Montag, 17. Dezember 2007

Ja, ja...! Beispiel Unvernunft

Stellt sich die Frage nach dem Ideal der Vernunft und ob man nun beginnen sollte Kant zu zitieren, wenn man nicht möchte, dass aus dieser noch mehr Fragen entstehen.
Versuchen wir es mit einem Beispiel ohne Bange vor Kontroversen: Wenn der österreichischen Innenminister Platter die als Einziger bestimmen darf, ob Arigona Zogaj – gebürtige Kosovarin und sozialisierte Oberösterreicherin – in Österreich bleiben darf oder nicht, ist das an sich unvernünftig. So unvernünftig wie der Absolutismus auf der Basis feudaler Machtstrukturen. Wenn ein Volk sämtliche Entscheidungsbefugnisse an eine Institution, offiziell geführt von einer Person, abgibt, braucht es sich nicht zu wundern oder ärgern, wenn es nur eine Person in einer zentralen Institution der Alleinherrschaft braucht, um das ganze Volk in den Abgrund zu führen. In der Regel bemerken Abwärtsfahrten alle jene Mitglieder einer Gesellschaft am frühesten, die sich an ihren Rändern befinden; also die Eliten, die sie zu verantworten haben und die Minderheiten auf der anderen Seite des Rechts- und Machtspektrums, da diese sich am wenigsten wehren können.


Die junge Frau Zogaj gehört zu einer solchen Minderheit, wobei der einzige Unterschied zu ihren Altersgenossinnen, die in Österreich bleiben dürfen, darin besteht, dass sie neben Deutsch und Englisch auch Albanisch spricht und über keine Staatsbürgerschaft verfügt. Das muss man schon wissen, wenn man die Entscheidung Platters nachzuvollziehen versucht, der Arigona Zogaj nun gnädigerweise erlaubt ihren Schulabschluss in Österreich fertig zu machen (ohne sich zu fragen, wovon die 15jährige bis dahin allein mit ihrer Mutter, die keine Arbeitsgenehmigung hat, leben soll), sie aber dennoch nicht in Österreich mit ihrer Familie leben lässt. Begründung: Weil es ein falsches Signal an Ausländer (aus ärmeren Ländern) wäre, wenn sich der Innenminister gnädig erwiesen hätte, da diese sonst annehmen könnten, es wäre all zu leicht in Österreich zu immigrieren, was nicht gewollt wird. Diese Annahme klingt zwar logisch, ist aber bei genauerer Betrachtung nicht nur schwachsinnig, sondern auch recht zynisch. Sieht man vom jüngsten EU-Menschenrechtsbericht über Österreich ab, hat man immer noch genug Indizien dafür, dass Zuwanderung in Österreich kein lustiger Ferientrip ist.


Ja! Natürlich gibt es Länder in denen es menschenrechtlich schlimmer zugeht, aber wir müssen Österreich nicht unbedingt mit Israel/Palästina, der US-Konklave - mit kubanischer Genehmigung – Guantánamo oder Russland vergleichen. Wir müssen Österreich mit gar keinem anderen Land vergleichen, um die Unvernunft des österreichischen Innenministers festzustellen.


Aber zurück zum Schwachsinn: Menschen, die alles auf sich nehmen, um ihr eigenes Land zu verlassen und in einem anderen ein besseres Leben zu beginnen, werden sich nicht durch die Abschiebung Arigona Zogajs davon abhalten lassen. Immerhin versuchen österreichische Exekutivebeamte und Regierungspolitiker schon seit Jahren über Repressionen und Gewalt zukünftige Glücksritter der Migration abzuschrecken und schrecken dabei ihrerseits nicht davor zurück, Schubhäftlinge irrtümlich zu töten und Personen einer bestimmten Kategorie unter Generalverdacht mit Haftfolge zu stellen.


Hat’s etwas gebracht? Ein wenig weniger Zuwanderung, meinen die Experten der Statistik, deren Berechnungen von den Politkern jedoch immer vom „Aber“ befreit werden. Zudem negative Kritik gegenüber Österreich von internationalen und nationalen Menschenrechtsorganisationen.


Doch was bewirkt die Abschiebung der Familie Zogaj des Weiteren? In Österreich, wie in vielen europäischen Ländern, wird über schwache Geburtenraten geklagt, während Platter eine 15jährige Österreicherin per Sozialisation aber ohne Rechte, mitsamt ihrer kinderreichen Familie über die Outlinie ihrer Existenz befördert. Arigona Zogaj hat sich in ihrem Kampf um Bleiberecht als mutig, stark und einfallsreich bewiesen, weshalb ihre Abschiebung in mehrfacher Hinsicht als Verlust unseres überalternden Landes zu sehen ist.


Bei Platter selbst bewirkt es natürlich ein paar Pluspunkte mit Sternchen bei seinen Parteikollegen und einem grossteil seiner Klientel. Vor den Parteikollegen und unter Berücksichtigung gewisser Regeln des politischen Spielbrettes, hat sich der Innenminister als konsequenter, unerschütterlicher Holzkopf, also als Dickkopf, ausgezeichnet. Für etliche ÖVP-Wähler, die man seit Schüssels Koalition mit den Rechtspopulisten kaum noch von deren Wählern auseinander zu halten weiß, hat er sich als Held des armen Österreichers hervorgetan, der diesen vor der Konkurrenz durch fleißige, motivierte, Kinder gebärende, Familienorientierte, nicht vom Alkoholismus völlig zerstörte Zuwanderer behütet.


Die Entscheidung Platters war letztlich keine Überraschung, da er sich keine Schwächen erlauben darf und von seinem ursprünglichen, negativen Entschluss über die Aufenthaltsbewilligung der Zogajs deshalb nicht absehen konnte. Als Alleinherrscher über die Asylbewilligungen ist klar, dass er seinen absolutistischen Vorbildern aus dem Geschichtsunterricht nacheifert – Von denen hatte auch keiner Schwächen gezeigt, sondern eiserne Härte bei der Umsetzung ihres Willens und gelegentlich ein paar Gnadenakte als Zuckerguss, damit die Volksseele ihrer nicht zürnte.


Aber ist ein Mann vernünftig, wenn er in seinen Entschlüssen hart bleibt, weil er Angst hat vor seinen Kollegen als Hosenscheißer oder wankelmütiges Weichei dazustehen, wenn er es sich anders überlegte; obschon ihm gezeigt wurde, dass seine Entscheidung unbegründet und unmenschlich ist?


Nein. Ein solcher Mann ist entweder sehr junger Mensch, den niemand zu innerer Reife führen konnte, ein älterer Mensch der an seine Unreife erkrankt oder einfach Unvernünftig. Ein solcher Mann ist unser Innenminister Platter und ein grossteil seiner verlogenen Kollegen, bis auf seine Kolleginnen natürlich, denn diese sind Frauen solcher Art. Ein reifer und vernünftiger Mensch würde sich nicht aufgrund von Spekulationen und wagen Ängsten, vor menschlichen Entscheidungen des Mitgefühls gegenüber Unschuldigen, Ungefährlichen und Hilfesuchenden drücken.


Dies ist also ein Beispiel für jemanden, der sich mit den Idealen der Vernunft noch einmal auseinandersetzten sollte, zu denen hin es vielerlei Pfade gibt. Mehr darüber beim nächsten Mal, wenn wir der Frage nachgehen wollen, ob wir in den Medien zur weltpolitischen Lage ein Beispiel für vernünftiges Handeln überhaupt finden können.

Samstag, 15. Dezember 2007

Ja, ja...!

Im Antlitz drohenden Thronsturzes der Menschheit wird hoffentlich endlich verständlich, dass das Ideal der Vernunft, im Ausmaß der globalen Kooperation, der Schlüssel zur Rettung ist.

Montag, 10. Dezember 2007

Freitag, 7. Dezember 2007

Faschos wohin man blickt

Das was noch deutlicher darauf hinweist, dass es nicht nur faschistoide Tendenzen innerhalb der EU und ihrer jeweiligen politischen Eliten gibt, als in Österreich des FPÖ-Abgeordnete Karlheinz Klements kranken Aussagen, ist der Populismus-Verein der Lega Nord in Italien.
Während Klement während einer Nationalratsdebatte bloß darauf hinweist, wie widernatürlich er Homosexualität findet und dass alle Homosexuellen wahrscheinlich latent pädophil wären, meint Regionalpolitiker Giorgio Bettio von der Lega Nord, dass er bei ausländischen Straftätern gerne SS-Methoden anwenden würde. "Mit Zuwanderern sollten wir es wie die SS halten und zehn für einen unserer Leute bestrafen", so Bettio (http://derstandard.at/?id=3139097 – aber auch andere Quellen lassen sich leicht finden).

Zugleich wird zur Beschleunigung von Asylverfahren in Österreich alsbald der Verwaltungsgerichtshof ausgeknipst, denn wenn ein Verfahren ungerecht abläuft wollen wir es nicht mehr wissen, sondern überlassen es den Hobby-Richtern des neuen Asylgerichtshofes, für die Asyl-Kandidaten ein eigenes, kleines Rechtssystem zu entwickeln, dass mit anderen, noch unbekannten, aber sicherlich schnelleren Verfahrens-Methoden funktionier. Das die Lahmarschigkeit der bisherigen Asylverfahren mit der geringen Qualität in erster Instanz zusammenhängt, wie nicht gerade wenig Juristen und andere Experten meinen, scheint niemanden zu interessieren. Zumindest nicht jene Politiker, die das ganze Dilemma gerne rasch hinter sich bringen möchten.
Wer es eilig hat, der lässt sich gerne einmal die Dreckarbeit von den Vasallen aus der rechten Ecke des Parlaments abnehmen bzw. vorkauen.

Ich wasche meine Hände in Unschuld, kann Pontius Gusenbauer später einmal behaupten, wenn das mehr als Verfassungswidrige, allen Rechts- und Gerechtigkeitswerten der europäischen Noch-Zivilisation zuwiderseiende Vorhaben des Asylgerichtshofes umgesetzt wird.
Ein eigenes Rechtsverfahren für Asylwerber, dem die oberste Kontrollinstanz genommen wird und das somit in ein totalitäres Sub-Rechtssystem verwandelt wird, ein österreichischer Abgeordneter der Homosexualität als etwas Perverses deklariert, ein Lega Nord-Mensch, der sich SS-Methoden wünscht.

Diese Muster-Fleckerl in der politischen Landschaft sind kein Anzeichen für faschistoide Tendenzen, sie sind der Beweis für latenten Faschismus – als solcher.
Und das Beste was dem Großteil der EU-Bürger dazu einfällt, wenn sie nicht gerade dafür plädieren, dass man sich nicht so aufregen solle (solange es die ewiglich Anderen betrifft), ist das voll gefressene Maul zu halten. In einem pseudowissenschaftlichen Magazin las ich einmal von der Wiederkehr mittelalterlicher Gesellschaftsstrukturen. So „pseudo-“erkennbar schein mir dies nicht mehr, zumindest wenn man die politische Trägheit der Bevölkerung betrachtet. Die Symbole allerdings orientieren am historisch nächst Schlechtesten. Öffentlich posaunende Neo-Faschos wohin man blickt.

Mittwoch, 5. Dezember 2007

Schulsystem

Ich will Ihnen das mit dem österreichischen Schulsystem, das vor kurzem zum dritten Male vom PISA-Institut studiert wurde, genau erklären. Eine typische Unterrichtseinheit eines beliebigen Faches, an einer beliebigen Schule beginnt mit der Kontrolle und dem Eintragen ins Klassenbuch. Wer fehlt? Ist Meier immer noch krank? Warum klebt Kaugummi auf meinem Sessel? War das Meier? – Nein, Herr Lehrer, Meier ist krank. Usw.
Danach gibt es ein paar einleitende Worte zu dem, was sich im Allgemeinen als Wiederholung des Stoffes der letzten Unterrichtseinheit desselben Faches bezeichnen lässt, was – wenn es wenige Nachfragen und andere Unterbrechungen gibt – nur die Hälfte der zur Verfügung stehenden Unterrichtszeit einnimmt. Es folgt allgemeines Gefasel über dies und jenes, was die müden oder gelangweilten Schüler nicht mehr mitbekommen, weil sie bis dahin bereits eingeschlafen sind. Wenn man schläft oder döst überhört man gerne die innerhalb weniger Sekunden erwähnten, relevanten Dinge des Unterrichts, die während des halbstündigen Vortrages sporadisch aufkommen. Da sich begabte Schüle in einem solchen Unterricht besonders langweilen, sind sie es auch, die am wenigsten von Allem mitbekommen.

Nachfragen ist schwierig, wenn man nichts mitbekommt und auch wenn es darum geht, dem schnellen Diktat des Lehrers zu folgen – z.B. technische Daten, die der Lehrer/ die Lehrerin aus irgendeinem Grund nicht an die Tafel schreiben will – trauen sich sensible Schüler oftmals nicht nach einer Wiederholung des Vorgetragenen zu fragen, weil der Lehrer/ die Lehrerin dies meist nicht macht, ohne einen hämischen Witz auf Kosten des Fragenden los zu werden.

Natürlich spreche ich nur aus Erfahrungen mit Volks-, Haupt-, und Fachschulen, doch wenn es in Unterrichtsanstalten, in denen ein gewissen intellektuelles Niveau auch von den Lehrern/ Lehrerinnen gefordert und nicht ein geringes Niveau bei den Schülern im Vorhinein erwartet wird, ebenso aussieht, so wissen wir wohl was zu tun ist. Lehrerschaft ausmissten und die Guten unter ihnen - die alternativen Unterricht leisten - zahlenmäßig verdoppeln.

Vielleicht sollte man den österreichischen Schülern auch erklären, wozu sie etwas lernen. Und die Notwendigkeit des Lernens sollte man nicht allein damit kommentieren, „weil morgen eine Überprüfung kommt“, oder detaillierter, „weil ihr sonst schlechte Noten schreibt und ohne guten Schulabschluss, als Erwachsene, unter der Brücke schlafen müsst.“

Schüler sollten nicht nur lernen, wie sie in einem System überleben, sondern vor allem, wie sie sich in das System einbringen und es beeinflussen können. Darin steckt nämlich der „kindliche“ Spaß. Wenn die unkritisierte Systematik des Lernens, in der Grammatik, der Mathematik, im Naturwissenschaftlichen, weiterhin einem dogmatischen Denken entspricht, für dessen Hinterfragung meist auch keine Unterrichtszeit bleibt; wenn Wissen reproduziert werden muss, aber nicht in Schaffensprozess der kindlichen Wahrnehmung, als Faktor menschlicher Creatio, einfließt, so brauchen wir uns nicht wundern, wenn die Kinder der Zukunft zwar die Produktbeschreibung ihrer Antihyperaktivitäts-Medikamente auf Beistrichfehler hin untersuchen können, aber nicht wissen wie sie die Gedichte Erich Frieds oder Goethes oder die Geschichten des Till Eulenspiegel lesen und verstehen können.

Dienstag, 27. November 2007

Schau, schau...




...Menschenrechte in der EU erwecken neuerdings auch im Kreml großes Interesse.
Darum will der russische Präsident ein Institut in Brüssel einrichten lassen das dieses Mysterium genauer untersuchen soll.
















Montag, 26. November 2007

Zeit für Gesundheit

In der europäischen Gesellschaft mangelt es sicherlich nicht an Krankheiten und ungesundem Lebensstil. Allerdings verfügen wir über einen komplexen, medizinischen Apparat, der es uns ermöglicht, mit allerlei Medikamenten, Gerätschaften und Computeranlagen, den physischen Körper zu reparieren, Krankheiten zu beseitigen und manchmal auch den Tod hinaus zu zögern.
Zeit haben die Mitglieder unserer Gesellschaft allerdings wenig und die Klage über die Hektik unserer Tage geht Hand in Hand mit der starken Belastung des öffentlichen Gesundheitswesens in vielen europäischen Ländern.

Ich bin aktuell selbst krank und habe das Glück, zum Einen als Student zu jobben und somit nicht dem großen Druck ausgeliefert zu sein, so schnell wie möglich wieder an meinen Arbeitsplatz zurückkehren zu müssen, so wie es bei Menschen mit hauptberuflich normalen Beschäftigungen der Fall ist. Ich wechsle diesen Job zum Anderen auch in Kürze, weshalb ich mich nicht davor fürchten muss, aufgrund lang anhaltendem Krankheitstand gekündigt zu werden – auch deshalb nicht, weil ich keine Frau oder Ausländer bin. Ich habe also Zeit für meine Krankheit und dementsprechend kann ich mich meiner Genesung widmen.

Das war während des letzten Jahres anders. Innere Hektik, das Bedürfnis Job, Studium, Privatleben und Berufung ausreichend zu bedienen, ließen mich in Eile geraten, sobald sich Krankheit anbahnte und bereits angekommen war. Ich nahm zwar keine ultrastarken Medikamente, probierte es jedoch gelegentlich mit abgeschwächten Rosskuren. Das hilft erfahrungsgemäß nur vorübergehend. Ich hatte es viel zu eilig gesund zu werden, sodass ich mich bereits wieder zur Arbeit drängte, bevor ich völlig genesen war.

Wer all zu oft auf seine Gesundheit trinkt, erliegt der Leberzirrhose schneller, als er vielleicht glaubt. Wer all zu oft seine Gesundheit erzwingt, wird auf Dauer krank bleiben.

Je länger mein ungesunder Lebensstil dauerte – Job, Studium, Berufung und manchmal sogar das Privatleben wurden vor dem PC verbracht, weshalb ich entsprechend wenig Bewegung hatte – um so eindeutiger wurden die Verschleißerscheinungen und vor Beginn des letzten Jahresviertels war ich nicht mehr in der Lage die Gesundung, oder das was ich dafür hielt, zu beschleunigen. Ich wurde immer öfter krank und blieb es auch immer länger.

Nun habe ich verstanden und nehme mir Zeit, meine Erkältung grippehafter Natur auszubaden – im wahrsten Sinne. Ich bezeichne meine Krankheit deshalb so schwammig, weil ich bei ihrer Diagnose auf meine Intuition und Erfahrung zurückgreife. Beim Arzt war ich noch nicht, denn was würde der/die mir wohl verschreiben? Ein Abführmittel gegen meine Verstopfung, ein Magenmittel für und manchmal gegen meinen Magen, ein leicht oder stark antibiotisches Grippemittel, Hustensaft, Halstabletten, Ohrenstöpsel, Mundwasser. Das soll keine böse Anspielung gegen die Ärzteschaft sein. Ich habe nichts gegen die Ärzte, ich mag nur keine Arztbesuche. Gerade typische Grippepatienten werden ohnehin mit Symptombekämpfungsmaßnahmen bedient. Aber wen wundert es? Während ich mit meinen Leiden auf eine genaue Untersuchung hoffe, sitzen im Wartezimmer 25 andere Patienten, die für sich das selbe erhoffen – Und das Wartezimmer wird von Morgens bis Abends nicht leer werden. Auch den Ärzten mangelt es oft an Zeit für Gesundheit.

Ich verschreibe unserer Gesellschaft daher dringen: Entschleunigung und mehr Zeit für das Wesentliche, wozu ich die Gesundheit doch meine zählen zu dürfen.

Mittwoch, 21. November 2007

Neuerungen des Tierschutzgesetzes I

Andrea Kdolsky (1) erklärte, dass die Neuerungen des Tierschutzgesetzes – entgegen der Meinung der Grünen - deshalb so großartig seien, weil sie unter anderem den Verkauf von Hundewelpen durch unqualifizierte Züchter auf Parkplätzen, vor allem durch Ausländer, verbieten. Entweder sie hat den Gesetzesentwurf selbst nicht richtig und genau gelesen – wie sie es den Grünen vorwirft – oder dieses Gesetz ist tatsächlich ein Schmarn (2).
Viel eher ist allerdings anzunehmen, dass der Inhalt ihrer Erklärung auf Kosten der politischen PR kollabierte. Denn wenn man sich vorstellt, ein Gesetz (vor dem alle Menschen gleich sein sollten) ziele vor allem auf Ausländer ab, so wäre es aus rechtstaatlicher Sicht unbrauchbar. Auch wenn es nicht verwundert, dass ein solches Kommentar, das durch eine skeptische Haltung gegenüber dem Ausländischen unterstrichen wird – während darauf folgende Aussagen Österreich („wieder einmal“) eine Vorreiterrolle in Europa zusprechen – von einem ÖVP-Mitglied stammt.

Es ist auch in Frage zu stellen, ob es als besonders Fortschrittlich gelten darf, wenn man unqualifizierten Züchtern das Verkaufen von Hundewelpen verbietet. Was ist mit „unqualifiziert“ gemeint und auf welcher Grundlage will man dieses Gesetz durchführen? Haustiere gelten immerhin als Waren, als besondere Waren zwar, aber immer noch als Güter mit denen Geschäfte gemacht werden. Bezieht sich „unqualifiziert“ auf die Begabung zu einer Tätigkeit, so wird man einem Gemüsebauern das Züchten seines Brokkolis nicht verbieten können. Das Gesetz des Marktes würde ohnedies für eine Einstellung der Tätigkeit sorgen. Werden mit „unqualifizierten“ Züchtern solche gemeint, die zwar die Gabe zu dieser Tätigkeit haben, um ihre Ware zu produzieren, aber sich dabei unverantwortlich, schädigend (für Andere/die Ware/sich selbst) oder illegal verhalten, so ist dieses neue Tierschutzgesetz kein Fortschritt, sondern das Nachholen einer viel zu lange verabsäumten Verpflichtung der Gesetzgeber.
Letztlich macht es sich Kdolsky (wieder einmal) sehr einfach, sobald ihre Arbeit kritisiert wird, indem sie bekannt gibt, die Kritiker hätten die Arbeit nicht verstanden, wenn sie die Arbeit kritisierten.



(1) Österreichische Gesundheits- und Familienministerin seit 2007 (ÖVP)
(2) Schmarn = siehe auch Kartoffelschmarn (Kartoffelbrei), steht im Österreichischen für Blödsinn, Lüge, usw.

Samstag, 17. November 2007

Älter

So wie ich die Jugend hinter mir lasse und auf geschwungenen Bahnen dem unscheinbaren Zenit meines Lebenskreises zugehe, so wandelt sich auch mein Körper, vom Jugendlichen zum Älteren – Älter, doch lange noch nicht alt und noch ein Stück von der Fassade entfernt, die dem ausgewachsenen Manne, vor dem Jungen, den Vorzug erteilt. Im Inneren jedoch, nimmt mein Körper gefestigte Züge an; einem jungen Baume gleich, dessen Rinde noch grün und glatt in der Sonne glänzt, dessen Inneres jedoch, bereits fest und stark geworden, die Blätter über Riesenköpfe wölben lässt. In solch einer Phase, groß geworden und doch noch nicht an die höchsten Höhen gelangt, massiv gewachsen und doch noch nicht im vollen Umfang stehend, ist man in der besten Zeit gefällt zu werden oder wird zu einem der Giganten des Waldes altern. Biegsam ist noch der Stamm, weich und glatt erscheint die Rinde. Doch am Äußeren, man selbst erkennt es am besten, bilden sich die Auswüchse, Rillen und Narben, die für den Rest der körperlichen Existenz verweilen.
Zugleich hat das innere Wesen, meilenweit vorausgeeilt, schon seine Furchen und Ritzen, Kanäle des Lebens, gegraben von Schmerz und Lust. Es umhüllt sie mit festem Fleisch und was einst den Seelenleib durchbohrte, seine Spuren bleiben bis zum Schluss.
Wie zart und biegsam wogte ich mich stets im Wind und ahmte seine Bewegungen nach. Kam ein Sturm so beugte ich mich weit seiner Macht. Kam ein Rindenfresser, so tarnte ich mich unter vielen. Und zerbrechlich war, dass ich nicht zu grünen und blühen wagte, auf dass niemand mich gebrochen und fortgenommen. Nun überrage ich die flachen Hügel, das große Elternhaus, jedes Tier und Monster des Waldes. Breit entfache ich mein Blätterdach und vielfach ergießt sich die Sonnennahrung auf mein Haupt. Zwar wachse ich noch und meine Wurzeln und Armee drehen sich, in energetischen Spiralen in die kosmischen Fluten hinein – breiter, größer, stärker werdend. Ich sättige mich nun im tiefsten Erdreich und trinke mein Wasser aus den dunkelsten Brunnen. Nun rührt der Wind mich sanft nach seinem Weltengesang und der Sturm bricht mich eher, bevor er mich beugt. Den Rindenfressern trotze ich mit erhabenem Wuchs und würdevollem Atem und kein Menschenfinger wird meinen Stamm zerknicken, ohne die Gewalt der Maschinen zu anzuwenden.
Die Kindheit ist lange vorbei, ihr Nachgesang ein fernes Echo im widerhallenden, offenen und dachlosen Gang der Jugend, dessen Ende ich nun entwachsen bin.
Ein Geist des Waldes bin ich nun und die Kinder bangen nun vor mir, umfangen im Spiel lachend meinen Bauch oder liegen im Schutze meiner Äste, vor Sonne und Regen und bösen Gedanken. Und manchmal, wenn der Wind in meinem Haupte leise musiziert, lauschen sie meinen Geschichten und ich begegne dem Kinde wieder, das ich hinter nahe einem halben Kreisbogen bin – einen Sonnenkreis mehr, einem Mondkreis weniger, den Gestirnen macht es nichts.
Der Tod ist kein Unvorstellbarer mehr, denn das Sterben beginnt mit dem Erstarren der Masse und dem Erstarken des Safts. Mit dem Sterben beginnt das Leben – Es beginnt neu, in lebhafteren Zügen.

Mittwoch, 7. November 2007

Im Osten nichts Neues

Wenn man – von Europa aus - so weit nach Osten späht, bis man über Indien, China, die USA und die Azoren, wieder die Gestade des jungen Alten Kontinents und seinen eigenen Hinterkopf ins Auge fasst, so erkennt man nicht viel Neues.

Weder gibt es Anzeichen dafür, dass Mensch die CO²-Emissionen des Planeten tatsächlich reduzieren will, noch lässt sich ein Abflauen des Extremismus, auf der globalen Bühne der Politik, erkennen. Die Weltpolizei kriecht immer noch lieber in die Ärsche, die sie kennt, um nicht an solche zu geraten, die sie nicht kennt. Niemand gibt ihnen zu verstehen, dass sie im Enddarm, gleich welches unsympathischen Machtmenschen, ihre Staats-Integrität nicht wieder finden werden.

Sonntag, 4. November 2007

Pakistanische Terrorprävention

Da der Terrorismus im Allgemeinen, aber vor allem im islamistischen Kontext, eine Bedrohung für jedweder Verfassung und Rechtsstaat darzustellen scheint, hat der pakistanische Präsident Musharraf sich kurzerhand entschlossen, sowohl Verfassung, als auch Rechtsstaat, vor den Terroristen in seinem Lande so gut zu verstecken, dass er Beides selbst nicht mehr zu finden hoffen braucht.

Montag, 29. Oktober 2007

Und ewig tönt der Schleudergang

Da ich zur Minderheit der nachts Arbeitenden gehöre, habe ich ein entsprechendes Minderheitenproblem: Meine Nachbarn.

Genauer gesagt ist es das Pensionistenehepaar, das über mir wohnt und dem es immer wieder gelingt meinen Schlafrhythmus empfindlich zu stören. Die Ursache erscheint unspektakulär: Da ich dank meiner Arbeit frühestens um 2 Uhr morgens ins Bett komme, hatte ich erst drei Stunden Schlaf, wenn um 5 Uhr morgens über mir die wöchentlichen Sanierungsarbeiten beginnen. Meist wird der Wirbel durch das sanfte surren der Waschmaschine eingeleitet, das in letzter Zeit mit Ende der Nachtruhe (05:30 Uhr) einsetzt und mit Beginn des Schleudergangs endet. Sofern der Mann der eifrigen Waschfrau nicht sein dröhnendes Scharchen hören lässt, ist dieser frühestens ab 6:30 Uhr mit handwerklichen Tätigkeiten beschäftigt. Zugute halten muss ich ihm, dass er sich hörbar Mühe gibt, den Einsatz schweren Geräts kurz zu halten – Doch wenn er, dreimal hintereinander, kurz seinen Schlagbohrer ansetzt und das Gemäuer zum Vibrieren bringt, schlafe ich deshalb auch nicht besser. Begleitet werden die Heimwerkerarbeiten vom ewigen Schleudergang der Waschmaschine, in das immer wieder ein Geräusch einfällt, das sich nach umher geschobenen Möbeln anhört. Außerdem sollte sich einer der beiden angewöhnen, keine Stöckelschuhe bei der Hausarbeit zu tragen.
Sofern der Arbeitslärm nicht mehr von der Decke hallt, ist es meist früher Nachmittag und mein Kopf fühlt sich wie weich gekauter Kaugummi an, in dem ein paar schwere Eisennieten stecken. Natürlich habe ich zu diesem Zeitpunkt längst aufgegeben noch einmal einzuschlafen. Einerseits hält mich die Wut wach, andererseits werden die morgendlichen Hausarbeiten meiner Nachbarn gerne von den nie endenden Bauarbeiten in den Straßen meines Stadtbezirks ergänzt und abgelöst.

Da ein hoch intelligenter, intensiv denkender Mensch mindestens 12 Stunden Schlaf – vor allem in der REM-Phase – benötigt, um überhaupt atmen zu können (vor allem wenn er nocht studiert), brauche ich mindestens 5 davon. Auch wenn keine REM-Schlafphase so lange dauert, das Gehirn benötigt eine gewisse Vorbereitungszeit für die tiefsten aller Schlafmomente.
Diese Zeit bekommt mein Gehirn schon seit einem Jahr nicht mehr und das geht langsam auf seine Substanz, was auch daran liegen mag, dass meine übrigen Körperregionen ebenfalls eine gewisse Vorbereitungszeit benötigen, um nach Dienstschluss um ca. 00:30 Uhr, überhaupt bereit für den Schlaf zu sein. Der Magen will Essen, die Zunge den entsprechenden Genuss dabei nicht säumen, die Lippen wollen die Geliebte küssen, die Lenden sind zum Glück schon zu müde und bevorzugen es sich mitsamt dem Hintern auf die Couch zu setzten, während das Spaßorgan sich noch ein wenig die Wiederholungen dämlicher Komödie-Shows ansehen will, wofür die Augen ein geduldiges Maß an Verständnis zeigen. Das Gehirn selbst will zu diesem Zeitpunkt einen Drink und die zittrigen Hände sind sogar noch bereit einen solchen herzurichten.
Kurz gesagt: Natürlich bin ich teilweise selbst schuld, wenn die Nachbarn ihre häusliche Arbeitswut zum selben Zeitpunkt anfangen lassen, zu dem ich endlich bereit fürs Bett bin. Aber man fragt sich dennoch, ob so ein Pensionisten-Ehepaar nicht vielleicht unterbeschäftigt ist, wenn neben den vormittäglichen, täglichen Waschgängen, von Morgens bis frühen Nachmittag jede Woche die halbe Wohnung umgebaut zu werden scheint.

Wenn man die akustische Belästigung durch ihre Dialoge mitrechnet, so endet der Terror niemals. Dank der Luftschächte in Bad und Toilette und der Tatsache, dass diverse Streitgespräche der beiden, durch die Klotüre bzw. aus der Badewanne heraus, begangen werden, bleiben ich und meine Lebens- und Leidensgenossin vor beinahe gar nichts verschont. Zum Glück versteht man nicht alles. Aber der leicht aggressive Unterton der derben Sprechweise, sorgt für eine unangenehme Sounduntermalung unserer Wohnatmosphäre.
Stellen sie sich vor, sie sitzen, mit Grieg und Träumen von nebelschwangeren, sanften Waldlichtungen, entspannt in einem heißen Bad und durch den Luftschacht mischen sich Laute hinzu, die an freitagabendliche Würstelbudenkonversation erinnern:
„Wüst a Hülsen dazua?“
„Jô! Gimma a Sechzehnablech! Und host no an Senf?“
„Is lâida scho âus.“
„So a Schaß! Macht nix.“ [1]

Auch ist es störend, wenn Gespräche dieser Art von oben dröhnen, während man gerade (allein oder zu zweit) mit einem sexuellen Liebesakt beschäftigt ist und sich gerade tiefster Leidenschaft hingeben möchte. Zumindest ich finde das stets irritierend, vor allem, wenn der Sinngehalt der Gespräche einem verborgen bleibt. Welcher gesund denkende Mensch verbringt einen Großteil seiner Tageszeit damit, sich über die Beschaffenheit von Küchenrollen, dem noch besseren Auftragen von Allzweck- und Möbelreinigern, dem hinterlistigen Verhalten von Staubpartikel oder der Unvollständigkeit bzw. Verbesserungswürde von Einkaufslisten auszutauschen? Pensionisten-Ehepaare vielleicht oder Menschen, die das Sehen von Fernseh-Reklame zu ihrer Freizeitbeschäftigung zählen.



[1] Übersetzung: Willst du eine Hülse (Dosenbier) dazu? - Ja! Gib mir ein Sechzehnerblech (Bier einer Brauerei aus dem 16. Gemeindebezirk in Wien). Und hast du noch einen Senf? – Ist leider schon aus. – So ein Schaß! Macht nix.

Samstag, 27. Oktober 2007

Don’t touch a running System



Ich lese oftmals in den Politik-Teilen diverser Zeitungen[1], es würden 2 Schritte nach vorne und 3 wieder zurückgegangen werden. Die Zahlen variieren dabei, der Sinn der Aussage ist allerdings immer derselbe und für mich keinesfalls ermesslich. Immerhin würde dieses Bewegungsschema bedeuten, dass man sich wenigstens zurück bewegt.
Ich sehe vielmehr, in der Detailansicht unserer Welt-Gesellschaft, dass durchaus ein paar Schritte nach vorne gemacht werden - Meist im technologischer Sektor. Gelegentlich passieren Bewegungen aber auch im sozialpolitischen Denken, seltener noch im Handeln.
Im Großen und Ganzen des politischen Bühnengeschehens aber, geht man 2 Schritt vor und 2 Schritte zurück. Da werden Reformen von einer Regierung erlassen und von der nächsten wieder gegenreformiert und in ganz EUsien tauschen linke und rechte Regierungschefs die Stühle.
Bewegung? Nein, vielmehr Symptom-Bekämpfung im Einzelnen. Und meinen die so genannten Konservativen, ihrem Namen Ehre zu machen, kann man ihnen die Frage stellen, ob sie nicht bemerkt haben, dass sich die Umsetzbarkeit von Werten in jedem Jahrzehnt ändert, und somit auch die Werte selbst, die sie stets aufs Neue und auf Ewig zu bewahren suchen.
Das was gleich bleibend ist und somit zu ihrem Erfolg gereicht, ist das System an sich, in dem alles an gesellschaftlichen Werten gleich bleibend sein sollte, obwohl dies nicht möglich ist, und bloß die Wirtschaft das Privileg genießt, einen inneren Fortschritt zur Gewinnmaximierung zu erfahren. So war vor 2000 Jahren, so ist es heute noch: Der Mensch wird seinesgleichen Untergeordnet, die er genauer als Akteure der Wirtschaft verstehen muss.
Gesellschaftliche Wertvorstellungen und deren Umsetzung in soziale Praxis, müssen sich nicht entwickeln, solange die Wirtschaft und ihre Akteure nicht davon profitierten bzw. es sich nicht mehr vermeiden lässt. Dieses System funktioniert bereits lange genug, um nicht gut funktionieren zu müssen. Der Mensch, in seiner Trägheit, wählt das erstbeste Programm, welches einigermaßen einfach zu entwickeln ist und – wenigstens für Einige – ausreichend wirksam läuft. „Don’t touch a running System“ ist das Credo, das sich in der Gesamtheit der clobalen, menschlichen Vielstimmigkeit, zusammensetzt. Mein weiß ja nie, was geschehen könnte.

[1] Nein, Quellen werde ich hier sicher nicht auflisten.

Sonntag, 21. Oktober 2007

Der Schwachsinn

Schwach ausgeprägten Sinn stiften zuweilen hohe Beamte des Staates, wenn sie im politischen Diskurs, gar während einer Sitzung des Parlaments, unzureichend Argumentieren.
Die Argumente des Gegners werden ohne Weiteres als Schwachsinn, Gemeinheit, Verrat oder Inkompetenz verklärt, man scherzt auf Kosten des Anderen, man verhöhnt, polemisiert ohne Witz und witzelt ohne Intelligenz. Diskussionen werden nicht über Themen-Inhalte geführt, sondern über Themen-Werte, über die wie auf einem Viehmarkt, lauthals plärrend, verhandelt wird. Die Waren beinhalten politische Entscheidungen, die Währung ist des Wählers Gunst.
Mit derben Sprüchen wird feilgeboten, was uns allen gehört. Wie in der Werbung wird gelogen, wie auf dem Schlachtfeld des Weltmarktes wird überboten, überschwemmt und übertrieben, worüber geurteilt werden müsste.
Man findet es nicht unschicklich, in seinen Reden zu übertreiben und zu verzerren, bis das Gesagte gerade noch keine nachweisbare Lüge oder Beleidigung formt, jedoch auch nicht mehr als Wahrheit oder Anstand zu erkennen ist.
Ein Balanceakt zwischen der Klage wegen Beleidigung und dem rhetorischen Faustballen, das den Schlag gegen den Wählerverstand übt. Ein Balanceakt der die gesamte Aufmerksamkeit des Sprechers fordert, sodass keine Kraft mehr da ist, für Inhalte und Ideen. Inhaltslose Geschwätzigkeit und gehaltvolle Rechthaberei, die keine Bewertung mehr benötigt, beherrschen einen faulen Prozess politischer Entscheidungsfindung in diesem Land.
Politiker, die sie sich einer solchen Redeweise bedienen, versuchen nicht nur Personen zu gefallen, die auf solchem Niveau denken, kommunizieren und handeln. Sie erhalten und fördern zugleich ein zu geringes Niveau im Bereich politischen Denkens, Kommunizierens und Handelns.Man muss sich fragen, wie weit ein Land mit einer solchen Elite von Parolenklopfern kommen kann. Die Stimme des Intellekts ist leise, sprach Sigmund Freud und floh jäh vor dem Regime der Hohlköpfe. Ich aber kann nicht entkommen, weil das Gelabere, das von oben schallt, von unten reflektiert und tausendfach zurückgeworfen wird.
Wenn das politische System sich zwar geändert hat, aber das intellektuelle und kulturelle Niveau, seit 100 Jahren, von Veränderung nichts wissen will, gilt dann nicht zu befürchten, dass das System nur an der Oberfläche besteht, die jederzeit aufplatzen kann, um die grauenvollen Mutationen austreten und wuchern zu lassen, die sich darunter verbergen?
Zuweilen fürchte ich, dass sich ausschließlich die Rahmenbedienungen geändert und eine demokratische Republik ermöglicht haben, während der politische Wille im Großen immer noch die Macht des Egos über den Sinn der Gemeinschaft stellt. Zwar wird mit den Mitteln gearbeitet, welche die Rahmenbedingungen gewähren, doch auch wo ein schlechter Wille ist, ist ein Weg.
Sind die mahnenden Vergleiche mit der Zeit des Regimes so unpassend, wenn man befürchten muss, dass ausschließlich die rechtlichen Möglichkeiten seiner Wiederkehr auf beinahe Null reduziert wurden, nicht aber die Kräfte, welche ein solches Regime ernähren?

Sonntag, 14. Oktober 2007

Echte Menschen

Verkehrt ist eine Welt, in der die erfundenen Grenzen von den Fahnen in die Gesichter der Menschen geschrieben, echten Menschen aber, in Schweigen und Schatten verdrängt werden.

In einer solchen Welt leben wir, in der hohler Glanz und Eitelkeiten zum sichtbaren Götzen unserer Selbstverherrlichung werden. Der Mensch: Die Zierde der Schöpfung.
Armut und Not unter den echten Menschen aber, werden nur dann sichtbar gemacht, wenn sie weit genug entfernt sind, sodass man klagen kann, ohne sich selbst im Leidenden zu erkennen.Die echten Menschen im Leid, werden zu verzerrtem Beiwerk der Reichen und Edlen, in dem sich ihre Glorie erhöht zeigen kann. Sie soll gemahnen, den Weg des Selbstzwecks und des äußeren Scheins zu folgen, um nicht als elendes Beiwerk zu enden.

Demut ist keine Verstümmelung des eigenen Willens, vielmehr gibt sie uns den Blick frei, der, außerhalb von Überheblichkeit und Arroganz, auf die Dinge fällt.

Keine Waffen, sondern echte Menschen sind es, die echte Menschen töten.
Keine Gesetze, sondern Menschen, vertreiben Menschen.
Keine Ideologien, sondern echte Menschen, lieben Menschen.

Freitag, 12. Oktober 2007

Rechthaberei in den blinden Augen der Justitia

In der Sondersitzung, die am 10. Oktober vom Parlament getätigt wurde, herrschte der normale Wahnsinn solcher Veranstaltungen. Es wurde viel und gereizt gesprochen, die Redezeiten bis über das Erlaubte hinaus ausgedehnt, sodass Alexander Zach, als letzter Redner, nur noch eine Minute Rest-Redezeit zur Verfügung hatte. Was doppelt schade war, denn der Bundessprecher des Liberalen Forums (Klub SP) brachte erstens eine der seltenen Reden, die mir vernünftig erschienen, zweitens waren viele Abgeordnete gegen Ende der Sitzung nicht mehr bei der Sache – oder anwesend – um diesem Restverstand im Parlament zu lauschen. Das gerade Zachs Äußerungen, dem strapazierten Zuhörer-Gehirn und der arg belasteten politischen Seele, Erfrischung brachten, lag sicher nicht an der notgedrungenen Kürze seiner Rede. Seine Hinwendung zu den Menschenrechten, war, obwohl es banal erscheinen mag, ein Lichtblick. Viel erhellender wurde der Fall, nach dieser Sondersitzung, einfach nicht.
Auch die Ansprachen von Darabos und Hlavac (SPÖ) enthielten die Bemühungen, die gesamte Diskussion in eine konstruktive Richtung zu führen, auch wenn sich über einzelne Inhalte streiten lässt. Immerhin: Gerade diese Möglichkeit der An- und Begreifbarkeit von Argumenten, gehörte zu den rhetorischen Höhen des politischen Afterlunchs. Man könnte zwar glauben es sei das Mindeste, dass wir verstehen, was man uns, weshalb und wie, zu sagen beabsichtigt. In dieser Sondersitzung war Verständlichkeit, bei eingeschaltetem Intellekt, jedoch das Äußerste das man erwarten konnte.

Ich könnte detaillierte Aussagen der Sondersitzung einschieben, um den Unterhaltungswert meines Schreibens - und ab und an die Gänsehaut der Leser - zu steigern. Zusammenfassend sei gesagt: Die Grünen sind über die gesamte Fremdenpolitik sehr verärgert, vor allem aber über die SPÖ, die das Fremdenrechtspaket 2005 ermöglichten, was diese wiederum als irrelevant darstellen, da der Fall Arigona Zogajs und ihrer Familie, davon nicht betroffen sei. Die SPÖ erwähnte bei jeder Gelegenheit den fehlenden Asyl-Gerichtshof, den man ihnen, für die Unterstützung des erwähnten Fremdenrechtspaketes, versprochen hatte und plädiert für Menschlichkeit angesichts der Fremdenrechtslage (nicht wörtlich, jedoch sinngemäß).
Die ÖVP konnte nur wenig zum eigentlich Fall sagen, da sie alle Münder voll zutun hatte, ihren Innenminister Platter zu verteidigen, gegen den die Grünen ihren Misstrauensantrag gestellt hatten. BZÖ und FPÖ wiesen auf alle erdenklichen Straftaten irgendwelcher Asylwerber und auf die illegale Einreise der Zogajs hin. Zudem erinnerten sie daran, dass Härte gegen Asylschwindler sein müsse und dass ohnehin alle nach Österreich gelangenden Asylwerber, die Republik auf illegale weise betreten, da sie, laut Flüchtlingskonvention, eigentlich im ihnen am nächsten liegenden, sicheren Land ihren Antrag stellen müssten, was aus geografischer Sicht unmöglich unser Land sein könne. Man lies auch die Meinung wage durchscheinen, dass jeder Asylwerber, der auf illegale Weise nach Österreich gelange, ein Asylschwindler sei. Damit ist die Sache klar und ein viel sagendes Verhalten legte Alexander Van der Bellen an den Tag, der H.C Strache bereits zu ignorieren begann, bevor der überhaupt ans Rednerpult durfte – seine Zwischenrufe hatten dem Grünen-Chef bereits genügt.

Worum ging es?
Die Grünen forderten, im Lichte der medialen Aufmerksamkeit, Amnestie für jene bereits abgeschobenen und von der Abschiebung bedrohten Asylwerber, die sich bereits länger in Österreich aufhalten und als integriert gelten.
Dem geltenden Recht nach, gibt es keine Verpflichtung der zuständigen Behörden, diesem Vorschlag nachzukommen, weshalb sich vor allem ÖVP, BZÖ und FPÖ in der Sondersitzung auf folgende, grundlegende Aussage verließen: Gesetz ist Gesetz.
Dieser nichts sagende Satz, beherrscht in verschiedenen Variationen den Volksglauben. Im Prozess der Nationalratssitzung wurde er zum Manifest des nationalen, völkischen Lagers.
Die Abgeordneten der SPÖ vergaßen nicht, auf den notwendigen Mittelweg zwischen Gesetzestreue und Menschlichkeit hinzuweisen. Aber genau da liegt das Problem, dass sich allein durch die Aufforderung, im Antlitz human-problematischer Regelungen willkürlich Gnade anzuordnen, nicht lösen wird. Das äußerten die Grünen zwar, machten sich durch ihre emotional aufgeregten Reden jedoch leicht angreifbar, für die Gegenargumente der Kontrahenten.

Gesetze müssen hinterfragt werden. Wer hat sie, warum und wie zur rechtlichen Realität werden lassen? Im Fremdenrechtspaket 2005 sind die Interessen einer Regierung gewahrt, die durch die Beteiligung einer rechtspopulistischen Partei – aus der später Zwei wurden – international, wie national, umstritten war. Welche negative Einstellung gegenüber Immigranten, aus ärmeren Regionen der Erde, diese umstrittene Regierung an den Tag legte, ist bekannt. Wenigstens die Umsetzung des Pakets, erschien formell und bürokratisch korrekt.
Die Verantwortlichen für die Situation der abgeschobenen Asylwerber haben das Recht auf ihrer Seite. Aber haben sie auch Recht, wenn sich ihre Entscheidungen - angesichts der realen, menschlichen Konsequenzen - ausschließlich durch ihre selbst gemachte Rechtslage verteidigen lassen? Genau diese Frage konnte in der Sondersitzung nicht einmal konkret gestellt werden, was nicht nur daran lag, dass Politiker häufig allergisch gegen Selbstkritik sind (was nun mal eine Berufskrankheit ist).
Exemplarisch für alle anderen ÖVP-Abgeordneten hatte Ex-Kanzler Schüssel, der seinen Innenminister herzlich lobte, da dieser sich an seine – also Schüssels – Gesetze hielt, gezeigt, dass er sich eine Position am rechten Rand erlauben kann, ohne dabei sein Make Up des bürgerlichen Hausverstandes zu verwischen. Auch wenn sich seine Partei selbst nicht mehr als christlich bezeichnet: Bei dieser Form der Austro-Christlichkeit würde sich Jesus im Felsengrab wälzen, wäre er nicht auferstanden und gen Himmel gefahren.

Worauf will ich hinaus?
Justitia ist blind. Sie benötigt menschliche Augen um zu erkennen was sie bewirkt. Wir sollten daher bedenken, ob Familien, wie die Zogajs, aufgrund der Methoden ihres illegalen Grenzübertrittes beurteilt werden sollten.

Die rechten Randgruppen glauben, dass diese Methoden und die verbotene Einreisen an sich, den Schlepperbanden als Bestätigung ihres Handels gelten würden, worauf noch mehr Menschen nach Österreich einwandern könnten. Diese spekulative Überlegung ist jedoch irrelevant, da die zukünftigen Hilfesuchenden, genauso wenig wie die Gegenwärtigen, nicht den Verbrechern gleich verurteilt werden können, denen sie in ihrer Not ausgeliefert sind und waren. Vielmehr sollten wir ihre Situation, ihrer Not nach, beurteilen und hierbei frage ich mich, ob das notwendigerweise akzeptierte Mindestmaß an Flüchtlingskonvention genügt. Ein Mensch muss nicht unbedingt von Krieg oder Tod bedroht sein, um sich in einer Notsituation zu befinden. Was ist falsch daran Wirtschaftsflüchtlinge bei sich aufzunehmen? Das einzige was dagegenspricht, ist ein Gesetz, dass von Politikern verabschiedet wurde, die in dieser Sache nicht unvoreingenommen wie die blinde Justitia waren. Sie hatten die Möglichkeit, ihre persönliche, ihre menschliche Sicht auf die Asylwerber in Notsituationen, in das Gesetz einfließen zu lassen. Was spricht also dagegen, wenn dieses Gesetz aus menschlicher Sicht all jener verbessert wird, die keine voreingenommene Meinung von Asylwerbern haben? Ohne Vorurteil nämlich, kann man sich die vernünftige Frage stellen, ob das Bleiben – vielleicht sogar die Einbürgerung – integrierter, kinderreicher Familien, wie der Zogajs, Österreich in irgendeiner Weise schadet. Mein Eindruck ist vielmehr der, dass das Land von solchen Familien profitieren kann. Weniger profitabel erscheint es mir, sie mit einem Kerosin verschleudernden Flugzeug und erhöhtem Beamteneinsatz außer Landes zu schaffen.

Von Arigona Zogaj haben wir bereits profitiert. Sie hat uns unsere politische Wachheit wieder gebracht.

Dienstag, 9. Oktober 2007

Arigona hat "Balls" - die den PolitikerInnen zuweilen fehlen

Zum Fall Arigona Zogaj lässt sich wirklich viel und ausführlich schreiben, denn das Schicksal ihrer Familie steht für ein tieferes Problem der österreichischen Gesellschaft. Das Beispiel hingegen, dass dieses Mädchen individuell, aus ihrer Situation heraus, gibt, ist jedoch einzigartig – in seiner Wirkung, nicht unbedingt in seinem Handeln. Es gilt zu vermuten, dass Asylhäftlinge, in den jeweils existenziellen Krisen, die ihnen das so genannte Fremdenrecht beschert (der Name suggeriert fälschlicherweise, dass der Staat Österreich Fremden irgendwelche Rechte gewährt), ebenfalls abenteuerliche Aktionen setzten, um die Aufmerksamkeit der Zivilbevölkerung, auf ihr Schicksal zu lenken. Über solche Fälle erfährt man jedoch nur selten.
Arigona Zogaj setzt, ihrer vermutlichen Verzweiflung, Mut entgegen, setzt ihr Wissen ein, wahrscheinlich ebenso ihre guten Kontakte zu Freunden und Bekannten, um zunächst der drohenden Abschiebung zu entgehen, dann – per Brief und Videobotschaft – die Wahrnehmung der Öffentlichkeit, für ihrer Situation und damit der Situation vieler, von der Abschiebung bedrohter Familien, wach zu rütteln. Hier ist es an der Zeit Dank auszuschreiben – an Arigona einerseits, aber auch an ihre heimlichen und öffentlich Solidarität demonstrierenden Helfer.

Denn so sollte sich eine republikanisch demokratische Zivilbevölkerung, angesichts offensichtlicher Ungerechtigkeit, verhalten; so wie dieses 15jährige Mädchen, das aus einem Land stammt, in dem es an allem mangelt, was Herr und Frau Österreich, scheinbar im Überfluss, gleichsam als überflüssig betrachten, weil sie sich darüber keine Gedanken mehr machen müssen: Menschenwürde und Menschenrechte.

Seien Sie doch ehrlich: Womit haben Sie sich im Alter von 15 Jahren beschäftig? Haben wir damals nicht chemische Waffen im Krieg gegen unsere Mitesser geführt, während sie nicht wussten, was wir zu unserer ersten Party anziehen sollten, auf der das Mädchen/ der Junge unserer frühesten, romantischen Träume wartete. Haben wir uns nicht mit allerlei Unsinn befasst, auf die Schule geschimpft, den Alkohol noch lustig gefunden, das wirkliche Leben mit erschreckender Echtheit auf uns zukommen sehen?

Arigona dürfte sich wohl nichts sehnlicher wünschen, als in Österreich weiterhin zur Schule gehen zu dürfen und das wirkliche Leben nähert nicht in absehbarer Ferne. Das wirkliche Leben schlug bereits, wenn ich so schreiben darf, recht erbarmungslos zu. Aber vielleicht ist es unter anderem der Neid so mancher Landsleute, die das Mädchen, nun erst recht, gerne abgeschoben sehen würde. Von Erpressung ist die Rede, Verhöhnung des Rechtstaates wird als Vorwurf geäußert und noch Schlimmeres, meist begründet auf Unwissendheit und Ignoranz. Viele der Schmähredner und Polemik-Schreibern, die kein Problem, mit der unvernünftigen, grundlosen Gnadenlosigkeit gegen Familie Zogaj, haben, dürften sich weder mit 15, noch in ihrem übrigen Leben, sonderlich nennenswerten Abenteurern gewidmet haben. Doch Arigona macht Politik und setzt Taten, welcherart man unter den meisten „professionellen“ Parlamentariern vergeblich sucht.
Natürlich setzt sie sich für die eigenen Anliegen ein, doch welcher politische Mensch macht es anders - sollte es anders machen können? Sich für die Menschenwürde und –Rechte zu engagieren, indem man seine eigene Würde und Rechte verteidigt, kann nicht falsch sein. Doch ist es vermutlich eine Krankheit unserer Tage, dass dies von manchen als Schmähung angesehen wird. Viele meiner Landsleute ducken sich, selbst wenn ihre eigenen Rechte, oder zumindest die sie betreffende Gerechtigkeit, in Gefahr gerät – auch dann, wenn sie die offizielle Erlaubnis haben, sich zu wehren.

Gäbe es doch mehr Arigonas in diesem Land, die seinem politisch trägen Hintern, ordentliche Tritte verpassten. Das Mädel könnte, sollte doch noch alles gut werden, eine großartige Politikerin werde. Vielleicht sogar eine Poltikerin die man, ohne unangenehme Bedenken, wählen könnte, weil sie, im Gegensatz zu den meisten Tatsächlichen, "Balls" hat.

achtrag: In der unmenschlichen, weil gnadenlosen, Denkweise mancher Fürsprecher der Abschiebung, findet sich ein vorgeschobener Pragmatismus, der Folgendes zu bedenken gäbe, wenn man sich seiner bediente:
Hätte man die Möglichkeit, zum Wohle der Republik – das als Vorwand der gegenwärtigen Fremdenpolitik gilt – Menschen abzuschieben, so wäre es ratsam sich Anderer, als der betroffenen „Fremden“, zu entledigen. Das Wohl der Republik braucht keine Personen, die bereit sind, ihres (Selbst-)Hasses wegen, ihnen fremde Menschen ins Unglück zu stürzen. Nach der angegeben Denkweise, wäre es also logisch, diese Personen der unvernünftigen Unmenschlichkeit, abzuschieben, statt jene loszuwerden, die, wie Arigona, bereit sind, für ihr Glück, ihre Würde und Gerechtigkeit zu kämpfen.
Zum Glück hat die Denkweise diverser Rechtpopulisten keine Logik und ist auch nicht der Nachahmung würdig – auch wenn die letzte Regierung, inklusive Opposition, das anders sah. Zum Glück, würde ein vernünftiger Mensch eher heilen, als amputieren und zum Glück haben Menschen, die Mitgefühl für Arigonas LeidensgenossInnen empfinden, auch Mitleid, mit den Angst- und Hasserfüllten dieser Nation.

Mittwoch, 26. September 2007

Sometimes Satan comes as a man of peace

Ein Drittel, aller in Österreich lebenden Muslime, sei einem traditionellem Lager zu zuordnen, seien (Annahme) also muslimische Traditionalisten, heißt es im letzten Verfassungsschutzbericht. Herr Westenthaler erwähnte dies in der Ö1-Radiosendung „Im Klartext“ und interpretiert diese Information dahingehend, dass Traditionalisten zugleich gefährliche Fundamentalisten seien und dass diese in Opposition zu einer jungen, säkularen Gruppierung der Muslime stünden. Seltsam, dass die unlängst verhafteten Terrorverdächtigen dieser jungen Generation angehören. Aber vermutlich passt es nicht in das Bild gewisser Populisten, dass jene Muslime, die im Internet mit Al Kaida sympathisieren, keine fünfzigjährigen Gastarbeiterinnen mit Kopftuch und knappen Deutschkenntnissen sind.

Es gehört zum mittelmäßigen, rhetorischen Zaubertrick von Westenthaler, Strache & Co, Fakten lasch zu interpretieren. Leider genügt rhetorisches Mittelmaß und intellektuelle Laschheit, um zu viele Menschen, von der Legitimität der Politik dieser besagten Personen, zu überzeugen.

Leider werden nicht nur Fakten unzulänglich interpretiert. Es werden auch unbewiesene Informationen als Fakten dargestellt und zwar dermaßen selbstbewusst, sodass nur jene hinter diese Unwahrheiten oder Ungenauigkeiten kommen, die Böses denken.
Auch ein Trick ist, immer wieder die Existenz von Daten zu erwähnen, welche die eigene Argumentation untermauern, man zuhanden hätte und gerne herzeigen würde, ohne dass dies je geschieht.

Wenn solche Fakten und Informationen nicht vorhanden sind, greift der geübte Rechtpopulist auch zu Begriffen, die er entweder nicht kennt oder bewusst verballhornt.
Hin und wieder – vor allem wenn die jeweiligen Diskussionen emotional aufregend werden – machen die Populisten allerdings auch Fehler, die unter gewissen Umständen recht lustig sein können. Zu beachten sind vor allem jene Momente, in denen auch professionelle Rechtspopulisten ihre sachliche Hülle fallen lassen und, in der herrschenden Hektik, mit ihren geklauten Begriffen recht willkürlich herumzuballern. Integration, Hassprediger, Anpassung, Wertegesellschaft schießen durch den Diskussionsraum und werden von diesem nicht mehr abgefangen – Sie landen unreflektiert im Irgendwo.

Kehrt man selbst zurück auf die sachliche Ebene und betrachtet all die Einzelheiten der Diskussion, so kann man feststellen, dass nur wenig vom Rechtpopulismus übrig bleibt, das sich nicht als Falsch oder Irrelevant herausstellt. Der Rest macht Spaß, denn unter anderem will Peter Westenthaler, dass man alle islamischen Einrichtungen überwachen lässt, weil es in Deutschland scheinbar viele Zwangsehen unter Muslimen gibt, in denen auch häusliche Gewalt stattfindet. Wenn man die Medien verfolgt, bemerkt man allerdings einen kontinuierlichen Trend von Amokläufen in nicht-muslimischen Familien – zumindest in Österreich.

Was den eigenartigen Humor des gestandenen Rechtspopulisten betrifft, so wurde dieser, während der besagten Ö1-Sendung, bewiesen, als er meinte, er hätte schon auch so manches an seiner eigenen Religion zu kritisieren, was ihm aber, im Gegensatz zur Kritik am Islam, nicht möglich sei. Vielleicht wird Herr Westenthaler von katholischen Fundamentalisten an einer Kritik an seiner eigenen Glaubensgemeinschaft gehindert – oder von seinen Parteifunktionären, die sicherlich Furcht einflößender sind. Jedenfalls könnte es ein Grund dafür sein, warum die Politik von Rechtspopulisten, im Allgemeinen, auf den Darstellungen von Problemen basiert, die immer nur die Anderen haben. Wer auch immer gerade die Anderen sein mögen.

Montag, 24. September 2007

Krawatten und Kreuzverhör

Der Eurozentrismus in der Wissenschaft hat eine lange Geschichte und in der Politik eine uralte Tradition, die gut gepflegt wird. Selbstverständlich ist keinem/keiner Europäer/In übel zu nehmen, wenn er/sie die Welt aus europäischer Sicht betrachtet – oder dies zumindest vermeint. Kaum vorstellbar, dass ein sterblicher Mensch mir verraten könnte, was die Europäische Welt-Sicht sei, ohne dass einer solchen Erklärung eine deftige Unvollständigkeit zugeschrieben werden müsste. Sicht, wie auch Wert, mit der Zuschreibung des Europäischen, wird, in ihrer öffentlichen Deklaration, immer ein Vielfaches an Gegenmeinungen provozieren, solange die freie Meinungsäußerung – und deren Grundlagen – vorhanden sind.

Dennoch neigt die Gesellschaft der Europäer, im Zuge der gegenwärtigen Entwicklung, sich mit der Unvollständigkeit von Behauptungen zufrieden zu geben, wenn es darum geht, sich selbst hinters Licht zu führen und dort, wenn möglich, zu erschießen.

Es wird, in den Diskussionen unvollständiger Behauptungen, gerne über europäische Sichtweisen und Werte gesprochen, wobei keine/r der Beteiligten diese benennen kann oder – und das ist besonders seltsam – dazu aufgefordert wird (zu sagen was er/sie eigentlich sagen möchte).
Zu diesen Werten, die repräsentativ für Europa sein sollen, kann ich nur schreiben, dass sie sich erst in den letzten 50 Jahren – in Österreich – effektiv zu manifestieren begannen. Ebenso ist unser Lieblingsfeind, der radikal-islamistisch grundierte Terrorismus eine Entwicklung dieser Zeit. Warum die europäische, christliche Geschichte als Argumentations-Basis, für die Legitimation der Ausgrenzung von Migranten aus dem Osten und gegen die Aufrechterhaltung der Errungenschaften der Zweiten Republik Österreich, verwendet werden kann, ohne dass irgendjemand widerspricht, kann ich nicht begreifen.

Die Geschichte des christlichen Abendlandes hat Individuen hervorgebracht, die, gegen ihren Zeitgeist, diverse, auch gesellschaftspolitisch relevante Ideen schufen. Die meisten davon konnten erst im letzten Jahrhundert verwirklicht werden, während die vorhergehende Zeit vor allem eine Segens-Epoche der Kriegstechnologie und ihrem Experimentierfeld, des Menschen seelische und körperliche Eingeweide, war.
In dieser glorreichen Geschichte, deren geistiger Humus bei den Griechen der Antike eingetopft wurde - obwohl diese das europäische Hinterland als Barbaren-Provinz ansahen und sich lieber mit den Ägyptern unterhielten - fehlt es auch nicht an muslimischen Kultureinfluss. Die nicht unwesentliche Muttererde des allseits beliebten Mathematik-Unterrichts, das Dezimalsystem der Inder, verdanken wir den Arabern, welche sich, im Gegensatz zu den Europäern, einst bemüht hatten, die Weisheiten des Altertums, die wir stolz als europäisches Gut betrachten, zu studieren und erhalten.
Die europäische, vor allem österreichische Gegenwart, verdanken wir, zu einem wesentlichen Teil, dem Wiederaufbau-Programm der Alliierten des Zweiten Weltkrieges, allen voran der USA. Der letzte Kaiser und seine „Sissi“ haben hierzu wenig beigetragen.

H.C Strache hatte in der ORF Pressestunde dennoch von der christlich geprägten, europäischen Geschichte gesprochen, auf die jene Werte beruhen, welche wir „haben“ sollen. Mehr muss dieser Tage von einem Rechtspopulisten auch nicht gesagt werden, als „Christliches Abendland“ und „wir haben Werte (Punkt – und Nichts weiter)“. Kein Mensch würde nachfragen, was er damit meint.
Zugeben muss ich, dass die Beteiligten, dieser unlängst stattgefundenen Pressestunde, interessante, wohl nobel-gestaltete Krawatten trugen. Inhaltlich wirkte das Spektakel jedoch wie ein Kreuzverhör ohne fundierte Anklage. Strache konnte sagen was er will, seine Interviewer hielten ihm nur die üblichen Vorwürfe, in all zu offensichtlicher, journalistischer Verpackung unter die Nase - Er musste nur niesen. Letztlich lässt sich dieses Interview auf folgenden Dialog reduzieren: „Herr Parteivorsitzender: Sind sie ein rechtsradikales Arscherl?“ – „Nein. Ich bin der Retter der Nation.“

Enttäuschend, nicht wahr?
Es gibt keine Kultur-Gesellschaft, sofern sie nicht unter Tyrannei und Diktatur leidet, die keine sozialen Werte, kein soziales System der Solidarität kennt.
Trotzdem: Es genügt Einer der sagt, dass wir, dank der christlichen, konservierten Kultur, Werte hätten und schon herrscht Stillstand, herrscht schweigsamer Zuspruch zum eurozentristischen Urteil gegen das Fremde. Obwohl die Kultur der Republik eine Wertekultur der vereinten Minderheiten ist und jede Konstruktion einer Mehrheits-Gesellschaft, der Versuch, einen Teil derselben, für den egoistischen Machtgewinn, zu entwerten und entrechten.

Der Ausspruch „Wir haben Werte.“ genügt um selbige zu untergraben – weil keiner widerspricht oder nachfragt und sich jeder mit Unvollständigkeiten begnügt.

Mittwoch, 19. September 2007

Überwältigung im Jahre Schnee

Jedes Jahr konvertieren in etwa 80 - angeblich junge - ÖsterreicherInnen zum Islam. Da musste ich erst einmal, rechenfaul wie ich bin, zum Taschenrechner greifen.
Sollte die aktuelle Entwicklung bestehend bleiben, werden wir im Jahre 2080, also wenn ich beinahe 100 Jahre alt geworden sein werde, 5840 islamische Konvertiten mehr in Österreich haben. Im Jahre 2800 werden es bereits 69840 sein und sollte sich die demografische Trägheit unserer fruchtbaren Heteros ebenso wenig ändern, so werden, in diesem Jahr, etwa 470000 Muslime und Muslima in Österreich leben - Das bedeutet im Vergleich: Nur noch ca. 8 000 000 Nicht-MuslimeA.
Spätestens im Jahre Schnee werden wir es also, mit einer überwältigenden Islamisierung unseres Landes, zu tun bekommen. Aber 3000 Jahre Katholizismus sind ohnehin genug und wenigstens können wir damit rechnen, dass sich im Jahr 3000 wesentlich mehr ÖsterreicherInnen regelmäßig die Füße waschen werden. Ich werde zu diesem Zeitpunkt vermutlich immer noch ohne Bekenntnis sein, aber ganz genau wissen kann man so etwas freilich nie.

Montag, 17. September 2007

Vermeintliche Dreifaltigkeit eines Problems

Was ist europäische Kultur? Warum wird immer nur über die Schale gesprochen, niemals über den Kern des Problems?

In Österreich wird nun, wie bereits in anderen europäischen Ländern, über die eigene Rolle innerhalb im Weltgeschehen um den islamistischen Terrorismus kommuniziert.
Es wurden unlängst drei Verdächtige festgenommen, die an der Herstellung von Drohvideos, einer islamistischen Gruppierung, beteiligt gewesen sein dürften. In Wien wird kurze Zeit später gegen ein islamisches Kulturzentrum demonstriert. Die Bedenken der Aktivisten der Bürgerinitiative, die sich gegen den Ausbau dieses Zentrums richten, werden von FPÖ und rechtsradikalen Gruppierungen und Institutionen unterstützt und zu einem Feldzug, gegen islamische Kultur an sich, aufgebauscht. Aus dem Protest gegen ein – aus Sicht der Anrainer – bauliches Problem, wird eine fremdenfeindliche Aktion. In der Summe der Berichterstattungen lässt sich die altbekannte Dynamik einer aufgepeitschten Massenansammlung erkennen, in der sich die Menschen allmählich in einen Mob verwandeln. Vermutlich gibt es weniger tatsächliche Fremdenfeinde, Antiislamisten oder Rassisten unter den 700 Personen, die am 13.09.07 in Wien-Brigittenau demonstrierten, als es den Anschein hat, doch aus der Geschichte wissen wir bereits, dass es wenige geschickte Antreiber braucht, um Unschuldige in Monster zu verwandeln.

Anyway: Die Thematik wurde erneut angeheizt, doch bevor ich hier schreibe, es handle sich um eine Diskussion rund um den Islam und dessen Ismus, möchte ich genau dies in Frage stellen.

Gestern diskutierte man, in der ORF 2 TV-Sendung „Im Zentrum“, zum Thema „Vernetzt mit Al Kaida“, was bereits eine Feststellung zu sein schien. Interessant war, dass nicht nur über den islamistischen Extremismus in Österreich und dessen Verbindungen mit der globalen Al Kaida-Problematik gesprochen wurde. Auch die Auswahl der Gäste lies nur bedingt darauf schließen, dass es im Grunde nicht allein um den Terrorismus ging. Neben zwei Vertretern dessen, was man pauschal als „den Islam“ bezeichnet, waren eine Politikwissenschaftlerin, ein Islamforscher, der auch als „Orientalist“ betitelt wurde und unser Innenminister Günther Platter an der Runde mit Peter Pelinka beteiligt. Keiner von den Anwesenden konnte sich als Terrorismus-Experte auszeichnen. Dies war wohl der Hauptgrund dafür, dass neben Terrorismusgefahr in Österreich, anhand derer man natürlich vor allem auf die drei bzw. vier kürzlich Verhafteten ansprach, auch über den Islam als Religion und die Integration von Immigranten geredet wurde - Drei Themen, die, angesichts der aktuellen medialen Sinnsuche, miteinander zu verschmelzen scheinen.
Natürlich tangieren die Probleme der Integration von Immigranten aus ärmeren Regionen, der Identitätsfindung österreichischer Minderheiten, welche zur Lieblings-Zielscheibe des Rechtsradikalismus wurden, und der islamistisch motivierte Terrorismus einander. Doch während, wie ich es hier formuliere, zu Beginn der Diskussionen um den Islamismus und Al Kaida, die nach den Anschlägen vom 11. September. 01 notwendig wurden, von islamistisch motivierten Terrorismus gesprochen wurde, wähnt der allgemeine mediale Sprachgebrauch den Terrorismus nur noch als islamische Angelegenheit.
Es ist wenig konstruktiv, verbindlich alle drei Themenbereiche auf einmal zu besprechen, ohne die einzelnen Problem genauer ins Auge zu fassen. Die Diskussion „Im Zentrum“ erscheint mir nur als ein Beispiel, für eine weit verbreitete Zuneigung zur Oberflächlichkeit bezüglich der zu diskutierenden Schwierigkeiten. Will man vielleicht gar nicht in den Kern der Angelegenheit vordringen?

Immer wieder wird in den diversen Medien, so oft, dass mir nun keine einzelne Person als Beispiel einfallen will, von, vermutlich gebildeten Menschen, festgestellt, dass es sich beim Islam nur um eine Schutzdecke handelt, unter der sich Terrorismus abspielt. Der Islam sei dem islamistisch motivierten Terrorismus also eine Hülle. Warum, meist von den selben gebildeten Menschen, daraufhin aber weiter ausschließlich über diese Hülle gesprochen wird und nicht über die Systematik und das Wesen dessen was darunter liegt – den Kern des Problems – kann ich nicht verstehen.

Zweifellos gibt es, seit Anbeginn der Geschichtsschreibung Migration und die Problematik der Integration von Migranten. Dass es in unseren Tagen bzw. in unseren letzten zwei Jahrhunderten zu besonderen Problemen zwischen sogenannter Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten kam, liegt sicherlich zum Teil an der recht unflexiblen Struktur der Nationalstaaten bzw. nationalistischen Staatsgebilde. Dass jedoch die scheiternde Integration eine der Hauptquellen des islamistisch motivierten Terrorismus und seiner Sympathisanten sei, kann ich nur bedingt glauben. Erstens müsste, in einem solchen Fall, das Phänomen von Drohvideos, aus technischen Gründen in anderer medialer Form, in Österreich und anderen europäischen Ländern bereits länger geben; Zweitens hätte das Phänomen wohl größere Ausmaße. Die Integration wurde von Seiten des Staates bisher nicht begünstigt, weil sie gar nicht gewollt war oder ist. Man begnügte sich bisher stets damit, auf die Rückkehr von Gastarbeitern in deren Ursprungsländer zu warten oder auf die selbstständige Anpassung zu hoffen. Die mangelnde Integration ist ein Problem unserer Fahrlässigkeit und Gastunfreundlichkeit, aber nicht die Ursache für Bomben in Kabul. Der Terrorismus Al Kaidas kommt von Außerhalb, was natürlich nicht ausschließt, das er innerhalb Europas geschieht – man nützt die Möglichkeiten unserer Zeit.

Was den Islam und Menschen betrifft, die in seinem Namen Terror verüben, so bin ich dieser Diskussion bereits müde. Sehr müde.
Wir sollten als die Privilegierten, als die gebildeten Europäer mittlerweile wissen, dass „faschistoider“ Terror und dessen Diktaturen, auf Basis jeder beliebigen Ideologie fußen können. Ich muss auch nicht mehr sagen, oder muss ich es doch, dass der Islam stärker von jeweiligen Kulturen und aktuellen politischen Strömungen beeinflusst wird, als dies umgekehrt geschieht. Dies gilt ebenso für andere Religionen, auch wenn sich beispielsweise die Katholische Kirche gegen die Modernisierung, durch eine europäischen Zivilgesellschaft oder andere Notwendigkeiten unserer Zeit, etwas sträubt.

Doch was ist diese europäische Zivilgesellschaft? Meines Erachtens das, was sich im Laufe des letzten Jahrhunderts innerhalb der jeweiligen europäischen Nationalstaaten an republikanisch demokratischen Bewusstsein gebildet hat. Dazu gehört das Ende des Zweiten Weltkrieges genauso, wie die Bewegungen um die 1968er, die Aufarbeitung des Holocausts, der Feminismus, wie auch die Homosexuellen-Bewegung. Gerade die Aktivitäten von Minderheiten und Ausgegrenzten, ihr Anspruch auf Gerechtigkeit, verhalf der Gesamtheit der europäischen Gesellschaft zu ihrem sozialen Fortschritt. Dies ist jedoch vor allem eine Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die gezeigt, wie fruchtbar Integration und Anerkennung von Minderheiten für Alle sein kann. Vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs galten die Rechte von Minderheiten weitaus weniger. Der Antisemitismus ist keine Erfindung der Deutschen und es lässt sich nicht übersehen, dass die „europäische Kultur“, neben ihren Errungenschaften, auch die Kultur der größten Kriege der Menschheitsgeschichte ist.
Wie können wir uns also Anmaßen, im Sinn einer konservativen bzw. rückläufigen politischen Anschauung, die europäische Kultur und ihre Werte, über Andere zu stellen, da doch gerade diese Anmaßung der Europäer der Ursprung von so vielen Verbrechen war, die sich im Lauf der früheren und jüngeren Geschichte unserer Gemeinschaft zutrug.
Die positiven, konstruktiven, heilsamen Werte unserer europäischen Kultur, beginnen mit der Anerkennung der Freiheit und Rechte aller Individuen und diese wurden effektiv erst allmählich, in den letzten Jahrzehnten, umgesetzt – und wir sind immer noch nicht am Ziel.
Nun aber lassen wir uns von all jenen zureden, die von der Entwicklung der letzten Jahrzehnte nicht profitierten, da sie ihr Prestige mit anderen teilen mussten, diese Werte einer demokratischen Zivilgesellschaft, einer Europäischen Union demokratischer Zivilgesellschaften, zu verraten. Es wird ernsthaft darüber gesprochen, die Muslime ihrer Menschenrechte zu berauben, weil man Angst vor islamistisch motivierten Terror hat, von dem wir wissen, dass er den Islam ausschließlich als ideologisches Trägersystem missbraucht.

Warum wird mit FPÖ, BZÖ & CO, einzelnen ÖVP-Mitgliedern, diesen Fundamentalisten einer veralteten europäischen Elite-Gesellschaft, ernsthaft über Maßnahmen zur Unterdrückung der islamischen Minderheit diskutiert. Diskussion ist wichtig, doch es erschreckt mich, dass wir die thematische und argumentative Vorgehensweisen dieser Frau- und Herrschaften, innerhalb der wesentlichen Kommunikation, ernst nehmen und nicht als das was sie sind: Eine Gefahr für die europäischen Werte. So die Rechte von Minderheiten, dank der Angstkampagnen der europäischen Rechtspopulisten, islamisch oder nicht, eingeschränkt werden, hat Europa versagt. Wenn bestimmte Rechte für meinen muslimischen Nachbarn nicht mehr gelten oder für das binationale Ehepaar, das über mir wohnt, wer garantiert mir dann, das meine Rechte auf Dauer bewahrt bleiben.
Ich sehe aus wie ein durchschnittlicher Europäer und in meinen Pass steht, dass ich dem Katholizismus zugehörig bin, was aber lässt die Mehrheitsgesellschaft – sofern es sie überhaupt gibt – glauben, dass ich besser integriert sei, als andere? Meine Sprache, meine Staatsbürgerschaft, meine offizielle Religionszugehörigkeit?
In einer europäischen Zivilgesellschaft freier Individuen muss die Freiheit für alle gelten – sonst funktioniert sie nicht, sonst ist sie nicht mehr.

Sonntag, 16. September 2007

Die Gefährlichkeit der Minarette

Ein Beitrag von Onkel Duke – Experte für Orientalisches und Wüstenmäßiges.

So ein Minarett ist schon eine bedrohliche Angelegenheit. Das Wort Minarett leitet sich aus dem Arabischen Manara ab, was so viel wie "Hoher Gefechtsturm" bedeutet. Eine genauere Bezeichnung ist unter anderem Manara Atama Rakata, übersetzt heißt dies ungefähr "Hoher Gefechtsturm für mobile Raketensysteme mit nuklearen Sprengköpfen", ist etwa seit 700 n. Chr. gebräuchlich und wurde als Minaretten-Typus durch die Umayyaden eingeführt, die damit ihre Vorherrschaft auf der arabischen Halbinsel sichern wollten. Ein modernerer Minaretten-Typus ist das Manara Sne-Ak (Hoher Gefechtsturm zur Positionierung von Scharfschützengewehren), das seit dem zweiten Weltkrieg zur Anwendung kommt.
Die amerikanische Nation of Islam erfand in den 1850ern das Manara Burgera, das in etwa „Minarett des Burgers“ bedeutet und zum Zweck hatte, verdorbenes Schweinefleisch unter die Anhänger der gegnerischen Nations of Islam zu bringen, indem es, in Burger gepackt, von der Spitze des Minaretts in die Moschee der Konkurrenz geschossen wird. Das Minarett des Burgers wurde zwar einmal in Harlem, New York, mit integrierter Grillvorrichtung, gebaut, kam aber letztlich niemals zur Anwendung.

Völlig zur Recht befürchten nun die Europäer, allen voran die Österreicher, dass sich ihr Land einer Gefahr aussetzt, wenn es diesen Gefechtstürmen jeweilige Baugenehmigungen erteilt. Und so ein Minarett passt zudem aus ästhetischen Gründen nicht in die empfindlichen Landschaften Europas. Gerade die österreichische Landschaft, mit ihren blauen Bergen, grünen Hügeln und braunen Flüssen, ist bisher, aus katholischer Sicht, mit ausgewogener, zurückhaltender Architektur versehen und so sollte es auch bleiben. Die Kuppeln der Moscheen erinnern jedenfalls an eine weibliche Brust und das Minarett zu sehr an ein gewisses Teil, weshalb es geradezu obszön erscheinen würde, wenn diese Bauten in unsere fromme Heimat gepflanzt werden würden.

Früher erfreuten sich Minarette zwar großer Beliebtheit, wenn sie im Ausland besichtigt wurden, aber diese Zeiten sind nun einmal vorbei und ein moderner Europäer hat mit den Trends zu gehen. Man erinnere sich an jene Jahre, vor dieser schrecklichen Offenbarung am 11. 09. 01, in denen unzählige Bilder von Minarett gezierten Moscheen die islamischen Urlaubsregionen verließen und die Abendländer von Tausend und Eine Nacht träumen ließen. Mittlerweile hat es sich natürlich ausgeträumt und auch wenn sich die Hagia Sophia immer noch unter Urlaubsfotos aus der Türkei mischt, dürfen wir uns nicht mehr vom Glanz dieser Türme hypnotisieren lassen. Ein einzelner Muezzin auf einem Minarett, schlimmsten Falls mit Megaphon ausgestattet, kann ein ganzen Stadtviertel durch massive Lärmbelästigung foltern. Man denke nur an einen Urlaub in Kairo. Wohl kaum ein Landsmann wird in seinem Hotel erholsamen Schlaf gefunden haben, wenn, nach einer durchzechten Nacht, der grausame Sänger seinen Ruf zum Morgengebet anstimmte. Ich wuchs neben einer recht lauten Kirchenglocke auf, doch an das einfältige 100-dp-Gebimmel kann man sich gewöhnen, der Gesang des Muezzins hingegen ist dafür viel zu persönlich.
Stellen Sie sich einmal vor, ein österreichischer Muezzin würde auf Deutsch singen, wie es Rechtspopulisten hierzulande verlangen: Man würde jeden Morgen mit einem schlechten Gewissen verbringen, weil man seinem Aufruf, als Nicht-Moslem, nicht folgen kann.
Aber diese Rechtspopulisten haben eben in vielerlei Hinsicht keine Ahnung, wie man mit der Gefahr eins Minaretts umzugehen hat. Dies erkennt man schon daran, dass sie nicht einmal in der Lage sind, die Gefahrenquellen zu orten. Jörg Haider oder H.C Strache suchen, um ein Beispiel zu nenne, in völlig falschen Gegenden nach Minaretten – offenbar wissen sie nicht wie sie diese erkennen können, obwohl Strache von seinen Mitarbeitern das Papier-Modell einer Moschee, auf einem Betriebsausflug im 20sten Bezirk, vorgeführt bekam. Die armen Anfänger in seinem Gefolge hielten das Modell offenbar für echt, denn sie wollten es niederbrennen.
Merken Sie sich deshalb: Ein echtes Minarett ist viele Meter hoch, vergleichbar mit einem Kirchturm – um beide nicht zu verwechseln, versuchen sie die Spitze des Turmes ins Blickfeld zu bekommen und sehen Sie nach, welches Zeichen dort angebracht ist. Befindet sich ein Kreuz auf der Spitze, so handelt es sich um einen Kirchturm und der keine Gefahr darstellt. Befindet sich kein Kreuz auf der Spitze des Turmes, so handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Minarett. Versuchen sie in diesem Fall keinesfalls allein den Turm niederzubrennen, sondern halten Sie Abstand, bis ein professioneller Mob eingetroffen ist, dem sie sich anschließen können.

Aber auch andere Politiker des rechten Lagers begehen folgenschwere Fehler, wenn sie z.B. wie Erwin Pröll, Landeshauptmann von Niederösterreich, die Instruktionen der Bevölkerung, bezüglich der Minarett-Problematik, nicht von Experten wie mir durchführen lassen, sondern selbst in die Hand nehmen. Dies führt nur zu Verwirrungen, welche, in diesem Falle, die Bevölkerung Niederösterreichs, von der wichtigen Aufgabe ablenkt, echte Minarette zu erkennen, sollten diese eines Tages innerhalb ihrer Landesgrenzen auftauchen.
Was Pröll mit der Erklärung meinte, die Minarette seine nicht artgerecht, verstehe ich nicht, doch ob er nun sagen wollte, dass diese Gebäude nicht zur Art des Bodens, der Architektur, der Österreicher passen würden oder in seiner Amateurhaftigkeit etwas anderes Artbezogenes meinte, wiegt gleich folgenschwer. Man darf die Minarette nämlich keinesfalls unterschätzen, da sie in Wahrheit höchst anpassungsfähig sind. Würde die Bürgerwehr nun nach einem nicht artgerechten, weil nicht angepassten Gebilde Ausschau halten, würden sie die schlauen Türme mit Sicherheit übersehen.
Auch der Parteikollege Prölls, Hannes Missethon, beging unlängst einen ähnlichen Fehler, als er meinte, die Minarette seien kein Teil der österreichischen Kultur. Doch auch in dieser Hinsicht sind diese Gebäude anpassungsfähig und was sollte ein in Österreich gebautes und platziertes, und von österreichischen Muslimen benütztes, Minarett anderes sein, als Bestandteil der österreichischen Kultur? Sind eben schon überall.

Wie sollte man aber mit einem Minarett umgehen, wenn man es geortet bzw. entlarvt hat? Neben der Möglichkeit des Niederbrennens bietet sich auch die weniger gewalttätige, diplomatischere Alternative der Abschiebung an. Ein Passagierflugzeug der Jumbo-Klasse müsste genügen, in der man das verhaftete Minarett, waagrecht hineinlegt. Im Gegensatz zu menschlichen Schubhäftlingen sind Fesseln und erstickende Knebel nicht notwendig. Minarette sind in der Regel sehr Bewegungsträge und haben keine Lungen, sowie die Möglichkeit Kreislauferkrankungen zu entwickeln, weshalb etwaige „Beruhigungsmaßnahmen“ der Fremdenpolizei ohnedies keine Folgen hätten. Zudem sollte man sich ernsthaft überlegen, ob man den Versuch starten möchte, beispielsweise mit einer Abrissbirne als Fußfessel, dem Minarett während der Abschiebung Schaden zu zufügen. Zum Einen wäre das Flugticket umsonst bezahlt, da die Muslime nicht dazu neigen, beschädigte oder zerstörte Minarette entgegenzunehmen, andererseits kann man die robusten Türme nicht so leicht körperlich schädigen, wie z.B. erschöpfte Schwarzafrikaner.

Auf welche Weise wir in Zukunft auch immer gegen Minarette vorgehen wollen, um die Gesellschaft, aber vor allem auch die Moscheen selbst, die ständig den Schatten der hohen Bauten ertragen müssen, von dieser Geisel der Menschheit zu befreien, wir dürfen niemals vergessen Vorsicht walten zu lassen. Minarette sind schwer bewaffnet, im waffenlosen Nahkampf ausgebildet, sprechen mehrere Sprachen und sind höchst verschlagen und anpassungsfähig.

Samstag, 15. September 2007

Die Ratten kommen um zu fressen

Erwin Pröll spricht von möglicher Architektur, die in Österreich nicht "artgerecht" sei - eine protestierende Menge, in den Straßen eines Wiener Bezirks, will ein Moscheenmodell brennen sehen - Hannes Missethon bemerkt, dass Minarette kein Teil der österreichischen Kultur seien, obwohl es 2 davon in Österreich gibt – BZÖ und FPÖ kämpfen dort gegen Minarette, wo es sie nicht gibt – Eva Herman entschuldigt sich für ihre Verehrung des Familienmodells der Nazis – der Kardinal von Köln, Joachim Meisner, hält Kunst, die von seinem Kultus entkoppelt ist, für entartet - in Sachsen verprügeln Neonazis Kunst- und Kulturschaffende, sowie Menschen indischer Herkunft, was der hiesigen Polizei zunächst als Kavaliersdelikt erscheint - in Österreich lassen Polizisten Asylhäftlinge sterben, was der hiesigen Justiz als Kavaliersdelikt erscheint - in Belgien kopiert der Vlaams Belang Jörg Haiders erfolgreiche Ablehnung der Lesbarkeit rechtlich legitimer Zweitsprachen.

Die - im weiteren Sinne - Rechten (engeren Sinns) verlangen von eingewanderten Muslimen, deren Arbeitskraft unserer Wohlstandsgesellschaft sehr recht war, dass diese sich an Rechte halten, die man ihnen nicht gewähren will. Rechte, die von den Betroffenen nicht verletzt werden müssen, damit Rechte behaupten können, dass es doch so sei. Es genügt sie als Ausländer, und aktuell vor allem als Moslems, zu deklarieren, schon ist die Schuldvermutung massentauglich automatisiert.

Allmählich haben wir uns daran gewöhnt, haben wir Schritt für Schritt hingenommen, dass die alten Konflikte dieser Menschenwelt, erneut die Ausreden anfachen, die Lügen nähren, die den gefährlichen Kranken erlauben unser Verständnis von, und unseren Sinn für, Gerechtigkeit aufzuweichen. Die Toleranz für Intoleranz, jene pervertierte, weil möglich gewordene, Paradoxie, hat sich, langsam und beinahe heimlich, zu neuer Größe erhoben. Diese Größe besteht in medialer Präsenz und zeitgleicher Akzeptanz, welche in einer gesunden Gesellschaft nicht möglich wäre. Die menschlichen Ratten kommen nun wieder aus ihren Löchern gekrochen - diesmal sind's die Echten, in Echt. Faulende Dummheit lockt sie an, der Verwesungsgestank ausgehöhlter Köpfe. An dem Einen laben sie sich, im Anderen nisten sie sich ein.

Unter anderem wurden Juden einst verleumderisch als Ratten bezeichnet - sie wanderten ins KZ. Die wahren Ratten, damals wie heute, bleiben unerkannt in ihrer Fettleibigkeit, unangetastet in ihrer Schuld - sie wanderten, und wandern immer noch, auf die politische Bühne. Rückt der Tag uns nahe, an dem man alle Moslems als Ratten brandmarkt, Menschen geringeren Rechts vorschiebt, um Menschen mangelnden Gerechtigkeitssinns zu tarnen?

In Afghanistan schickt eine Frau ihre Tochter zum Boxtraining und erklärt, dass Frauen und Männer gleichwertig seien[1]. In Halberstadt erobert die Aktion „Auf die Plätze“, den öffentlichen Raum von den Neonazis zurück und die Verprügelten tanzen wieder. Gute Taten, entspringen guten Gedanken. Gute Gedanken müssen jene Gehirne klären, deren Fäule den Mensch-Ratten die Grundnahrung bietet. Gute Taten müssen zurückdrängen, was wieder in die Löcher der Geschichte verschwinden soll. Sie mit Gewalt zu bekämpfen wäre sinnlos, da eine solche Weise ihrer Art entspricht und es somit unmöglich ist, ihnen nachzustellen ohne sie zu erschaffen.
Sie werden sich von selbst auflösen, wenn ihnen die Nahrung fehlt. Der Widerstand muss nicht aus politisch linker Ecke kommen, er muss nicht radikal oder fanatisch sein. Er muss in der Gesundheit unserer Köpfe gründen, die gute Tat muss die Pflege unseres Verstandes sein. Eine Gesellschaft ohne Verstand weiß mit Gerechtigkeit nichts anzufangen. Gerechtigkeit die im Gesetz verankert wurde, steht auf Papier geschrieben, das man nicht nur lesen können muss, damit es zur gerechten Handlung führt. Die menschlichen Ratten sind jene Geister, die immer wieder erscheinen werden, wenn wir darauf nicht achten.




[1] ARD, 16:00 Uhr, Weltreisen – Gesichter Asiens, am 15.09.07

Freitag, 14. September 2007

Dagegen

Zur Bürgerinitiative Dammstraße, 1203 Wien, http://www.moschee-ade.at/index.php?sid=darum_geht_es:


Lässt sich da noch etwas hinzufügen, soll man wirklich etwas schreiben – dagegen?
Gestern und heute las ich ein wenig im Briefverkehr Erich Kästners, den er mit sich selbst führte. Mit 40 stellte sich bei ihm offenbar Resignation ein. Kann man den Menschen etwas beibringen oder werden sie sich immer in diesem sinnlosen Karussell bewegen, ohne Angst vor dem Stillstand, aber in Angst vor der Stille, wie Kästner in etwa ausdrückte.

Aber betrachten wir erstmal die Argumente der…Ja, wie wollen wir sie nennen? Ich stellte beim Aufwachen fest, dass vermeintlich objektive Bezeichnungen, gewisser Gruppierung von Menschen oder deren Aktivitäten, nicht immer treffend sind.
An dieser Stelle sage ich dennoch Dankeschön an die braven Gegendemonstranten der Kundgebung jener oben genannten Bürgerinitiative, am 13.09.07. Ich wusste zwar davon, war aber krank.
Nun ich kann mir leider keine treffendere Beurteilung der Aktivisten der Bürgerinitiative vorstellen, als jene subjektive, die sich wohl aufgrund der Berichterstattung des ORF – vor Ort – bei mir einstellte.
Also noch einmal: Betrachten wir erstmal die Argumente der Verstörten und Verwirrten der Bürgerinitiative Dammstraße.

Da haben wir zunächst die grundlegende Beschreibung einer Moschee selbst, die auf der deutschsprachigen Wikipedia nachzulesen ist, da sie von dort stammt. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass es sich um die Reduzierteste aller möglichen Beschreibungen handelt und dass, bei der Anzahl an Moscheen in dieser Welt, eine solche Beschreibung recht Ungenau ausfällt.

Ein weiteres "Argument", das wohl ebenfalls gegen den Bau der Moschee, die es bereits am Ort des Geschehens gibt, sprechen soll, besteht im Zitat von Recep Tayyip Erdogan. Was er mit dieser Sache zu tun hat weiß ich nicht, aber vielleicht gehört der türkische Premierminister zu den Sponsoren des Vereins Atib. Oder spricht seine militant formulierte Erklärung zu den Zielen seines militanten Landes generell gegen den Islam oder speziell gegen den islamischen Glauben von Türken, die aus der der Türkei auswanderten? Man sollte nicht vergessen, dass man als Politiker kein Türke sein muss, um populistischen Blödsinn von sich geben zu dürfen und dazu prädestiniert zu sein (Merke: Politiker begeben sich stets auf das sprachliche Niveau ihrer angestrebten Wählerschaft).

Weitere Argumentationen, die sich während der Berichterstattung des ORF zutrugen, hatten irgendwie etwas Trauriges. Nur ein Mann bewies eine gewisse Sachlichkeit, indem er sich besorgt über die Parkplätze zeigt, die sich vermehren, wenn das Kulturzentrum ausgebaut wird (?). Dann erinnerte sich eine zittrige Frau, den Tränen nahe, dass ihr Bezirk früher einmal so schön war, wobei man den näheren Zusammenhang dieser Aussage, mit der aktuellen Situation im 20igsten, erraten kann und muss, weil nichts Weiteres zu vernehmen war. Ein Fahnenschwinger bemerkte, dass er „für das Österreich“ demonstriere. Wenn ich als Österreicher zu Österreich gehöre, und davon gehe ich aus, erkläre ich hiermit, dass er das für mich nicht machen muss.
Ein älterer Moschee-Gegner drückte seine Bange vor dem Muezzin aus, der „Uhuhuhuh“ machen würde, wobei gesagt sein muss, dass der Bau eines Minaretts nicht geplant ist.

Auf den Bau selbst beziehen sich die grundlegenden Argumente der Website, die, überraschend verständlich und objektiv, von einer architektonischen Problematik und den damit einhergehenden Begleiterscheinungen (Platzmangel, Verkehrszunahme) und möglichen Konflikten, sprechen. Da man weiters jedoch lesen kann: „Wo der Halbmond aufgeht, geht das goldene Wienerherz unter!“, scheint sich die nahe liegende Vermutung zu bestätigen, dass die Abneigung gegen ein größeres Kulturzentrum, nicht allein aufgrund baulicher Bedenken, besteht.

Unter den Argumenten, die sich an die Öffentlichkeit drängten, erkennt man, anhand deren Hohlheit und Mangel an Inhalten, die Handschrift der politischen Unterstützer der Initiative: BZÖ und, vor allem, Straches FPÖ. Auch der Titel der Website „Moschee Ade“ erinnert an die hehre Dichtkunst der FPÖ-Propaganda. Bei solch geistreichen Slogans wundert es nicht, dass sich die Blauen, gemeinsam mit den Verstörten und Erzürnten, gegen den Ausbau eines Kulturzentrums aussprechen – offenbar sind sie gegen Kultur allergisch und deshalb neidisch, auf die türkischstämmige Bevölkerung.

Letztlich lässt sich hinzufügen, man kann es sagen: Hätten sich die Gegner des Ausbaus des islamischen Kulturzentrums auf ihre Bedenken bezüglich der räumlichen Gestaltung ihrer Wohngegend beschränkt, wäre gegen ihre Initiative wenig einzuwenden. Doch durch ihren Pakt mit den fremdenfeindlichen, islamophoben Elementen einer alteingesessenen Schwachsinnigen-Strömung, versahen sie ihre Anliegen mit der hässlichen Fratze der Intoleranz. Das goldene Wienerherz scheint, vielleicht aus historischen Gründen, in die Hose zu rutschen, wenn es dem türkischen Halbmond begegnet, bevor es den Menschen dahinter nahe kommt. Die Rechnung geht für die Strache-FPÖ auf, wenn die christlichen Österreicher dort islamistisch motivierte Terroristen-Ausbildung befürchten, wo Anzeichen islamisch geprägter Kultur oder kulturell geprägten Islams zu erkennen sind. Denn sa’ma uns ehrlich: Wäre das geplante mehrstöckige Kulturzentrum, stattdessen, ein Bürogebäude, einem solchen es tatsächlich ähnlich sieht, so wäre die Empörung dagegen wohl kaum so aufgebauscht und wahrscheinlich auch nicht von den Rechtspopulisten unterstützt.



Der Kulturverein Atib: http://www.deutsch.atib.at/

Dienstag, 11. September 2007

Der Papst, wie schön?

"Das Kriterium für die Wahrheit ist die Liebe", soll Herr Ratzinger, Papst aus Vatikanyen, gesagt haben. Das ist sehr schön. Aber wie schön wäre es gewesen, wenn der oberste Schäfer der Katholiken, nicht nur bezüglich Abtreibung und Egoismus in der Gesellschaft, seine politische Stellung (erneut) klar gemacht hätte.

Zwar kam Benedikt XVI vorrangig nach Österreich um zu pilgern, doch wenn er es neben der frommen Andacht im staatsmännischen Stil nicht verabsäumt, mit seinem wunderbar sanften Nachdruck darauf hinzuweisen, dass im österreichischen Gesetzeschrieb das Töten von Ungeborenen eine quasi tolerierte Straftat sei, warum kann er dann nicht auch einmal ein Wort über die faschistoiden Tendenzen in der Propaganda hiesiger Politiker äußern? Diese bleiben zwar Tendenzen - mit recht untendenzieller, jedoch konkreter Wirkung - und weichen den Gesetzestexten zum Faschismus weiträumig aus, allerdings werden sie nicht nur quasi, sondern überhaupt, toleriert. Nicht nur dies, sie werden auch kopiert.

Unlängst soll Erwin Pröll, alteingesessener ÖVP-Grande, einem Zeitungsbericht zufolge, den kärntnerischen Politik-Mafiosi Jörg Haider nachgeäfft haben. Auch Pröll kämpft nun, im Morgengrauen der Landtagswahlen, präventiv gegen Minarette, die es weder gibt noch geplant sind, und verwendet in seinen Kampfreden sogar die Worte "nicht artgerecht". Ob sich Haider das gefallen lässt? Und ob der Pröllet glaubt, dem Hai aus Kärnten die Show stehlen zu können? Eigentlich egal.

Wesentlich ist die Frage, was der Herr Ratzinger - nicht unbedingt als Oberhaupt des Vatikans, aber unbedingt als Christ und Theologe - zu diesem Thema der vermeintlich Fremden, in der Saftmaschine der Wählerverblödung, zu sagen hat. Ich weiß, ich sollte nicht hier dreist herumtippen, sondern stattdessen ihn einfach selbst fragen.

Montag, 3. September 2007

Knechte des Eigenwerts

Wenn es nicht an Freiheit zur Meinungsäußerung mangelt, so legen die Knechte des Eigenwerts wert auf die Ermangelung an Meinung und Äußerungen. Ich kann nicht wissen, ob die Dummheit unter den erwachsenen Menschen zu allen Zeiten schon so weit verbreitet war. Über meine Generation weiß mein Herz zu sprechen. Meine Augen sehen Berge aus Müll, meine Ohren hören Wellen aus Müll, mein Verstand flieht den Lawinen aus Müll.

Jahrtausende der beschriebenen Menschheitsgeschichte liegen zu unseren Füßen, doch wir wollen uns nicht bücken, nicht den Rücken krümmen oder die Knie beugen, es sei denn ein besserer Sitz in diesem Karussell wäre damit ermöglicht, so würden wir sogar zu Kreuze kriechen.
Die Freiheit liegt ebenfalls zu unseren Füßen, weil wir sie dort hin stießen, im Glauben sie würde sich von selbst erneut erheben, wenn uns der Sinn nach ihr stünde - doch ließen wir mit der Freiheit den Sinn nach ihr fallen. Das metaphorisiert, als wäre sie ein geprügelter Hund, den man, nach all den Qualen die man ihm zugefügt hatte, sich doch wieder zum Spielkameraden wünscht. Man wünscht sich zuweilen auch ein schützendes Heim für die Freiheit, in dem sie von Misshandlungen bewart bliebe. Doch muss man letztlich bemerken, dass es solche Heime bereits gibt. Die gesetzgebenden, juristischen Institutionen bildender, konservierender, rekonstruierender und anwendender Form, bewahren die Freiheit recht gut für sich. In ihren Käfigen springt sie umher erfreut die braven Wärter und geht allmählich auch für die letzten Zeugen zugrunde und verloren. Außerhalb der verchromten Gitterstäbe, der hygienischen Fließen, der blütenweißen Mauerblöcke, verlieren all Jene, die ihre Freiheit vor die Türe setzten und dies meist nicht einmal bemerkten, ihr letztes bisschen Verstand. Sie verlieren ihren Verstand weil sie ohne Freiheit sind und sie finden die Freiheit nicht wieder, weil sie ohne Verstand sind. Einst waren sie vom kindlichen Verstande gesegnet und warfen das Geschenk beiseite, da sie sich sagen ließen, alles Kindliche sei unschicklich für den herangewachsenen Körper. Nun kann sich keiner mehr erinnern, dass die Freiheit nach Meinungsäußerung, die sie sogar mit Feuer und Schwert vor Feinden verteidigen würden, welche sie nicht erkennen können, sinnlos ist, wenn man kein Wissen für Meinungen und keinen Verstand für Äußerungen besitzt.

Wie sich dieser Planet auch dreht, immer wieder schaffen wenige Bewohner jene guten Errungenschaften ab, die sie den mehrheitlichen Bewohnern zu Geschenken machten. Erringt sich das Menschenwesen seine Freiheit mittels Verstand, Wissen und Willen, kämpft, wie lange schon, für das was es lange nicht besaß, wie jämmerlich erscheint es da, wenn es sich die Freiheit nimmt Verstand, Wissen und Willen ruhen zu lassen, um den Hofnarren, Gauklern und Artisten, den Gladiatoren und Stierkämpfern das Denken zu überlassen und die Freiheit jenen die sie für es wegsperren.
Nunmehr Mensch, doch weniger Wesen, nimmt sich die Freiheit auf die Mittel zur Selbigen zu verzichten. Sie lassen die Schmähredner für sich sprechen und halten den Mund, aus Angst selbst für Schmähredner gehalten zu werden. Sie beneiden die Freien und ächten zugleich deren Werkzeuge zu Erlangung der Freiheit und die Freien, die nicht wissen, wie man die Ächtenden mit den eigenen Werkzeugen retten soll, beginnen sich dem Eigennutz zu unterwerfen um fortan für dessen Freiheit, deren echter Name Uneingeschränktheit lautet, zu werken.

All dies geschieht und doch genügte nur ein einziger Kinderverstand, der jedem Menschenwesen von anbeginn an geschenkt ist, um dieser Fäulnis ein Ende zu bereiten. Doch wer hat in diesen Tage noch Verstand und Freiheit, um ein Kind hören, das sich nicht vor der eigenen Freiheit fürchtet, sondern allein vor dem was fürchterlich ist, dessen Verstand ein Mittel der Freiheit ist und kein Mittel zum Nutzen des Eigenwerts.


Zum Knecht des eigenen Wertes wird mensch, wenn sich dieser Wert nicht in Anderen wieder findet - denn dann steht der Eigenwert allein und macht zu seinem Nutzen einspruchslos was er will, mit dem Menschen.

[Siehe Suchbegriff der Videoleiste ganz unten: Da man mit den deutschsprachigen Begriffen "Freie Meinungsäußerung" oder "Meinungsfreiheit" entweder auf Blindgänger oder auf (absurde) Neonazi-Propaganda stößt, ließ ich nach dem englischen Mutterbegriff "Freedom of Speech" suchen und erhielt wesentlich interessantere Beiträge. Auch "Free Speech" führt in weiterer Folge (auf der Youtube-Hauptseite) u.a. zu Einblicken in die gar nicht so träge US-amerikanische Studentenszene.]

Dienstag, 28. August 2007

Kremlhumor

Wieder glauben die machtverliebten moskauer Kremlpächter anregende Witzigkeit zu verbreiten, wenn sie bei ihren Untersuchungen zum Mord an Anna Stepanowna Politkowskaja den übernächsten Gang einlegen. Aber weder ist vorschnelles Schalten gut für das Getriebe, noch kommt dabei etwas Humorvolles heraus, auch wenn die besten Witze die eigenen sein sollen. Lachhaft ist es dennoch, wenn es schon nicht zum Lachen ist und immerhin ist das Lächerliche und es dort erkennen zu lassen wo Machthaber und vor allem Machthalter die Ernsthaftigkeit ihrer Absichten vorgaukeln wollen, oftmals die letzte Waffe der Unterdrückten.

Der beabsichtigte Witz: Die im Herbst 2006 und der russischen Demokratie ermordete Journalistin wurde nicht nur von einem Täter ermordet, es waren gleich ein Duzend an dem Verbrechen beteiligt. Aus den ehemaligen und aktuellen Offiziers-Reihen des russischen Innenministeriums und des FSB sollen die Attentäter zwar gekommen, aber dennoch im ausländischen Exil lebende Oppositionelle gewesen sein, die man nun glücklich und vermutlich im Ausland festnehmen konnte. Es versteht sich überdies von selbst, dass der tschetschenische Inhaber einer tschetschenischen Verbrecherorganisation für den Mord verantwortlich sein muss, ein Spezialist für Auftragsmorde, wie die Gerüchteküche köcheln lässt und natürlich wurde der Mord an der Kremlkritikerin angestrebt um der Stabilität des Landes im Kreml zu schaden.
Besser kann man es nicht machen: Es waren die Eigenen, das kann man großmütig einräumen, aber leider die schwarzen Schafe der Truppe, die Oppositionellen, die im Exil verhaftet wurden und den Auftragsmörder mit Informationen über sein Opfer versorgt hatten, die dieser wahrscheinlich sonst nicht bekommen hätte - Tschetschenen sind dazu schließlich nicht in der Lage, deshalb müssen sie auch von Russland regiert werden.

Dass die nach Medienberichten vollzogene Abschlusserklärung des Falles durch die russische Kreml-Justiz nicht erklärt wer der eigentliche Täter war, der hinter dem Abzug stand, ist in der Pointe nicht vorgesehen. Auch nicht, wer letztlich den Mord beim Tschetschenen in Auftrag gab - Verbrecherbosse machen ihre Geschäfte immer seltener der Nächstenliebe oder dem Nächstenhass oder der Gaudi wegen. Die Tschetschenen, über deren Unterdrückung durch russische und tschetschenische Kreml-Zinsknechte die Ermordete berichtet hatte, können selbst im zynischen Gebilde des Kremlhumors nicht die kollektiven Auftraggeber gewesen sein.

Aber derweil begnügt sich der, sicherlich ausbaufähige, Witz mit einem Drahtzieher im Gangstermilieu - der sitzt schön weit weg und ist nicht zu befassen, im Gegensatz zu den verhafteten Offizieren in Opposition und Exil.