausgebaut wird (?). Dann erinnerte sich eine zittrige Frau, den Tränen nahe, dass ihr Bezirk früher einmal so schön war, wobei man den näheren Zusammenhang dieser Aussage, mit der aktuellen Situation im 20igsten, erraten kann und muss, weil nichts Weiteres zu vernehmen war. Ein Fahnenschwinger bemerkte, dass er „für das Österreich“ demonstriere. Wenn ich als Österreicher zu Österreich gehöre, und davon gehe ich aus, erkläre ich hiermit, dass er das für mich nicht machen muss.
Ein älterer Moschee-Gegner drückte seine Bange vor dem Muezzin aus, der „Uhuhuhuh“ machen würde, wobei gesagt sein muss, dass der Bau eines Minaretts nicht geplant ist.

Auf den Bau selbst beziehen sich die grundlegenden Argumente der Website, die, überraschend verständlich und objektiv, von einer architektonischen Problematik und den damit einhergehenden Begleiterscheinungen (Platzmangel, Verkehrszunahme) und möglichen Konflikten, sprechen. Da man weiters jedoch lesen kann: „Wo der Halbmond aufgeht, geht das goldene Wienerherz unter!“, scheint sich die nahe liegende Vermutung zu bestätigen, dass die Abneigung gegen ein größeres Kulturzentrum, nicht allein aufgrund baulicher Bedenken, besteht.

Unter den Argumenten, die sich an die Öffentlichkeit drängten, erkennt man, anhand deren Hohlheit und Mangel an Inhalten, die Handschrift der politischen Unterstützer der Initiative: BZÖ und, vor allem, Straches FPÖ. Auch der Titel der Website „Moschee Ade“ erinnert an die hehre Dichtkunst der FPÖ-Propaganda. Bei solch geistreichen Slogans wundert es nicht, dass sich die Blauen, gemeinsam mit den Verstörten und Erzürnten, gegen den Ausbau eines Kulturzentrums aussprechen – offenbar sind sie gegen Kultur allergisch und deshalb neidisch, auf die türkischstämmige Bevölkerung.

Letztlich lässt sich hinzufügen, man kann es sagen: Hätten sich die Gegner des Ausbaus des islamischen Kulturzentrums auf ihre Bedenken bezüglich der räumlichen Gestaltung ihrer Wohngegend beschränkt, wäre gegen ihre Initiative wenig einzuwenden. Doch durch ihren Pakt mit den fremdenfeindlichen, islamophoben Elementen einer alteingesessenen Schwachsinnigen-Strömung, versahen sie ihre Anliegen mit der hässlichen Fratze der Intoleranz. Das goldene Wienerherz scheint, vielleicht aus historischen Gründen, in die Hose zu rutschen, wenn es dem türkischen Halbmond begegnet, bevor es den Menschen dahinter nahe kommt. Die Rechnung geht für die Strache-FPÖ auf, wenn die christlichen Österreicher dort islamistisch motivierte Terroristen-Ausbildung befürchten, wo Anzeichen islamisch geprägter Kultur oder kulturell geprägten Islams zu erkennen sind. Denn sa’ma uns ehrlich: Wäre das geplante mehrstöckige Kulturzentrum, stattdessen, ein Bürogebäude, einem solchen es tatsächlich ähnlich sieht, so wäre die Empörung dagegen wohl kaum so aufgebauscht und wahrscheinlich auch nicht von den Rechtspopulisten unterstützt.



Der Kulturverein Atib: http://www.deutsch.atib.at/

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