Dienstag, 31. Juli 2007

Fremd ist, wer nicht versteht. Verständnislos, wer nicht fremd ist.

Ich lebe in Wien, einer Stadt, deren breite Bevölkerung wegen ihrer speziellen Dialektform, innerhalb des deutschsprachigen Raumes einen gewissen Attraktionsstatus innehat – ähnlich wie die Berliner Schnauzen, das Kölsch oder das vom Aussterben bedrohte Münchner Bayrisch (welches glücklicherweise in den Umlanden der voralpinen Weißbierhauptstadt ihre Überlebensnischen findet).

Da ich nicht weit von Schloss und Park Schönbrunn wohne und die grüne Oase für gelegentliche Lauf-Ausflüge nutze, kann ich dementsprechend die Begegnungen von Touristen mit Wienerisch-Sprechern beobachten.
Erstere Gruppe weiß nicht immer, was innerhalb der Parkanlage erlaubt bzw. verboten ist, auch wenn ihre Mitglieder sich damit begnügen, klug genug zu sein, um keine Grünfläche oder Brunnenanlagen zu beschädigen, welche sie vereinzelnd und behutsam betreten, um ein Erinnerungsfoto zu machen.
Die Gruppe der Wienerischen, die entweder in Form einheimischer Besucher oder Parkwächter auftritt, verlässt sich in Situationen, in denen erstere Gruppe eine Ordnungsüberübertretung wagt, auf die beeindruckende Wirkung ihrer deutsprachigen Besonderheit, was natürlich zu nichts Sinnvollem führt - zumindest zu keiner erwarteten Wirkung, schon gar nicht zu einem kausal zusammenhängenden Resultat, wenn auch zu etwas unerwartbaren Besonderem.

Weit weniger als das Wienerische, verstehe ich die Sprach-Anwendung gewisser Angehöriger dieser Sprachgruppe. Den Touristen ergeht es dabei beinahe in umgekehrter Art. Die wenigsten verstehen Deutsch und von diesen versteht sicherlich auch nur ein geringer Teil, derer die "Sisi" im Original mit Untertitel (wenn überhaupt - aber einige Ausländer mögen auch "Sound of Music")sahen, Wienerisch. Allerdings erkennen die Fremden sicherlich, was der jeweilige Parkwächter oder Spaziergänger mit seinen Kommunikationsversuchen bezwecken will, anhand der dazugehörigen Gesten und den zornigen Gesichtern.
Die Touristen bleiben also vom Staunen, dank der völligen Ahnungslosigkeit vom Wienerischen und der weit verbreiteten Erfahrung, dass in jedem fremden Land wild gestikulierende, unverständliche Menschen Irgendetwas von einem wollen, unberührt, während ich mich als Wienerischer nur wundern kann.

Irgendwann sollte ein gelangweilter Sprachwissenschafter mit seinem sozialwissenschaffenden Kollegen und am besten einem Psychologen bzw. Psychater, herauszufinden versuchen, warum Wiener - in offizieller und inoffizieller Wächter-Funktion - glauben, das Touristen, die vom Österreichischen nur "Schnitzel" und "Servus" verstehen, etwas mit "Schleicht's eich!", "Für was red i den!" oder "is eh a Piefke?", anzufangen wüssten.

Dienstag, 24. Juli 2007

Die Entscheidung

ob ich versagen muss,
wenn ich langsam schreite,
wo ich zum schluss,
mich nirgends hin verleite.

ob ich zaudern will,
da es manche gefahr,
zu tauschen die unbill,
enthält dann für wahr.

ich wechsle die schwierigkeit,
weiche dem billigen schutze,
gelange in teure sorgsamkeit,
gegen die wankende trutze.

mangelnde gewissheit ist bestimmt,
ob geringe sicherung gewährt,
was wagemut sich nimmt,
und reichere armut erfährt.

mut statt trägheit fährt,
ob wagnisse glück erlangen,
oder glückloses harren währt,
ist lebenszeitlich von belangen

Dornen im Auge eines geschickten Deals

Dornen sind die für 8 Jahre ihrer Freiheit beraubten Helfer, in den Augen jener, die zurecht annehmen, dass nun beinahe alle Beteiligten zufrieden sein können.

Warum müssen Einzelne dermaßen leiden, ehe die Reichen einem Land finanzielle Hilfe zugewähren?

Auch wenn mit dem Geld-Mittel die libysche Bürokratie ihrem offiziellen Schweigen zum eigenen Nutzen zugeführt wurde, frage ich mich, ob Geld, welches durch systematische Ungerechtigkeit erpresst wurde, dort ankommt wo es gebraucht wird.
Der libysche Sumpf der Korruption ist vermutlich regional bedingt tiefer, als der europäische Wille zur Befriedigung des politischen Wohlstands.

Gut nur, dass die Bulgarier in Freiheit gelangten. Schlecht jedoch, dass ein Staat sich ergaunern kann, was gleichsam sein eigenes Versagen bei der Obhut seiner Kinder vertuscht.

Dienstag, 17. Juli 2007

Aus zwei Übeln mache eins (das macht mehr Spaß)

Wenn durch gemiedene Online-Spielwelten hervorgerufene Entzugserscheinungen eine Zweckgemeinschaft mit den Nebenwirkungen der Ozon-Belastung eingehen, dann bleibt der erfahrene Spieler mit empfindsamen Schleimhäuten besser in seinem vertrauten Dungeon.
Ich bin ein erfahrener Spieler und meine Schleimhäute neigen zum Schockzustand, sobald parfümiertes Sekretärinnen-Modell mit Dauerwelle meiner Nase zu nahe kommt.
Ein Problem entsteht, wenn es nicht gelingt, die Erfahrung des Spielentzugs mit jener über O3-Gasangriffe in einem logischen Denkprozess zu verknüpfen – was bei 34°C, welche sich vorgenommen haben, heute noch zu 37° zu werden, auch niemanden wundern dürfte. Also ging ich unbedarft einkaufen, nicht wissend, was mich erwartet. Nicht nur, dass die Milch, ehe ich sie in die Sicherheit des Kühlschrankes bringen bzw. in die Schwärze meines Kaffees gießen konnte, verdächtig sauer zu riechen begann und sich frischen Eier nur noch hart verzehrt werden konnten…
Ich hatte bereits den ganzen Morgen den Verdacht gehabt, dass meine Wahrnehmung mir einen Streich, auf der Basis von Fantasy-Humor, spielte oder zumindest ein beleidigter Illusionszauberer irgendwo sein Unwesen trieb. Denn als mein Streitross im Fahrrad-Abstellraum suchte, konnte ich es nicht finden. So ein Streitross löst sich doch nicht in Luft auf, dachte ich bei mir und überlegte, während ich zu Fuß die glühende Ebene entlang schritt, ob ich den Beschwörungszauber meines treuen Begleiters nicht doch im Rucksack verstaut hatte. Allerdings fand ich dort nur die Quest-Liste: „Besorgt 1 Liter reinster Milch des Bio, 1 Schatulle goldener Eier des Bio, 1 Flasche Wein des Diskont, 10 Tafeln magischer Schokolade des Nougats in der Höhle der grantigen Frauen, im Westen der glühenden Ebene. Euch erwartet folgende Belohnung: 1 Eine Eierspeise, 1 zufriedene Freundin.“
Wie ich schon erwähnte, hatten einige der Quest-Gegenstände einen Bug, als ich sie der Hitze aussetzte, allerdings wurde aus dem Wein noch ein guter Essig. Dass etwas später zwei Polizisten vor meiner Wohnungstüre standen und wissen wollten, ob ich gelegentlich Fechtkämpfe mit Hausfrauen im Supermarkt führte und Einkaufwagen mit einem unbezahlten Vorschlaghammer aus der Heimwerkerabteilung demolierte, war zunächst ein weiteres Problem, welches ich zu diesen Zeitpunkt noch nicht als solches erkannte. Ich erklärte den verständigen Stadtgardisten also, dass ich mich nur daran erinnern konnte, ein paar tollwütige Hobgoblins mitsamt ihren silbernen Wargen zurechtgestutzt zu haben, da diese den Schatz der Höhle der grantigen Frauen besetzt hielten. Die Stadtgardisten wollten mich dennoch mitnehmen, für eine Aussage gegen ein paar Hobgoblins, welche die Wärter des städtischen Kerkers unverständlicher Weise als durchgedrehte, randalierende Riesenfrauen bezeichneten und ob diese vielleicht Grund für mein Verhalten während meiner Queste waren, da sie auch versucht hatten, den Supermarkt auseinander zu nehmen, als keine von ihnen die Likörgefüllten Pralinen finden konnte. Ja, ich plädierte auf Notwehr. Ein Held wie ich setzt niemals den ersten Hieb.
Offenbar bin ich nicht der einzige, der unter den Ozonbelastungen kombiniert mit jeweiligen Schwächen und Neigungen, gelegentlich den Verstand verliert. Aber das war mir zu jenem Zeitpunkt auf der Polizeiwacht noch nicht bewusst. Ich wollte nur in meine heimatliche Burg zurück, fand glücklicherweise (Glück-Wert 10) den Spell für mein Streitross und ritt, noch einmal einen tiefen Luftzug nehmend, auf dem Wischmob der polizeilichen Reinigungskraft, durch mystische Schwaden blauen Ozons, von dannen.

Montag, 16. Juli 2007

Science Fiction verdirbt mir den Tag

Jetzt ist es soweit. Ich verberge mich im Inneren meiner Wohnung und in die körperliche Trägheit, um dem Ozon zu entkommen, welches dort, wo es zurzeit belastet, eigentlich gar nichts verloren hat.
Dort oben, in den Höhen der Stratosphäre sollte das Gas schweben, um uns Lebewesen vor der UV-Strahlung zu schützen. Aber irgendetwas ist schief gegangen – ein Satz den man in zahlreichen Science Fiction Einführungs-Monologen lesen und hören kann. Dementsprechend habe ich das Gefühl, düsteren Science Fiktionen in Realtime und ganz ohne Cyberspace entgegenzutreten. Verstärkt durch die Neuigkeiten über hauchdünne zusammenrollbare, überall auftragbahre Displays aus organischen Leuchtsubtanzen (OLED), ein zukunftsträchtiger Wahnsinn.
Die Atmosphäre gerät durcheinander und ich kann kaum einen tiefen Atemzug nehmen, ohne alle ungemütlichen Symptomen verpasst zu bekommen, die auf leichte O3-Vergiftung hindeuten (mitsamt Zaunpfahl, in Form meteorologischer Nachrichten, die heute wenigstens nur eine leichte Belastung erwähnen - 115 µg/m³).
Echte Science, real gewordene Fiktion, spürbare Konsequenzen, die vor Jahrzehnten prognostiziert wurden. In meiner Volkschulzeit wurde jeder verpönt, der Haarspray benütze (damals noch mit FCKW), jeder Erwachsene der den Motor seines Wagens ungenützt laufen lies wurde mit Verachtung oder mehr gestraft und es wurde freiwillig durch den Waldbach gewatet, um diesen von Müll zu befreien. Heute sitze ich in meiner Wohnung in der Großstadt Wien und verstecke mich vor dem Wetter. In meiner Umgebung ist es ein modischer Zeitvertreib, der sich als Zeitersparnis tarnt, den Motor solange laufen zu lassen, bis die Gattin oder Freundin, mit dem Rest der Familie, endlich aus dem Haus kommt und ins Auto einsteigt, meist unter lebhaften Diskussionen über irgendetwas, das die betreffenden Personen offensichtlich noch länger daran hindert ins Auto zu steigen und den laufenden Motor zu nützen. Waldbäche, die sich zur reinigen lohnen, gibt es nicht in Wien und jener Bach, den ich in meiner Kindheit zu retten versuchte, verlor seinen Zufluss, der beim Bau einer Mobilfunk-Station im Wald zugeschüttet wurde.
Da bleibt mir nur, hier zu sitzen, gemeinsam mit meiner Katze jegliche Aufregung und sportliche Aktivität zu meiden und zu schreiben.

Mittwoch, 11. Juli 2007

Statement zu österreichischen Verdrängungsgestezten

Die Historikerin Heidemarie Uhl war zu Gast in der Radiosendung „Von Tag zu Tag“ auf Ö1 und sprach mit Moderator Johann Kneihs über die unterschiedlichen Erinnerungen zum Nationalsozialismus in den einzelnen Familien. Die Feststellung des Mangels an Erinnerung und Aufarbeitung in vielen österreichischen Verwandtenkreisen wurde nicht nur durch das Gespräch mit der Historikerin gestärkt. Ich schaltete erst zur Halbzeit der Sendung ein und konnte dennoch mit anhören, wie ein älterer Anrufer in originalem Beamten-Wienerisch, sich darüber beklagte, dass man nicht frei zum Verhalten der Wehrmacht sprechen könne, da die Soldaten im Grunde keine Verbrechen begangen hätten und eine solche Behauptung verboten sei. Sodann wurden die Verbrechen der Nazis und ihrer Wehrmacht, mit den Verbrechen der Roten Armee in Relation gestellt und der Kontrast des Unterschiedes gezeichnet, in dem der Anrufer zu wissen glaubte, dass die Wehrmacht keine Verbrechen begangen hätte.
Er wäre wohl weiter mit der altbekannten Melodie gegangen, wenn Johann Kneihs nicht unterbrochen hätte.
Das Thema der Sendung befasste sich mit den Taten des NS-Regimes, dennoch wurde auch durch den darauf folgenden Anruf einer älteren Dame, nur von den Gräueltaten durch Stalins Soldaten berichtet, wenn diesmal auch basierend auf den persönlichen Erlebnissen des Vaters.

Beide relativierenden Statements wurden von Menschen beigebracht, die zur Zeit des NS-Regimes Kinder waren und so erschienen sowohl die historische als auch die persönliche Sichtweise jener beiden wie eine kindliche.
Es lässt sich kein Gegenbeweis anführen, der jenen Major der Sowjets entlastet, welcher den Vater der Anruferin täglich mit seiner Dienstwaffe bedroht haben soll, da kein Alkohol im Hause war. Doch dies sagt nichts Relevantes über die Gräueltaten der Hitler-Soldaten aus.

Beim Gott der Weisheit, der die Menschen liebt und ihr Schöpfer sein soll: Wie können so viele in dieser Zeit des Friedens sitzen und behaupten, es gäbe Entschuldigungen und Gründe für den menschgemachten Schrecken, den wir Krieg nennen?

Nennt sie Wehrmachtsoldaten, sie marschierten dennoch für Hitler. Nennt sie Rotarmeesoldaten, sie kämpften dennoch für Stalin.

Was das bedeutet hatte, für Hitler zu marschieren, für Stalin zu kämpfen, sollte nicht leichtfertig in die Vergessenheit gedrückt werden. Doch vor allem meine so genannten „Landsleute“ – was auch immer dieses Wort bedeuten mag – sollten die durch Schuld bewirkte Verdrängung ihrer Väter und Großväter, nicht in eigene Lüge und Heuchelei gegen sich selbst transformieren. Lasst jenen alten Narren die fest gefügten Mauern aus Feigheit und Schande bewahren, in denen sie sich festgesetzt haben, wenn sie es so dringlich wünschen. Bleibt jedoch selbst frei genug, euch anhand des Wissens ein Bild zu machen, das euer Verstand zu lesen weiß und eure Zunge zu jene Zauberworte formen lässt, die der verlorenen Generationen des Krieges Einhalt gebieten, in ihrer Rückbeschwörung alter Dunkelzeiten.

Ich schäme mich nicht für meine Großväter, die dem Regime als Soldaten dienten. Doch geniere ich mich für mündige Mit-Wähler, die mit ihrem kleinen Wissen meinen die Wahrheit verstanden zu haben und sich deshalb über selbige erheben zu dürfen. „Wir sind wir“, grölten sie einst und grölen es immer noch. „Wir“ müssen sie sein, denn zum „Ich“ reicht das Selbstbewusstsein nicht, dass einem gesunden Menschen vor den Urteilen der eigenen Überheblichkeit warnen würde. Selbstverleugnung ist ungesund, als ungesunde Einstellung kränkend und als solche bereits eine Volkskrankheit. Wenn diese Krankheit auf die politischen Organe eines Landes wirkt, wundern einen Menschen so manche Entwicklungen nicht mehr. Hoffentlich können sich die Gesunden des Wunderns bald entledigen und Handlungen des Verstehens tätigen.

Diskussion auf www.zulu-ebooks.com

Dienstag, 3. Juli 2007

Entzugserscheinungen

Es ist nun schon lange, lange her, seit ich das MMORPG World of Warcraft aufgab - etwa 48 Stunden - und immer noch leide ich unter Entzugserscheinungen.

Zum Beispiel träumte ich letzte Nacht von seltsamen alten Greisen, deren kleine Zimmerchen voll gestellt waren, mit World of Wacraft Accessoires, haufenweise Tassen mit getrockneten Kaffeeresten, Aschenbecher, MousePads, Poster, Lampenschirme und Deckenventilatoren, auf denen sich in runenverzierten Rahmungen Nachtelfen und Orks rekelten.
Es stellte sich heraus, dass es sich bei den Greisen um die WoW-Zocker des Jahres 2070 handelte, die den moderneren Angeboten der Spiel-Industrie stand hielten und ihrem guten, alten Warcraft treu blieben.

Allerdings hatte die Herstellerfirma die letzten relevanten Updates und Addons vor 55 Jahren gebracht und war nicht mehr wirklich bemüht gewesen, die zahlreichen Spiel-Server ordentlich zu warten. Aufgrund der berechtigten Verzweiflung zahlreicher Level-90-Spieler, hatten sich diese entschlossen, eine Selbsthilfe-Organisation zu gründen. Private Server wurden aufgestellt, zu denen der Hersteller seinen Segen gab, damit die tausendfachen täglichen Anrufe frustrierter WoW-Veterane, die dauerhaft eine Erweiterung der Raumzeit-Lande forderten, endlich die Service-Leitungen frei machten.
Sodann begann man eigene Addons zu programmieren und das Spiel – geregelt durch den Rat der Spieler-Ältesten – nach eigenen Bedürfnissen zu erweitern. In dieser Zeit stieg die Scheidungsrate unter den verheirateten Spielern auf über 99,9 %.

Die maximal zu erreichende Stufe der Helden war mittlerweile auf 250 angestiegen. Niedrige Monster (LV 60 oder weniger) mussten von den Spielern nicht einmal mehr angegriffen werden, es genügte /niesen, /fingerschnipsen, /mitdenaugenrollen oder /handkuss in die Chat-Leiste einzugeben und das anvisierte Monster fiel in den virtuellen Tod und droppte seine Eingeweide. Diese bestanden nur noch aus kleinen Gag-Artikeln, wie Basilisken-Sonnenschirme, Drachen-Feuerzeuge, Brühschleimer-Modelier-Quark oder Harpyien-Gummipuppen.
Man hatte sich geeinigt, LV 250 als die absolute Spitze zu belassen. Die durchschnittliche Spielzeit, die für eine Stufe benötigt wurde, betrug ab LV 220 immerhin etwa 1 1/2 Jahre und es stand zu befürchten, dass einige Spieler weitere Maximalstufen-Anhebungen nicht mehr erleben würden.
Die Währung der World of Warcraft hatte sich ebenfalls weiterentwickelt. Gold war längst zu Kleingeld geworden und nachdem Platin- und Mithril-Münzen auch nichts mehr Wert waren, lies man die Gnome und Goblins das erste Kreditkartensystem Azeroths erfinden.

So saßen die greisen Digital-Helden in ihren Zimmerchen, an ihren Infusionen und Sauerstoffflaschen angeschlossen und mindestens die Hälfte der weltweit verstreuten Spieler erlitt vor Erregung einen Herzinfarkt, als ich mit einem Mal dem Spiel beitrat. Der letzte, übrig gebliebene Server, den sich mehrere Nationen teilten – mittlerweile sprach die ganze Welt Chinesisch – wurde jedenfalls mit einem Schlag zu 50% entlastet, als der erste Level 1 Spieler seit 50 Jahren im virtuellen Raum des Games auftauchte.
Sogar die Spieler der Horde – ich war an die Seite der Allianz getreten – versammelten sich fürsorglich um meinen Avatar, bereit mir nur irgendwie zu helfen (1).

Ich war die Abwechslung verschaffende Attraktion der letzten Jahrzehnte. Ein Ork-Paladin(2) wollte sich zwar erfrechen, mich immer wieder zu seinem Vergnügen anzuniesen, auf dass ich am nächsten Friedhof erwachte. Aber nach dem vierten oder fünften Mal - er näherte sich erneut mit verdächtigen Schritten und visierte mich an - hielt er überraschend inne und ging „Away from Keyboard„. Wie uns seine Krankenpflegerin über Chat später mitteilte, war er letztlich und ziemlich plötzlich, an seinen alten Leber- und Nierenleiden verstorben und hatte kurz davor, in freudiger Erregung mir einen Streich zu spielen und dafür 500 Ehrenpunkte(3) zu kassieren, einen Kreislaufzusammenbruch. Der Gute war auch schon 93 Jahre alt.

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1. Die Goblins hatten mittlerweile einen – Bubblefish genannten – Übersetzter konstruiert, weshalb man auch mit der jeweiligen Gegenseite kommunizieren konnte.

2. Es gab auch diesbezüglich einige Änderungen.


3. Auch gab es dämliche Änderungen und die Verwirrtheit unter den älteren Programmierern nahm mit den Jahren zu. Zudem rechnete niemand mehr damit, dass es je wieder einen Noob geben könnte.